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Veröffentlicht am 31.10.2018

Nicht doch, Herr Fitzek!

Der Insasse
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Max, der sechsjährige Sohn von Riccarda und Till, verschwindet spurlos. Schnell ist klar, dass der Täter Guido Tramnitz ist, der schon zuvor zwei Kinder entführt hat. Doch Tramnitz schweigt sich über das ...

Max, der sechsjährige Sohn von Riccarda und Till, verschwindet spurlos. Schnell ist klar, dass der Täter Guido Tramnitz ist, der schon zuvor zwei Kinder entführt hat. Doch Tramnitz schweigt sich über das Verbleiben von Max aus. Ein Jahr später will sein Vater endlich Gewissheit und lässt sich in den psychiatrischen Sicherheitstrakt, in dem Tramnitz einsitzt, einschleusen. Sein Plan ist, Tramnitz auszuhorchen und zu erfahren, was mit Max geschehen ist.

Das Setting, erst ein Gruselkeller, in dem der Täter seinen Opfer gefangen gehalten hat und dann der psychiatrische Sicherheitstrakt haben bei mir Gänsehaut ausgelöst. Sie sind nämlich so gut beschrieben, dass ich fast Schnappatmung bekam.
Ich habe schon etliche Thriller von Sebastian Fitzek gelesen. Einige haben mir gefallen, andere nicht. Bei denen, die mir nicht gefallen haben, hatte ich immer das Gefühl, er hat eine Grenze überschritten. Die Gratwanderung Authentizität und "unwahrscheinlich und an den Haaren herbeigezogen", gelingt ihm nicht immer. In etlichen Büchern hatte ich den Eindruck, dass er vor lauter überraschenden Wendungen leicht in das Abstrakte abrutscht. Das ist hier zu weiten Teilen nicht so. In "der Insasse" darf man zwar kleine Details nicht hinterfragen. Wie die, wie ein Mensch es schafft, sich durch Vitamin B in die geschlossene, psychiatrische Abteilung zu Schwerverbrechern einschliessen zu können. Doch im Grossen und Ganzen erschien die Handlung glaubwürdig.
Leider hat jedoch dann Herr Fitzek zum Schluss wieder zu viel auf die Buchseiten zu pressen versucht. Und zwar wird der Plot, der über lange Zeit sehr gradlinig und klar ist, auf den letzten 20 bis 30 Seiten wirr und unausgegoren. Schade kann Fitzek es nicht einmal gut sein lassen und nicht noch zum Schluss zu überkonstruieren. So bleibt für mich doch ein fader Nachgeschmack von einem ansonsten spannenden Buch.
Eigentlich findet man in diesem Thriller alles, was ein gutes Buch in diesem Genre ausmacht. Gänsehaut auslösende Situationen, überraschende Wendungen, ein Grundthema das wohl jeden und jede berührt und ausgezeichnet charakterisierte und überzeugende Figuren. Gemischt mit einem unheimliche Settig wäre das Lesevergnügen pur.
Der Autor hat den Aufbau mit wechselnden Perspektiven gewählt, und die wechseln kapitelweise. Was bei anderen Autoren chaotisch sein kann, ist hier ein hervorragender Aufbau um die Handlung voranzutreiben. Durch den Schreibstil, der sich sehr gut und schnell liest, kommt man schnell voran und so fliegen die Seiten nur so dahin.

Veröffentlicht am 29.10.2018

Ganz okay...

Couchsurfing in Russland
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Der Autor und Redakteur bei Spiegel online, Stephan Orth, reist für zehn Wochen nach Russland. Als Couchsurfer übernachtet er bei Einheimischen, quer durch Russland. Und lernt dabei Land und Leute so richtig ...

Der Autor und Redakteur bei Spiegel online, Stephan Orth, reist für zehn Wochen nach Russland. Als Couchsurfer übernachtet er bei Einheimischen, quer durch Russland. Und lernt dabei Land und Leute so richtig kennen, zementiert und / oder dementiert dabei auch so einige Klischees über Russland, die Politik, Land und Leute.

