Profilbild von JosefineS

JosefineS

Lesejury Star
offline

JosefineS ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit JosefineS über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.10.2021

Kann ich dir trauen?

SCHWEIG!
0

Das letzte, was Esther an diesem 23. Dezember tun will, ist mit ihrem Geschenk und einer Flasche Wein zu ihrer verrückten Schwester in das abgelegene Haus, in den Wald zu fahren. Doch sie muss, sie ist ...

Das letzte, was Esther an diesem 23. Dezember tun will, ist mit ihrem Geschenk und einer Flasche Wein zu ihrer verrückten Schwester in das abgelegene Haus, in den Wald zu fahren. Doch sie muss, sie ist schließlich die große Schwester und irgendwer muss ja nach der einsamen Sue sehen. Zwei Schwestern, die im jahrelang einstudierten Kampf umeinander Tanzen, lauernd auf eventuell auftretende Risse in der Fassade der anderen. Beide sind sich sicher der anderen nicht trauen zu können, als plötzlich die Masken fallen. Längst begrabene Gefühle flammen wieder auf, es werden Dinge gesagt, die besser für immer im Verborgenen geblieben wären. Das Geschenk ist nicht willkommen, der Wein ist der Falsche und diesen verschneiten Vorweihnachtsabend werden nicht alle überleben.
Schweig ist ein psychologischer Spannungsroman zwischen zwei Schwestern, deren Beziehung Aufgrund vieler Einflüsse toxischer nicht sein könnte. Esther ist die ältere von beiden, der das „du bist die Große“ Prinzip schon in der Kindheit prägend eingepflanzt wurde. Sie hat einen massiven Kontrollzwang gegenüber allem, was sich in ihrem Leben befindet. Sue, die jüngere von beiden, die mit dem Stigma der unzulänglichen „kleinen“ aufwuchs und sich mit Händen und Füßen versucht der Tyrannei ihrer großen Schwester zu entziehen. Oder ist Esther einfach nur treusorgend und Sue erkennt ihre eigenen gravierenden Probleme nicht? Judith Merchant präsentiert uns hier eine Geschichte die sich über das komplette Leben der beiden erstreckt und sowohl das hier und jetzt, deren Kindheit und das letzte Weihnachten mit einbezieht. Erzählt aus den perspektiven zweier nicht immer ganz zuverlässiger Erzählerinnen. Beide Rollen werden im Hörbuch, vorteilhafter Weisen auch von zwei verschiedenen Sprecherinnen verkörpert. Zudem werden die Rückblicke betitelt, was sehr dazu beiträgt beim Hören den Überblick zu behalten. Alle Sprecher*innen machen einen guten Job und bringen die Stimmung, die bersten gespannten Nerven und die Gefühlslage gut rüber. Sie verliehen der Geschichte damit auch passenden Nachdruck. Besonders die psychologische Komponente hat mich sehr in den Bann gezogen. Dieser Abgrund, diese Spaltung die sich aus tausender kleiner Situationen ergeben hat, die für sich genommen kaum Gewicht haben, doch die Summe all dieser Teile eine unfassbar toxische Beziehung ergeben hat, die beide nicht wollen, der sich aber auch keiner zu gänzlich zu entziehen wagt. Der Spannungsbogen war gelungen, die Geschichte nimmt zunehmend an Fahrt auf, das Ende war überraschend. Der Ausgang der Story war für mich unerwartet, passte jedoch in das psychologisch geprägte Gesamtbild.
Fazit: wirklich gelungener psychologischer Spannungsroman. Ein Einblick in den Abgrund toxischer Familienbeziehungen und psychischer Traumata, verpackt in einer mitreißenden Story.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.10.2021

Nach der Nacht kommt der Tag

Todesschmerz
0

Sneijder steckt in Wiesbaden mitten in einer brisanten Ermittlung, als in Oslo der Mord an der deutschen Botschafterin geschieht. Umgehend werden er und Sabine Nemez los geschickt um das Verbrechen in ...

