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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.01.2017

Faszinierende Schilderungen

Der Azteke
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Bereits die Ausgangslage dieses Romans ist interessant: Auf Befehl seines Königs beauftragt der Bischof von Mexico einen Mexicatl (die Bezeichnung Azteke lehnt er ab) namens Mixtli, ihm über die Lebensweise ...

Bereits die Ausgangslage dieses Romans ist interessant: Auf Befehl seines Königs beauftragt der Bischof von Mexico einen Mexicatl (die Bezeichnung Azteke lehnt er ab) namens Mixtli, ihm über die Lebensweise seines Volkes vor der Ankunft der Spanier zu berichten.

Mixtli erzählt nun von seinem Lebensweg, von den Sitten und Gebräuchen, religiösen Vorstellungen und ganz alltäglichen Handlungen nicht nur seines eigenen Volkes, sondern auch diverser Nachbarvölker, denen er im Laufe seines ereignisreichen Lebens begegnet ist. Es spart dabei auch Negatives, für einen Europäer Schockierendes nicht aus. Alles in allem entsteht so eine farbenfrohe und detailreiche Schilderung des Geschehens in „Der Einen Welt“. Je länger man diesem Bericht folgt, umso bedauerlicher erscheint der Untergang dieser Welt, oder besser gesagt, deren Vernichtung durch die europäischen Eroberer.

Auch wenn man wohl nicht alle hier wiedergegebenen Informationen für bare Münze nehmen darf, ist dies jedenfalls ein lesenswerter historischer Roman, den ich jedem an der Geschichte Lateinamerikas Interessierten weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Bild-Zeitung vor 100 Jahren

1913
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Bisweilen wurde ich bei der Lektüre an die Vorgehensweise der Boulevardpresse erinnert – wenn beispielsweise Oskar Kokoschkas Besessenheit von Alma Mahler ausführlich geschildert oder genüsslich aus Franz ...

Bisweilen wurde ich bei der Lektüre an die Vorgehensweise der Boulevardpresse erinnert – wenn beispielsweise Oskar Kokoschkas Besessenheit von Alma Mahler ausführlich geschildert oder genüsslich aus Franz Kafkas reichlich verunglückten Liebesbriefen an Felice Bauer zitiert wird.
Auch sonst befasst sich dieses Buch wenig bis gar nicht mit Politik (Gestalten wie Hitler oder Stalin kommen nur mal am Rande vor), sondern wirft Schlaglichter auf all die großen und kleinen Ereignisse, Katastrophen und Abenteuer, welche die Angehörigen der „High Society“ im Jahr 1913 beschäftigten.

Der Autor springt dabei von Protagonist zu Protagonist und von Schauplatz zu Schauplatz; einer kurzen Episode, manchmal nur ein paar Zeilen lang, folgt die nächste. So etwas wie ein Erzählfluss will dabei natürlich nicht aufkommen, es gelingt aber doch ganz gut, die Atmosphäre dieses letzten Jahres vor dem Untergang der damaligen Weltordnung einzufangen.
Selbstverständlich könnte man ein ähnliches Buch über jedes beliebige Jahr schreiben, 1913 wurde ja erst im Rückblick zu etwas Besonderem. Gerade die Banalität der meisten hier erzählten Geschichten zeigt aber, wie leicht es geschehen kann, dass aus scheinbar heiterem Himmel eine Katastrophe hereinbricht.

Auch wenn man dadurch keine großartigen neuen Erkenntnisse gewinnen wird, kann die Lektüre also doch ganz interessant sein.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Sachsen und Slawen

Das Haupt der Welt
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Nachdem ihre bisherigen historischen Romane immer in England angesiedelt waren, wendet Rebecca Gable sich hier erstmals der deutschen Geschichte zu.
Sie entführt die Leser ins 10. Jahrhundert, in die Regierungszeiten ...

