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Veröffentlicht am 22.06.2021

Manchmal braucht das Glück etwas länger und kommt in ganz unerwarteter Gestalt

Man darf mit dem Glück nicht drängelig sein
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Dieser Urlaub sollte eigentlich ein ganz besonderer für Anna, Magnus und Linnea werden. Mama hat ein wunderbares, kleines rotes Ferienhaus in Schweden gemietet. Doch dann bekommt sie die Möglichkeit, eine ...

Dieser Urlaub sollte eigentlich ein ganz besonderer für Anna, Magnus und Linnea werden. Mama hat ein wunderbares, kleines rotes Ferienhaus in Schweden gemietet. Doch dann bekommt sie die Möglichkeit, eine langersehnte Fortbildung zu machen und Papa, der mit seiner neuen Freundin in Bremen lebt, soll an ihrer Stelle mit den Kindern in das Häuschen fahren. Papa hat leider so gar keine Lust auf diesen Urlaub. Und dann muss auch noch ausgerechnet Friedrich, der Sohn von Papas neuer Freundin, dazustoßen. Den findet Anna absolut unerträglich. Das läuft ja dann wohl auf den schrecklichsten Urlaub aller Zeiten hinaus. Oder etwa doch nicht?

Autorin Kirsten Boie erzählt gut verständlich, klar und sehr direkt aus Annas Sicht. Sie scheut sich nicht davor, auch Schimpfwörter und Kraftausdrücke zu verwenden, denn so reden Kinder eben manchmal. An Linneas permanentes „Du Dummi“ oder den wiederholt gebrauchten Ausdruck „Scheißkerl“ muss man sich beim Lesen erst einmal gewöhnen. Sicher durchaus authentisch, aber natürlich keine „schöne Sprache“.
Das Buch ist für Kinder ab zehn Jahren geschrieben, aber auch ein bisschen für deren Eltern. Mir fällt eine konkrete Alterseinschätzung schwer, denn die „Botschaft“ ist nicht ganz einfach zu umreißen. Über Linnea und Magnus amüsieren sich auch schon jüngere Kinder beim Vorlesen, die dann möglicherweise Annas komplizierte Situation und ihre Zerissenheit nur teilweise erfassen.

In Anna, die sehr klar und deutlich macht, wie sie sich fühlt, können sich die Leser wahrscheinlich problemlos hineinversetzen. Sie ist ein ganz normales, sensibles Mädchen, das mit ihrer neuen Situation „getrennte Eltern und neue Partnerin des Vaters“ Schwierigkeiten hat. Einerseits ist sie recht unkompliziert, hilft freiwillig im Haushalt und übernimmt wie selbstverständlich Verantwortung für die kleinen Geschwister. Andererseits reagiert sie sehr heftig auf die neue Partnerin ihres Vaters und deren Sohn. Sie fühlt sich zurückgesetzt und missverstanden und diese Empfindungen sind durchaus nachvollziehbar. Annas Gefühlsleben wird verständlich und authentisch dargestellt.
Annas Bruder Magnus ist extrem tierlieb, sensibel und harmoniebedürftig. Er reagiert oft wie ein typisches Sandwichkind, recht verletzlich, zeigt sich aber auch sehr tolerant, ausgleichend und mitfühlend.
Anders Linnea, die zwar in ihrer Naivität oft sehr drollig wirkt, aber regelmäßig und sehr direkt andere beschimpft. Sie benimmt sich wie Vierjährige das häufig tun, „eigensinnig“ und willensstark.
Papa ist leider ein etwas unangenehmer, unzugänglicher Charakter. Er steckt in der Zwickmühle, möchte für seine neue Partnerin Irene da sein, hat aber seinen Kindern gegenüber eine Pflicht zu erfüllen. Er schafft es oft nicht, sich rücksichtsvoll und mitfühlend zu verhalten und Geduld zu beweisen. Zu seinen Kindern hält er Distanz, weswegen Linnea ihn auch nicht Papa, sondern „Herr Schulze“ nennt. Er wirkt sehr hilflos und vermittelt oft den Eindruck, dass er keinen Wert darauf legt, mit den Kindern zusammen zu sein. Das macht die Situation sehr schwierig für alle.
Ein Lichtblick ist Friedrich, der Sohn von Papas neuer Freundin Irene. Auch für ihn ist dieser Urlaub alles andere als einfach. Er reagiert aber sehr verständnisvoll, ziemlich bewundernswert, baut zu den anderen eine „Brücke“. Friedrich wirkt sehr reif für sein Alter.

