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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2024

Macht wütend, aber auf gute Art

Und alle so still
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Mareike Fallwickl schreibt in ihrem Roman "Und alle so still" von Frauen, die von einen Tag auf den anderen entscheiden, dass sie ihre Arbeit, die Hausarbeit und die Carearbeit nicht mehr machen. Aus Protest ...

Mareike Fallwickl schreibt in ihrem Roman "Und alle so still" von Frauen, die von einen Tag auf den anderen entscheiden, dass sie ihre Arbeit, die Hausarbeit und die Carearbeit nicht mehr machen. Aus Protest legen sie sich auf die Straße.
Fallwickl erzählt ihren Roman aus verschiedenen Perspektiven, darunter sind auch etwas ungewöhnlichere wie eine Pistole, die Gebärmutter und die Berichterstattung. Das ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, man kommt jedoch schnell rein und am Ende ist klar, dass es ein genialer Kunstgriff war, der den Mehrwert des Buches nur steigert. Aufrüttelnd erzählt die Autorin von den Orten in unserer Gesellschafft, wo Frauen unverzichtbar sind, teilweise weil Männer diese Arbeit einfach nicht machen wollen, da das doch "Frauensache" ist. Die Männer merken jedoch schnell, dass diese Aufgaben gar nicht so einfach wie gedacht sind und dass es eben nicht ohne die Frauen geht.
Als Frau hat man beim Lesen dieses Buches eigentlich keine andere Möglichkeit, als wütend zu werden. Wütend darauf, dass unsere Gesellschaft genau so funktioniert und dass es sich vermutlich nicht ändern wird. Am liebsten möchte man sich mit den Frauen im Roman auf die Straße legen, möchte aufzeigen, was eigentlich allen klar sein sollte - denn wenn der Roman eines nicht unbedingt gebracht hat, dann sind es bahnbrechende neue Erkenntnisse. Nein, er spricht nur das an, woran niemand denken möchte, was jeder ignoriert und irgendwo in eine dunkle Ecke des Gehirns sperrt. Fallwickl gräbt genau das hervor, spricht es an und zeigt: So sollte es nicht weitergehen, aber haben wir tatsächlich eine Alternative?

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Veröffentlicht am 04.04.2024

Berührend

Demon Copperhead
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Barbara Kingsolver hat mit Demon Copperhead eine moderne David Copperfield Geschichte geschrieben - da ich David Copeprfield noch nicht gelesen habe, kann ich das nur schwierig beurteilen, dafür bin ich ...

Barbara Kingsolver hat mit Demon Copperhead eine moderne David Copperfield Geschichte geschrieben - da ich David Copeprfield noch nicht gelesen habe, kann ich das nur schwierig beurteilen, dafür bin ich unvoreingenommen an den Roman gegangen. Und vielleicht war das das Beste, das passieren konnte!
Der Protagonist, Demon, ist der Sohn einer drogenabhängigen Mutter, die Demon nichts von seinem biologischem Vater erzählt und auch noch einen Stiefvater ins Haus holt, der sie ständig schlägt. Demon hat eindeutig kein Glück im Leben, denn nach dem Tod seiner Mutter wird er von Pflegefamilie zu Pflegefamilie weitergereicht. Doch Demon ist ein sher sympathischer Junge, ein Charakter mit dem man sich sofort wohlfühlt, mit dem man mehr Zeit verbringen möchte. Das ist auch gut so, denn das Buch ist nicht gerade kurz. Trotzdem ist es nicht langweilig und plötzlich sind da nur mehr ganz wenige Seiten.
Demon Copperhead zeigt ein Schicksal, das vermutlich viel zu viele Kinder betrifft. Der Roman zeigt, wie wichtig Chancengleichheit, die nicht(!) existiert ist und wie das Sozialsystem Kinder vernachlässigen kann. Es ist eine Botschaft, dass wir etwas ändern müssen!

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Göttlich!

Mein Name ist Lilith
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Nikki Marmery präsentiert uns in ihrem Roman "Mein Name ist Lilith" die Geschichte der ersten Frau (laut christlichem Glauben), die über die Jahrhunderte in Vergessenheit gedrängt wurde. Gedrängt? Ja, ...

Nikki Marmery präsentiert uns in ihrem Roman "Mein Name ist Lilith" die Geschichte der ersten Frau (laut christlichem Glauben), die über die Jahrhunderte in Vergessenheit gedrängt wurde. Gedrängt? Ja, von den großen Männern und der Kirche (die auch in Männerhand ist).
Lilith war die erste Frau Adams im Paradies, im ebenbürtig erschaffen, wollte sie sich im nicht unterordnen und verzichtete aufs Paradies. Damit Adam nicht allen sein musste, wurde ihm Eva an die Seite gestellt. Aus seiner Rippe geschaffen und diesmal klar ihm untergeben. Marmerys Roman verfolgt Liliths Leben, die Asherah anbetet, die Frau an Seiner Seite und die der festen Meinung ist, dass wir auf der Erde sind, um sie zu schützen, nicht um über sie zu herrschen.
Marmerys Schreibstil ist fesselnd und eindrucksvoll. Zu keiner Zeit quält man sich durch den Roman. Der Schreibstil wirkt zeitlos, ohne veraltet rüber zu kommen. So wie es für eine unsterbliche "Dämonin", wie sie gerne bezeichnet wird, passend ist.
Am Ende bleibt eine beeindruckende Geschichte und der Gedanke, dass diese Auslegung der Bibel und der von Lilith proklamierte Glaube gar nicht mal so schlecht klingen. Ich wäre dabei!

