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Highlander1312

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Streiten will gelernt sein

Auf sie mit Gebrüll!
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Nach dem großen Erfolg von "Post von Karlheinz" hat Hasnain Kazim mit "Auf sie mit Gebrüll!" ein weiteres Buch geschrieben, das sich dem lebhaften Widerstand in politischen Diskussionen widmet.

Von Beginn ...

Nach dem großen Erfolg von "Post von Karlheinz" hat Hasnain Kazim mit "Auf sie mit Gebrüll!" ein weiteres Buch geschrieben, das sich dem lebhaften Widerstand in politischen Diskussionen widmet.

Von Beginn an nutzt Kazim klare, prägnante Sätze, die eingänglich und leicht anzuwenden sind. Das Buch liest sich dadurch sehr gut und ist kurzweilig. Hinzu kommen zahlreiche Zitate - mal von Populisten, die dann entkräftet werden, mal von Intellektuellen, die dann auf Herz und Nieren geprüft werden -, sodass keine Textpassage langwierig erscheint. Highlights sind natürlich die zahlreichen Beispiele "aus der Praxis" mit denen Kazim seine eigene Diskussionsfähigkeit veranschaulicht.

Einen wesentlichen Teil nutzt Kazim, um an die demokratische, aber doch sehr schweigsame Mehrheit zu appellieren, dass es sich lohnt zu streiten. Denn Schweigen ist Mitschuld oder anders gesagt, wenn die Klügeren immer nachgeben, regieren am Ende die Dummen.

Besonders hervorheben möchte ich den Praxisbezug. Nicht nur die humorvollen Beispiele des Autors, sondern auch die Argumente gegen gängige Parolen von Populisten sind sehr hilfreich und haben Einzug in mein "Streitrepertoire" erhalten.

Die hohe Kunst der Konfliktführung wird hier nicht erklärt, es ist kein wissenschaftliches Buch zum Thema Streiten. Stattdessen werden hier Tipps und Anregungen für das Streiten mit Hatern, Spaltern und Trollen geboten. Zur Meinung zum Buch gehört aber auch, dass Kazim eine ganz eigene Art hat mit Streitpartnern umzugehen, die ich nicht immer teile. Zwar ist er politisch absolut korrekt und verstößt nie gegen die Regeln der Meinungsfreiheit, aber sein Schreibstil ist doch manchmal reißerisch und flapsig. Dadurch wird das Buch zum Einen wirklich kurzweilig, zum Anderen verliert es etwas an Niveau.

Die wenig komplizierten Sätze führen trotzdem nicht zu einer naiven Sicht auf die Dinge. Die Grundlagen der Kommunikation werden ebenso angerissen wie die Ethik des Journalismus. Gute Idee von ihm, auch mal Zeitungen zu lesen, die eigentlich nicht die eigene Meinung untermauern!

Alles in allem ein lohnenswertes Buch mit tollen Aspekten zum Thema "Streiten für die Demokratie". Der Schreibstil lässt zuweilen erkennen, dass Kazim eben für SpiegelOnline und nicht für die Süddeutsche Zeitung schreibt. Aber ich denke genau für diese polarisierende Art wird er von vielen Lesern gefeiert und bis zu einem gewissen Grad tue ich das auch

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Veröffentlicht am 12.03.2020

Fühlspaß mit dem Krakeltier!

Das Krakeltier
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Im neuen Pappbilderbuch von Mareike Postel aus dem Loewe-Verlag begegnen kleine und große Leser dem Krakeltier. Das Krakeltier ist ein freundliches, blaues Tier, das unglaublich gerne krakelt. Es krakelt ...

Im neuen Pappbilderbuch von Mareike Postel aus dem Loewe-Verlag begegnen kleine und große Leser dem Krakeltier. Das Krakeltier ist ein freundliches, blaues Tier, das unglaublich gerne krakelt. Es krakelt im Zicksack, in Kreisen und manchmal krakelt es sich auch selbst. Auf robusten Pappseiten bekommt dieses Kinderbuch eine besondere Note durch die farbigen Striche, die mittels Relieflack hervorgehoben sind.
Das Buch ist nicht überfüllt mit Inhalten, sodass sich die kleinen Leser auf das Wesentliche konzentrieren können. Der Tastsinn wird hier in hohem Maße angesprochen, denn die Striche und Zeichnungen des Krakeltiers können kinderleicht mit dem Finger nachgefahren werden. Das Abgebildete wird mit kurzen, einfachen Reimen ergänzt.

Neben der Haptik ist das Buch auch sehr gut geeignet, um ein erstes Farbverständnis zu erzeugen und für Kinder, die gerade Sprechen lernen, die Farben korrekt zu benennen.

Das Buch ist für Kinder ab ca. 1,5 Jahren geeignet. Gerade Kinder, die sich im kreativen Bereich gerne austoben, kommen in diesem Buch voll auf ihre Kosten. Bei entsprechendem Verständnis kann auch versucht werden, die Linien selbst nachzuzeichnen und so die Feinmotorik zu schulen.