Der Titel passt ganz prima: „Man darf mit dem Glück nicht drängelig sein“. Noch blitzt das Glück nur an manchen Stellen im Buch hervor. Anna genießt besondere Glücksmomente, aber sie erlebt auch viele unangenehme, deprimierende, wütendmachende Situationen. Gegen Ende erkennt sie, dass man anderen Menschen eine Chance geben muss und sie doch ganz anderes sein können als man denkt. Es ist am Schluss noch nicht alles ganz gut, aber vieles besser. Manchmal braucht das Glück eben seine Zeit. Und zwischendrin gibts trotz der vielen traurigen Unstimmigkeiten auch sehr viel zu lachen. Zum Beispiel über Linnea, die zwar sehr harsch und direkt ist, aber auch immer wieder die Dinge erstaunlich präzise auf den Punkt bringt. Sie weiß und erfasst intuitiv mehr, als man ihr zutraut. Auch Magnus bringt zum Schmunzeln, denn seine Tierliebe geht ganz schön weit und lässt ihn ziemlich amüsante Rettungsaktionen durchführen.

Keine Käsekuchenglücksgeschichte mit dickem rosa Zuckerguss, sondern eine tiefgründige Erzählung mitten aus dem Leben mit Substanz, die trotz der schönen Momente auch nachdenklich stimmt und Probleme direkt anspricht. Vor allem auch zum gemeinsamen Vorlesen geeignet. Die anschließenden Gespräche mit Kindern über das Buch werden mit Sicherheit sehr interessant und bereichernd ausfallen.

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Veröffentlicht am 04.06.2021

Bazilla is back - noch witziger und spannender als der erste Band

Bazilla - Feen-Internat in Gefahr
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Alle Feen auf dem Internat freuen sich schon seit Wochen riesig auf den alljährlichen Festball. Na ja fast alle Feen, Bazilla machen die Vorbereitungen und der Tanzunterricht absolut keinen Spaß, hat sie ...

Alle Feen auf dem Internat freuen sich schon seit Wochen riesig auf den alljährlichen Festball. Na ja fast alle Feen, Bazilla machen die Vorbereitungen und der Tanzunterricht absolut keinen Spaß, hat sie doch beim Tanzen zwei linke Füße. Doch dann kommt alles ganz anders. Es werden Menschen im Park gesichtet und die wollen doch wirklich die alten Bäume dort fällen, um neue Häuser zu bauen. Sollten die Menschen ihren Plan in die Tat umsetzen, dann wären die Feen im Internat nicht mehr sicher und müssten es verlassen. Bazilla setzt alles daran, die Bauarbeiten zu verhindern. Ob sie es schaffen wird, das Internat zu retten?

Autorin Heike Eva Schmidt schreibt gut verständlich, flüssig, lebendig und kindgemäß. Wie auch im ersten Band lockert sie ihre Geschichte mit „feentastischen“ und „feenialen“ Wortspielereien auf, das ist zwar nicht immer ganz einfach zu lesen, aber auf alle Fälle amüsant.
Angela Gstalters Bilder in Schwarzweiß passen perfekt zur Geschichte. Drollig, witzig, treffend, nett anzusehen. Die Illustrationen motivieren und machen Spaß.
Leser ab acht Jahren dürften keine Probleme haben, die Geschichte trotz der etwas umfangreicheren Kapiteln eigenständig zu erfassen. Zum Vorlesen ist das Buch auch schon für Sechsjährige geeignet.

