Profilbild von Karin1910

Karin1910

Lesejury Star
offline

Karin1910 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Karin1910 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2019

Vergangenheit und Zukunft der Gen-Forschung

Das Gen
0

Die Frage, welche Eigenschaften vererbbar sind und wie Vererbung genau funktioniert, beschäftigt die Menschheit wohl schon seit Jahrtausenden.
Doch erst in den letzten ca 150 Jahren wurden auf diesem Gebiet ...

Die Frage, welche Eigenschaften vererbbar sind und wie Vererbung genau funktioniert, beschäftigt die Menschheit wohl schon seit Jahrtausenden.
Doch erst in den letzten ca 150 Jahren wurden auf diesem Gebiet nach und nach bedeutende Fortschritte gemacht, die auch unser Bild von uns selbst immer wieder revolutioniert haben.

Siddhartha Mukherjee folgt hier dem Werdegang der Genforschung (wobei der Begriff „Gen“ erst etwas später geprägt wurde) von den Anfängen mit Darwin und Mendel über die Entschlüsselung der DNS-Struktur durch Watson und Crick bis zum Humangenomprojekt – und darüber hinaus. Er nimmt die Leser mit zu den Schauplätzen kleiner und großer Ereignisse und berichtet nicht nur von bedeutsamen Erkenntnissen, sondern erzählt auch von deren Hintergründen und den beteiligten Personen.

So entsteht ein lebendiges Bild des Forschungsprozesses inklusive diverser Schwierigkeiten und Rückschläge sowie all der Kleinkriege hinter den Kulissen. Auch die politischen und gesellschaftlichen Folgen bleiben nicht unerwähnt, einschließlich so dramatischer Aspekte wie Zwangssterilisationen und Euthanasie.
Generell nehmen ethische Betrachtungen relativ breiten Raum ein. Es wird beispielsweise hinterfragt, unter welchen Voraussetzungen Eingriffe ins menschliche Genom legitim wären – erst recht im Hinblick darauf, dass wir vieles über die genaue Funktionsweise von Genen noch nicht wissen. Der Autor wird dabei sicherlich auch durch die Geschichte seiner eigenen Familie beeinflusst, welche durch in mehreren Generationen auftretende mutmaßlich genetisch bedingte Krankheiten geprägt ist.
An ein paar Stellen wären etwas tiefschürfendere Gedanken schön gewesen, dies hätte aber wohl den Rahmen dieses ohnehin nicht gerade dünnen Buches gesprengt.

Fazit: Hier wird ein interessantes und hochaktuelles Thema allgemein verständlich aufbereitet. Trotz des bisweilen komplexen Inhaltes gestaltet sich die Lektüre unterhaltsam und oftmals richtig fesselnd.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Rasanter Schweden-Krimi (mit nicht ganz passendem Titel)

Hasenjagd
0

Auch im sechsten Teil der Krimi-Reihe von Lars Kepler müssen die Stockholmer Kriminalisten einen kniffligen Fall lösen.
Saga Bauer vom Staatsschutz wird zu einem Einsatz von höchster Dringlichkeit gerufen. ...

Auch im sechsten Teil der Krimi-Reihe von Lars Kepler müssen die Stockholmer Kriminalisten einen kniffligen Fall lösen.
Saga Bauer vom Staatsschutz wird zu einem Einsatz von höchster Dringlichkeit gerufen. Am Tatort trifft sie auf die übel zugerichtete Leiche eines mächtigen Mannes sowie auf eine traumatisierte Zeugin. Es gibt Hinweise darauf, dass der Täter schon bald weitere Morde begehen wird. Saga überzeugt ihre Vorgesetzten, Joona Linna, der aufgrund seiner Aktionen während des letzten Bandes („Ich jage Dich“) im Gefängnis sitzt, in die Arbeit an diesem Fall einzubeziehen. Bald zeigt sich, dass hier vieles nicht so ist, wie es zunächst scheint. Die Ermittlungen ändern daher mehrmals ihre Richtung und kommen schließlich einem jahrzehntealten Skandal auf die Spur.