Sneijder steckt in Wiesbaden mitten in einer brisanten Ermittlung, als in Oslo der Mord an der deutschen Botschafterin geschieht. Umgehend werden er und Sabine Nemez los geschickt um das Verbrechen in Norwegen aufzuklären. Doch der zunächst einfach wirkende Fall entwickelt sich zu einem Spießrutenlauf durch einen Irrgarten und zu allem Überfluss verweigert die norwegische Polizei die Zusammenarbeit, auch mit weiterer Unterstützung aus dem BKA Team bleibt alles verworren. Der Aufenthalt entwickelt sich für Sneijder zum härtesten Fall seiner Kariere, denn das Ganze hat größere Ausmaße. Als es für alle gefährlich wird, muss Sneijder schleunigst handeln, doch kann er sich und sein Team retten?
Todesschmerz ist Andreas Grubers 6. Band der Todes Reihe um den exzentrischen Ermittler Maarten S. Sneijder und seiner Kollegin Sabine Nemez. Der Fall führt die beiden erneut ins Ausland, doch diesmal ist es nicht wie immer und selbst Sneijder gelangt an seine Grenzen. Die Story ist sehr komplex aufgebaut, jedoch war es mir zwischenzeitlich zu viel Fall im Fall. Doch Gruber wäre nicht Gruber, wenn er die Geschichte nicht so dramatisch gestalten würde, dass der eigentliche Fall schon fast ins Vergessen gerät. Bei der Story bleibt Gruber diesmal konsequent und schon fast rabiat, das musste ich nach dem Ende erst einmal sacken lassen. Nach diesem unerwarteten und drastischen Ausgang warte ich sehnlichst auf die Fortsetzung im nächsten Buch. Andreas Gruber beweist auch diesmal, dass er immer für eine Überraschung gut ist, für seine Bücher und die Leser über Leichen geht und ein Händchen für Dramatik besitzt. Das neue Buch konnte mich wieder begeistern, auch wenn die Begeisterung wahrscheinlich mehr der Reihe, den Charakteren und Grubers ganz eigenem Schreibstil, als mehr dem Fall an sich geschuldet ist. Dieser konnte mich diesmal nicht ganz so sehr in den Bann ziehen, dafür war die privaten Komponente stark ausgeprägt und ausreichend aufwühlend.
Fazit: ein starker 6. Band der Todesreihe, in dem der Kriminalfall und die Ermittlungen weniger überzeugen konnten. Dafür zog Gruber bei den handelnden Personen alle Register.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.09.2021

Was wärst du bereit zu tun?

Ausweglos
0

Als Noah auf dem Dachboden ein Messer an seiner Kehle spürt und eine raue Stimme fordert „bring mich zu deiner Frau“ bleibt ihm keine andere Wahl, doch er hat den Schlüsselbund der verreisten Nachbarn ...

Als Noah auf dem Dachboden ein Messer an seiner Kehle spürt und eine raue Stimme fordert „bring mich zu deiner Frau“ bleibt ihm keine andere Wahl, doch er hat den Schlüsselbund der verreisten Nachbarn in der Hosentasche, er fasst einen Plan. Als er Stunden später im Krankenhaus erwacht ist er stark zugerichtet und für den Tod seiner Nachbarin verantwortlich, schließlich hat er dem Mörder die Tür geöffnet. Alles sieht für den Ermittler Elias Blom nach dem berüchtigten Ringfinger Mörder aus, doch diesmal scheint er einen Fehler gemacht zu haben, es gibt einen Überlebenden. Noah ist der einzige der mit dem Leben davon kam und so hofft Elias dem Täter doch noch auf die Spur zu kommen. Doch Noahs verhalten ist höchst merkwürdig, kann er seinem einzigen Zeugen trauen?
Ausweglos ist der Debüt Thriller des deutschen Autors und Texters Henri Faber. Der Einstieg findet nach der Tat statt und die Story bewegt sich durch vier Perspektiven. Das macht das Buch abwechslungsreich, man sollte jedoch beim Lesen aufmerksam bleiben um nicht in den Wirrungen der Geschichte unter zu gehen. Es ist nicht gleich ersichtlich in welche Richtung sich die Handlung bewegen wird und das Buch sorgt an der ein oder anderen Stelle für Überraschungen. Der Plot ist an sich gut erdacht, die Umsetzung hat mich jedoch nicht vollends glücklich gemacht. Die Charakterzeichnung war bei einigen einfach völlig drüber. Noahs Frau war völlig too much, zu viele „Bad Cop“ Kollegen um den Überblick zu behalten und der englische Ersatz für Flüche nahm derart überhand, dass es sich wunderbar als Trinkspeil eignen würde, ansonsten leider nur nervig war. Realismus ist nicht immer ein zwingendes Kriterium für Thriller aber an genau dem hat es mir hier bei zu vielen Details, Begebenheiten und Abschnitten gemangelt. Die ersten 2/3 des Buches konnten mich durchaus gut unterhalten, die Auflösung hat mich jedoch so unglücklich gemacht, dass ich den Showdown aus drei perspektiven zäh wie Kaugummi und den darauffolgenden Abschnitt, der hätte eigentlich ganz abrundend wirken sollen nur noch entnervt über mich ergehen ließ. Scheinbar hatte ich eine andere Vorstellung vom Ausgang der Story und war zu festgefahren um diese Lösung zu mögen. Offene Fragen, unstimmige Details, ein allzu williger Kommissar Zufall und seine Auflösung haben dem guten Ansatz den gar ausgemacht.
Fazit: (2,5 Sterne) gute Idee, die hinter der Geschichte steckt, doch einiges war leider etwas drüber und vor allem das Ende konnte mich nicht überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.09.2021