Bazilla ist eine sehr nette, unkomplizierte, grundehrliche, liebenswerte Hauptfigur. Sie sagt, was sie denkt und mag es ganz feenuntypisch lieber schwarz als rosa, wuchs sie doch eigentlich bei einer Vampirfamilie auf und musste recht spät erfahren, dass sie keine Vampirin, sondern eine Fee ist. Bazilla fühlt sich als Feempirin. Die kleine Neufee hält sich nicht immer brav an Regeln, meint es aber stets gut und hat das Herz am rechten Fleck.
Molly, Bazillas beste Freundin, ist eine gute Fee wie sie im Buche steht. Sie ist sehr tolerant, verständnisvoll, hält immer zu Bazilla und verteidigt sie gegen andere „versnobte“ Feen mit Vorurteilen wie Philomena. Eine einzigartige, treue Freundin, die wohl jedes Kind gerne hätte.
Für Abwechslung sorgt Bazillas Vampirfamilie. Sie hat ganz andere Gepflogenheiten und Problemlösungsstrategien. Welch ein erfrischender, unterhaltsamer Kontrast: die zarten, eleganten Feen auf der einen und die dunklen, derben Vampire auf der anderen Seite!
Auch diesmal spielt Flederhamster Elvis wieder eine besondere Rolle. Elvis muss gar nicht sprechen können, um die Leser für sich einzunehmen. Er ist nicht nur extrem niedlich, er hat auch das außerordentlich wertvolle und hilfreiche Talent, immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Ob Bazilla es schafft, das Internat zu retten?
Sie ist zuverlässig um keine Idee verlegen und setzt sich mit allen Kräften ein, auch wenn es dabei nicht immer nach Plan läuft und so manches schief geht. Sehr spannend und mitreißend die Handlung.
Und nicht nur Elvis und Bazilla, auch Bazillas Vampirbruder Bronchus und der lebendige Wasserspeier Nöfnöf sorgen diesmal für sehr komische, skurrile Momente, die das Lachen nicht zu kurz kommen lassen.
Dass die Feen nicht für sich selbst, sondern nur für andere wünschen können, ist ein sehr sozialer Gedanke. Die kleinen Leser werden dabei angeregt, sich zu überlegen, wie sie andere glücklich machen können und nicht nur sich selbst. Andere glücklich zu machen, macht oft auch selbst glücklich und kann durchaus erfüllend sein. Das beweist Bazilla eindrücklich.
In „Feen-Internat in Gefahr“ wird auch die problematische Entwicklung angesprochen, dass viele Grünflächen, die für Tiere und Pflanzen Heimat und überlebenswichtig sind, großen Bauprojekten zum Opfer fallen. Ein hochaktuelles, brisantes und bedeutsames Thema.
Die Reihe richtet sich vermutlich mehr an Mädchen als an Jungen, ist aber nicht ganz so „rosa“ wie andere Feenbücher, schließlich haben auch Vampire ihren Auftritt und Bazilla ist eine absolut untypische, recht burschikose Fee.
Bazillas zweites Abenteuer hat meine Mitleser und mich erneut überzeugt. Ein witziges Buch mit originellen, liebenswerten Figuren, viel Spannung, wichtigen aktuellen Themen, motivierend und interessant verpackt, einer starken Freundschaft und natürlich Elvis, dem heimlichen Superhelden. Für uns war dieser Band sogar noch ein bisschen unterhaltsamer und packender als Band eins. Darum freuen wir uns jetzt schon auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 28.05.2021

Eine Geschichte von zwei Müttern - kleine, feine Romanperle mit Atmosphäre

Die Verlorenen
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„Mein Herz war in Papier eingeschlagen. Nur für wenige Stunden hatte ich sie gekannt und doch mein ganzes Leben lang. Die Hebamme hatte sie mir heute Morgen erst gegeben, glitschig und blutig, doch die ...

