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Veröffentlicht am 22.03.2019

Sag dem Abenteuer, du hättest mich mitgenommen

Sag dem Abenteuer, ich komme
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„Ich reise, weil ich Lust darauf habe. Weil ich mich als Reisende lebendig fühle.“

Eines schönen Tages lässt Lea Rieck alles stehen und bricht zu dem Abenteuer ihres Lebens auf – einer Weltumrundung auf ...

„Ich reise, weil ich Lust darauf habe. Weil ich mich als Reisende lebendig fühle.“

Eines schönen Tages lässt Lea Rieck alles stehen und bricht zu dem Abenteuer ihres Lebens auf – einer Weltumrundung auf dem Motorrad! Und wir, die Leser, dürfen sie auf ihrer abenteuerlichen Reise begleiten. „Das Alleinreisen gibt jedem von uns die Chance, zu sein, wer immer wir sein wollen. Es gibt keine Erwartungen.“

Die Autorin erzählt uns über die Orte, die sie bereist und die sie prägen. Eindringlich beschreibt sie ihre Naturerlebnisse und zeigt uns deutlich wie sehr die Begegnungen auf einer solchen Reise einen Menschen verändern. „Wie kann ich den zu Hause Gebliebenen erklären, dass mein Leben nicht mehr so ist, wie es einmal war, weil ich inzwischen unzählige verschiedene Leben gelebt und wieder aufgegeben habe? Wie kann ich ihnen begreiflich machen, dass all diese Leben so anders waren als das Leben, das ich zuvor mit ihnen zu Hause geteilt habe? Wie kann ich den Schmerz beschreiben, wenn eines dieser Leben plötzlich zu Ende geht?“

Als reines Reiseabenteuerbuch kann man „Sag dem Abenteuer, ich komme“ nicht bezeichnen, es ist so viel mehr als das – es ist nachdenklich und hinterfragend. Lea Rieck lässt uns ganz offen an ihren Erlebnissen und Gedanken teilnehmen, so dass wir nicht nur Zeugen ihres Mutes, ihrer Abenteuerlust und ihres Unternehmergeistes werden, sondern auch ihrer Ängste, ihrer Tränen und ihrer täglichen Zweifel. „Ich weine um alles, was mich berührt. Ich weine um jeden Menschen, den ich zurückgelassen habe, um die guten und um die verlorenen Seelen. Ich weine, weil ich Schönheit nicht konservieren kann und weil ich Schönheit sehen durfte. Ich weine um die Länder, die mich fasziniert haben und in denen ich gerade nicht bin. Ich weine um die Orte, die mich schockiert haben und wo ich niemandem helfen konnte. Ich weine um alles, was ich niemals weitergeben kann. Ich weine um die Vergangenheit und weine um die Zukunft, ich weine um die Ungerechtigkeit der Welt und ihre Güte. Dann weine ich um alle Momente des Glücks. Davon habe ich in den letzten Monaten so viele gesammelt, dass ich sehr lange weinen muss.“

Es sind bewegende Momente, die sie schildert, berührende und kontemplative. Besonders lebhaft sind die vielen bereichernden Gespräche, die sie mit den Menschen führt, denen sie auf ihrem Weg begegnet. Da ist die einsame Familie in Pakistan, der weise Sikh in Indien oder die Frau in Nepal, die nichts besitzt und mit Lea trotzdem ihr letztes Geld teilen möchte. Wer nicht ganz vorurteilsfrei gegenüber einigen Kulturen oder Ländern gewesen ist, der ist es nach der Lektüre von Riecks Sachbuch bestimmt!

Am Ende hat Lea nicht nur die Welt besser kennen und verstehen gelernt, sondern auch sich selbst. „Bin ich plötzlich dieser Mensch geworden, der ich immer sein wollte? Jemand, der fällt, wieder aufsteht und weitermacht, ohne dazwischen an sich selbst zu zweifeln?“

Viele geniale Fotos der Autorin werten das Buch zusätzlich auf. Am Ende findet sich auch eine Liste mit Tipps für eine gelungene Weltreise – alle dringendsten Fragen von A bis Z werden abgedeckt.

Fazit: Ein in doppelter Hinsicht mutiges Buch! Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 18.03.2019

Eine bunt zusammengewürfelte Mischung ins Leere führender Ideen

Ein Tropfen vom Glück
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Bobs und Goldies größter Wunsch war es immer, einmal gemeinsam nach Paris zu reisen. Der aus Milwaukee stammende Amerikaner ist nun auf dem Weg nach Paris, aber leider ohne seine geliebte Goldie. Er kommt ...

