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Veröffentlicht am 10.12.2017

Das geheimnisvolle Reisetagebuch

Das Sündenbuch
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Prag 1618: Am Vorabend des 30jährigen Kriegs verstärken sich die Differenzen zwischen Katholiken und Protestanten, die Stimmung in der Stadt wird immer angespannter.
Jana hat inzwischen noch ganz andere ...

Prag 1618: Am Vorabend des 30jährigen Kriegs verstärken sich die Differenzen zwischen Katholiken und Protestanten, die Stimmung in der Stadt wird immer angespannter.
Jana hat inzwischen noch ganz andere Sorgen: Sie lebt bei ihrem Onkel, wo sie eine Ausbildung zur Apothekerin macht, und soll bald Tomek, den Sohn ihrer Tante aus erster Ehe, heiraten – eine Eheschließung, die sie noch zu verhindern hofft.
Dann erhält sie auch noch die Nachricht, dass ihr Vater Marek, der in Heidelberg als Wissenschaftler tätig war, überraschend gestorben ist. Sie vermutet, dass sein Tod in Zusammenhang mit einem seltsamen Buch (einem Teil eines Reiseberichts) steht, das er ihr kurz zuvor geschickt hatte, und entschließt sich, sich heimlich davonzumachen, um selbst Nachforschungen anzustellen. Begleitet wird sie dabei von dem Arzt Conrad Pfeifer, der mit Hilfe des Buches auf große wissenschaftliche Erkenntnisse hofft, aber auch noch einen anderen Grund hat, Prag schnell verlassen zu müssen.

Diese Ausgangssituation wirkt vielversprechend, vor allem in der ersten Hälfte kann das Buch die darin gesetzten Erwartungen allerdings nicht ganz erfüllen. Die Reise von Jana und Conrad quer durch Europa (auf der sie teilweise auch von Janas Jugendfreund Bedrich begleitet werden) wird in zu vielen Einzelheiten geschildert, die mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun haben.
Auch aus der Ansiedlung der Handlung am Beginn des 30jährigen Krieges hätte man mehr machen können, die Auseinandersetzungen werden nur sporadisch erwähnt und sind für die Protagonisten trotz ihrer heiklen Konstellation (Jana ist Protestantin, Conrad Katholik) kaum ein Thema.
Dazu kommt noch das in Büchern dieses Genres oft verwendete Klischee der starken Frau, die mit ihren emanzipierten Einstellungen ihrer Zeit weit voraus ist.
Außerdem verlaufen die Beziehungen zwischen den Protagonisten ziemlich vorhersehbar und es wird viel Schwarz-Weiß-Malerei betrieben – die Figuren sind entweder gut oder böse, es gibt diesbezüglich keine Überraschungen.

Diese Schwächen können aber zumindest teilweise durch den Schlussteil wieder wettgemacht werden. Ab etwa der Hälfte des Buches steht endlich die Entschlüsselung des geheimnisvollen Manuskripts im Mittelpunkt, die Handlung nimmt deutlich an Fahrt auf und es kommt zu einer rasanten Jagd durch diverse Jesuiten-Klöster, wobei unsere Helden von mächtigen und gefährlichen Feinden verfolgt werden.
Die Geschichte bleibt dabei bis zuletzt spannend und steuert auf ein dramatisches Finale zu.

Auch wenn am Ende vieles offen und einige Fragen unbeantwortet bleiben, ist dies doch ein interessant komponierter und flott geschriebener historischer Roman – kein großer Wurf, aber für Fans dieses Genres sicher lesenswert.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Linkshändige Hühner, Reptiloide und Wurmgrunzer

Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
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Das alles und viel mehr begegnet einem in diesem Buch.
Die bereits durch ihre regelmäßigen Fernsehauftritten bekannten Science Busters - zwei Physiker und ein Kabarettist - versuchen hier, die Welt der ...

Das alles und viel mehr begegnet einem in diesem Buch.
Die bereits durch ihre regelmäßigen Fernsehauftritten bekannten Science Busters - zwei Physiker und ein Kabarettist - versuchen hier, die Welt der Wissenschaft dem Laien nahe zu bringen.

Sie setzen dabei vor allem auf Humor, der Großteil des Textes ist in eher flapsiger Sprache geschrieben, fundiertere Ausführungen werden in „Fact Boxes“ in verbannt.
So wird ein breites Themenspektrum abgehandelt, Erklärungen zur Funktionsweise des Gehirns finden sich ebenso wie Quantenmechanik und Überlegungen zur Zukunft der Menschheit. Dazwischen werden immer wieder Seitenhiebe gegen religiöse Lehren und diverse Pseudowissenschaften eingestreut.