Der Teufel steckt im Detail

Der Tod und das dunkle Meer
0

1634 sticht die Saardam in Batavia, Indonesien in See. Ihr Ziel: Amsterdam, ihr Fracht: hochranginge Adelige, Offiziere, Gewürze, ein Geheimnis von unschätzbarem Wert, einen Gefangenen und den Teufel höchst ...

1634 sticht die Saardam in Batavia, Indonesien in See. Ihr Ziel: Amsterdam, ihr Fracht: hochranginge Adelige, Offiziere, Gewürze, ein Geheimnis von unschätzbarem Wert, einen Gefangenen und den Teufel höchst selbst. Kurz vor Abfahrt des Schiffes verkündet ein Aussätziger, dass die Saardam vom Teufel verflucht und dem Untergang geweiht ist. Der gefangene an Bord des Schiffes, gerade noch gefeiert für das Aufspüren einer gestohlenen Kostbarkeit, findet sich in Ketten auf dem Weg zu seiner Hinrichtung in Amsterdam wieder. Bald beginnt ein unheimlicher, unerklärlicher Spuk auf dem Schiff, dem Arendt, der Beschützer des gefangenen Sammy, ohne seinen klugen Freund entgegentreten muss. Stimmen flüstern des Nachts von tiefsten Sehnsüchten und Wünschen, doch alles hat seinen Preis und der Teufel spielt selten fair. Schafft Arendt dem Spuk auf dem Schiff auf die Schliche zu kommen oder werden alle im dunklen Meer versinken?
Der Tod und das dunkle Meer, ist der zweite Roman des freiberuflichen Reisejournalisten Stuart Turton. Das Buch ist ein wirklicher Genre Mix und vereint kriminalistische, fiktionale und Grusel Elemente in einem historischen Setting. Mich hat das Buch ab der ersten Seite völlig in den Bann gezogen. Der Start mitten im Geschehen, das Kennenlernen der handelnden Personen, mit dem Protagonisten gemeinsam und die unheilvolle Atmosphäre, die über dieser Schiffsreise aufragt, sorgten für einen grandiosen Einstieg. Das Niveau steigert sich stetig, hinter jeder Ecke lauerte ein Geheimnis, eine alte Schuld, Bekanntschaften, Liebschaften, Machtkämpfe, Hass und Missgunst. Wie auch in seinem ersten Werk gibt es viele, für die Handlung relevante Personen über die und deren Machenschaften es den Überblickt zu behalten gilt. Somit, ist „der Tod und das dunkle Meer“ kein Buch was man mal eben zwischendurch lesen kann, man sollte sich schon ganz darauf konzentrieren können um den Faden nicht zu verlieren. Umso gewaltiger ist dieses Konstrukt an Story, welches er am Ende sogar vollständig aufschlüsselt. Der Charakter Sammy Pipps erinnert auf den ersten Blick stark an Sherlock Holmes und auch die Beziehung zu Arendt lässt an seinen Side-Kick denken, definitiv ließ sich Stuart Turton von den beiden inspirieren. Trotzdem gibt es zwischen den Ermittler Duos auch erhebliche Unterschiede, was sie zu mehr als einem Doyle Abklatsch macht. 600 Seiten lang jagt ein Cliffhanger das nächste gelüftete Geheimnis und umgekehrt. Mir fiel es deswegen schwer das Buch aus der Hand zu legen, da das historische Setting, die Geheimnisvolle Atmosphäre, der völlig unklare Ausgang der Geschichte und das bedingungslose ausgesetzt sein der Situation, haben mich restlos begeistern können. Stuart Turtons Schreibstil blieb gleichbleibend dynamisch, wie bildhaft ohne für mein Verständnis ausschweifend zu werden.
Fazit: ein großartiges Buch, welches sich vieler Stilmittel bedient um eine fulminante, mitreißende Geschichte zu konstruieren, welcher man sich mit voller Aufmerksamkeit widmen sollte um bei dem Tempo mithalten zu können und nicht unter zu gehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.09.2021