Eines vorneweg: ich war noch nie in Russland und so war ich doch gespannt, was mich erwartet. Und nun nach dem Lesen frage ich mich, als was ich dieses Buch ansehen soll. Reisebericht ? Reiseführer ? Reiseerlebnisse in Romanform? …oder Satire?
Der Autor reist von Wohnung zu Wohnung, von Couch zu Couch und trifft durchwegs interessante Menschen. Die sich stundenlang Zeit nehmen um mit ihm zu diskutieren und Wodka zu trinken. Schnell wird klar, dass er vor allem bei privilegierten Menschen übernachtet. Und so sind diese Übernachtungen und Diskussionen eine Momentaufnahme, die ein Russland ohne grosse finanzielle Probleme darstellen. Diese Passagen waren durchaus auch mal kritisch, vor allem gegenüber der russischen Politik, der eigenen Lebenssituation und der Regierung. Mal wird in der Küche der Gastgeber, mal auf einem Ausflug oder bei einem Kneipenbesuch, diskutiert. So sagt der Autor von sich selbst, dass unterwegs sein, für ihn keine Sache von Spass bedeutet. Sondern er dies als Suche nach Erkenntnis versteht. Stephan Orth nimmt kein Blatt vor den Mund und so thematisiert er auch mal die Westmedien, die alles aus, von und in Russland schlecht machen.
Ich habe viel Neues erfahren. Wie zum Beispiel, dass der Alkoholverkauf in Russland zwischen 23 Uhr und 8 Uhr verboten ist. Und wie findige Russen, dieses Verbot elegant umgehen. Oder, dass es Zeitcafés gibt, in denen nach Aufenthaltsdauer und nicht nach Konsum bezahlt wird. Stephan Orth klammert auch negative Erlebnisse nicht aus und so wirkt sein Reisebericht durch und durch authentisch.
Den Schreibstil habe ich als humorvoll und ansprechend empfunden …. ab und zu ausufernd in Details. Zeitweise haben mich nämlich diese Details und die Infos zu Russlands Geschichte, Bauwerken und Örtlichkeiten fast erschlagen. Viele Passagen lesen sich wie ein Geschichtsbuch und waren mir zu zäh. Da habe ich mich ab und zu gelangweilt und so habe ich mich ertappt, diese Stellen grob zu überlesen. Toll sind hingegen die eingefügten und zahlreichen Fotos, die immer wieder auflockern. Schlussendlich habe ich etwa ein Drittel der Lektüre grob überlesen, weil so viele Details erwähnt werden, die ich ohne Bezug zu dem Land als langweilig und zu sehr Insider empfunden habe.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Benötigt Anlaufzeit..

Echo Killer
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Als die 30jährige Marie Whitney von ihrer Tochter Camille tot in der Küche gefunden wird, reagiert die 12jährige geistesgegenwärtig und ruft den Notruf. Polizeireporterin Harper McCain ist ebenfalls schnellstens ...

Als die 30jährige Marie Whitney von ihrer Tochter Camille tot in der Küche gefunden wird, reagiert die 12jährige geistesgegenwärtig und ruft den Notruf. Polizeireporterin Harper McCain ist ebenfalls schnellstens am Tatort und hat ein Déja vu. 15 Jahre zuvor war sie auch in der Situation wie Camille. Auch sie hatte als 12jährige ihre Mutter tot in der Küche gefunden. Recherchen ergeben Parallelen zwischen den beiden Fällen und Harper ist überzeugt davon, dass der selbe Täter wieder zugeschlagen hat.

