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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.10.2022

Eindringlich und anspruchsvoll

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
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„Liebster Joe, komm nach Hause, wenn du dich erinnerst. M.“ (S. 42)

Doch Joe erinnert sich nicht. Vor einigen Monaten ist er am Gare du Roi in Londres gestrandet, ohne jegliche Erinnerung an das, was ...

„Liebster Joe, komm nach Hause, wenn du dich erinnerst. M.“ (S. 42)

Doch Joe erinnert sich nicht. Vor einigen Monaten ist er am Gare du Roi in Londres gestrandet, ohne jegliche Erinnerung an das, was all die Jahre zuvor war. Londres – London – kommt ihm gleichermaßen seltsam vertraut wie fremd vor. Seine Frau ist ihm ebenso unbekannt wie jeder andere.

Und nun hat ihn diese seltsame Postkarte aus der Vergangenheit erreicht, die einen Leuchtturm auf den Äußeren Hebriden zeigt.

Natasha Pulley hat mir bereits mit „Der Uhrmacher in der Filigree Street“ einige spannende und mysteriöse Lesestunden beschert. Auch wenn sie mich damals nicht mit allen Aspekten der Geschichte restlos überzeugen konnte, war ich unglaublich neugierig auf ihr neues Buch (und nebenbei, in natura sieht das Buch noch ungleich schöner aus, als auf all den Abbildungen). Ein wenig hatte ich durch die Postkarte eine Art Liebesgeschichte, verkompliziert durch Zeitreisen, erwartet. Doch diese spielt – ebenso wie der titelgebende Leuchtturm – nur eine nebengeordnete Rolle.

Neben Joes Suche nach sich selbst und seiner Vergangenheit geht vor allem um die Auswirkungen, die Änderungen in der Vergangenheit mit sich bringen. In Natasha Pulleys Gedankenexperiment wacht Joe in einem London auf, das französisch ist, da die Franzosen und die mit ihnen verbündeten Spanier den Briten dieses Mal bei der großen Schlacht bei Trafalgar nicht unterlegen waren.

Die Geschichte ist komplex und springt immer wieder in der Zeit hin und her. Mal befinden wir uns um 1900 herum, dann wieder etwa 100 Jahre zuvor. Es ist kein Buch, dass man einfach so nebenher lesen kann. Ob wirklich alles der der Geschichte zugrunde liegenden eigenen Logik folgt, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, da Zeitreisen an sich etwas unübersichtlich sind (wenn ich das mal so sagen darf), doch mir ist zumindest kein wirklicher Fehler aufgefallen.

Natasha Pulley beschreibt alles sehr detailliert, manchmal fast ausschweifend, doch für mich passt der Tonfall perfekt zur jeweiligen Zeit und ich habe mich mitgenommen gefühlt nach London, zum Leuchtturm und in die Kriegswirren der britisch-französischen Kolonialkriege. Auch wenn die Autorin die Geschichte verändert und daher keinen klassischen historischen Roman schreibt, wirkt es durch die Darstellung des Konflikts, der aus unserer heutigen Sicht eingeschränkten technischen Möglichkeiten und der teils gnadenlos anmutenden Handlungsweisen (Schwerverletzte werden von den eigenen Leuten einfach erschossen), dennoch historisch. Dadurch wirkt der Roman realer, als das Thema Zeitreisen vermuten lässt.

Eigentlich alle handelnden Figuren waren mir nicht durchweg sympathisch, manche Verhaltensweisen regelrecht abstoßend, aber dennoch habe ich mit allen mitgefiebert. Der Schreibstil ist eindringlich und man spürt Joes Sehnsucht endlich bei sich anzukommen, wo und wann auch immer.

Mein Fazit: „Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit“ ist kein typischer Zeitreiseroman und hat mir vielleicht sogar gerade deshalb sehr gefallen. Die Geschichte ist intensiv, komplex und hat mich durch die geschickte Verknüpfung verschiedener Genres und Themen überzeugt.

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Veröffentlicht am 11.09.2022

Abgedreht, leider nur bedingt unterhaltsam

Der schwarzzüngige Dieb (Schwarzzunge, Bd. 1)
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Durch seine Ausbildung in der Diebesgilde hat Kinsch Na Schannack einen Berg Schulden angehäuft. Seine kleinen Diebeszüge helfen kaum dabei, ihn abzutragen. Daher nimmt Kinsch das Angebot der Gilde an, ...