Von alten Helden und jungen Heldentaten

Der Sohn des Odysseus
0

Der Krieg um Troja ist endlich vorbei, alle überlebenden Helden kehren heim. Alle, außer Telemachos Vater, der allseits bekannte und kluge Odysseus. Sein Sohn, der noch Windeln trug bei seiner Abreise, ...

Der Krieg um Troja ist endlich vorbei, alle überlebenden Helden kehren heim. Alle, außer Telemachos Vater, der allseits bekannte und kluge Odysseus. Sein Sohn, der noch Windeln trug bei seiner Abreise, fiebert nach 10 Jahren des Krieges Sehnlichst der Ankunft des Vaters entgegen. Doch aus Wochen werden Monaten und so fliegt ein Jahr um das andere dahin. Lebt Odysseus überhaupt noch und wenn ja warum kehrt er nicht zurück? Während seine Mutter Penelope die Geschicke in Ithaka lenkt werden die Stimmen nach einem neuen Herrscher immer lauter. Zu Telemachos Sehnsucht nach dem Vater gesellt sich bald auch die Angst um ihre Zukunft. Doch was soll der junge Prinz, der seinem Vater so unähnlich ist, schon groß ausrichten?
„Der Sohn des Odysseus“ ist eine fiktive Adaption, der Odyssee und erzählt im Kinder-/ Jugendbuch Format diese alte Geschichte, auf eine lockere, fantastische und aufbegehrende Art, aus der Sicht des Sohnes. Wir begleiten Telemachos durch die Tage seiner Kindheit, Erinnerungen, Begegnungen und erfahren zwischendurch immer wieder welchen Hindernissen und Gefahren sein Vater auf dessen Reise ausgesetzt ist. Odysseus Abenteuer werden geschickt durch Träume von Penelope und Telemachos Kinderfrau in die Erzählung eingebaut. So schreitet die Handlung abwechslungsreich voran. Das mentale Heranwachsen des Sohnes ist ein wesentlicher Schwerpunkt dieses Buches. Trotz der alt griechischen Umgebung begegnen ihm Konflikte, jugendliche Zerrissenheit „Wer bin ich?“, „Wo ist mein Platz?“ und „Genüge ich dem Anspruch?“, die auch unsere heranwachsenden immer noch bewegen. Dieser Disput wurde unterschwellig sehr schön in das Werk eingebaut. Als er beginnt zum Mann zu reifen häufen sich die Auseinandersetzungen um die Herrschaft, Telemachos muss trotz großer Mutlosigkeit handeln. Der Ausgang ist ein gelungenes Sinnbild für die Überwindung, der Kindheit zu entsteigen, in der fremde Freunde zu finden, über sich selbst hinaus zu wachsen und lang gehegte Träume manchmal fahren lassen zu müssen, um glücklich zu werden. Annika Thor vermittelt faktisch und altersgerecht eines der bedeutendsten Werke der griechischen Mythologie, wie ein echtes Abenteuer bei dem man mit fiebert. Sogar das Ende des trojanischen Krieges und andere von Odysseus zahlreichen Listen bringt sie geschickt in ihrer Erzählung unter, was das Buch sehr rund gemacht hat ohne gezwungen zu wirken. Es war abwechslungsreich, spannend, unkompliziert zu lesen und immer wieder von detailreichen Illustrationen begleitet. Somit ist das Buch nicht nur für Kinder ab 10 Jahren ein abenteuerreicher Einstieg in griechische Mythologie, sondern sicher auch etwas für Erwachsene.
Fazit: Wunderschön umgesetzte, altersgerechte Erzählung der Odyssee, aus der Sicht eines Jungen, der sich seinen Heldenstatus erst erkämpfen muss. Für jedes Alter lesenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere