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Veröffentlicht am 29.06.2023

Genie oder Wahnsinniger?

Roderers Eröffnung
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In diesem Roman erzählt ein namenlos bleibender junger Mann von seiner Freundschaft mit dem einzelgängerischen Gustavo Roderer. Erstmals begegnen sie einander als Jugendliche beim Schachspielen in einem ...

In diesem Roman erzählt ein namenlos bleibender junger Mann von seiner Freundschaft mit dem einzelgängerischen Gustavo Roderer. Erstmals begegnen sie einander als Jugendliche beim Schachspielen in einem Lokal, wo Roderer seine große Begabung offenbart. Doch er kommt mit dem normalen Leben nicht zurecht, bricht bald die Schule ab und verschanzt sich in seinem Zimmer, wo er über philosophische Probleme nachgrübelt. Dass er ein tragisches Ende nehmen wird, ist von Beginn an klar. Der Schluss wirkt dann aber eher banal.

Ich habe mich während des Lesens häufig gefragt, ob Roderer wirklich so intelligent ist, wie sein Umfeld offenbar denkt und der Autor den Lesern weismachen möchte. Eigentlich hat er doch nichts vorzuweisen. Er verstrickt sich in hochtrabende Überlegungen, die er aber auch nur mit einem (klugen, aber doch unerfahrenen) Gleichaltrigen diskutiert, behauptet schließlich, einen großartigen Beweis gefunden zu haben, den er aber nicht aufschreibt, sodass diese Behauptung nicht überprüft werden kann.
Für mich ist Roderer jedenfalls nur ein Wahnsinniger (der sich vielleicht selbst für ein Genie hält, vielleicht aber auch nur von anderen für eines gehalten wird). Als tragische Figur ist er dennoch nicht uninteressant. Wirklich packend fand ich die Geschichte allerdings trotzdem nicht. Was auch daran liegt, dass das Verhalten einiger Personen (allen voran der Schwester des Erzählers) schwer nachvollziehbar ist.

Veröffentlicht am 29.06.2023

Es geht mehr um Menschen als um Wissenschaft

Das Zeitalter der Unschärfe
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Dieses Buch erzählt die Geschichte der Physik, vor allem aber jene der Physiker, von 1900, als Max Planck in einem „Akt der Verzweiflung“ zu dem Schluss kommt, „dass die Energie von vornherein gezwungen ...

Dieses Buch erzählt die Geschichte der Physik, vor allem aber jene der Physiker, von 1900, als Max Planck in einem „Akt der Verzweiflung“ zu dem Schluss kommt, „dass die Energie von vornherein gezwungen ist, in gewissen Quanten beieinander zu bleiben“ bis 1945, als die erste Atombombe explodierte.
Dazwischen lagen Jahre, in denen um die korrekte Deutung von Quantenphänomenen gerungen wurde, in denen zahlreiche Geistesgrößen wie Albert Einstein, Niels Bohr oder Erwin Schrödinger in teilweise erbitterte Diskussionen darüber verstrickt waren, welche Bedeutung Grundpfeiler der Physik wie Kausalität oder die Trennung von Beobachter und Beobachtungsobjekt in der Quantenwelt haben.

Es ist durchaus spannend, diese Auseinandersetzungen mitzuverfolgen. Die dahinterstehende Physik wird dabei jedoch nur sehr oberflächlich beschrieben. Im Vordergrund der Darstellung stehen die Physiker als Menschen, ihre Persönlichkeiten und Beziehungen zueinander. Auch dies ist aber nicht uninteressant. Man hat hier den Eindruck, hautnah dabei zu sein, wenn physikalische Theorien entwickelt und verworfen werden. Außerdem wird deutlich, dass man – wie der Autor im Epilog konstatiert – „die Welt nicht beobachten kann, ohne sie zu verändern“.

Veröffentlicht am 29.05.2023

Was ist am West Coast Trail passiert?

Der finstere Pfad
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November 2020: Laura, Anfang 40 und glücklich verheiratete Mutter von zwei kleinen Kindern, erschrickt, als sie hört, dass auf dem West Coast Trail in Kanada menschliche Überreste gefunden wurden. Sie ...

November 2020: Laura, Anfang 40 und glücklich verheiratete Mutter von zwei kleinen Kindern, erschrickt, als sie hört, dass auf dem West Coast Trail in Kanada menschliche Überreste gefunden wurden. Sie fürchtet, von ihrer Vergangenheit eingeholt zu werden, und tatsächlich mehren sich bald die Hinweise, dass es jemand auf sie und ihre Familie abgesehen hat.
Juli 1999: Die 19-jährige Maisie hofft, dass eine Wanderung am West Coast Trail ihr hilft, sich von ihrer Familie abzunabeln und erwachsener zu werden. Doch ihr Urlaub endet in einer Katastrophe, die ein gewaltiges Medienecho auslöst und Maisie zahlreichen Verdächtigungen aussetzt.

Die Handlungsstränge aus Vergangenheit und Gegenwart werden abwechselnd erzählt. In beiden Fällen konnte ich mich gut in die Protagonistinnen hineinversetzen. Obwohl man von Anfang an ahnt, dass sie ihre Schattenseiten haben, wirken sie sympathisch, sodass es mir leicht fiel, mit ihnen mitzufiebern.
Der Erzählstil ist packend und es wird einige Spannung aufgebaut. Außerdem animiert der Aufbau des Romans zum Miträtseln darüber, was damals passiert ist und wie die Ereignisse zusammenhängen. Ein paar Dinge konnte ich dabei erraten, es gab jedoch auch überraschende Wendungen.
Die Auflösung wirkt dann zwar teilweise konstruiert und das Ende etwas unrealistisch. Der Gesamteindruck war aber nichtsdestotrotz sehr positiv.
Für einen Thriller gibt es hier wenig Blut und Gewalt. Stattdessen überzeugt die Geschichte mit interessanten Figuren, die in Ereignisse verstrickt sind, bei denen manches nicht so ist wie es zunächst scheint.
Der einzige Kritikpunkt geht an den Verlag: Der Klappentext passt nicht gut zum Inhalt.