Bobs und Goldies größter Wunsch war es immer, einmal gemeinsam nach Paris zu reisen. Der aus Milwaukee stammende Amerikaner ist nun auf dem Weg nach Paris, aber leider ohne seine geliebte Goldie. Er kommt auf der Rue Edgar-Cherallier unter, wo er Hubert, den Eigentümer der Hausnummer 18 kennenlernt, der gerne von sich zu sagen pflegte, er wäre seit 1868 hier. Wenig später lernt er auch Magalie, die Restauratorin, und Julien, den Barmann, kennen, die ebenfalls unter der Nummer 18 wohnen. Zusammen trinken sie am Abend eine Weinflasche aus dem Jahr 1954, die aus dem Weingebiet Charmally-les-Vignes stammt. Was die vier nicht wissen: In diesem Jahr ist Pierre Chaveau, Winzer in dem Gebiet, für immer spurlos verschwunden. Der Legende nach habe ihn eine fliegende Untertasse entführt. Und so kommt es, wie Hubert in seinem Trinkspruch prophezeit: „Liebe Freunde, wir werden mehr als einen Wein trinken. Wir werden Zeit trinken.“

Von diesem Roman habe ich mir sehr viel versprochen. Eine Reise ins Paris der 50er Jahre – was für eine Fülle an Möglichkeiten, die sich einem bietet! Sich unter das Volk mischen und in einem Pariser Kaffeehaus an einer philosophischen Diskussionsrunde teilnehmen, im Montmartre und an der Seine den Künstlern über die Schulter schauen und in einem Abendlokal Charleston, Foxtrott oder Swing tanzen!

Leider ist davon nichts eingetreten – lediglich auf Bobs Spuren wandern wir ein wenig im früheren Paris umher; dabei werden aber vor allem die Dinge erwähnt, die noch nicht vorhanden sind, wie zum Beispiel der „Passe-muraille“ im Montmartre oder die Pyramide beim Louvre – statt dessen führt der Autor mehrere Erzählstränge ein, die mehr oder weniger nichtssagend sind oder einfach ins Leere führen. Besonders unoriginell ist die Romanstelle, in der Julien einen Professor für Astronomie aufsucht, um zu erfahren, wie er und seine Freunde wieder in das Jahr 2017 zurückkehren könnten – diese liest sich wie eine Copy-&-Paste-Version von „Zurück in die Zukunft“.

Auch die künstlerischen Berühmtheiten, die in dem Roman vorkommen und auf die ich sehr gespannt war, treten lediglich dem heutzutage gern genutzten und zugleich verpöntem Namedropping gleich in Erscheinung, ohne irgendwelche persönlichen Charakteristika im Auftreten oder im Ausdruck aufzuweisen.

Eine Fülle von erzählinternen Unstimmigkeiten hat den Lesefluss ebenfalls gestört. So wachen alle vier Hauptcharaktere am nächsten Morgen nach dem Leeren der Weinflasche im Jahr 1954 auf. Wie sich herausstellt, wird Huberts Wohnung von seinem Großvater und seiner Frau bewohnt. Konsequenterweise hätte Hubert die beiden in der Wohnung antreffen müssen, nachdem er aufgewacht ist. Statt dessen ist er allein und hört zu allem Überfluss die Radionachrichten von 2017. Dies ist nur eines von vielen Beispielen.

Hinzukommend ist in der Übersetzung die Überführung der von den Arbeitern der „Les Halles“ verwendeten Verlan-Spielsprache ins Deutsche ebenfalls ziemlich missglückt, wodurch der mutmaßliche Charme des Originals gänzlich verloren gegangen ist.

Das alte Paris, fliegende Untertassen, ein Schatz, eine Liebesgeschichte, ein Wunder – für jeden Geschmack ist etwas dabei, könnte man sagen. So viele verschiedene Elemente, die aber leider keine zusammenhängende Einheit bilden. Mein Fazit: Der Autor hat mit „Ein Tropfen vom Glück“ nichts Halbes und nichts Ganzes geschaffen. Ein Roman, der mich weder fesseln noch berühren konnte.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Ein psychologisch tiefgründiger Roman

Worauf wir hoffen
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„Wie kann man wissen, welche Momente einen Menschen prägen?“

Die junge Fatima Farheen Mirza zeichnet ein tiefschürfendes, detailliertes, psychologisch stimmiges Bild einer indischen Familie muslimischen ...