Dies ist der erste Thriller für Erwachsene, den Christi Daugherty geschrieben hat. Bisher bewegte sie sich vorwiegend im Jugendbuchbereich. Und genau diese Tatsache wirft bei mir die Frage auf, ob dieser Thriller deswegen eher zu den ruhigen und gemässigten Thrillern gehört? Die Handlung verläuft in einem gleichmässigen Strom, grosse Überraschungen oder brenzlige Szenen … ja Gänsehautmomente … gibt es praktisch keine. Meiner Meinung nach ist somit die Genreeinteilung " Thriller " nicht unbedingt gerechtfertigt. Zwar nimmt die Handlung in Sachen Spannung und packenden Passagen auf den letzten 80 Seiten zu und hat so doch einiges im Hinblick auf meine Bewertung retten können.
Die Tat wird so beschrieben, wie sie Harper als Reporterin sieht, das heisst ganz klar aus der Beobachterperspektive. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich grosse Distanz gefühlt habe und nicht wirklich, wie sonst in Thrillern, mitgezittert habe. Ich hatte das Gefühl, hier wird die Tote wie ein Gemälde beschrieben … wie ein Gegenstand, der mich nicht sonderlich berührt hat.
Da die Autorin jahrelang als Gerichtsreporterin gearbeitet hat, spürt man gerade bei den Passagen, in denen es um Harpers Job geht, die sehr guten Kenntnisse der Materie. Ich empfand das als interessant, wenn auch mit einigen Wiederholungen. Wenn man die Beschreibungen von Harpers Arbeit als Journalistin und die zwischenmenschlichen Beziehungen abzieht, bleibt leider nicht mehr sehr viel " Fall ". So hält sich die Spannung doch in Grenzen, nimmt jedoch wie oben schon erklärt gegen Schluss ordentlich an Fahrt auf.
Harper ist gut charakterisiert, auch wenn ich nicht verstehen kann, wie sie nach dem erlebten Trauma um ihre Mutter, sich tagtäglich mit Mord und Totschlag oder Verbrechen befassen kann. Die restlichen Protagonisten beleben die Geschichte. Wie der smarte Polizist, der sich in Harper verliebt und lange hadert, ob denn ein Polizist mit einer Journalistin ausgehen darf. Oder die unkonventionelle Freundin, die in einer Bar arbeitet und Harper am liebsten liiert sehen möchte. Nicht ganz so glücklich erschien mir die Wahl der Namen zweier wichtiger Figuren. "Baxter" und "Blazer" über die ich einige Male gestolpert bin.
Ein solider Thriller, der vor allem zu Beginn etwas mehr Thrill vertragen hätte!

Veröffentlicht am 23.10.2018

Kopf gegen Körper

Verschieben wir es auf morgen
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Miriam leidet seit frühester Kindheit an der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose. Die Krankheit bestimmt ihr Leben und das ihrer Brüder und Eltern. Trotzdem lässt sich Miriam nicht unterkriegen, die Eltern ...

Miriam leidet seit frühester Kindheit an der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose. Die Krankheit bestimmt ihr Leben und das ihrer Brüder und Eltern. Trotzdem lässt sich Miriam nicht unterkriegen, die Eltern suchen immer wieder nach Möglichkeiten ihr das Leben so erträglich und normal wie möglich zu machen. Sie ist sehr eingeschränkt, die lebensbedrohende Krankheit allgegenwärtig. Trotzdem schafft sie das Studium an einer Schauspielschule, zieht zusammen mit Freundin Jana in eine WG und versucht ein normales Leben zu führen.

Der Prolog ist schon sehr intensiv. Ein passendes Organ für die Autorin, die hier ihre Geschichte erzählt, muss gefunden werden. Ein packender Einstieg in eine intensive und berührende Geschichte. Zwar war mir das erste Drittel des Buches zu langatmig. Hier werden Kindheitserinnerungen von Miriam beschrieben. Ab und zu schleichen sich ernste Zwischentöne darunter, und man realisiert, dass hier doch nicht alles so heiter war, wie beschrieben. Probleme bereitete mir gerade im ersten Drittel die sachliche Erzählweise. Es schien mir, als ob hier einfach Kindheitserinnerungen aneinander gereiht wurden, ohne einen verbindenden Handlungsstrang erkennen zu können. Und da machte sich etwas Enttäuschung breit, denn damit habe ich ganz und gar nicht gerechnet. Nach den ersten 60 Seiten wird die Story wieder auf das Thema gelenkt, weswegen ich dieses Buch lesen wollte. Die Krankheit Mukoviszidose wird nicht nur für Laien verständlich erklärt, sondern man spürt nun auch, wie das Leben der Autorin dadurch beeinflusst wird. Wie sehr sie zu kämpfen hat. Mich berühren Schicksalsberichte aus erster Hand sehr! Und genau das ist dieses, als Sachbuch vermarktetes Buch.
In Ich - Perspektive erzählt Miriam das ganze Buch über, was sie fühlt, denkt, wie sie leidet. Jedoch auch versucht, das Leben trotz lebensbedrohender Krankheit zu geniessen. Mir haben da Perspektivwechsel gefehlt. Toll wäre vielleicht gewesen, ab und zu die Sicht der Brüder, der Freundin oder der Eltern zu lesen. Denn eine Krankheit beeinflusst ja nicht nur das Leben der Person, sondern auch das des Umfeldes. Ein wenig sauer aufgestossen ist mir, dass der Vater die Krankheit als Entschuldigung oder Anlass nimmt, dass der Direktor die Noten auf dem Gymnasium aufpoliert, um nicht das Jahr wiederholen zu müssen. Ich vermute, dass Miriam einfach zu krank war, um ordentlich arbeiten zu können....leider war gerade dieser Punkt zu wenig beschrieben. Und so hat kann ich nur spekulieren, was genau der Grund für die schlechten Noten sind.
Der Schreibstil ist einfach gehalten und ab und zu holperig. Gerade Übergänge sind nicht rund, sondern wirken abgehackt. Eindrücklich ist jedoch, wie Notsituationen beschrieben werden. Hier spürt man gut, dass die Autorin genau beschreibt was sie erlebt hat.

