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Veröffentlicht am 15.09.2016

Interessante Geschichte mit einigen Längen

Der Architekt des Sultans
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Dieser Roman entführt die Leser ins Istanbul des 16. Jahrhunderts:
Jahan ist kaum zwölf Jahre alt, als er die Stadt betritt, die den Rest seines Lebens prägen wird. Seine Aufgabe besteht darin, für den ...

Dieser Roman entführt die Leser ins Istanbul des 16. Jahrhunderts:
Jahan ist kaum zwölf Jahre alt, als er die Stadt betritt, die den Rest seines Lebens prägen wird. Seine Aufgabe besteht darin, für den weißen Elefanten Chota zu sorgen, bei dem es sich um ein Geschenkt des indischen Schahs an den Sultan handelt. Bald findet er noch eine zweite Berufung, als der Hofarchitekt Sinan sein Talent entdeckt und ihn zu einem seiner Schüler macht. In den darauffolgenden Jahren sind er und Chota am Bau vieler eindrucksvoller Gebäude beteiligt, doch er wird auch mit Schattenseiten und Intrigen der Mächtigen konfrontiert.

Es ist durchaus interessant, Jahan auf seinem Weg zu begleiten und dabei das orientalische Flair zu spüren. Vom Leben im Palast als solchem bekommt man zwar relativ wenig mit, weil sich die Tierbändiger großteils in ihrem abgeschiedenen Bereich aufhalten, dafür werden eine Reihe an Schauplätzen in Istanbul und darüber hinaus besucht. Die Schilderungen sind dabei ausführlich und anschaulich, sodass lebendige Bilder entstehen.

Die Ausgestaltung der Protagonisten ist allerdings weniger gut gelungen. Obwohl die Handlung sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt, macht Jahan kaum eine persönliche Entwicklung durch und wirkt am Ende noch fast genauso naiv wie zu Beginn. Die meisten sonstigen Figuren bleiben, auch wenn sie häufige Auftritte haben, überhaupt blass und weisen keine charakteristischen Eigenschaften auf.
Dazu kommt noch, dass die Geschichte über weite Strecken nur so dahinplätschert. Es fehlt an Spannung und wenn doch mal was Aufregendes geschieht, wird dies oft nur in einem Nebensatz erwähnt. Richtig fesselnd wird die Handlung erst kurz vor Schluss.
Daher musste ich mich im Mittelteil zum Weiterlesen oft richtiggehend durchringen, was schade ist, da die Geschichte viel Potential hat.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Faszinierendes Thema in leider fehlerhafter Ausführung

Unglaubliche Zahlen
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Alle Zahlen sind interessant: Ian Stewart hat es sich hier zum Ziel gesetzt, die Richtigkeit dieser Aussage zu beweisen.

Natürlich kann er sich dabei nicht „alle“ Zahlen vornehmen – schon allein deshalb, ...

Alle Zahlen sind interessant: Ian Stewart hat es sich hier zum Ziel gesetzt, die Richtigkeit dieser Aussage zu beweisen.

Natürlich kann er sich dabei nicht „alle“ Zahlen vornehmen – schon allein deshalb, weil es davon unendlich viele (wie wir im letzten Kapitel erfahren sogar mehr als abzählbar unendlich viele) gibt – doch er greift ca 40 Exemplare aus verschiedenen Gruppen heraus und stellt deren besondere Eigenschaften vor.
Dabei erläutert er auch, wie sich der Begriff der Zahl im Lauf der Jahrtausende gewandelt hat, beginnend mit den natürlichen Zahlen, welche wir zum Zählen verwenden, über rationale Zahlen (Brüche), negative Zahlen und reelle Zahlen bis hin zu komplexen Zahlen, die es ermöglichen, die Quadratwurzel einer negativen Zahl zu ziehen – und vieles mehr. Er spricht dabei eine Reihe spannender Themen an, etwa die Geheimnisse der Primzahlen und deren Anwendung bei Verschlüsselungsverfahren, diverse Probleme der Geometrie oder die Frage, wie viele unterschiedliche Sudoko-Gitter es gibt.