Für uns ein weiteres schönes Kinderbuch aus dem Haus des Loewe-Verlags, dem ein wenig mehr Geschichte noch gut getan hätte. So ist es insbesondere für kreative Geister mit Spaß an Farben ein gelungenes Geschenk!

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Veröffentlicht am 22.04.2020

On the road! - Ein katholischer Geistlicher auf Reisen

Unterwegs im Auftrag des Herrn
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Woran denkt ihr bei dem Begriff "katholischer Priester"? An einen älteren, grauweißhaarigen, eher konservativen Mann? Dass das schon länger nicht mehr stimmt, wissen sicher schon einige. Mittlerweile gibt ...

Woran denkt ihr bei dem Begriff "katholischer Priester"? An einen älteren, grauweißhaarigen, eher konservativen Mann? Dass das schon länger nicht mehr stimmt, wissen sicher schon einige. Mittlerweile gibt es viele junge und motivierte Geistliche, die in ihrem Blick auf die Kirche und ihre Vorgaben auch schonmal kritisch sind. Einer von ihnen ist Carsten Leinhäuser. In seinem Buch "Unterwegs im Auftrag des Herrn" berichtet er von seinem Weg als Priester und den Erkenntnissen, die er auf seinen vielen Reisen sammeln durfte.

Das Buch ist hochwertig aufgemacht und lockt schon alleine damit, dass Klappentext und Titel den Schluss nahelegen, dass hier ein Priester aus dem Nähkästchen plaudert. Besonders interessant deswegen, weil über die katholische Kirche ja nur selten positiv berichtet wird.

Die Anekdoten von seinen Reisen sind kurz und prägnant und gerade im ersten Drittel sehr philosophisch mit nur wenig Bezug zu Religion und Glaube. Das bringt mich zu meinem Kritikpunkt. Die Geschichten sind häufig sehr alltäglich. Da es wahre Geschichten sind, ist das vermutlich auch realistisch, aber ein Fazit wie "Manchmal muss man das Leben einfach auf sich zukommen lassen" ist nicht wirklich neu und gehört eher in einen Glückskeks. Circa bis zur Hälfte des Buches hätte das Buch auch heißen können "Lebensweisheiten für Anfänger". Dabei kann Leinhäuser sehr gut schreiben, in den Geschichten baut er Spannung auf, aber die Pointen sind oft zu blass, sodass das Resultat eher banal ist.

Viel besser hat mir die zweite Hälfte gefallen, in der sich Leinhäuser mehr mit seinem Glauben und seiner Beziehung zur Gott bzw. zur Kirche auseinandersetzt. Die Methoden, um sich mit der Bibel und/oder Gott auseinanderzusetzen, fand ich sehr gut. Dass Glaube und Kirche nicht immer gleich sind, wird ebenfalls deutlich. Auch die Berichte über seinen Weg zum Priester und der gelegentlich wiederkehrende Zweifel sind super. So fällt es Leinhäuser schwer, ein sich liebendes homosexuelles Paar nicht trauen zu dürfen. Oder die Tatsache, dass er sich kurz vor der Priesterausbildung verliebt. Für ihn ist Priestersein eine kontinuierliche Entscheidung FÜR Gott.

Die philosophischen Allgemeinplätze mal ausgeklammert, steht das Buch für mich symbolisch für den Wandel unter den Priestern der katholischen Kirche im Hinblick auf drängende Themen wie Homo-Ehe, Zölibat und Frauen in der Kirche! Insgesamt eine moderne Sicht auf die katholische Religion mit vielen Anekdoten, die nicht immer restlos überzeugen können.

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Veröffentlicht am 03.04.2020

Rasanter Jugendkrimi in London

The Haven (Band 1) - Im Untergrund
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Der bekannte Autor für Erwachsenenthriller Simon Lelic hat mit The Haven - Im Untergrund einen ansprechenden Auftakt einer neuen Jugendbuchreihe geschaffen, der sich flott liest und keine Atempause kennt.

Das ...

Der bekannte Autor für Erwachsenenthriller Simon Lelic hat mit The Haven - Im Untergrund einen ansprechenden Auftakt einer neuen Jugendbuchreihe geschaffen, der sich flott liest und keine Atempause kennt.

Das Intro ist extrem kurz, sehr schnell ist der Leser mit dem 13-jährigen Ollie Turner in der Kanalisation von London unterwegs. Auch Ollie weiß nicht wirklich wie ihm geschieht und erst nach und nach erschließt sich ihm (und dem Leser) der Hintergrund.

Ollie wird vom Anführer einer Zufluchtsstätte für Straßenkids aus den Fängen fieser Entführer gerettet und in den Haven gebracht - das Zentrum der legendären, den Behörden nicht bekannten Einrichtung. Im Haven gibt es keine Erwachsenen. Das klingt nach Chaos, ist tatsächlich aber eine wunderbar funktionierende und demokratische Mikrogesellschaft. Ollie lernt schnell das Kompetenzteam vom Haven kennen und möchte sich eigentlich schnell wieder verabschieden... Aber die Ereignisse überschlagen sich und bevor Ollie sich versieht, findet er sich in halsbrecherischer Mission wieder, um London vor den grausamen Machenschaften einer kriminellen Psychopathin zu schützen.