Durch seine Ausbildung in der Diebesgilde hat Kinsch Na Schannack einen Berg Schulden angehäuft. Seine kleinen Diebeszüge helfen kaum dabei, ihn abzutragen. Daher nimmt Kinsch das Angebot der Gilde an, einen Auftrag für sie zu erledigen.

Gemeinsam mit der Kriegerin Galva begibt er sich auf eine ebenso lange wie gefahrvolle Reise, obwohl ihre erste Begegnung eher unter einem schlechten Stern stand – immerhin hatte Kinsch gemeinsam mit einigen Gefährten versucht, Galva zu überfallen. Begleitet werden die beiden von der Hexe Norrigal und einem blinden Kater, in dem mehr steckt, als Kinsch zunächst vermutet.

Der Klappentext klang spannend und versprach eine unterhaltsame und ein wenig überdrehte Fantasygeschichte. Überdreht ist sie definitiv, unterhaltsam war sie für mich hingegen leider nur bedingt. Kinsch hat zwar gefühlt zu alles und jedem einen Spruch auf den Lippen, doch anstatt mich zu amüsieren, war ich eher zunehmend genervt. Seine Sprüche waren teils intelligent, manchmal flapsig und oftmals derb bis vulgär. Sie passen zu seinem Charakter, allerdings hätte es mir besser gefallen, wenn er mehr Dinge ernst genommen hätte.

Galva blieb für mich eher unnahbar und auch mit Norrigal konnte ich nicht allzu viel anfangen. Von den ungleichen Gefährten gefiel mir tatsächlich der blinde Kater Karl mit seinem Geheimnis am besten.

Die Welt und seine Gegebenheiten werden ausführlich erklärt, dennoch konnte sie mich trotz aller Komplexität ebenfalls nicht so recht überzeugen, dabei gibt es eigentlich alles, was zu einer fantastischen Welt gehört: Magie, Gefahren, menschenfressende Kobolde, Kampfraben, tödliche Kraken sowie zahlreiche, ganz unterschiedliche Völker. Ebenso wie bei Kinschs Sprüchen, wäre für mich bei den Beschreibungen weniger mehr gewesen. Ein Beispiel:

„Zusehen zu müssen, wie aus einem holtischen Silberschilling, auch Knappe genannt, vier Male – oder Mägde – und zwei Kupferrasuren wurden, tat zwar weh, aber wenigstens musste ich keine Eule anbrechen. Eine gallardische Eule war genauso viel wert wie ein holtische Knappe, aber auf dem Knappen war ein dicker Penner auf einem Esel abgebildet, der eine Weizengarbe in der Hand hielt, als wollte er sich damit den Hintern abwischen. Viel hässlicher. Eigentlich sollte die Münze abgewertet werden.“ (S. 89)

Dies ist nicht die einzige Stelle, bei der erklärt wird, welche Münze wie aussieht und welcher anderen Münze sie entspricht. Ich kann ja verstehen, dass für Kinsch als Dieb Geld eine große Bedeutung hat, mir als Leser ist es allerdings egal, wie welche Münze aussieht, sofern es für die Geschichte keine Bedeutung hat.

Neben all der Kritik haben mit die vielen sehr kreativen Ideen des Autors gut gefallen, vor allem die Geschichte der Kampfraben. Leider reicht dies jedoch nicht, um mich neugierig auf die beiden noch ausstehenden Teile der Trilogie zu machen.

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Veröffentlicht am 11.09.2022

Witzig und turbulent

Lukas Undercover – Voll verpeilt ist halb gerettet
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Seit dem scheinbaren Angriff eines Krokodils und Lukas vermeintlich heldenhafter Rettungsaktion halten ihn zwar nicht mehr alle für einen Streber, doch ausgerechnet Elena ist Lukas auf die Schliche gekommen ...

Seit dem scheinbaren Angriff eines Krokodils und Lukas vermeintlich heldenhafter Rettungsaktion halten ihn zwar nicht mehr alle für einen Streber, doch ausgerechnet Elena ist Lukas auf die Schliche gekommen und lässt sich nun ihr Schweigen teuer bezahlen: Putzdienste und Barbiepuppen zählen ab nun zu Lukas Alltag.

Als Elena plötzlich verschwindet, findet Lukas das daher gar nicht so schlecht. Dumm nur, dass sich sein Gewissen (in Form seines Bruders) regt, als klar wird, dass die Hutter Brüder, vor denen sich Lukas Familie versteckt, Elena offenbar entführt haben. Die Polizei ist keine große Hilfe und Lukas bleibt nichts anderes übrig, als Elena zu retten.