Nachdem ihre bisherigen historischen Romane immer in England angesiedelt waren, wendet Rebecca Gable sich hier erstmals der deutschen Geschichte zu.
Sie entführt die Leser ins 10. Jahrhundert, in die Regierungszeiten Heinrichs I und seines Sohnes Otto, die sich gerade daran darum bemühen, die östlich der Elbe ansässigen Slawen zu unterwerfen und zum Christentum zu bekehren.

929: Die Brandenburg, Herrschersitz des Volkes der Heveller, wird von einem sächsischen Heer überfallen. Nach einem furchtbaren Blutbad werden Prinz Tugomir und seine Schwerster Dragomira an den sächsischen Hof verschleppt. Während Dragomira sich bald mit ihrer Rolle als Ottos Geliebte anfreundet, fällt es Tugomir sehr schwer, sich mit seinem Dasein als Geisel abzufinden, zu groß ist sein Hass auf alle Sachsen. Doch mit der Zeit findet er eine neue Bestimmung als Heiler und es entsteht sogar eine Freundschaft mit Otto und dessen Halbbruder Thankmar – und die beiden ungleichen Brüder hätten tatsächlich oft einen Freund nötig, müssen sie sich doch nicht nur mit äußeren Feinden auseinander setzen, sondern sind auch in interne Machtkämpfe verwickelt.

Dass Frau Gable hervorragende historische Romane schreiben kann, hat sie schon zur Genüge bewiesen und auch hier schafft sie es wieder, vergangene Zeiten lebendig werden zu lassen. Sie wirft einen realistischen Blick auf die damaligen Ereignisse und scheut auch vor der Darstellung der allgegenwärtigen Gewalt nicht zurück. Dabei kann man auch Einiges über Lebensgewohnheiten, Gebräuche und - dank Tugomirs Tätigkeit – Heilmethoden erfahren.

Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven von Otto, Thankmar, deren Bruder Henning, Tugomir und Dragomira erzählt. Da es sich somit bei sämtlichen Hauptfiguren um reale historische Persönlichkeiten handelt, gelingt es sehr gut, die damaligen politischen Verhältnisse aufzuzeigen, einen Blick hinter die Kulissen der Macht zu werfen und die damit einhergehenden Schwierigkeiten nachvollziehbar zu machen. Andererseits ergibt sich daraus aber der Nachteil, dass die Autorin trotz alle künstlerischen Freiheit bei der Ausgestaltung ihrer Charaktere sowie den wesentlichen Elementen der Handlung einigen Einschränkungen unterworfen war. Vielleicht lag es auch daran, dass ich bisweilen gewisse Schwierigkeiten hatte, mit den Protagonisten wirklich warm zu werden. Außerdem gibt es hier keinen richtigen Helden, alle Personen haben ihre Stärken und Schwächen, und nicht jede ihrer Handlungen war für mich immer nachvollziehbar – aber das muss bei „echten“ Menschen eben so sein.

Eine gute Idee war es jedenfalls, dass hier sowohl aus sächsischer als auch aus slawischer Perspektive erzählt wird, sodass die Unterschiede zwischen den Völkern, vor allem was die Religion betrifft, sehr gut herausgearbeitet werden können.

Fazit: Ein fesselnder historischer Roman, der einen spannenden und leider viel zu selten beleuchteten Abschnitt der deutschen Geschichte behandelt. Ein gewisses Interesse an politischen Zusammenhängen sowie die Bereitschaft, sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Namen auseinander zu setzen, sollte allerdings schon vorhanden sein – denn wie die Autorin im Nachwort vermerkt „haben die verantwortlichen Parteien des Mittelalters bei der Vergabe von Eigenamen für Personen und Orte leider wenig Rücksicht auf die Nachwelt genommen“

Veröffentlicht am 08.01.2017

Traum von einem besseren Leben

Der Junge, der Träume schenkte
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Ausgangspunkt dieses Romans ist die tragische Geschichte der 13jährigen Italienerin Cetta, die von einem Freund ihres Gutsherrn vergewaltigt wird. Dennoch gibt sie ihren Traum von einem besseren Leben ...