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Veröffentlicht am 11.03.2024

Faszinierende Welt des Zirkus

Sparks
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In "Sparks" entführt uns J.R. Dawson in die bunte Welt des Zirkus der Goldenen Zwanziger. Wir treten ein in Ringmasters Manege und erleben eine Mischung, die sich kurzgefasst als guter Cocktail zwischen ...

In "Sparks" entführt uns J.R. Dawson in die bunte Welt des Zirkus der Goldenen Zwanziger. Wir treten ein in Ringmasters Manege und erleben eine Mischung, die sich kurzgefasst als guter Cocktail zwischen Greatest Showman und X-Men beschreiben lässt.
Mitten im Ersten Weltkrieg entsteht auf einmal der Spark (wie er zumindest in Amerika genannt wird), ganz normale Menschen bekommen auf einmal übernatürliche Fähigkeiten, können heilen, Illusionen erschaffen, durch Raum und Zeit springen und noch sie viele andere Dinge. Doch diese Sparks sind in der Gesellschaft nicht gerne gesehen, weshalb Ringmaster sie in ihre Zirkusfamilie aufnimmt.
J.R. Dawson schafft es meisterhaft, eine magische Welt zu erschaffen, die die Leser:innen in den Bann zieht und nicht mehr loslässt. Die handelnden Charaktere sind allesamt gut gezeichnet und deren Gedanken, Gefühle und Handlungen sind nachvollziehbar. Dawson setzt uns keine fehlerlosen, moralisch immer korrekt handelnden Protagonist:innen vor, die wir einfach in Schwarz und Weiß einteilen können. All ihre Charaktere haben ihre eigene Geschichte, ihre Fehler und ihre Gründe für ihr Tun, die ist zwar nicht immer ethisch korrekt, doch niemals unglaubwürdig.
Manchmal scheint sich der Roman in den verschiedenen Handlungsstricken zu verlieren und an anderen Stellen bekommen die Leser:innen Angst, dass die Handlung nicht mehr angemessen zu einem zufriedenstellenden Ende gebracht werden kann, aber all diese Befürchtungen bzgl. falschem Timing sind grundlos.
Der einzige "Minuspunkt": Der Roman ist in sich geschlossen und es wird (vermutlich) keinen zweiten Teil geben.

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Veröffentlicht am 09.11.2023

Eine wichtige Stimme

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
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Sina Scherzants Roman "Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne" ist eine berührende Coming-Of-Age-Geschichte für eine neue Generation, die in der Literatur gerne mal übersehen wird. Die ...

Sina Scherzants Roman "Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne" ist eine berührende Coming-Of-Age-Geschichte für eine neue Generation, die in der Literatur gerne mal übersehen wird. Die Generationen davon haben ihre Romane und auch die nachkommende Generation hat bereits Literatur, aber über die Personen, die in den späten 90ern und frühen 2000ern groß geworden sind, liest man nur selten. Die Generation, die schon Fernsehen, Radio, etc. hatte, aber die Dinge wie Internet und Smartphones erst nach und nach kennen lernen durfte, war bis jetzt wohl nicht interessant genug. Dieser Roman gibt einem Mädchen dieser Zeit eine Stimme, eine, die man nicht so schnell vergessen wird.
Katha ist das, was man Neudeutsch Peoplepleaser nennt: Sie möchte es immer allen recht machen, möchte, dass alle um sie herum glücklich sind. Ihre eigenen Bedürfnisse werden hinten angestellt. Die Leute um sie herum sehen das nicht immer und manchmal wird es auch komplett falsch gedeutet, sodass die Person, die eigentlich allen alles einfacher machen möchte, es besonders schwierig hat.
Scherzant schafft es, die Gedanken und Gefühle Kathas eindrucksvoll und nachvollziehbar zu schildern. Mehr als einmal trifft sie die Leser:innen mitten ins Herz und ein Roman, der anfangs noch leicht und unbeschwerlich wirkt, verwandelt sich schnell in einen Stein, der nicht nur Katha, sondern auch die Leser:innen runter drückt. "Am Tag des Weltuntergangs..." ist genau deshalb ein mehr als gelungener Roman, denn er gibt dieser Generation, diesen Menschen eine Stimme, die viel zu oft missverstanden werden, obwohl sie sich selbst das Leben schon schwer genug machen. Katha ist eine wichtige Protagonistin, eine Stimme für die Menschen, die nie selbst für sich ihre Stimme erheben würden.

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