Nach dem großartigen ersten Band von Lukas Undercover“ mussten wir ganz klar auch den zweiten Teil lesen. Lukas und seine Familie befinden sich immer noch im Zeugenschutzprogramm, denn die Hutter-Brüder und ihr Chef Karl „Klatsche“ Keiler sind immer noch auf freiem Fuß. Nach all der Aufregung mit dem selbstgebastelten Krokodil aus Band 1 muss Lukas nun wirklich die Füße stillhalten – und nicht nur, weil Elena ihn in der Hand hat. Doch Elena im Stich lassen, wenn die Polizei nichts tut, das geht halt trotzdem nicht…

„Voll verpeilt ist halb gerettet“ ist ebenso witzig wie Teil 1. Lukas Ideen sind nicht immer durchdacht, was zu einigem Chaos, aber auch zu ziemlich lustigen Szenen führt. Mir gefiel schon die Überschrift zum ersten Kapitel: „Der Umzug. Oder: Wann wird 6 Uhr früh als Uhrzeit endlich abgeschafft?“ Eine Frage, die sich sicher so mancher stellt, dessen Wecker auch so penetrant zu nachtschlafender Zeit klingelt.

Der Verlauf der Geschichte ist turbulent, das Tempo recht hoch und man kann gar nicht anders, als mit Lukas mitzufiebern und die Daumen zu drücken, dass er nicht wieder von einer Katastrophe in die nächste schlittert (wobei uns als Leser dann so einiges entgehen würde).

Der Schreibstil ist lockerleicht und wird zusätzlich durch wunderbare Illustrationen von Reto Klindt aufgelockert. Sie passen einfach hervorragend zur Geschichte.

Mein Fazit: „Voll verpeilt ist halb gerettet“ hat uns genauso gut unterhalten und zum Lachen gebracht, wie der erste Teil. Wir hoffen ganz fest auf Teil 3.

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Veröffentlicht am 06.09.2022

Urban Fantasy

Kitty Carter – Dämonenkuss
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London im Jahr 1862. Kitty Carter ist Ende 40 und hat für die damalige Zeit einige Freiheiten für sich selbst errungen. Statt Hausfrau zu sein und ihrem Mann ein gemütliches Heim zu bieten, ist sie ledig ...

London im Jahr 1862. Kitty Carter ist Ende 40 und hat für die damalige Zeit einige Freiheiten für sich selbst errungen. Statt Hausfrau zu sein und ihrem Mann ein gemütliches Heim zu bieten, ist sie ledig und arbeitet als Bürokraft bei der Londoner Polizei. Auch wenn es dort niemand zugeben würde, hat Kitty eine ungewöhnliche Begabung, die schon bei so manchem Fall geholfen hat. Durch die Berührung von Gegenständen oder auch Personen hat Kitty mehr oder weniger klare Visionen, wodurch sie den Polizisten immer wieder hilfreiche Tipps geben kann.

Als sie plötzlich stirbt, ermöglicht ihr eben diese Begabung die Chance auf ein zweites Leben. Niemand Geringeres als Gott persönlich erteilt ihr den Auftrag, auf der Erde einen Dämon aufzuspüren und einzufangen, da er überzeugt ist, dass Kittys Begabung bei der Erfüllung hilfreich sein wird. Doch je länger Kitty wieder auf der Erde weilt, fallen ihr immer mehr Ungereimtheiten auf und sie stellt letztlich sogar Gottes Plan in Frage.

Mit „Kitty Carter – Dämonenkuss“ habe ich nun bereits das zweite Buch von Jana Paradigi gelesen. Nachdem sie mich mit ihrem Kinderbuch „Purpurstaubmagie“ verzaubert hat, war ich umso gespannter auf Kitty. Der Einstieg war großartig und ich habe mich über jede freie Minute gefreut, in der ich noch ein bisschen weiterlesen konnte. Allerdings hat diese Begeisterung leider nicht das ganze Buch über angehalten. Etwa in der Mitte hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte nicht weiter vorangeht und es hat eine Weile gedauert, bis es mich wieder gepackt hat.

Leider ist dies nicht mein einziger Kritikpunkt. Die Autorin hat ihr Buch im viktorianischen London angesiedelt und sich für eine mittelalte Protagonistin entschieden, was ich sehr erfrischend fand. Allerdings konnte ich viele von Kittys Handlungen nicht ganz nachvollziehen. Zum einen frage ich mich, weshalb sie glaubt unabhängig zu sein, obwohl ihr Vater ihr trotz ihrer Arbeit eine Wohnung und ein Dienstmädchen bezahlt. Bekommt sie kein Gehalt? Zum anderen erinnerte sie mich vielfach eher an einen Teenager oder eine junge Frau Anfang 20, als an eine Frau, die mitten im Leben steht, arbeitet und schon das ein oder andere erlebt hat. Selbst wenn man ihre neue Daseinsform im Diesseits berücksichtig, ist sie mir Fremden gegenüber zu schnell zu vertrauensvoll und generell handelt sie oftmals ohne Nachzudenken.