Veröffentlicht am 21.10.2018

Solider Krimi!

Das Mädchen, das schwieg
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Ein Jahr nachdem der Prediger Peder getötet wurde, wird im selben Haus seine Tochter Sissel tot aufgefunden. Kurz nachdem die Ermittlungen anlaufen, wird das Nachbarmädchen, die 14jährige Tonne entführt. ...

Ein Jahr nachdem der Prediger Peder getötet wurde, wird im selben Haus seine Tochter Sissel tot aufgefunden. Kurz nachdem die Ermittlungen anlaufen, wird das Nachbarmädchen, die 14jährige Tonne entführt. Die Journalistin Kajsa Coren wird von der lokalen Tageszeitung beauftragt über den Fall zu berichten. Ihr Mann wurde als Polizist, nach einer Schussverletzung, frei gestellt und so ergreift Kajsa die Gelegenheit aus der düsteren Atmosphäre zu Hause zu flüchten und wieder zu arbeiten.


Dieses Buch ist nach " Totensommer " der zweite Band rund um die Journalistin Kajsa Coren. Ich habe den ersten Band nicht gelesen und kam trotzdem problemlos mit. Eigentlich, wird nur ab und zu Bezug zum vorderen Band genommen, und umfasst eher Erklärungen zu der Figur Kajsa Coren.
Das Buch beginnt mit einem Leichenfund und so habe ich mich gefreut, einen Krimi vor mir zu haben, in dem man ohne grosses Vorgeplänkel direkt in den Fall geworfen wird. Allerdings steht danach erst mal das Privatleben der Journalistin im Mittelpunkt und es wird ruhig. Die Handlung plätschert etwas vor sich hin und nimmt erst wieder im letzten Drittel an Fahrt auf. Wie oft in nordischen Krimis, findet man auch hier eine eher düstere Atmosphäre. Mir hat in all den problematischen Beziehungen und Ermittlungen etwas die Spritzigkeit gefehlt. Zur besseren Unterhaltung hätte ja zum Beispiel mal eine der Figuren einen Witz machen können, oder eine sarkastische Anmerkung. Alle wirken so biederernst und verbissen.
Die Rückblenden in die Kindheit des Opfers verstärken diese Düsterheit noch. Denn das Grundthema in dieser Vergangenheit ist alles andere als leichte Kost. Das vermisste Nachbarmädchen erlebt zudem Mobbing von der übelsten Sorte. Sie hat unter anderem eine Gaumenspalte, die die Autorin bis auf ein einziges Mal korrekt als solche betitelt. Allerdings ist auch einmal der Ausdruck " Hasenscharte " mit durch gerutscht. Da dieser Ausdruck seit Jahrzehnten als unkorrekt und beleidigend gilt, nehme ich an, er ist dem Lektor durch die Lappen gegangen. Die Passagen, in dem Mobbing sehr real beschrieben werden und die vorhin erwähnten Rückblicke in die Kindheit des Opfers haben mich berührt.
Der Schreibstil gefiel mir an und für sich gut. Wenn auch die Autorin in den ersten beiden Dritteln das Gewicht weniger auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und etwas mehr auf die Ermittlungen hätte legen dürfen. Gegen Schluss wird es noch richtig spannend und die Geschichte endet in einem tollen Finale!