Ausgangspunkt dieses Romans ist die tragische Geschichte der 13jährigen Italienerin Cetta, die von einem Freund ihres Gutsherrn vergewaltigt wird. Dennoch gibt sie ihren Traum von einem besseren Leben nicht auf und es gelingt ihr tatsächlich, gemeinsam mit ihrem Sohn Natale nach Amerika zu emigrieren.
Im ersten Teil werden dann abwechselnd die Ereignisse nach Cettas Ankunft in New York sowie ihre Versuche in der amerikanischen Gesellschaft Fuß zu fassen und die 13 Jahre später beginnenden Erlebnisse ihres Sohnes, der von der Einwanderungsbehörde den Namen Christmas verpasst bekommen hatte, erzählt, während im zweiten Teil vor allem Christmas im Mittelpunkt steht.

Das Buch handelt im wesentlichen von dem Streben nach einem erfüllten Leben, das die Protagonisten letztlich alle auf eine gewisse Weise erreichen können. Zuvor müssen sie jedoch eine Reihe düsterer Momente ertragen; der Autor scheut nicht davor zurück, eine von Armut, Ausbeutung und allgegenwärtiger Kriminalität geprägte Welt darzustellen, die für ihre Bewohner auf den ersten Blick nur Ärger und Leid zu bieten hat. Umso positiver erscheint es daher, wie vor allem Christmas es immer wieder schafft, Rückschläge zu überwinden, wenngleich er zwischendurch oft dabei ist, die Hoffnung zu verlieren.

Allerdings bin ich aus diesem Hauptdarsteller bisweilen nicht wirklich schlau geworden. An sich ist er ein aufgeweckter Bursche, dem es dank seiner besonderen sozialen Fähigkeiten immer wieder gelingt, sich Freunde unter Angehörigen der verschiedensten Gesellschaftsschichten zu machen. Andererseits schlägt seine Persönlichkeit oft plötzlich um und er reagiert übertrieben feindselig und unwirsch.
Außerdem wirken einige Handlungselemente reichlich unrealistisch, es fügt sich letztlich immer alles so, wie man es sich wünschen würde.

Nichtsdestotrotz ist dieser Roman lesenswert, denn der wunderschöne und eingängige Erzählstil, der den Leser tief in die Geschichte eintauchen lässt und die Gefühle der Protagonisten sehr gut transportiert, entschädigt für manches kleine Manko.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Bunte Mischung für Mathematik-Interessierte

Professor Stewarts mathematische Schätze
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Ian Stewart hat hier ein abwechslungsreiches und unterhaltsames Sammelsurium zum Thema Mathematik zusammengestellt.
Darin finden sich unter anderem Rätsel verschiedener Schwierigkeitsgrade, Hintergrundinformationen ...

Ian Stewart hat hier ein abwechslungsreiches und unterhaltsames Sammelsurium zum Thema Mathematik zusammengestellt.
Darin finden sich unter anderem Rätsel verschiedener Schwierigkeitsgrade, Hintergrundinformationen zu (großen und kleinen) Problemen der Mathematik, Antworten auf häufig gestellt Fragen (etwa „Warum kann man Brüche nicht so addieren wie man sie multipliziert?“) oder Beispiele für praktische Anwendungen mathematischer Resultate in der Physik. Abgerundet wird das Alles durch einige Witze und Anekdoten aus dem Leben berühmter Mathematiker.
So gelingt es dem Autor auch hier wieder vortrefflich, die Faszination und Vielfalt seines Fachgebiets greifbar zu machen.
Die kurzen Kapitel eignen sich gut als kleine Häppchen für zwischendurch und die Ausführungen sind so abgefasst, dass die wesentlichen Gedanken auch für Normalbürger zugänglich werden.