Auch wenn ich mir an manchen Stellen etwas ausführlichere Informationen gewünscht hätte, bietet dieses Buch doch faszinierende und anschaulich aufbereitete Einblicke in die weite Welt der Mathematik und ist daher für alle an diesem Gebiet Interessierten grundsätzlich absolut empfehlenswert.

Ein wesentliches Manko ist allerdings, dass zumindest die e-Book-Ausgabe mit ziemlich vielen Fehlern gespickt ist. Es kommt zu Zahlendrehern, Worte werden ausgelassen oder es ist beispielsweise von „ganzen“ statt „geraden“ Zahlen die Rede.
Dieses Werk hätte eine sorgfältigere Bearbeitung verdient!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Einfluss unserer Muttersprache

Im Spiegel der Sprache
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Die Frage, ob und wie sehr die Eigenheiten unserer jeweiligen Muttersprache unsere Denkweise beeinflussen, wird seit Jahrhunderten kontrovers diskutiert, wobei die unter Wissenschaftlern vorherrschende ...

Die Frage, ob und wie sehr die Eigenheiten unserer jeweiligen Muttersprache unsere Denkweise beeinflussen, wird seit Jahrhunderten kontrovers diskutiert, wobei die unter Wissenschaftlern vorherrschende Meinung mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlägt.

Der Linguist Guy Deutscher wagt sich hier an eine Auseinandersetzung mit diesem Thema, deren Ergebnisse teilweise der derzeit von der Mehrheit seiner Kollegen vertretenen Ansicht, wonach der Einfluss der Sprache auf das Denken kaum vorhanden oder bestenfalls trivial sei, widersprechen.
Er führt zunächst Beispiele an, die illustrieren, welch unterschiedliche Wege diverse Sprachen einschlagen, um die Umwelt ihrer Sprecher abzubilden, und beschreibt anschließend eine Reihe von Experimenten, die belegen (sollen), dass derartige Unterschiede sich tatsächlich darauf auswirken, wie diese Sprecher die Welt sehen.
Ein relativ großer Teil des Buches befasst sich mit der Benennung von Farben – vom alten Griechisch bis zum modernen Russisch. Aber auch weniger bekannte Phänomene werden angesprochen, beispielsweise dass einige Sprachen keine Begriffe verwenden, die unserem „links“ und „rechts“ entsprechen, sondern die Position eines Objektes ausschließlich an Hand von Himmelsrichtungen beschreiben.
Doch auch die möglichen Folgen von scheinbar banalen Unterschieden zwischen uns vertrauten Sprachen werden behandelt. So könnte die Tatsache, dass die deutsche Brücke weiblich ist, dem spanischen Pendant el puente aber das männliche Geschlecht zugeordnet wird (und hier ließen sich natürlich noch eine Reihe ähnlicher Beispiele finden) tatsächlich beeinflussen, welche Assoziationen ein entsprechender Begriff bei den Sprechern verschiedener Sprachen auslöst.

Dieses Buch stellt einen unterhaltsamen Streifzug durch ein packendes Thema dar und wird durch viele Beispiele und Erklärungen anschaulich. Oftmals sind die Schilderungen richtiggehend spannend, wenn man den Untersuchungen und Mutmaßungen, welche die Linguisten im Laufe der Jahrhunderte anstellten, folgen kann.
Der Autor geht dabei durchaus kritisch mit seinen Kollegen um, diese Kritik ist aber immer sachlich begründet und er verhehlt auch nicht, dass noch weitere Nachforschungen nötig sind um die von ihm aufgestellten Thesen besser zu untermauern.

Die Lektüre ist interessant und immer wieder überraschend. Ich bin sicher, dass in diesem Bereich noch weitere faszinierende Entdeckungen zu erwarten sind.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Roman für Mathematiker

Der Untergang von Mathemagika
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Der Autor hat es sich mit diesem Buch zum Ziel gesetzt, einige hoch-theoretische Aussagen der Mathematik in erzählender Form zu präsentieren:
Prof, ein Mathematik-Student im 16. Semester, und sein Freund, ...

