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Highlander1312

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Veröffentlicht am 29.06.2020

Autonomes Fahren. Fluch oder Segen?

The Passengers
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The Passengers spielt im Großbritannien der nicht allzu fernen Zukunft. Der motorisierte Verkehr ist beinahe völlig auf autonome Autos umgestellt. Mein Leben in die Hände einer Maschine legen? Ich bin ...

The Passengers spielt im Großbritannien der nicht allzu fernen Zukunft. Der motorisierte Verkehr ist beinahe völlig auf autonome Autos umgestellt. Mein Leben in die Hände einer Maschine legen? Ich bin da nur bedingt bereit für. Und nach der Lektüre von The Passengers noch weniger. Denn genau darum geht es in diesem spannenden Buch! Die Autos von 8 Personen werden gehackt und steuern auf eine gigantische Kollision zu. Das Ganze wird weltweit gestreamt und eine Scheinjury soll entscheiden, wer es verdient zu überleben!

Das klingt ziemlich heftig und für mich hatte das Buch auch mehr Thrill als so mancher Thriller der letzten Wochen, dabei ist The Passengers ein Roman.

Die Protagonistin Libby war mir sehr sympathisch und hat mir mit ihrem Verve viel Freude bereitet. Der Antagonist Jack hingegen ist ein Arschloch wie es im Buche steht. Außerdem ist das Setting rund um Autonomes Fahren und Social Media hervorragend ausgearbeitet und wirkt realistisch. Großes Lob an den Autor!

Da mir im letzten Viertel ein wenig die Spannung verloren ging, gibt es nicht die vollen 5 Sterne für Handlung, Charaktere und Idee, sondern 0,5 weniger.

Außerdem 0,1 Abzug für den Stolperstein "ihr braunes Haar zu einem Pony zusammengebunden" (S. 58). Ponytail ist eben auf deutsch nicht Pony, sondern Pferdeschwanz...

Und 0,1 Abzug gibt's für die Tatsache, dass ein 496-seitiges Buch unmöglich ohne Leserillen zu lesen ist und ich HASSE die Dinger!

Nennt mich kleinlich, aber 5 Sterne gibt's bei mir nur für absolute Lieblingsbücher, bei denen alles passt. Dennoch gibt's eine klare Leseempfehlung für Fans von Thrillern à la Black Out.

Ich persönlich glaube ja, dass in Deutschland die endlosen Gesetze sowas noch eine Weile verhindern werden!

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Veröffentlicht am 29.06.2020

Das bahnbrechende Werk des jungen Baldwin - neu übersetzt

Giovannis Zimmer
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Nun habe ich mein erstes Buch von James Baldwin beendet. Zwar sind es "nur" 194 Seiten, aber ich fand das Buch zu anspruchsvoll, um es einfach schnell wegzulesen. Wie meinen bisherigen Rezensionen unschwer ...

Nun habe ich mein erstes Buch von James Baldwin beendet. Zwar sind es "nur" 194 Seiten, aber ich fand das Buch zu anspruchsvoll, um es einfach schnell wegzulesen. Wie meinen bisherigen Rezensionen unschwer zu entnehmen ist, bin ich kein großer Fan von Liebesgeschichten. Ich finde sie oft zu gestellt, zu perfekt oder zu klischeebehaftet. Giovannis Zimmer ist sicher keine Liebesgeschichte, aber in diesem dünnen Buch habe ich mehr über die literarische Liebe gelernt als in vielen Büchern.

Es ist die Geschichte von David und Giovanni. Mithilfe des Nachworts erfährt man dabei viel über Baldwins Beweggründe, so stellt David das prüde Amerika dar und wehrt sich vehement gegen seine eigene Homosexualität. Er sucht Ausreden und bringt sein Herz gewaltsam zum Schweigen. Der schöne Giovanni hingegen genießt sein Schwulsein, ist fordernd und doch verletzlich. Für ihn gibt es keinen Grund sich zu schämen.

Das Buch spielt Mitte des 20. Jahrhunderts in Paris und David ist eigentlich mit Hella zusammen, die aber eine Art Selbstfindungsreise nach Spanien unternimmt und ihn allein lässt. Hella möchte unbedingt auf den Trend der Emanzipation aufspringen und gerät dabei in einen inneren Konflikt.