Die Lektüre ist durchaus kurzweilig, auch wenn ich bei manchen Witzen den Eindruck habe, dass sie mündlich vorgetragen besser funktionieren als schriftlich, und man kann hier sicherlich das eine oder andere dazulernen, wobei manche „witzigen“ Bemerkungen allerdings eher zu Verwirrung darüber führen können, wie eine Aussage nun wirklich gemeint ist.

Generell bin ich, was das Konzept dieses Werkes betrifft, etwas zwiegespalten. Einerseits können auf diese Weise wahrscheinlich Leute erreicht werden, die sich sonst nicht für Naturwissenschaft interessieren. Andererseits wirkt die hier praktizierte übertriebene Vereinfachung und Trivialisierung bisweilen schon fast beleidigend – als würde man die Leser für zu dumm halten, sich ernsthaft mit einem Thema auseinanderzusetzen.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Das Geheimnis von Bentley Grove

Das fremde Haus
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Sophie Hannah hat für dieses Buch eine interessante Ausgangsposition geschaffen:
Connie sitzt mitten in der Nacht vor ihrem Computer und betrachtet die Seite eines Immobilienmaklers. Sie sieht sich den ...

Sophie Hannah hat für dieses Buch eine interessante Ausgangsposition geschaffen:
Connie sitzt mitten in der Nacht vor ihrem Computer und betrachtet die Seite eines Immobilienmaklers. Sie sieht sich den virtuellen Rundgang durch das Haus Bentley Grove 11 in Cambridge an – und kurz darauf stockt ihr der Atem: Im Wohnzimmer liegt eine blutüberströmte Leiche. Sofort weckt sie ihren Mann Kit, doch als dieser das Video anschaut, ist die Tote verschwunden.
Hat Connie sich das also nur eingebildet? Sie selbst kann nicht daran glauben und schließlich war es kein Zufall, dass sie den Rundgang durch gerade dieses Haus gemacht hat. Sie kennt diese Adresse, weil sie in Kits Navi unter „Heimatort“ eingespeichert war.
Connie möchte sich an den Polizisten Simon Waterhouse, der als Experte für ungewöhnliche Fälle gilt, wenden, doch dieser ist gerade auf Hochzeitsreise, sodass sich zunächst seine Kollegen um den Fall kümmern müssen.

Über weite Strecken wirkt das Buch dann allerdings eher wie ein Familiendrama als wie ein Thriller.
Die Autorin verwendet viel Platz darauf, das Innenleben ihrer Protagonisten auszuloten – beispielsweise die Beziehung zwischen Connie und Kit, die nach außen das glückliche Paar spielen, obwohl im Inneren längst Misstrauen und Entfremdung herrschen, das Verhältnis zwischen Connie und ihren Eltern, von denen sie sich unterdrückt fühlt, es aber nicht schafft, sich zu emanzipieren, oder auch die eigenartige Situation zwischen Simon und seiner Frau Charlie, die ihre Flitterwochen in einer wunderschönen Villa verbringen, sich dabei aber gar nicht so benehmen, wie man es von einem frisch verheirateten Paar erwarten würde.
Derartige Einblicke mögen für an Psychologie interessierte Leser zwar ganz reizvoll sein, die Art, wie sie vermittelt werden, ist aber oftmals beinahe nervtötend: Es gibt immer wieder seitenlange Dialoge mit vielem Hin- und Her – und oftmals Aneinander-Vorbei-Gerede oder ausführliche innere Monologe, die allesamt die Handlung nicht wirklich vorantreiben, sondern eher von der eigentlichen Geschichte ablenken.
So gelingt es vor allem zu Beginn kaum, echte Spannung aufzubauen, was das Weiterlesen oft mühsam macht.
Erst ab etwa der Hälfte des Buches kommt etwas Bewegung in die Sache, Hinweise, die zur Lösung des Falles führen könnten, verdichten sich und man kann als Leser auch ein bisschen miträtseln.
Die Auflösung bietet dann einige Überraschungen, enthält allerdings auch eine Reihe von Ungereimtheiten und wirkt insgesamt nicht wirklich gut durchdacht.
Man kann der Autorin aber immerhin zugute halten, dass das Buch bis zur letzten Seite spannend bleibt.

Fazit: Die Grundidee ist sicherlich ansprechend, es wäre aber besser gewesen, einige Nebenaspekte kürzer zu fassen und sich dafür mehr auf eine stichhaltige Ausarbeitung der Haupthandlung zu konzentrieren.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Wie das Leben so spielt

Adieu, Sir Merivel
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Wie meine Recherchen ergeben haben (im Buch selbst findet sich diesbezüglich leider kein Hinweis) handelt es sich hier um eine Fortsetzung des Romans „Des Königs Narr“.

Zu Beginn begegnen wir dem „Helden“ ...

Wie meine Recherchen ergeben haben (im Buch selbst findet sich diesbezüglich leider kein Hinweis) handelt es sich hier um eine Fortsetzung des Romans „Des Königs Narr“.