„Mein Herz war in Papier eingeschlagen. Nur für wenige Stunden hatte ich sie gekannt und doch mein ganzes Leben lang. Die Hebamme hatte sie mir heute Morgen erst gegeben, glitschig und blutig, doch die Erde hatte sich weitergedreht, und nun würde nichts mehr sein wie bisher.“

Bess Bright lebt 1754 in sehr ärmlichen Verhältnissen in London. Als sie sich auf eine kurze Affäre einlässt, bleibt diese nicht folgenlos. Sie wird schwanger und bringt eine Tochter, Clara, zur Welt. Die junge Frau sieht sich gezwungen, ihr Kind im Waisenhaus abzuliefern. Aber sie hat einen Traum, sie möchte ihre Tochter später unbedingt zu sich zurückholen. Nachdem sie genug Geld zusammengespart hat und das Waisenhaus aufsucht, um Clara zu sich zu nehmen, muss sie eine große Enttäuschung verkraften. Ihre Tochter lebt nicht mehr im Waisenhaus. Sie wurde nur einen Tag nach ihrer Ankunft von einer Frau abgeholt, die vorgab, ihre Mutter zu sein. Verzweifelt versucht Bess ihre Tochter zu finden und lernt dabei die reiche Witwe Alexandra kennen.

Stacey Halls Schreibstil liest sich flüssig und klar, wirkt aber dennoch authentisch und passt mit seinen klassischen Formulierungen gut zu der Zeit, in der die Geschichte spielt. Halls schreibt sowohl aus der Sicht von Bess, als auch aus der von Alexandra. Die Autorin schafft mit ihrer Sprache eine Atmosphäre, die es den Lesern leicht macht, sich in die Geschehnisse der Vergangenheit hineinzuversetzen.

Unterschiedlicher könnten die beiden Protagonistinnen Bess und Alexandra nicht sein. Die eine, Bess, muss täglich ums Überleben kämpfen, die andere, Alexandra, ist es gewohnt, bedient zu werden. Bess hat nur einen Traum, sie möchte ihre verloren Tochter zurück. Sie gibt nicht auf, ihre Stärke und Ausdauer beeindrucken. Alexandra hingegen scheint kein höheres Ziel zu haben. Nach dem Tod ihres Mannes lebt sie mit ihrer Tochter Charlotte und einigen Dienstboten sehr zurückgezogen. Als sie Bess, die sich nun Eliza nennt, als Kindermädchen einstellt, ist es mit ihrem ruhigen Leben vorbei und sie muss sich unangenehmen Wahrheiten stellen. Die Figurenkonstellation mit den komplett gegensätzlichen Frauen im Mittelpunkt hat mich überzeugt. Leben konnte damals so - einfach, ruhig, sauber, unkompliziert, komfortabel - und so - hart, ärmlich, schmutzig, gefährlich und ein täglicher Überlebenskampf- sein. Das wird anhand der Situation der beiden Frauen sehr anschaulich und eindrücklich dargestellt.

Mich hat Stacey Halls kleiner, feiner Roman begeistert. Sofort war ich von seiner ganz eigenen Stimmung, seiner Atmosphäre, gepackt, befand mich mitten im London des 18. Jahrhunderts, litt mit Bess, deren Lage so ausweglos scheint. Dass die Leser hier zwei unterschiedliche Perspektiven und Ansätze ein und derselben Geschichte präsentiert bekommen, empfand ich als gelungen. Im Mittelteil hätte es für manche Geschmäcker möglicherweise etwas beherzter vorwärtsgehen können. „Die Verlorenen“ ist ein leiser Roman mit ruhigem Erzähltempo, rund und stimmig aufgebaut, der seine Leser trotz der Düsternis in Bess Leben ein kleines bisschen glücklicher zurücklässt als vorher. Kein gänzlich neues Thema, aber dennoch hat mich diese bemerkenswerte Geschichte überrascht. Eine kleine, bescheidene Romanperle, die ihren unerwarteten Glanz erst nach und nach entfaltet. Ich möchte jedenfalls gerne noch mehr von Stacey Halls lesen.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Wie weit würdest Du gehen, um Dein Glück zu schützen?

Die Frau vom Strand
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Nachdem sie einen schweren Schicksalsschlag überwunden hat, geht es Rebecca endlich richtig gut. Sie führt mit ihrer Frau Lucy eine glückliche Beziehung und lebt mit ihrer fünf Monate alten Tochter Greta ...