Das Setting ist großartig gewählt, doch während ich mich in anderen Romanen wirklich in der Zeit zurückgesetzt fühle, hatte ich hier nicht das Gefühl, dass der Roman zu einer bestimmten Zeit spielt, sieht man mal von der Erwähnung der Weltausstellung und der mangelnden Technik ab (die es auch zu anderen Zeiten noch nicht gab).

Neben all den Kritikpunkten haben mir einige Dinge allerdings wirklich sehr gefallen: Kitty hat mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht vor allem die Idee der Dämonen in diesem Buch, war erfrischend neu.

Mein Fazit: „Kitty Carter – Dämonenkuss“ ist ein Urban Fantasy Roman, der mich zwar - wie beschrieben - nicht vollständig überzeugen konnte, der aber auf jeden Fall mit einer tollen Grundidee punkten kann.

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Veröffentlicht am 04.09.2022

Lustig, spannend, gelungen

Drachendetektiv Schuppe – Gefährliches Gemüse
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Drachedetektiv Schuppe ist zurück und mit ihm natürlich auch seine Freunde und Detektivkollegen Kater Grauwacke und Elfe Jessamy. Da es gerade keinen Fall gibt, aber die Vorräte zur Neige gehen, steht ...

Drachedetektiv Schuppe ist zurück und mit ihm natürlich auch seine Freunde und Detektivkollegen Kater Grauwacke und Elfe Jessamy. Da es gerade keinen Fall gibt, aber die Vorräte zur Neige gehen, steht ein Einkauf bei Hexe Gunilla an. Und dort geschieht das Unfassbare: plötzlich kippt ein Sack Reis um! Ausgerechnet der Sack, von dem es in einer Prophezeiung heißt, dass es eine Plage gibt, sollte er jemals umkippen.

Die Plage lässt nicht lange auf sich warten. Die Straßen von Wurmstedt sind mit einem Mal nicht mehr sicher, als erst bissige Tomaten und dann immer mehr äußerst wehrhaftes Gemüse umherwandert und die Bewohner Wurmstedts angreift.

Schuppe, Jessamy und Grauwacke müssen der Sache schnell auf den Grund gehen – und sei es nur, um Schuppes Riesenkürbis zu schützen, mit dem er endlich beim jährlichen Wettbewerb einen Preis gewinnen will…

Nachdem wir Schuppe und seine Kollegen bereits begeistert bei ihrem ersten Fall begleitet haben, war klar, dass wir ihnen auch bei der Jagd auf das gefährliche Gemüse über die Schulter blicken werden. Die Idee des bissigen Vampir-Gemüses ist großartig. Spannend und lustig erzählt Katja Brandis wie die drei Detektive alles geben, um ihre Stadt wieder sicher zu machen. Neben den drei Hauptfiguren sind natürlich auch Polizeichef Siegfried (definitiv kein Fan von Schuppe), Zwerg Raubold, Doktor Bellheimer und die Einhörner wieder mit von der Partie.

Bis Wurmstedt wieder sicher ist, dauert es eine Weile und natürlich sind auch Schuppes Pläne nicht immer so direkt von Erfolg gekrönt, aber er gibt trotz einiger Rückschläge nie auf. Für uns Leser gibt es dabei auf jeden Fall einiges zu Schmunzeln, vor allem, wenn etwas nicht ganz so läuft, wie geplant.

Wie schon im ersten Band gefiel es mit sehr, dass sich Schuppe, Jessamy und Grauwacke immer und jederzeit aufeinander verlassen können, ganz gleich, wie unterschiedlich die drei auch sind und welche Fehler sie machen.

Auch diesen Band zieren zahlreiche Illustrationen von Fréderic Bertrand, der mit seinen Bildern die Geschichte wunderbar wiederspiegelt und ergänzt.

Mein Fazit: „Gefährliches Gemüse“ ist ein weiterer spannender und lustiger Band mit Protagonisten, die man einfach mögen muss und Fällen, die andere Detektive sicher nie haben werden. Mir persönlich hat dieser Teil noch ein bisschen besser gefallen als der erste Band und ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen.

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