David vernetzt sich immer mehr in der Szene in Paris und lernt Giovanni kennen. An sich ist diese Liebe einfach schön und echt, wenn David sich nicht ständig dagegen auflehnen würde.

Die Geschichte selbst ist für mich nur ein Teil des Erfolgs dieses Buches. Besonders die Umstände seiner Veröffentlichung sind so besonders. Baldwins Verlag riet ihm das Manuskript zu verbrennen, da Baldwin damit endgültig die ihm gesteckten Grenzen des Schreibens durchbrach.

Es ist kein Roman über Homosexuelle, es ist auch keine Love Story, aber es ist ein Buch über große Gefühle und darüber, was passiert, wenn wir dem gesellschaftlichen Druck nachgeben und unsere Gefühle unterdrücken.

Ganz kleine Abzüge gibt es, weil doch einige Sätze im Buch auf Französisch sind. Klar, die Sprache der Liebe, aber manche Sätze habe ich so dann leider nicht verstanden.

Große Literatur eines besonderen Menschen! Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.06.2020

Spannung garantiert: Ein Neuseeland-Krimi!

Im grausamen Licht der Sonne
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Normalerweise sind die Cover von Thrillern (und auch Krimis) eher in dunklen Tönen gehalten. Aber normalerweise spielen Thriller auch nicht im naturbelassenen, friedlichen Neuseeland, das auch das Auenland ...

Normalerweise sind die Cover von Thrillern (und auch Krimis) eher in dunklen Tönen gehalten. Aber normalerweise spielen Thriller auch nicht im naturbelassenen, friedlichen Neuseeland, das auch das Auenland aus Herr der Ringe beheimatet... Das auffallend gelbe Cover ist definitiv besonders und ich konnte mir nicht helfen, der Titel hat schon bei mir schon für Gänsehaut gesorgt.

Im Zentrum der Handlung steht Ana, die nach vielen Jahren wieder zurück in ihr Heimatstädtchen Golden Cove auf der Südinsel Neuseelands kehrt. Nach einer gescheiterten Ehe und einer steten Suche nach Akzeptanz in einer fremden Kultur ist sie nun wieder dort wo sie und ihr Herz hingehören. Vermeintlich hat sich nichts verändert, jeder kennt jeden und nur der Polizist ist neu - Will, ein ruhiger wie kontrollierter Zeitgenosse mit einer düsteren Vergangenheit. Nach kurzer Zeit wird das Homecoming von Ana allerdings durch das Verschwinden einer jungen Frau getrübt. Hat es etwas mit dem Verschwinden von einigen Frauen vor mehr als 10 Jahren zu tun? Schnell wird klar, dass jede*r in Golden Cove Geheimnisse hat und Will und Ana stehen vor großen Herausforderungen.

Die Szenerie könnte keine bessere sein. Traumhafte Landschaften, die aber ebenso gefährlich wie wunderschön sein können. Dazu ein verschlafenes Nest, das bei Starkregen auch schonmal vom Rest der Welt abgeschnitten ist. Singh, selbst in Neuseeland aufgewachsen, nutzt den rauen Charme der Südinsel und kreiert eine perfekte Kulisse für dramatische Ereignisse.
Während ziemlich zügig die Frau verschwindet, sodass von da an eine solide Grundspannung entsteht, dauert es danach eine Weile bis es wieder "Action" gibt. Dafür wird die Beziehung zwischen Will und Ana sowie die immer verzweifeltere Suche nach des Rästels Lösung lebendig geschildert, sodass ich trotzdem immer gerne weitergelesen habe. Nichtsdestotrotz empfinde ich das Buch mehr als einen Krimi, der langsam auf ein haarsträubendes Finale hinarbeitet, als einen Thriller, der kontinuierlich Spannung erzeugt und mich regelrecht in Atem hält.
Das ist aber auch schon meine einzige Kritik, ich finde das Buch ansonsten sehr gelungen und empfehle es guten Gewissens weiter. Die Autorin versteht es sehr gut, wie man Charaktere in Szene setzt, sie menschlich wirken lässt und für mich war die Auflösung trotz einiger Indizien nicht vorhersehbar. Super Krimi zum Mitermitteln mit einer belebenden Prise Romantik!