Zu Beginn begegnen wir dem „Helden“ Sir Robert Merivel, einem Lebemann und Vertrauten des englischen König Charles, wie er im Jahr 1683 in melancholischer Stimmung auf seinem Landgut Bidnold sitzt und über sein vergangenes Leben und die möglichen Umstände seines Todes nachdenkt.
Um auf andere Gedanken zu kommen, beschließt er, eine Reise nach Frankreich zu machen und endlich einmal das berühmte Schloss Versailles zu besuchen. Obwohl er mit einem Schreiben des Königs ausgestattet ist, verläuft sein dortiger Aufenthalt aber ganz anders als erhofft, doch immerhin lernt er bei dieser Gelegenheit Madam Louise de Flamanville kennen, zu der er sich sofort hingezogen fühlt. Doch sie ist verheiratet und ihr Ehemann immerhin ein Oberst der Schweizer Garde – nicht das einzige Problem, mit dem Merivell sich in den nächsten eineinhalb Jahren auseinander setzten muss.

Dafür, dass es sich bei der Hauptfigur um einen Spaßmacher und „Narren des Königs“ handeln soll, ist die Grundstimmung dieses Buches ziemlich düster. Zwar gibt es durchaus einige Szenen, bei deren Beschreibung ein gewisser Humor durchscheint, Merivel selbst ist aber fast immer von negativen Gedanken umfangen, ergeht sich in Selbstzweifeln und pessimistischen Zukunftsprognosen und scheint selbst dann keine echte Freude zu empfinden, wenn ihm etwas Positives widerfährt. Wahrscheinlich ist es mir auch deshalb, trotzdem das Buch in Ich-Form geschrieben ist, so schwer gefallen, mich wirklich in den Protagonisten hineinzuversetzen,
Ebenfalls erschwert wird die Lektüre dadurch, dass die Zeitform, in der erzählt wird, immer wieder und ohne erkennbare Systematik zwischen Präsens und Präteritum hin- und herwechselt.

Es gibt aber auch Positives zu diesem Buch zu sagen. Gerade weil Sir Merivel nicht dem Typus des „strahlenden Helden“ entspricht, kann sein Lebensweg als Ausgangspunkt dienen für Reflexionen über die Unwägbarkeit des Schicksals, die vielfältigen und von diversen Zwängen beherrschten Beziehungen zwischen den Menschen und die Frage, was von all dem Streben und den Bemühungen des Einzelnen am Ende seines Lebens wirklich übrig bleibt.
Dabei scheut die Autorin nicht davor zurück, eine sehr direkte, oft auch derbe, Sprache zu verwenden, was aber wohl gut zu der beschriebenen Epoche passt

Fazit: Für philosophisch interessierte Leser kann die Lektüre durchaus lohnend sein, wer bei einem Buch vor allem eine flott erzählte (und möglichst von einem Happy End gekrönte) Geschichte erwartet, wird allerdings eher enttäuscht sein.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Wissenschaft im Flug vermittelt

Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen
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Konzipiert ist dieses Buch so, dass man es am besten während eines Fluges lesen kann. Es behandelt diverse Dinge, die einem auf einem Flughafen oder während des Aufenthalts in einem Flugzeug begegnen können ...

Konzipiert ist dieses Buch so, dass man es am besten während eines Fluges lesen kann. Es behandelt diverse Dinge, die einem auf einem Flughafen oder während des Aufenthalts in einem Flugzeug begegnen können - von Bodyscannern und Metalldetektoren über die Funktionsweise eines Flugzeugs und die Einrichtungen an Bord bis zu den Beobachtungen, die man beim Blick aus dem Fenster vielleicht machen kann, wie Wolken, Flussmündungen oder Sterne am klaren Nachthimmel – und betrachtet diese aus wissenschaftlicher Sicht.

Dazwischen werden immer wieder Anweisungen für kleine Experimente eingestreut, die allerdings großteils eher banal sind.

Ich fand es während des Lesens immer wieder erstaunlich, wie gut es dem Autor gelingt, von ganz alltäglichen Beobachtungen ausgehend diverse große Konzepte der Wissenschaft anzusprechen, etwa die Newtonschen Gesetze, die Relativitätstheorien, die Quantenmechanik oder Erkenntnisse aus der Biologie und Psychologie etc, und sie auf leicht verständliche und amüsante Weise darzustellen.
Vor allem zeigt sich, dass es sich dabei nicht um irgendwelche langweiligen, abstrakten Konstrukte handelt, die mit dem „normalen“ Leben nichts zu tun haben, sondern man ihnen im Gegenteil beinahe auf Schritt und Tritt begegnet, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht.

Obwohl regelmäßige Leser populärwissenschaftlicher Literatur hier kaum etwas Neues erfahren werden, bietet dieses Buch doch eine interessante und kurzweilige Lektüre – auch wenn man gerade keine Flugreise plant ;)