„Wie kann man wissen, welche Momente einen Menschen prägen?“

Die junge Fatima Farheen Mirza zeichnet ein tiefschürfendes, detailliertes, psychologisch stimmiges Bild einer indischen Familie muslimischen Glaubens, die in Kalifornien lebt. Sie befasst sich eingehend mit dem Thema Familie, wie die Bindungen zwischen den Familienmitgliedern untereinander sind und was die Familie als Ganzes ausmacht. Auch der Glaube und die muslimische Tradition spielen eine große Rolle – für die einzelnen Figuren in unterschiedlicher Gewichtung sowie für die Autorin selbst, wie man als Leser deutlich spürt.

Zentrum der psychologischen Betrachtung sind vier Figuren. Da sind die Eltern, Rafik und Laila, sowie ihre Kinder Hadia, Huda und Amar. Während Huda eine eher schemenhafte Figur bleibt, da sie vor allem eine romanstrukturimmanete Funktion hat, tauchen wir tief in die Innensicht Lailas, Hadias und Amars ein. So kommt in den ersten drei Teilen des Romans der personale Erzähler abwechselnd aus der Sicht Lailas, Hadias und Amars zum Einsatz. Die Geschichte beginnt mit Hadias Hochzeit und im dritten Teil geht die Zeremonie dort weiter, wo sie im ersten Teil erzählerisch abgebrochen wird. Die Beschreibung der Hochzeit bildet somit einen Rahmen. Den Teil dazwischen füllen scheinbar bunt zusammengewürfelte, nicht chronologische Momentaufnahmen aus dem Leben Amars, Hadias und Lailas, die in irgendeiner Weise bedeutsam sind. Diese Szenen vereinen auf eine ganz besondere Art psychologischen Tiefgang und symbolische Aussagekraft.

Die Autorin geht in ihrer Erzählstrategie sehr geschickt vor, indem der Vater im Dunkeln bleibt. Dabei dreht sich so vieles um ihn. Der Leser erfährt sein Handeln und seine Wirkung nur durch die Augen der anderen. Während seine Töchter Musterschülerinnen und empfänglich für den Glauben der Eltern sind, ist Amar ein Problemkind – er ist schlecht in der Schule und missachtet die Anweisungen seines Vaters. Seine zentrale Charaktereigenschaft ist jedoch seine große Empfindsamkeit, mit der Rafik nichts anzufangen weiß. Die Kluft zwischen ihnen wird immer größer und schließlich kommt es zu dem endgültigen Bruch. Dabei war es niemals sein Vater, der Amars Vertrauen missbrauchte und – mit zum Teil guten Absichten, ja – wider ihn gehandelt hat, nein, es waren Laila und Hadia. Doch deren Loyalität hat Amar nie in Frage gestellt. Im letzten Teil des Romans kommt nur noch er, der Vater, als Ich-Erzähler zu Wort und spricht dabei seinen Sohn, Amar, direkt an. So wird der Kreis geschlossen, und alles, was für den Leser bisher nicht begreifbar gewesen ist, wird ersichtlich.

Es gibt so viele Stellen in dem Roman, an denen man innehalten muss oder so stark berührt ist, dass man nur mit Mühe die Tränen zurückhalten kann. Das unendlich Tragische an der Geschichte ist, dass es trotz so großer Liebe in der Familie zu Missverständnissen, Verletzungen und einem Bruch kommen musste. Und es wird deutlich, dass der Grund, warum Amar gegangen ist, ein anderer war, als der Vater die ganze Zeit über geglaubt hat. »Sag ihm: Komm zurück, wir werden einen Weg finden. [...] Ich habe die falschen Worte gewählt. Ich habe falsch gehandelt. Ich werde warten, bis du bereit bist. Ich werde immer auf dich warten.«

Zurecht wird Mirzas Werk „Worauf wir hoffen“ für seine Reife gelobt. Die Autorin schreibt mit einer Weisheit weit jenseits ihres jungen Alters. Es ist genau, wie Sarah Jessica Parker gesagt hat: „Ich verspreche jedem: Wenn er dieses Buch am Ende zuschlägt, wird er ein anderer sein.“

Veröffentlicht am 27.02.2019

Ein toller Jugendbuchkrimi in der Tradition Arthur Conan Doyles

Der Fall des verschwundenen Lords
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Wenn Sie noch nie von Enola Holmes gehört haben, dann liegt das daran, dass sie als extremer Nachzügler auf die Welt gekommen ist und aufgrund dessen, wenn überhaupt, dann nur hinter vorgehaltener Hand ...