Der Autor hat es sich mit diesem Buch zum Ziel gesetzt, einige hoch-theoretische Aussagen der Mathematik in erzählender Form zu präsentieren:
Prof, ein Mathematik-Student im 16. Semester, und sein Freund, der ehemalige Philosophiestudent und jetzige Kneipenwirt Dio, landen unter mysteriösen Umständen in Mathemagika, einer Welt der Ideen, deren Bewohner im Parlament ihr Axiomensystem beschließen und in der alles, was logisch möglich ist, auch tatsächlich geschehen kann. Sie begegnen dort bedeutenden Mathematikern und geraten in gefährliche Situationen. Vor allem das Banach-Tarski-Paradoxon, wonach man beispielsweise eine Kugel in endlich viele Teile zerlegen und diese Teile zu zwei Kugeln, welche beide die gleiche Größe haben wie die Ausgangskugel, zusammensetzen kann, bereitet ihnen Kopfzerbrechen.

Für einen Text, der sich mit Mathematik befasst, ist diese Geschichte überraschend flott geschrieben und es wird sogar einige Spannung erzeugt.
Um den gesamten Inhalt einschließlich diverser Anspielungen und Zusammenhänge zu verstehen, ist aber ein gewisses Vorwissen nötig, insbesondere was die Mengenlehre und die Hintergründe diverser Axiomensysteme betrifft.
Für Nicht-Mathematiker bleiben doch einige Fragen offen. Dennoch ist die Lektüre interessant und kann dazu anspornen, über die behandelten Themen noch etwas weiter nachzuforschen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das große Leben eines kleinen Mannes

Der König der Schelme
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Dieser Roman orientiert sich an der wahren Geschichte des 1739 geborenen polnischen Grafen Jozef Boruwlaski, der wegen seiner Körpergröße für Furore sorgte. Als er im Alter von neun Jahren von seiner Mutter ...

Dieser Roman orientiert sich an der wahren Geschichte des 1739 geborenen polnischen Grafen Jozef Boruwlaski, der wegen seiner Körpergröße für Furore sorgte. Als er im Alter von neun Jahren von seiner Mutter an eine reiche Adelige verkauft wurde, war er gerade mal so groß wie ein normaler Knabe bei der Geburt, und er blieb Zeit seines Lebens kleiner als einen Meter.
Dass ein solcher Winzling über jede Menge Charme und Esprit verfügte, in mehreren Sprachen parlieren sowie musizieren und tanzen konnte, versetzte die Menschen in Erstaunen und machte ihn zu einem gern gesehenen Gast in den Salons der Reichen, der auf seinen Reisen durch Europa diverse gekrönte Häupter bezauberte.
Doch fast alle, denen er begegnete, sahen in ihm nur eine Art Spielzeug oder Schoßhündchen, eine eigenständige Persönlichkeit mit eigenen Gefühlen und Wünschen mochte ihm kaum einer zugestehen.

Das Buch befasst sich also mit einem brisanten wie auch ergreifenden Thema und regt zum Nachdenken darüber an, wie Personen, die von der Norm abweichen, behandelt wurden und auch heute noch oftmals werden.

Der Erzählstil gefällt mir sehr gut, er wirkt irgendwie altertümlich und passt zur Handlung.
Man kann sich hervorragend in Jozef hineinversetzen, seine Frustration darüber, nicht für voll genommen zu werden und immer auf die Unterstützung anderer angewiesen zu sein, nachfühlen.

Es ist interessant, ihm auf seinem Lebensweg zu folgen, der sich an einigen historisch gesicherten Fakten orientiert, bei dessen Ausgestaltung sich die Autorin aber auch viel dichterische Freiheit genommen hat. Dabei sieht er sich einer Reihe von Problemen gegenüber, alles in allem widerfährt ihm deutlich mehr Negatives als Positives, die Grundstimmung ist dennoch selten wirklich bedrückend.

Allerdings ist der Titel nicht gut gewählt. Jozef entspricht nicht wirklich der Definition eines „Schelms“, der Originaltitel „Joujou“ (Jozefs Spitzname, der sich vom französischen Wort für Spielzeug ableitet) ist treffender.