Im Vergleich zum letzten Mal hat das Autorenduo hier weitgehend zu seiner alten Form zurückgefunden.
Viele interessante Protagonisten treten auf, in die ich mich meist gut hineinversetzen konnte. Dabei werden eine Reihe menschlicher Dramen und Abgründe thematisiert, sodass der Inhalt sehr vielschichtig ist. Manches hätte dabei ausführlicher behandelt werden können, während die Actionszenen für meinen Geschmack eher zu ausführlich waren.
Dafür wird einige Spannung aufgebaut. Die Handlung schreitet flott voran und enthält ein paar überraschende Wendungen. Einiges ist allerdings auch vorhersehbar und gelegentlich wird vielleicht etwas zu dick aufgetragen. Vor allem entspricht die Vorgehensweise der Behörden öfters nicht dem Bild, das ich von dem schwedischen Rechtsstaat habe. Auch bleiben ein paar Ungereimtheiten.
Alles in allem wird die Geschichte aber doch zu einem stimmigen Abschluss gebracht – der außerdem schon neugierig auf die Fortsetzung macht.
Abschließend möchte ich jedoch noch erwähnen, dass der Titel der deutschsprachigen Ausgabe nicht wirklich passend ist. Zugegeben, „Hasenjagd“ hat einen irgendwie „dramatischeren“ Klang, im Roman ist aber immer nur von Kaninchen (und eben nicht von Hasen) die Rede.

Fazit: Trotz einiger kleiner Kritikpunkte werden Fans von Schweden-Krimis hier auf ihre Kosten kommen.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Toller Inhalt, die deutsche Ausgabe könnte aber besser sein

Forscher aus Leidenschaft
0

Das englische Original (Science in the Soul) habe ich schon vor einiger Zeit gelesen. Nachdem ich in der Bibliothek auf die deutsche Ausgabe gestoßen war, habe ich mir nun auch diese noch mal vorgenommen. ...

Das englische Original (Science in the Soul) habe ich schon vor einiger Zeit gelesen. Nachdem ich in der Bibliothek auf die deutsche Ausgabe gestoßen war, habe ich mir nun auch diese noch mal vorgenommen.
Der Inhalt als solches ist natürlich praktisch identisch: Dieser Band versammelt 41 Beiträge von Richard Dawkins, die er zu verschiedenen Gelegenheiten innerhalb der letzten vierzig Jahre verfasst hat, wobei „neuere“ Text aber überwiegen. Sie illustrieren sehr gut das breite Spektrum an Fragen und Problemstellungen, mit denen sich dieser bedeutende Wissenschaftler und Intellektuelle im Rahmen seines öffentlichen Wirkens bereits auseinandergesetzt hat.
Überlegungen zum Wesen der Wissenschaft bzw zu den Vorteilen des wissenschaftlichen Denkens sowie zu verschiedenen Facetten der Evolutionsbiologie nehmen breiten Raum ein, aber auch Religionskritik und Spitzen gegen Kreationisten kommen nicht zu kurz. Garniert wird das Ganze beispielsweise durch Gedanken zum Justizsystem oder zur Sinnhaftigkeit von Feuerwerken.

Obwohl dieses Buch für Leute, die sich bereits näher mit Dawkins Werken befasst haben, keine wirklich neuen Erkenntnisse bereithält, ist es doch absolut empfehlenswert und stellenweise richtig fesselnd. Es gelingt dem Autor hervorragend, seine Gedanken und Aussagen auf den Punkt zu bringen, schlüssig zu argumentieren und seine Ausführungen immer wieder mit einigem Humor zu würzen.

Hinsichtlich der Bearbeitung für die deutsche Ausgabe gäbe es allerdings Verbesserungspotential. Mag sein, dass ich dem Übersetzer teilweise Unrecht tue – normalerweise lese ich ein Buch nicht in mehreren Sprachen – doch manche Sätze klingen etwas holprig.
Vor allem aber hätte ich mir mehr zusätzliche Fußnoten gewünscht. Einige Texte enthalten Bemerkungen oder Anspielungen, die sich auf britische oder US-amerikanische Gegebenheiten beziehen. Hier wären ein paar Erläuterungen sinnvoll gewesen, um sie für die deutschsprachigen Leser besser verständlich zu machen.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Ergreifende Geschichte über eine ganz besondere Beziehung

Gelber Krokus
0

Dieser Roman erzählt die ergreifende Geschichte zweier Frauen, die einander erstaunlich nahestehen, obwohl sie eigentlich ganz verschiedenen Welten angehören.
Im Virginia des Jahres 1837 ist es üblich, ...