Wenn Sie noch nie von Enola Holmes gehört haben, dann liegt das daran, dass sie als extremer Nachzügler auf die Welt gekommen ist und aufgrund dessen, wenn überhaupt, dann nur hinter vorgehaltener Hand über sie getuschelt wird. Aber ja, Sie liegen richtig, bei Enola handelt es sich um die kleine Schwester von Mycroft und Sherlock Holmes. Doch nun tritt sie aus dem langen Schatten ihrer Brüder, weil ihre Mutter gerade an ihrem vierzehnten Geburtstag verschwunden ist und Enola sich nun auf die Suche nach ihr macht. Gleichzeitig muss sie vor ihren Brüdern fliehen, die beschlossen haben, sie für den notwendigen Feinschliff auf ein Internat zu schicken. Doch Enola hat ganz andere Pläne. Zusammen mit Enola begibt sich der Leser auf die abenteuerliche Flucht nach London, wobei er der kleinen Detektivin gebannt über die Schulter schaut, während diese ganz nebenbei den Fall des verschwundenen Lords Tewksbury löst.

„Der Fall des verschwundenen Lords“ ist der erste Band der sechsbändigen Reihe um Enola Holmes. Enola ist eine Figur, die einem bereits nach wenigen Seiten ans Herz wächst und mit der sich so manche junge Leserin wunderbar identifizieren kann (für die männlichen Leser gibt es Lord Tewksbury). Sie ist intelligent, schlagfertig, stürmisch und rebellisch. Gleichzeitig ist sie unsicher und voller Zweifel wie es für ein Mädchen im Alter von vierzehn Jahren typisch ist. Ihre pointierte, humorvolle Art machen den Roman zu einem wahren Lesegenuss. Bis auf einige wenige etwas unglaubhafte Aspekte ist „Der Fall des verschwundenen Lords“ ein wunderbares, spannendes und zugleich lustiges Jugendbuch, bei dem der junge Leser mitdenken, -lachen und -rätseln kann!

Veröffentlicht am 24.02.2019

Ein Romandebüt voller Witz und Wärme

Liebe geht durch den Garten
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Was soll man tun, wenn man Kinderbuchillustratorin und alleinerziehende Mutter von zwei Jungen im Alter von zehn und acht Jahren ist, und einem seit Wochen Bauarbeiten und Hitze alle Lebensgeister und ...

Was soll man tun, wenn man Kinderbuchillustratorin und alleinerziehende Mutter von zwei Jungen im Alter von zehn und acht Jahren ist, und einem seit Wochen Bauarbeiten und Hitze alle Lebensgeister und künstlerische Inspiration rauben? Genau, man sucht sich einen Schrebergarten! Für kleines Geld bietet einem so ein eigener kleiner Garten mit Laube alle Annehmlichkeiten, die man sich als fried- und naturliebender Mensch wünscht. Gesagt, getan. Ehe sich Anna versieht, ist sie stolze Besitzerin eines Schrebergartens. Vielleicht zu Anfang doch nicht ganz so stolz, denn der Garten ist äußerst heruntergekommen. Doch Anna lässt sich nicht abschrecken. Voller Elan stürzt sie sich in ihre neue Aufgabe. Tatkräftig wird Anna von ihren hilfsbereiten Schrebergartennachbarn unterstützt, sodass im Handumdrehen Ordnung in die kleine Gartenwelt einkehrt. Ganz besonders gerne geht der äußerst sympathische und extrem gutaussehende Paul Anna bei allen Gartenarbeiten zur Hand. Es könnte das Paradies auf Erden sein, wenn nicht plötzlich Sabine aufgetaucht wäre, die Paul ganz für sich in Anspruch nehmen möchte...

Ulrike Hartmann gelingt mit „Liebe geht durch den Garten“ ein warmer, humorvoller und überaus authentischer Roman, der mit seinen mannigfachen Wendungen die Leserin die Romanhandlung bis zum Ende mit Anteilnahme und Vergnügen mitverfolgen lässt. Sehr liebevoll beschreibt die Autorin die Schrebergärten und alles, was damit verbunden ist – die Arbeit, den Kleingärtnerverein, die Gartenimpressionen zu jeder Jahreszeit. Eine ganz besondere Stärke des Romans sind die runden Figuren: Da ist Anna, die Ich-Erzählerin und ihre beste Freundin Martha – die Frau möchte ich sehen, die sich nicht in ihren Gesprächen wiederfindet! – die beiden eigenwilligen und schlagfertigen Söhne, die überaus putzige Vermieterin, Paul, Sabine, die herzensgute Schrebergartennachbarin Lene und viele mehr. Spritzige Dialoge und viel Situationskomik runden den ausgesprochen gelungenen Roman ab. Lachfältchen sind garantiert!