Ich bin froh, dass ich selbst schon in Neuseeland war und dieses Buch zu dem Zeitpunkt nicht kannte Ich bin gespannt auf die weiteren Bände und würde mich freuen auch in den Folgebüchern mehr über die Maori-Kultur zu lernen.

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Veröffentlicht am 21.05.2020

Ein düsteres Kapitel hannoversche Geschichte

Haarmann
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Die düstere Aufmachung und der vage Klappentext verbunden mit der Tatsache, dass es sich hier um eine wahre Geschichte handelt, haben mich veranlasst, das Buch zu lesen. Kurz zum Hintergrund: Fritz Haarmann ...

Die düstere Aufmachung und der vage Klappentext verbunden mit der Tatsache, dass es sich hier um eine wahre Geschichte handelt, haben mich veranlasst, das Buch zu lesen. Kurz zum Hintergrund: Fritz Haarmann alias "Der Totmacher", "Der Werwolf" und "Der Kannibale" ist einer der brutalsten Serienmörder der deutschen Geschichte. Zwischen 1918 und 1924 war er verantwortlich für den Tod von mindestens 24 jungen Männern. Film und Literatur haben seine Geschichte dazu bereits häufiger aufgegriffen.

Mit Haarmann erschafft Dirk Kurbjuweit nun einen Kriminalroman, der trotz der großen Brutalität der eigentlichen Taten ohne übertriebene Gewalt auskommt. Stattdessen werden hier die (Miss-)Geschicke der hannoverschen Polizei im politischen Kontext der jungen Weimarer Republik mit den gesellschaftlichen Missständen zusammengeführt und ergeben einen vielschichtigen und spannenden Roman.

Der Bochumer Polizist Robert Lahnstein wird nach Hannover gerufen, um das Rätsel um die immer zahlreicher verschwindenden Jungs zu lösen. Nicht nur der Fall ist sehr undankbar, auch das Kollegium sieht Lahnstein als unwillkommene Konkurrenz. Da nur junge Männer verschwinden, liegt schnell der Verdacht nahe, dass es sich um einen Triebtäter handelt. Und auch Fritz Haarmann ist früh im Gespräch. Aber die Ermittlungen erweisen sich als äußerst schwierig und die Steine in Lahnsteins Weg sind gigantisch. Die damalige Politik und seine eigene Vergangenheit tun ihr Übriges, um den Roman mit mehr als nur einer grausamen Kriminalgeschichte zu füllen.

Kurbjuweit beweist, dass er den Fall Haarmann sehr gut recherchiert hat. Gelegentlich gibt er Haarmanns Perspektive wieder, sodass der Leser einen Eindruck in die (vermutete) Psyche des Psychopathen erhält. Die Sicht des Täters darzustellen, finde ich bei derartigen Tätern allerdings sehr mutig. Können zivilisierte Menschen so ein krankhaftes Denken überhaupt nachvollziehen?
Chefermittler Lahnstein finde ich eine sehr tolle Figur. Er wird sehr reflektiert und erwachsen dargestellt. Sein Wille das Verschwinden (und Morden - das ist jedem klar) zu beenden, ist immer präsent und steht auch hinter persönlichen Problemen zurück. Obwohl sich die Ermittlungen ziehen, zieht sich das Buch in keinem Moment. Zu omnipräsent ist das Grauen, das auf die jungen Männer in Hannover wartet.

Ein wirklich gelungener Kriminalroman, der viele Facetten hat und die abscheulichen Taten des Fritz Haarmann auf moderne Art und Weise zeigt. Wenn wir uns vor Augen halten, dass das alles vor etwa 100 Jahren tatsächlich so und unter einigen wissenden Augen geschehen ist, bekomme ich zumindest schnell eine Gänsehaut!

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Veröffentlicht am 02.05.2020

Ein tragisches Buch über Wahrheit und Schuld!

Miracle Creek
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Nach Der Gesang der Flusskrebse und Der Hund durfte ich nun in den Genuss eines weiteren absoluten Buchhighlights aus dem noch jungen hanserblau-Verlag kommen (dieser Verlag bzw. seine Auswahl an Büchern ...