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Es geht nicht wirklich um „Die Forscherin“

Dian Fossey - Die Forscherin
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Dieser Roman befasst sich mit der berühmten Gorilla-Forscherin Dian Fossey und beleuchtet ihre beeindruckende, aber auch schwierige Persönlichkeit.
Die eigentliche Handlung setzt 1955 ein, als Dian in ...

Dieser Roman befasst sich mit der berühmten Gorilla-Forscherin Dian Fossey und beleuchtet ihre beeindruckende, aber auch schwierige Persönlichkeit.
Die eigentliche Handlung setzt 1955 ein, als Dian in Kentucky als Ergotherapeutin mit kranken Kindern arbeitet und verfolgt dann – von einigen Vorschauen und Rückblicken in ihre Kindheit abgesehen – ihren weiteren Lebensweg, berichtet unter anderem von ihren Freundinnen in Louisville, ihrer ersten Afrikareise, ihrer Forschungsstation in Ruanda, ihrem Kampf gegen die Wilderer und ihrem gewaltsamen Ende.

Ihr Leben vor der Übersiedlung nach Afrika nimmt dabei jedoch deutlich zu viel Raum ein. Manche dieser Episoden mögen zwar dazu geeignet sein, ihren Charakter zu beleuchten. Die eigentlich interessanten Abschnitte beginnen aber erst nach weit über der Hälfte des Buches. Die in der Inhaltsangabe angekündigte Beziehung mit Bob Campbell setzt dann erst recht ziemlich spät ein und wird (wie auch ihre sonstigen Liebschaften) nicht besonders intensiv geschildert. Über Dians letzte Lebensjahre erfährt man außerdem so gut wie nichts.
Auch ihre Forschungstätigkeiten werden nur sehr oberflächlich beschrieben. Sie beobachtet die eine oder andere Gruppe Berggorillas und freundet sich mit ein paar ihrer Mitglieder an, doch welche echten Erkenntnisse dabei gewonnen werden, bleibt im Dunkeln. Diesbezüglich ist sogar der Wikipedia-Artikel aufschlussreicher.

Wer hier etwas über Gorillas oder Verhaltensforschung (wie der Untertitel suggerieren würde) erfahren möchte, wird daher enttäuscht werden.
Als Teil einer Reihe zum Thema „Mutige Frauen“ kann das Buch aber dennoch ganz lesenswert sein. Viele Kapitel werden nicht aus Dians Perspektive, sondern aus jener von Menschen aus ihrem Umfeld erzählt, sodass es unterschiedliche Blickwinkel auf ihre Person gibt. Auch negative Charakterzüge werden nicht ausgespart, es wird aber immer versucht zu erklären, wieso sie so geworden ist.

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Wer hat es auf Maria abgesehen

Talberg 1977
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Dieser zweite Teil der Trilogie um das abgeschieden gelegene Dörfchen Talberg spielt im Jahr 1977. Allerdings merkt man wenig von der Stimmung der 1970er Jahre. Der Ort wirkt generell irgendwie aus der ...

Dieser zweite Teil der Trilogie um das abgeschieden gelegene Dörfchen Talberg spielt im Jahr 1977. Allerdings merkt man wenig von der Stimmung der 1970er Jahre. Der Ort wirkt generell irgendwie aus der Zeit gefallen.
Im Zentrum der Handlung steht die über-70-jährige Maria Steiner, die seit Jahrzehnten in einem kleinen Häuschen im Wald wohnt. Im Dorf wird sie gemieden und teilweise gefürchtet, weil sie als Hexe gilt. Nun hat sie das Gefühl, von einem Fremden beobachtet zu werden, und denkt außerdem über ihren Tod nach.
Als ein Inspektor bei Maria vorstellig wird, der einen verschwundenen Mann sucht, und ihr kurz danach vorgeworfen wird, ein junges Mädchen vergiftet zu haben, beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen.

Man begegnet hier einigen Angehörigen der schon aus dem ersten Teil bekannten Familien. Es kommen aber auch ganz neue Personengruppen vor. Die meisten Charaktere sind interessant gezeichnet, es scheint in dieser Gegend wenige wirklich „normale“ Menschen zu geben. Was aber natürlich auch den Reiz dieser Geschichte ausmacht.
Außerdem wird einige Spannung aufgebaut und es gibt überraschende Wendungen. Dass aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird (neben Maria und dem Inspektor ist auch jemand darunter, dessen Verbindung zu dem Geschehen zunächst nicht klar ist), sorgt für unterschiedliche und bisweilen unerwartete Einblicke. Es animiert auch zum Miträtseln. Als Leser weiß man meist mehr als die jeweiligen Protagonisten.
Es gibt aber doch einige Ungereimtheiten (beispielsweise nicht zusammenpassende Jahreszahlen) und das Ende erschien mir teilweise unlogisch.
Dennoch ein lesenswerter Roman. Ich freue mich schon auf den letzten Band, in dem dann vielleicht ein paar offene Fragen geklärt werden.

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