Nachdem sie einen schweren Schicksalsschlag überwunden hat, geht es Rebecca endlich richtig gut. Sie führt mit ihrer Frau Lucy eine glückliche Beziehung und lebt mit ihrer fünf Monate alten Tochter Greta in Rerik an der Ostsee. Eines Tag erlebt sie bei einem Strandspaziergang eine merkwürdige Begegnung. Eine junge Urlauberin, Julia, steht splitterfasernackt vor Rebecca und bittet sie um Hilfe, ihr wurden die Kleider gestohlen. Rebecca befreit Julia aus dieser misslichen Lage, leiht ihr Kleidung und lädt sie daraufhin zum Kaffee ein. Die beiden Frauen verstehen sich auf Anhieb, werden rasch zu Freundinnen. Als Rebecca Julia zu einem Abendessen einlädt, erscheint diese ohne Erklärung nicht, obwohl sie fest zugesagt hatte. Rebecca sucht daraufhin überall nach Julia, doch diese bleibt spurlos verschwunden. Und dann kommt es zu einem weiteren tragischen Unglück.

Dank Petra Johanns angenehmen, flüssigen und lebendigen Schreibstils fiel es mir sehr leicht, mich auf die Geschichte einzulassen. Die Autorin erzählt anfangs aus Rebeccas Perspektive in Ich-Form, später schildert sie den Fall aus Sicht der Polizei, in Person der ermittelnden Kommissarin Edda Timm.

Autorin Petra Johann hat zweifelsohne interessante, reizvolle Figuren gezeichnet. Zunächst fühlte ich mich der Protagonistin Rebecca ziemlich nahe. Ihre Schilderung, wie sie Julia kennenlernt, ihre Gefühle dabei, fand ich gut verständlich und plausibel. Rebecca spricht die Leser direkt an, nimmt sie durch ihre sehr persönliche Darstellung der Vorkommnisse für sich ein. Doch ab dem zweiten Teil erfahren die Leser die Handlung nicht mehr aus Rebeccas Sicht, sondern aus der der Polizei. Dabei wird ein ganz anderes Licht auf Rebecca geworfen, verschiedene Zeugen betrachten und beurteilen sie von außen, dadurch wird das Bild der Person Rebecca immer verschwommener, zwiespältiger und unklarer.
Auch den Charakter von Rebeccas Freundin Lucy bekommen die Leser nicht aus ersten Hand mit, sie müssen sich erneut auf die Aussagen von anderen verlassen. Das macht diese Figuren für die Leser natürlich sehr spannend und rätselhaft.
Kommissarin Edda Timm ist ebenso eine Person mit Ecken und Kanten. Sie hat kaum Privatleben, lebt für die Arbeit, aber vielleicht trübt gerade das fast besessene Fokussiertsein auf den Fall ihre Sinne?

Was für ein packender, kurzweiliger Krimi! Nichts ist hier klar, immer wieder werden falsche Fährten gelegt und am Ende kommt doch alles wieder ganz anders und vieles ziemlich unerwartet. Obwohl der Roman weitgehend ohne Blut und Gewalt auskommt, ließ er mich des Öfteren richtig schaudern. Denn auch eiskalte Berechnung und Skrupellosigkeit kann Gänsehaut verursachen.
„Die Frau vom Strand“ ist für mich ein gut konstruierter, komplexer, aber dennoch klar nachvollziehbarer Krimi mit überzeugender, überraschender Auflösung. Ein Thriller, der einmal mehr zeigt, dass so mancher Unschuldiger ganz schnell zum Kriminellen werden kann, wenn das bedroht ist, was er liebt. Fesselnde Unterhaltung!

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Veröffentlicht am 22.02.2021

Türmattenhunde, Streunerkatzen und eine beinahe gefährliche Bande - tierisch lustiger (Vor-) Lesespaß

Bruno Bratwurst und die tierisch wilde Meute (Bruno Bratwurst 1)
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Bruno Bratwurst und sein Freund der Nachbarhund Bubi haben als Türmattenhunde ein ziemlich entspanntes Leben. Sie chillen die meiste Zeit des Tages, beobachten Leute und ärgern den Briefträger. Doch Bruno ...