Lelic erschafft hier eine äußerst interessante Untergrundgesellschaft, die sich im von Banden dominierten Banden der Rettung von Jugendlichen verschrieben hat. Für mich nimmt sich Lelic nicht genug Zeit um dieses Szenario ausreichend zu schildern. Bereits die ersten Kapitel sind sehr hektisch und weder die Charaktere noch die Handlung baut sich groß auf. Dadurch wird das Buch sehr kurzweilig, lässt aber Tiefe vermissen, die andere Bücher für dieses Alter durchaus besitzen. Die Entwicklung, die Ollie im Laufe des Buches nimmt, ist bemerkenswert und erstaunlich. An detaillierter Action fehlt es dem Buch nicht und auch die klassische Böse ist sehr gut dargestellt. Die Handlung ist gut, aber nicht sehr überraschend.

Für mich ein gutes Jugendbuch, das in Sprache und Handlung etwas unausgereift ist und so bei guter Idee etwas an Tiefe verliert. Rasante Action gibt es aber in jedem Fall und eine Fortsetzung kommt schon im Sommer 2020!

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Veröffentlicht am 12.03.2020

Die hohe Kunst der Instrumentalisierung

Die Wahrheit der anderen
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Das Buch „Die Wahrheit der Anderen“ von Daniel Zipfel aus dem österreichischen Kremayr Scheriau-Verlag ist ein gesellschaftskritischer Roman, der sich mit der vierten Macht im Staat – den Medien – beschäftigt. ...

Das Buch „Die Wahrheit der Anderen“ von Daniel Zipfel aus dem österreichischen Kremayr Scheriau-Verlag ist ein gesellschaftskritischer Roman, der sich mit der vierten Macht im Staat – den Medien – beschäftigt. Dabei wird besonders das Verhältnis mancher Journalisten zur Wahrheit unter die Lupe genommen.

Gleich zu Beginn begleiten wir Uwe Tinnermanns, seines Zeichens mittelerfolgreicher Journalist, auf eine Kundgebung, die in Folge des Tods eines pakistanischen Flüchtlings in Wien abgehalten wird. Ein zufälliger Schnappschuss einer gestürzten Demonstrantin, gemeinsam mit einem Polizisten, bringt die ganze Geschichte ins Rollen. Tinnermanns‘ Bild ist der Hit und sein Mentor und Chefredakteur Konrad Brandt gewährt ihm eine regelmäßige Kolumne zu den Themen Polizeigewalt, Asyl und pakistanische Flüchtlinge.

Die gestürzte Demonstrantin ist von so viel Aufmerksamkeit erst einmal überfordert, steckt sie doch eigentlich gerade selbst in ihrem Asylverfahren. Dieses steht kurz vor dem Abschluss und ihre Anwältin, eine weitere Protagonistin, möchte sie dort als „Hascherl“, also zartes, schwaches Wesen, präsentieren. Der ganze Medienrummel kommt dem nicht gerade gelegen.
Tinnermanns allerdings sieht die Lage ganz anders, ihm kommt die Aufmerksamkeit gerade Recht. Die Besetzung einer Kirche und die damit einhergehende Abschottung nach außen ermöglicht ihm nahezu freie Hand in der Recherche, aber auch der Darstellung an die Öffentlichkeit. Inszenierte Dramen, bewegende Einzelschicksale und berührende Bilder erzeugen ein Szenario, das es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt. Tinnermanns spielt dabei mit dem Leid der hoffenden Flüchtlinge. Weder die Anwältin noch der Chefredakteur können den Prozess aufhalten, der sich längst in Gang gesetzt hat.

Für mich ist die Geschichte insgesamt zwar gut, aber etwas mehr Spannung darf es sein. Zu monoton ist ab einem gewissen Zeitpunkt der Aufenthalt in der Kirche und zu vorhersehbar der Plan von Tinnermanns. Dazu kommt noch die gesundheitliche Situation der Anwältin, die das Ganze verwirrt, wenn sie in Halluzinationen abschweift. Das Finale war leider nicht der erwartete Paukenschlag.

Der Roman wirft ein düsteres Licht auf den Journalismus. Zipfel zeigt wie einfach Meinungsmache funktioniert und wie schamlos manche dies ausnutzen. Wer weiß schon, was wirklich wahr ist. Die vierte Macht im Staat ist mächtig und dessen sollte man sich auch heute jederzeit bewusst sein.

Für mich ist – wie immer bei diesem Verlag – der österreichische Einschlag eine Wohltat. Die Bücher wirken dadurch sehr authentisch und ungestellt.

Insgesamt ein gelungenes Buch, das lediglich im Spannungsbogen einige Schwächen aufweist, aber tolle Einblicke in die Verzweiflung der Geflüchteten, die Passivität der Politik und in die Sensationslüsternheit mancher Journalisten gibt.

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