Nach Der Gesang der Flusskrebse und Der Hund durfte ich nun in den Genuss eines weiteren absoluten Buchhighlights aus dem noch jungen hanserblau-Verlag kommen (dieser Verlag bzw. seine Auswahl an Büchern überzeugt mich mehr und mehr). Das Debüt Miracle Creek von Angie Kim ist ein zauberhaftes Buch, das besonders durch seine stringente, aber doch so vielseitige Handlung besticht.

Das Buch beginnt und endet tragisch, dazwischen drängt sich eine wahre Gefühlsachterbahn. In manchen Momenten stand mir der Mund wegen so viel Dramatik offen und ich musste kurz innehalten, in anderen Momenten verschlang ich Seite um Seite ob der beeindruckenden Dialoge.

Die Handlung spielt bis auf den Vorfall selbst ein Jahr nach dem Vorfall, bei dem eine Frau und ein autistischer Junge durch einen mutmaßlich vorsätzlich verursachten Brand ums Leben gekommen sind. Angeklagt ist - grausames Schicksal - die Mutter selbst, wird sie doch verdächtigt, ihr Kind misshandelt zu haben und lieber ohne ihn leben zu wollen. Das Buch beschreibt das fällige Gerichtsverfahren, die Beweiserhebung und die Konsequenzen für die Beteiligten. Der Brand selbst geschah während einer revolutionären, aber umstrittenen, Behandlungsmethode. Die Anlage dazu wird von einer koreanischen Einwandererfamilie geführt, um die herum sich die Geschichte aufbaut. Schon im ersten Kapitel wurde ich mit einer Vielzahl an Namen konfrontiert, sodass ich es zuerst sehr unübersichtlich fand. Aber nachdem die Personen etwas detaillierter skizziert werden und durch die regelmäßigen Perspektivwechsel bekam ich schnell ein Bild, wer wie zu wem gehört.

Meiner Meinung nach besticht das Buch in zwei wesentlichen Punkten:
1. Angie Kim ist selbst als Teenager aus Korea in die USA emigriert. Sie konstruiert hier keine Einwanderergeschichte, sie weiß, was es heißt, die Neue zu sein und sich weder im einen noch im anderen Land zuhause zu fühlen. Vieles im Buch dreht sich um Wahrheit und Schuld. Dass dazu die traditionelle koreanische Familienhierarchie etwas beiträgt, wird ohne Ressentiments und erhobenen Zeigefinger dargestellt. Die Zerrissenheit von Young (der Frau des Betreiber der verhängnisvollen Anlage) ist greifbar und bis zum Ende ein schwelender Konfliktherd. Nur sehr, sehr selten fand ich es zu asiatisch-klischeebelastet.
2. Gerade in der ersten Hälfte des Buches fand ich mich praktisch in der Funktion eines Geschworenen wieder. Ständig wechselte die Vermutung, wer denn nun das Feuer gelegt haben könnte. Die großartige Verteidigerin Shannon zerpflückt die Zeugen der Staatsanwaltschaft regelrecht. Auch als ich mehr in das Innenleben der Protagonisten eintauchte, tauchte mit jeder neuen Erkenntnis ein neues fehlendes Puzzleteil auf, sodass es wirklich bis zu den letzten Kapiteln sehr spannend war. Ein grandioser Plot mit nicht nur einem Plottwist...

Ein kleiner Kritikpunkt, der aber neben der grandiosen Handlung, wirklich klein sein soll, ist mein Empfinden, dass manche Charaktere wie Pak, Teresa, Janine und vielleicht auch Staatsanwalt Abe zu blass waren. Zu ihnen hätte ich mir noch mehr Details gewünscht.

Dafür werden die wirklich wichtigen Protagonisten (bis auf Pak) aber in einer Weise geschildert, die sehr emotional ist und dafür sorgt, dass das Buch mich tief berührt hat. Insbesondere wenn es um den kleinen Henry geht, der dem Brand zum Opfer gefallen ist.

Das Buch mit dem wunderschönen Cover ist ein echtes Highlight und wirklich ein leuchtendes Buch (Time Magazine).

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