Dieser Roman erzählt die ergreifende Geschichte zweier Frauen, die einander erstaunlich nahestehen, obwohl sie eigentlich ganz verschiedenen Welten angehören.
Im Virginia des Jahres 1837 ist es üblich, dass Säuglinge aus reichen Familien von einer Amme versorgt werden. Als dem Plantagen-Eigentümer Waynwright ein Mädchen geboren wird, wird daher die Feldsklavin Mattie ins Haus geholt, um sich um die kleine Elizabeth zu kümmern. Mattie leidet darunter, von ihrem eigenen Sohn Samuel getrennt zu sein. Trotzdem entwickelt sich zwischen ihr und Lisbeth eine enge Bindung, die weitaus längere Zeit anhält, als ein Kind normalerweise mit seiner Amme verbringen darf. Gleichzeitig muss Lisbeth lernen, sich wie eine junge Lady zu verhalten, was ihr nicht immer leicht fällt.

Ich habe mich bei der Lektüre historischer Romane schon öfters gefragt, wie es wohl für ein Kind gewesen sein muss, mit einer Amme aufzuwachsen bzw wie das Verhältnis der Ammen zu ihren Schützlingen aussah. Hier ist diese Frage noch brisanter, da Lisbeth und Mattie besonders entgegengesetzten Gesellschaftsschichten entstammen.
Ihre Erlebnisse werden lebendig geschildert. Ich konnte mich überwiegend gut in die Protagonistinnen, aus deren Perspektive abwechselnd erzählt wird, hineinversetzen. Ihre Persönlichkeiten sowie die Konsequenzen ihrer unterschiedlichen Prägungen werden dabei nachvollziehbar herausgearbeitet.
Die Handlung hat allerdings ein paar Längen und einiges ist vorhersehbar. Der Schluss wirkt dann ziemlich konstruiert, ist aber dennoch irgendwie stimmig und vor allem nicht übertrieben auf „Happy End“ gebürstet.

Schon allein wegen des interessanten und ungewöhnlichen Themas ist dieses Buch lesenswert.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Alles Gute (und Einiges Schlechte) kommt von Osten

Licht aus dem Osten
0

Der Autor möchte hier darlegen, wie sehr der „Osten“ die Geschichte Eurasiens und letztlich der ganzen Welt beeinflusst hat. Mit „Osten“ meint er das Gebiet vom östlichen Ufer des Mittelmeers und vom Schwarzen ...

Der Autor möchte hier darlegen, wie sehr der „Osten“ die Geschichte Eurasiens und letztlich der ganzen Welt beeinflusst hat. Mit „Osten“ meint er das Gebiet vom östlichen Ufer des Mittelmeers und vom Schwarzen Meer bis zum Himalaya, also Länder wie etwa Iran, Irak, Syrien, Afghanistan, Kasachstan, etc, die vielfach immer noch für regelmäßige Schlagzeilen sorgen.
Seine Ausführungen beginnen mit dem Persien des 6. Jahrhunderts v. Chr., was eigentlich etwas zu kurz gegriffen ist, gingen von der im Fokus stehenden Gegend doch bereits früher wichtige Impulse aus – man denke nur an das alte Mesopotamien oder die (vermutete) Herkunft der Indoeuropäer.
Die folgenden Jahrhunderte und Jahrtausende behandelt er dafür umso ausführlicher. Dabei werden häufig eher zu viele Details angeführt, sodass es mir bisweilen schwerfiel, das große Ganze im Blick zu behalten.
Dennoch gelingt es insgesamt ganz gut, die wesentlichen Entwicklungslinien nachzuzeichnen. So kann die Lektüre auch dabei helfen, mache Medienberichte besser einzuordnen und zu verstehen, wie historische Entwicklungen, Konflikte und gelegentlich auch bloße Zufälle bis heute nachwirken.

Allerdings ist der Autor für meinen Geschmack zu sehr darum bemüht, alle bedeutenden Ereignisse der Weltgeschichte (einschließlich beispielsweise der Entdeckung Amerikas oder der beiden Weltkriege) letztlich auf seine Lieblingsregion zurückzuführen. Sicher kann man für all das vernünftige Argumente finden. Manche Zusammenhänge wirkten für mich aber doch ziemlich weit hergeholt bzw als Ergebnis einer ziemlich einseitigen Betrachtung. Außerdem wird diese Region zu sehr als Opfer „böser Mächte“ (zuerst vor allem der Europäer, später der US-Amerikaner) dargestellt, ohne wirklich zu hinterfragen oder zu erklären, wie es dazu kommen konnte, dass sie ihre einstige Vormachtstellung verloren hat.
Obwohl oder vielleicht gerade weil der Text bei der Aufzählung von Fakten zu sehr in die Tiefe geht, ist er hinsichtlich anderer Aspekte zu oberflächlich.