Bruno Bratwurst und sein Freund der Nachbarhund Bubi haben als Türmattenhunde ein ziemlich entspanntes Leben. Sie chillen die meiste Zeit des Tages, beobachten Leute und ärgern den Briefträger. Doch Bruno sehnt sich nach mehr, er möchte unbedingt mal ein richtiges Abenteuer erleben. Also beschließt er, eine gefährliche Bande zu gründen, mit von der Partie sind natürlich Bubi und auch der Dackel Waldi. Da passt es ganz gut, dass in der Stadt gerade viele Streunerkatzen ihr Unwesen treiben. Die könnten Bruno und seine Bande doch eigentlich vertreiben...

Autorin Janne Nilsson, Pseudonym von Dagmar H. Mueller, schreibt lebendig, sehr unterhaltsam und witzig aus der Sicht von Bruno in Ich-Form. Bruno nimmt kein Blatt vor den Mund und bringt immer wieder Brüller äh Beller wie: „Ehrlich, manchmal denke ich, die Hitze schlägt auf Bubis Hirn wie sonst nur das platte Rumsitzen auf die Form seines Hinterns“.
Sandra Reckers liefert zur Geschichte perfekt passende Illustrationen: ausdrucksstark, komisch und echt drollig. Bemerkenswert, wie charakteristisch und individuell gezeichnete Hunde doch aussehen können.
„Bruno Bratwurst und die tierisch wilde Meute“ eignet sich für Leser ab acht Jahren, zum Vorlesen empfehle ich es bereits für fünfjährige Kinder.

Die gefährliche Bande besteht zunächst natürlich aus dem gewitzten, sehr direkten Bruno selbst. Er ist zwar eigentlich tatkräftig, aber oftmals nur in der Theorie. Meistens entscheidet er sich dann doch eher für den Genuss als fürs Abenteuer, nach dem er sich so sehnt.
Nachbarhund Boxer Bubi ist noch bequemer, ein echter Liegehund, dazu zeichnet ihn eine „puddingweiche Gutherzigkeit“ aus. Der dritte im Bunde Dackel Balduin von Wieselfingen
genannt Waldi, trägt Krawatte, läuft stets aufrecht, stolz und unerschrocken durchs Leben. „Klasse Schlips, klasse Grips, klasse Witz “ fasst Bruno seine Persönlichkeit zusammen.
Brunos Bande ist eine weniger gefährliche als vielmehr einfach nette, sympathische Truppe, die die Leser sicher sofort ins Herz schließen werden.
Ganz heimlich schwärmt Bruno für die Katze Sissi, die ihre Ohren und Augen überall hat. Oder würde er sonst Sätze wie „Die späte Sonne ließ ihr weißes Fell strahlen wie sonst nur die Tennissocken von meinem Harry, wenn sie frisch gewaschen und fertig zum Reinbeißen aus der Waschmaschine kommen “ formulieren und in ihrer Gegenwart ständig hecheln?

Anfangs gehts bei Bruno und Co zwar recht gemütlich, aber durchaus nicht langweilig zu. Gegen Ende wird es dann richtig spannend. Ob die drei es schaffen, die Streunerkatzen zu vertreiben?
Zum Schluss gibts eine dicke Überraschung und Bruno lernt, dass es richtig ist, sich von Kleinigkeiten nicht die Laune verderben zu lassen und dass Vorurteile nicht immer wahr sind. Grundsätze, die man sich wohl nicht oft genug vorsagen kann.
Ein lustig, freches, eher entspanntes als gefährliches Tierbandenabenteuer über besondere Freundschaften. In der Fortsetzung hat die Bande dann ja noch die Möglichkeit, endlich richtig furchterregend zu werden. Meine Kinder und ich sind gerne wieder dabei, auch wenn das mit dem Gefährlichsein wieder nicht klappen sollte.

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