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Veröffentlicht am 10.11.2017

Sehr konstruiert!

Flugangst 7A
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Psychiater Mats Krüger lebt seit dem Tod seiner Frau in Buenos Aires, seine Tochter Nele ist in Deutschland geblieben. Nele ist hochschwanger und Mats fliegt trotz seiner Flugangst zu ihr nach Berlin. ...

Psychiater Mats Krüger lebt seit dem Tod seiner Frau in Buenos Aires, seine Tochter Nele ist in Deutschland geblieben. Nele ist hochschwanger und Mats fliegt trotz seiner Flugangst zu ihr nach Berlin. Irgendwie wird er die 11900 Kilometer Flugstrecke schon hinter sich bringen…denkt er ! Doch was während des Fluges abgeht, toppt jede Flugangst! Denn Mats bekommt einen Telefonanruf und soll den Flug LA 23 abstürzen lassen. Wenn er dies nicht tut, wird seine Tochter und ihr Baby sterben.

Der Prolog hat als Appetithäppchen neugierig auf das Buch gemacht und mich atemlos weiter lesen lassen. Das Flugzeug ist nicht unbedingt mein bevorzugtes Reisemittel, doch unter Flugangst leide ich nicht. Ich bin jedoch dankbar, ist nach diesem Buch nicht gleich eine längere Flugreise geplant! Seite 21 beginnt das Grauen, das sehr gut und bildlich beschrieben ist. Wie auch die Flugangst von Mats Krüger, die sehr authentisch rüber kommt. Die Situation erinnert sehr an die German- Wings- Katastrophe, bei der ein psychisch kranker Copilot viele Menschen in den Tod gerissen hat. Der Grund für den im Buch geplanten Absturz ist schlüssig, der Weg dazu doch sehr konstruiert.
Ich habe schon mehrere Bücher von Fitzek gelesen, und in allen finde ich eine zwar spannende, jedoch auch völlig überkonstruierte Geschichte. Wie auch hier in "Flugangst 7 A"! Beim Lesen hatte ich mehr und mehr das Gefühl, von Überzeichnung. Alles Schreckliche, das im Leben eintreffen kann, geschieht den Figuren in diesem Buch. HIV, Krebstod der Frau, Zeitdruck wegen einer Hochzeit, Erpressung, Waffen , die im Flugzeug versteckt wurden, geplanter Absturz, Stalking, Geburt unter widrigen Umständen mit möglicher Ansteckung des Babys,Flugangst, traumatische Erfahrung einer Flugbegleiterin… all dies in einer einzigen Story. Als Beispiel picke ich die Zeitnot wegen geplanter Hochzeit heraus: Felicitas Heilmann, eine Kollegin von Mats, wird um Hilfe gebeten. Sie nimmt die Ermittlerrolle ein, was ich grundsätzlich gut finde, da mal was anderes Punkto Ermittlerrolle. Sie soll also Tochter Nele finden, bevor ihr etwas geschieht. Felicitas weiss, dass dies vor dem Ende des Fluges geschehen muss, da sonst etwas Schreckliches geschehen wird. Druck genug, denkt man?Nein, Fitzek setzt noch unnötig Druck auf , indem er Felicitas wortwörtlich Stunden vor ihrer Hochzeit auf die Suche gehen lässt. So hat die Gute ihren zukünftigen Ehemann, der nachfragt, wo sie bleibt und die Uhr im Nacken. Solche Uebertreibungen sind einfach nicht nötig, geben der Geschichte dann wie schon erwähnt etwas Konstruiertes.
Bei einem Logikloch habe ich grosszügig die Augen geschlossen. Ich frage mich wie der Täter die Schichtpläne der Flugbegleiterin mit dem Flug, den Mats wählt, zusammen legen konnte. Und dann noch Film und Waffe kurzfristig darin verstecken vermochte ?
Hingegen spürt man sehr gute Recherchen bei den Details von einem psychotherapeutischen Gespräch. Ebenfalls die Atmosphäre in dem Flugzeug ist sehr gut beschrieben. Der Flugbegleiter Valentino als Lacher ein einziges, grosses Klischee!
Der Schreibstil ist ohne Zweifel toll und mitreissend. Was mir sehr gefallen hat , ist dass man bei nebenbei eingeworfenen Sätzen und Wörtern stutzt….und dann überraschende Erklärungen dafür kriegt. Genau diese Details haben mich durch das Buch fliegen lassen.

Veröffentlicht am 08.11.2017

Gesellschaftskritische Story!

Die sieben letzten Tage
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Yang Fei stirbt mit 41 Jahren und befindet sich eine Woche lang am "Ort der Unbegrabenen". Er denkt über sein Leben nach…seine Kindheit, die er als Findling bei seinem liebevollen Ziehvater Yang Jinbiao ...

Yang Fei stirbt mit 41 Jahren und befindet sich eine Woche lang am "Ort der Unbegrabenen". Er denkt über sein Leben nach…seine Kindheit, die er als Findling bei seinem liebevollen Ziehvater Yang Jinbiao verbracht hat, und seine Liebe zu Li Qing. Er trifft aber auch andere Tote, die ebenfalls auf ihr Begräbnis warten und entdeckt dabei, dass nicht immer alles so ist, wie es in der Zeitung steht.

Skurril ist das Wort, das mir spontan eingefallen ist, als ich den Klappentext von diesem Buch las. Diese Geschichte ist ohne Zweifel skurril und man muss sich ohne Vorbehalte darauf einlassen . In dieser Story werden Tote zu Schnäppchenjägern, Skelette sitzen auf dem Boden und spielen "Go" gegeneinander und man schmunzelt doch ab und zu ob all den Kuriositäten vor dem Bestattungsinstitut.
Doch die Geschichte um Yang Fei ist noch viel mehr. In der Provinz Chinas wird er unter speziellen Umständen, die für mich etwas unwahrscheinlich sind, geboren. Und wächst bei seinem Ziehvater auf. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn hat mich tief berührt und zieht sich durch das ganze Buch.
Man findet jedoch auch eine ironische Seite: wie die Bürokratie, die sogar das Sterben diktiert. Gesellschaftskritisch die thematisierte Geburtenregelung und die Staatspolitik Chinas . Ebenfalls die Klassenunterschiede, die sogar noch nach dem Tod im Wartesaal des Todes, wabern. VIP Toter oder Normalsterblicher. Der Sarg und die Beerdigungszeremonie bringt es ans Licht!
Das Buch ist auch Satire…ein Hoch auf die chinesische Arbeitsmoral , Prestigeobjekte und Genauigkeit!
Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten. Gerade die Dialoge, sind gefühlsarm und knapp. Seitenweise und dies vor allem in den Erinnerungen fehlt die direkte Rede und so wird die Ich Perspektive Yangs zu einer Erzählung. Trotzdem hat die Geschichte einen unheimlichen Sog, dem ich nicht ausweichen konnte.
Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, mit leisen Untertönen erzählt der Autor eine gesellschaftskritische und unterhaltsame Story!

Veröffentlicht am 07.11.2017

Zäh!

Das Haus ohne Männer
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Carla fliegt nach Bombay und vermietet ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit an Juliette. Juliette ist froh eine Wohnung gefunden zu haben und denkt sich erst nichts über die speziellen Regeln des Hauses. ...

Carla fliegt nach Bombay und vermietet ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit an Juliette. Juliette ist froh eine Wohnung gefunden zu haben und denkt sich erst nichts über die speziellen Regeln des Hauses. Männer sind verboten !Und nicht nur Männerbesuch! Nein, auch als ein Elektriker benötigt wird muss eine Frau her. Mit im Haus leben noch Giuseppina (1. Stock ), Simone ( 3.Stock ), Rosalie (4.Stock ) und zuoberst , im 5. Stock, die Vermieterin und Herrscherin über die Hausregeln, genannt "die Königin".

Direkt vor diesem Buch habe ich von Karine Lambert "und jetzt lasst uns tanzen " gelesen und war sehr begeistert. Aus diesem Grund habe ich mich auf "Das Haus ohne Männer " gefreut. Die Enttäuschung ist jedoch gross! Wo Karine Lambert mich in ihrem vorderen Buch mit einem tiefsinnigen Thema, berührenden Passagen und sehr gut ausgearbeiteten Figuren begeistert hat…finde ich hier nur einen Abklatsch dessen. Die Handlung dümpelt vor sich hin, in etlichen Kapiteln blicken die fünf Frauen zurück in die Vergangenheit. Etwas, was weder relevant für die Hauptgeschichte, noch sonderlich interessant ist. So habe ich mich relativ schnell gelangweilt. Das Thema an und für sich wirft bei mir etliche Fragen auf. Da üben die Frauen aus diversen Gründen, Verzicht im Umgang mit Männern. Eine Frau hat einen Sohn, auch der bleibt aussen vor! Da frage ich mich doch, ob sie nie eine Fahrkarte benötigen…beim Bäcker ein Brot kaufen …oder beim Anstehen an der Kasse die Kasse wechseln,weil dort ein männlicher Kassier sitzt? Inkonsequent in der Durchführung, da ja eine der Frauen sehr froh ist, als ein hilfsbereiter Zeitgenosse ihr beim Radwechsel hilft. (Seite 58). Ich empfinde den Plot als weit her geholt und etwas lächerlich - überspitzt.
Soweit die Figuren und ihre Haltung. Ein absolutes No go ist die Figur "Die Königin", bei der mir schon der Name, die Augen rollen lässt. Die Hierarchie ist klar. Die Königin bestimmt, die Mieterinnen müssen kuschen. Die Dame ist äusserst eingebildet , prahlt mit Männergeschichten und gibt so Tiefsinniges wie "Frauen sammeln selten Dinge" (Seite 34) von sich. Bei der wohl herrschenden Wohnungsnot in Paris kann sie sich ihr egozentrisches Gehabe ja leisten.
Wie gesagt, dümpelt die Handlung vor sich hin, das Ganze empfand ich dadurch zäh wie Kaugummi.
Sehr schade empfand ich, dass die Geschichte zwar in Paris spielt. Der Handlungsort jedoch absolut keine Rolle spielt und austauschbar ist. So wie hier der Handlungsort einbezogen wurde, könnte sich die Story ebenso in London, Rom oder Timbuktu zutragen. Mir kommt ebenfalls der Charme der Pariser Wohnungen zu kurz. Wenn schon Paris, dann doch bitte auch ein wenig französische Lebensart. Stattdessen werden immer wieder italienische Brocken (Giuseppina) oder brasilianische Ausdrücke (One night stand von einer der Frauen) eingeworfen.
Muss nicht sein !

Veröffentlicht am 06.11.2017

Wunderbare Geschichte!

Und jetzt lass uns tanzen
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Nach 55 gemeinsamen Jahren stirbt Henri, der Mann von Marguerite Delorme. Ihr Sohn macht sich die grössten Sorgen um seine 78 jährige Mutter, war es doch bisher Henri, der das gemeinsame Leben organisiert ...

Nach 55 gemeinsamen Jahren stirbt Henri, der Mann von Marguerite Delorme. Ihr Sohn macht sich die grössten Sorgen um seine 78 jährige Mutter, war es doch bisher Henri, der das gemeinsame Leben organisiert hat. Als Marguerite zur Kur fährt, und dort den etwas jüngeren Marcel kennen lernt, verliebt sie sich und beginnt endlich zu leben. Auch Marcel, der nach dem Unfalltod seiner Frau versucht im Leben wieder Fuss zu fassen, ist fasziniert von Marguerite. Ist das Liebe ?…und kann…darf man sich in dem Alter noch mal verlieben?

Diese Geschichte ist eine, die in mir nachhallen wird. Mit viel Gefühl und ohne Kitsch beschreibt die Autorin eine Liebe, die geprägt ist von Romantik und Selbstbestimmung. Ein Thema, Liebe im Alter, das polarisiert und beschäftigt.
Erst bekommt man als Leser Einblick in die völlig verschiedenen Leben von Marcel und Marguerite. Maguy, wie sie lieber genannt wird, ist gefangen in einer konservativen Ehe mit Henri…dabei nicht einmal unglücklich. Doch...Henri bestimmt, was gegessen und getan wird. Erst, als er stirbt entdeckt Maguy, dass das Leben noch anders sein kann. Gerade diese Symbolik hat mich sehr berührt. Anders Marcel, der in einer sehr liebevollen Partnerbeziehung steht und kurz vor der goldenen Hochzeit , Abschied nehmen muss. Hier hat mich gerade die Tatsache, dass das Leben sich von einer Minute auf die andere, völlig ändern kann, beschäftigt.
Eine weitere Komponente zeigt die Autorin mit viel Sensibilität. Wenn die Sorge der Kinder auf die Lebenslust älterer Menschen trifft. Gerade die Differenz zwischen Maguys Sohn und Marcels Tochter könnte grösser nicht sein. Und zeigt auch, wie verschieden die Einstellung zu Liebe im Alter sein kann.
Der Schreibstil hat mir ausserordentlich gut gefallen. In teilweise abgehackten Sätzen, doch sehr bildhaft und lebendig, weiss die Autorin wie man Leser fesselt. Der französische,wenn auch gehobene, Lebenstil prägt die Geschichte zusätzlich.
Ich fand die Geschichte wunderbar, berührend und fesselnd.

Veröffentlicht am 03.11.2017

Zu trocken und langatmig.

Der Fall Kallmann
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Lehrer Leon Berger hält nichts mehr in Stockholm. Seine Frau Helena und seine 15jährige Tochter Judith sind auf einer Reise nach Ostafrika verunglückt.
So nimmt Berger das Jobangebot einer ehemaligen Studienkollegin ...

Lehrer Leon Berger hält nichts mehr in Stockholm. Seine Frau Helena und seine 15jährige Tochter Judith sind auf einer Reise nach Ostafrika verunglückt.
So nimmt Berger das Jobangebot einer ehemaligen Studienkollegin ,die an einer Schule als Beratungslehrerin arbeitet, gerne an. An der Bergtunaschule wurde nämlich nach dem Tod eines Lehrers eine Stelle frei. Als Berger den Schreibtisch des verstorbenen Eugen Kallmann aufräumt, findet er Tagebucheinträge, die ihn stutzig machen. War der Tod des allseits beliebten Lehrers Mord oder ein Unfall?

Ich muss gestehen, dass ich etwas enttäuscht bin von diesem Buch. Der Klappentext gaukelt eine spannendere Geschichte vor, als ich bekommen habe.
In wechselnden Perspektiven werden einzelne Erzählstränge nebeneinander geführt. Da ist erst mal der Strang um Berger.Dann zeigt ein Strang die Sicht der Schülerin Andrea , einer die der Beratungslehrerin und noch mal ein anderer,der eines ebenfalls an der Bergtunaschule arbeitenden Lehrers. Gerade Letzterer war über weite Teile nichtssagend und eher ein Seitenfüller als besonders wichtig für die Geschichte. Überhaupt hatte ich manchmal, und dies vor allem zu Beginn des Buches, das Gefühl, es gibt relativ wenige Berührungspunkte und jeder erzählt stur seine Geschichte. Was zum Beispiel die ausufernd erzählte, familiäre Situation der Schülerin Andrea in dieser Story soll, weiss ich auch nach dem Ende des Buches nicht. So wird ein ganzes Kapitel dem vergangenen Liebesleben von Andreas Mutter gewidmet. Spannung kommt da gar nicht erst auf, denn das Ganze ist ziemlich langatmig. Ich hatte das Gefühl bei den vielen Perspektivwechseln immer wieder in meinem Lesefluss unterbrochen worden zu sein. Ein Krimi, wie der Verlag es ankündigt, ist "Der Fall Kallmann" definitiv nicht ! Vielleicht wurde dieses Buch deswegen auf dem Cover mit "Roman" gekennzeichnet?
Den Schreibstil habe ich als ausschweifend empfunden. Und mit ausschweifend meine ich, richtig ausufernd! Ich verstehe nicht, warum man in einem Buch eine Person, die nicht mal eine Nebenfigur ist , haarklein und sehr detailliert beschreiben muss.(Seite 215 Karsten Fröijd, der Onkel von Andreas Mutter).Der Autor hat es meiner Meinung nach damit definitiv übertrieben. Ich empfand es als eine grosse Herausforderung in all der Flut an Informationen Relevantes von Unwichtigem zu trennen. Zudem ist der Schreibstil sehr trocken und emotionslos. Vielleicht ist die rar eingesetzte Rede auf den ersten 200 Seiten der Grund dafür, dass ich das Gefühl hatte in einem Geschichtsbuch zu lesen? Ein Plus sind hingegen die klar strukturierten Erzählstränge,die zwar öfters wechseln, doch wenigstens klar deklariert sind. Als positiv empfand ich die Charakterisierung der Figuren. Mich hat jede in ihrer Rolle überzeugt.
Hakan Nesser kann es besser !