Einfühlsam, mit wundervollen Botschaften, doch sehr langatmig
Mitten im SturmMein fünfter Roman von Jessica Winter, meine erste kritische Rezension. Gleich mit Erscheinen gekauft. Doch dann brauchte ich drei Monate zum Fertiglesen, weil ich immer wieder abgebrochen und erst Tage ...
Mein fünfter Roman von Jessica Winter, meine erste kritische Rezension. Gleich mit Erscheinen gekauft. Doch dann brauchte ich drei Monate zum Fertiglesen, weil ich immer wieder abgebrochen und erst Tage später weitergelesen habe. Es ist durchaus spürbar, dass der Autorin ihre Romanfiguren etwas bedeuten. Aber gefühlt hat sie sich streckenweise verrannt. Hätte man ein Viertel gekürzt, wäre es eine bessere Geschichte geworden. Hauptfigur Grace, als schlau und megahübsch beschrieben, hat eine Wagenladung an Kindheitstraumata angehäuft und wird ihre Dämonen nicht los. Ihr Verhalten, ihre Gedanken und Gefühlswelt werden verständlich, authentisch und gefühlvoll beschrieben. Doch für meinen Geschmack einfach zu ausführlich und wiederkehrend. Winzige Schritte vorwärts tapsend, winzige Schritte wieder zurücktaumelnd, oft im Gedankenkarussel und sich selbst im Weg stehend. Ich habe es nicht getan, aber man hätte durchaus ganze Kapitel überspringen können, ohne für den Fortlauf relevante Handlung zu verpassen. Es tut mir Leid, aber es wollte sich partout keine Gefühlsachterbahn und keine Spannung bei mir einstellen. Hauptfigur Eric wiederum der immer verständnisvolle und allseits verfügbare Held in strahlender Rüstung. Des Guten einfach zu viel …
Getragen wurde die Handlung für mich vor allem durch Nebenschauplätze: Erics Mutter und seine kranke kleine Schwester. Aus dem Krieg heimgekommener Vater und Bruder und der Umgang mit aus dem Erlebten resultierenden psychischen Erkrankungen. Wobei ich mehr Gesellschaftskritik und ernstzunehmende Einblicke ins US-Krankensystem befürwortet hätte und mir der Abschluss dieser Erzählstrange zu kurz gekommen ist.
Ein Highlight für mich und sicherlich alle Fans der Romane „Bis du wieder atmen kannst“ und „Solange du bleibst“: Die Auftritte von Julia und Jeremy inklusive Hochereignis (Spoiler zu diesen Romanen enthalten).
Auch dieser Roman ist geschmückt mit zu Herzen gehenden, tiefschürfenden und einen breiten Adressatenkreis ansprechenden Botschaften.
Das letzte Viertel hat mich versöhnt, ließ mich dann doch noch emotional mitgehen, bietet viel Interessantes und Hochemotionales, sodass ich mir vorstellen kann, weitere Romane von Jessica Winter zu lesen.
Wer das erste mal reinschnuppert, sollte wissen, dass dies keine Wohlfühlbücher sind. Stattdessen psycholgisch hart, ohne garantiertes Happy End. „Dort, wo du bist“ kann ich absolut empfehlen.