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Veröffentlicht am 03.06.2018

Freiheit, Freiheit, und nochmals Freiheit

Das Kind, das nachts die Sonne fand
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Es gibt Bücher die einen mitnehmen auf Reisen. Es gibt Bücher die berühren. Es gibt Bücher die möchte man gar nicht mehr aus den Händen geben. All das fand ich in diesem Buch.

Luca di Fulvio hat in seinem ...

Es gibt Bücher die einen mitnehmen auf Reisen. Es gibt Bücher die berühren. Es gibt Bücher die möchte man gar nicht mehr aus den Händen geben. All das fand ich in diesem Buch.

Luca di Fulvio hat in seinem Roman mit dem Charakter Mikael eine Persönlichkeit geschaffen voller Liebe, Mut, Empathie und Gerechtigkeitssinn. Sei es die Zuneigung des kleinen Mikaele gegenüber einer abgemagerten Maus, oder sei es der erwachsene Mikael, welcher für seine und die Rechte anderer eintritt, jederzeit würde ich hoffen mir von ihm "eine Scheibe abschneiden" zu dürfen.

Auf der Suche nach Freiheit muss Mikael feststellen, wie ungemein brutal Unfreiheit sein kann. Der Autor beschreibt eindringlich das Leben der Leibeigenen. Die an ihnen ausgeübten Grausamkeiten können den Leser gar nicht kaltlassen, mich persönlich haben sie oft erschauern lassen. Dass Menschen soviel Ungerechtigkeit zuteil werden kann, schier unmöglich, so möchte man hoffen, und weiß doch zugleich um diese Realität. Nicht nur damals, sondern auch heute.

Natürlich, in unserer westlichen Bequemzone haben bereits andere Generationen für unsere Freiheit gekämpft. Wir sind nur noch Nutznießer. Vielleicht aber auch nicht ganz, vielleicht steckt in uns doch mehr Anpassung als eigener Wille.

"Das Kind, das nachts die Sonne fand" ist ein emanzipatorisches Buch. Die Aufforderung ein selbstbestimmtes Leben zu führen ist hier mehr als ein kleiner Aufschrei, es ist ein lauter und deutlicher Weckruf. Mit diesem Buch zählt Luca di Fulvio, in meinen Augen, zu den ganz großen Autoren, von denen ich hoffentlich noch sehr viel lesen darf.

Veröffentlicht am 30.05.2018

Fesselnd - ehrlich - geht unter die Haut

Tote Mädchen lügen nicht
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Es ist schnell daher gesagt. Ein böses Wort, eine Unterstellung, ein Gerücht das von Einem zum Anderen wandert. Nichts besonderes, "nur" eine von vielen abfälligen Bemerkungen, mit denen wir schnell Menschen ...

Es ist schnell daher gesagt. Ein böses Wort, eine Unterstellung, ein Gerücht das von Einem zum Anderen wandert. Nichts besonderes, "nur" eine von vielen abfälligen Bemerkungen, mit denen wir schnell Menschen in irgendwelche Schubladen schieben. Jede/r hat garantiert mindestens einmal ähnliches erlebt, und jede/r hat garantiert sich mindestens einmal an einer solchen Art des Mobbings beteiligt. "Wer ohne Sünde ist,..."

Doch wieviel erträgt ein einzelner Mensch? Welche Konsequenzen können aus einer üblen Nachrede geschehen? Und wer entscheidet, wann das Maß mehr als voll ist, wenn nicht die/der Betroffene selbst?

Jay Asher stellt sich mit diesem Buch diesen Fragen. Gewiss, sie trifft damit ein Thema welches die Jugendlichen unmittelbar betrifft. Gerade in der Zeit der eigenen Identitätsbildung gehört es scheinbar dazu, sich von anderen abzugrenzen um sich selbst zu formen. Wenn nötig, dann auch auf die harte Tour. Eigene Grenzen sind noch nicht unbedingt erkannt, so dass die Grenze des Gegenübers schneller durchschritten wird.

Was bleibt übrig? Häufig pure Verzweiflung. Ausweglosigkeit. Tiefer, innerer Schmerz. Und der Wunsch diesen Zustand zu beenden. Spätestens seit Goethes "Leiden des jungen Werthers", wissen wir um die mögliche Entstehung einer Todessehnsucht. Dem Ganzen muss einfach ein Ende bereitet werden, weil das irdische Dasein als Unerträglich empfunden wird. Wenn dann zu diesem Zeitpunkt keine helfende Hand gereicht wird, dann endet oft die Verzweiflung im endgültigen Freitod.

"Tote Mädchen lügen nicht" sollte für junge Menschen zur Pflichtlektüre werden. Es fesselt, nimmt mit, regt an zum Hinterfragen. Eigentlich sollte sich jede/r mittlerweile im Klaren sein, welche Folgen Mobbing hervorrufen können. Dieses Buch bringt es nochmal sehr deutlich zum Ausdruck.

Veröffentlicht am 28.05.2018

Eine Reise in die inneren Erlebniswelten

Crash in Downunder
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Warum ist das so? Warum muss es zu einer Grenzerfahrung kommen, bevor wir nicht anfangen über das Leben nachzudenken, bzw. es anfangen zu leben?

Vielleicht, weil uns bis zu diesem Zeitpunkt alles als ...

Warum ist das so? Warum muss es zu einer Grenzerfahrung kommen, bevor wir nicht anfangen über das Leben nachzudenken, bzw. es anfangen zu leben?

Vielleicht, weil uns bis zu diesem Zeitpunkt alles als selbstverständlich erscheint. Wir nehmen das Leben hin, im Positiven wie im Negativen. Bis uns ein existentielles Ereignis aus der Bahn wirft, womöglich das Leben nur noch an einem seidenen Faden hängt.

Oder, wie im Fall der Hauptprotagonistin dieses Buches Hilla, die eigene Gesundheit stark beeinträchtigt wird. Was zunächst eine Rundreise durch Australien werden sollte, endet nach einem schweren Unfall zu einer Reise ins eigene Ich. Hilla sieht sich konfrontiert mit den eigenen Dämonen, sie fühlt sich erdrückt von den Erwartungshaltungen der Vergangenheit an sie, als Kind, als Frau, als Partnerin. Das innere Kind versucht mit ihr Kontakt aufzunehmen, und Hilla hört seit langer Zeit wieder zu. Um ihre körperlichen Schmerzen zu mindern, versucht sie die eigenen Heilungskräfte zu aktivieren. Doch Heilung soll nicht nur ihr Körper erlangen, ihre Seele bedarf es mindestens genauso.

Es ergeht ihr wie Vielen, sie sucht Antworten und Trost im Übernatürlichen. Sie schöpft Kraft aus der Spiritualität, tritt in einen Dialog mit den höheren Mächten. Auf einmal fängt sie an zu hören.

Teilweise empfandt ich die spirituelle Auseinandersetzung als eine Gefahr. Die Gefahr liegt darin, das eigene Ruder aus der Hand zu geben. Meinem Empfinden nach, darf das Leben emanzipatorisch gelebt werden. Wir haben nur dieses eine Leben und in erster Linie die Verantwortung es erfüllt zu leben.

Veröffentlicht am 23.05.2018

Krimi mit Humor

Wem Ehre gebührt
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Land, wohin das Auge reicht. Saftige Wiesen, entschleunigte Bewohner, eigentlich die reine Idylle. So in etwas kenne und stelle ich mir Ostfriesland vor. Doch von wegen, denn diese Idylle durchbrechen ...

Land, wohin das Auge reicht. Saftige Wiesen, entschleunigte Bewohner, eigentlich die reine Idylle. So in etwas kenne und stelle ich mir Ostfriesland vor. Doch von wegen, denn diese Idylle durchbrechen schaurige Taten, denen sich Privatermittler Jo und sein Ermittlerteam stellen müssen.

Zunächst erscheint alles ein wenig verwirrend. Auf der einen Seite gibt es Tote, dann wiederum wird ein plötzlich zu großem Ruhm gekommener Autor mitten in einer Lesung mit einer Torte beschmissen. Nach und nach decken die Ermittler Zusammenhänge auf, die weitaus düsterer als erwartet ausfallen.

Dass es dabei um ein besonders erfolgreiches Buch geht, erfreut das Bloggerherz, denn wir lieben Storys rund um Bücher. Rainer Kottke ehrt mit diesem Krimi viele unentdeckte Schreibtalente.

Dabei hat er ein durchaus spannenden und lesenswerten Krimi geschaffen, der Spannung aufrechterhält, ohne dabei besonders tief in die "Brutalo-Kategorie" greifen zu müssen. Das Ausmalen der schaurigen Taten überlässt er ganz der Fantasie des Lesers. Sehr gelungen, wie ich empfinde.

Durchaus, der ostfriesische "Ureinwohner" ist oft ein Mensch knapper Worte. Diese allerdings oft mit besonderem Tiefgang. So fällt auch der regionale Humor aus, oft trocken und schwarz. Und dieser Humor kommt bei Kottke keinesfalls zu kurz! Immer wieder musste ich beim Lesen schmunzeln oder gar herzlich lachen.

Am Ende des Buches stellte ich fest, dass ich große Sympathien zu Jo und seinem Ermittlerteam aufgebaut hatte. Deshalb freue ich mich möglichst bald wieder auf neue Ermittlungen von ihnen zu treffen. Ich hoffe Rainer Kottke lässt mich nicht zu lange warten!

Veröffentlicht am 18.05.2018

Zum Gejagten wie "von Geistes Hand"

Der Pate von Glasgow
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Einen spannenden Kriminalroman habe ich erwartet, und einen spannenden Kriminalroman habe ich erhalten!

Denn der Ermittler Jim Daley und sein Kollegen Brian Jones nehmen es mit keinem Geringerem als ...

Einen spannenden Kriminalroman habe ich erwartet, und einen spannenden Kriminalroman habe ich erhalten!

Denn der Ermittler Jim Daley und sein Kollegen Brian Jones nehmen es mit keinem Geringerem als der Vergangenheit auf. Auf der Jagd nach einem Geist, übertreffen sich die Ereignisse. So scheint das Ermittlerteam wie getrieben "von Geistes Hand". Es geschehen brutale Taten, und der Autor lässt es sich nicht nehmen die Grausamkeiten der Taten genauestens zu beschreiben. Kein Buch für Zartbesonnene. Dass Jim und Brian die "Universität der Straße" studiert haben, gewährt ihnen einen realistischen, teils humorvollen, teils leichtsinnigen Umgang mit der Situation.

Sie sind hartgesonnen, dieser Fall bringt sie dennoch fast an ihre Grenzen. Sie werden zu den Gejagten, was zur durchgehend aufrechten Spannung des Krimis beiträgt. Gerade die Geschichten rund um die beiden Ermittler, empfand ich als eine Bereicherung.

Beim letzten Abschnitt wurde ich überfordert. Im Rahmen der Aufklärung der Taten entsteht ein breites Beziehungsgeflecht. Zum Ende hin habe ich einfach den Überblick verloren, zu weitläufig waren die Verbindungen. Meiner Meinung nach hätte es dieser ganzen Verbindungen und Korrelationen nicht bedurft, um einen mitreißenden Krimi hinzulegen. Außer diesem kleinen Wehrmutstropfen, ist Denzil Meyrick ein durchaus empfehlenswerter Krimiroman gelungen.