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Veröffentlicht am 22.10.2017

Kindheit im Dschungel

Dschungelkind
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Sabine Kuegler erzählt hier ihre zweifellos faszinierende Lebensgeschichte. Sie berichtet von ihrer Kindheit und Jugend, die sie großteils beim Volk der Fayu im Dschungel West-Papuas verbracht hat, und ...

Sabine Kuegler erzählt hier ihre zweifellos faszinierende Lebensgeschichte. Sie berichtet von ihrer Kindheit und Jugend, die sie großteils beim Volk der Fayu im Dschungel West-Papuas verbracht hat, und von den Schwierigkeiten, die sie hatte, nachdem sie im Alter von 17 Jahren in die „Zivilisation“ zurückkehren musste.
Die Schilderungen des Lebens unter den Eingeborenen und der Abenteuer, die Sabine und ihre Geschwister mit ihren Fayu-Freunden erlebt haben, sind durchaus spannend und oftmals auch amüsant – wenn beispielsweise die Mutter vergeblich versucht, zumindest Reste westlicher Lebensart aufrecht zu erhalten. Auch kann man die innere Zerissenheit zwischen verschiedenen Kulturen sehr gut nachempfinden, welche die Autorin zuerst anlässlich eines „Heimaturlaubs“ und dann vor allem als 17jähriger Neuankömmling in einem Schweizer Internat spüren musste. Es ist interessant zu sehen, wie ganz normal erscheinende Verrichtungen wie ein Einkauf im Supermarkt oder die Überquerung einer stark befahrenen Straße auf jemanden wirken, der eine ganz andere Welt gewöhnt ist. So zeigt sich auch, dass die wesentlichen Differenzen zwischen Europa und Neuguinea nicht allein darin bestehen, dass es bei uns fließendes Wasser und bessere medizinische Versorgung gibt, sondern dass vor allem tiefgreifende Unterschiede in der Mentalität der Menschen existieren.

Allerdings handelt es sich hier über weite Strecken eher um eine Aneinanderreihung von Anekdoten, die bisweilen von allgemeinen Betrachtungen durchsetzt werden, es fehlt ein bisschen der „rote Faden“. Außerdem werden manche Begebenheiten doppelt erzählt.
Auch sonst ist die Kritik an diesem Werk zumindest teilweise berechtigt. So wird tatsächlich sehr wenig darüber gesagt, welchen konkreten Zweck der Aufenthalt von Sabines Vater bei diesem Eingeborenenvolk hatte. Er wird immer wieder als „Sprachforscher und Missionar“ bezeichnet, Ablauf und Auswirkungen seiner Missionierungstätigkeit bleiben allerdings fast völlig im Dunkeln. Weiters hatte ich den Eindruck, dass die Autorin manche Dinge zu schön und einfach darstellt und die Gefahren, welche das Leben im Dschungel mit sich bringt, eher bagatellisiert. Doch muss man hierzu zum einen bedenken, dass dieses Buch eben von Sabine Kuegler, nicht ihren Eltern handelt, und zum anderen, dass wohl jeder Mensch, der positive Erinnerungen an eine glückliche Kindheit hat, dazu neigt, diese Zeit zu idealisieren.

Wenn man über die genannten Mängel hinwegsehen kann und vor allem berücksichtigt, dass es sich hierbei nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung, sondern um einen ganz persönlichen Erlebnisbericht handelt, ist dies jedenfalls ein lesenswertes Buch, das Einblicke in eine Welt bietet, die den allermeisten Europäern verborgen ist.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Kochbuch der besonderen Art

Die Genussformel
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Werner Gruber ist Physiker und Hobbykoch – und war damit hervorragend dazu prädestiniert, dieses Buch zu schreiben.
Hat er doch selbst schon eine Reihe kulinarischer Experimente durchgeführt und öfters ...

Werner Gruber ist Physiker und Hobbykoch – und war damit hervorragend dazu prädestiniert, dieses Buch zu schreiben.
Hat er doch selbst schon eine Reihe kulinarischer Experimente durchgeführt und öfters unterschiedliche Varianten der Herstellung einer Speise ausprobiert, um zu dem schmackhaftesten Ergebnis zu kommen.
Hier beschreibt er nun, was bei der Zubereitung verschiedener Gerichte – vom Gulasch bis zur Eierspeise und vom Kartoffelpüree bis zur Sachetorte – aus wissenschaftlicher Sicht geschieht. Zum Abschluss jedes Kapitels finden sich dann einige dazu passende Rezepte. Ein Schwerpunkt wird dabei auf die klassische österreichische Küche gelegt.
Das Buch ist in einem lockeren Tonfall geschrieben. Es handelt sich hier nicht um eine trockene Auseinandersetzung mit physikalischen oder chemischen Prinzipien, sondern um eine lebensnahe Schilderung der Fragen und Probleme, mit denen jeder Koch konfrontiert wird, einschließlich der Lösungsmöglichkeiten. Der Leser findet hier also viele hilfreiche Tipps, die gleich in der eigenen Küche erprobt werden können.
Allerdings wirkt der Autor teilweise etwas oberlehrerhaft und ist zu sehr überzeugt davon, dass seine Art, ein bestimmtes Gericht zuzubereiten, die einzig richtige ist.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Plädoyer für Ehrlichkeit

Lügen
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Sam Harris hält hier ein Plädoyer für die Ehrlichkeit – denn Lügen sind seiner Meinung nach sozusagen die Wurzel allen Übels. Egal, ob Ehebruch, Bestechung oder sogar Völkermord, alles Schlechte auf der ...

Sam Harris hält hier ein Plädoyer für die Ehrlichkeit – denn Lügen sind seiner Meinung nach sozusagen die Wurzel allen Übels. Egal, ob Ehebruch, Bestechung oder sogar Völkermord, alles Schlechte auf der Welt wird durch die Bereitschaft zu lügen erst ermöglicht oder zumindest gefördert.

Es gelingt ihm durchaus gut, seinen Standpunkt überzeugend darzustellen, wobei er nicht nur auf theoretische Abhandlungen zurückgreift, sondern auch viele dem richtigen Leben entnommene Beispiele anführt.
Er zeigt, dass so etwas wie harmlose Lügen nicht existiert, gibt Tipps, wie man auch sogenannte Notlügen vermeiden kann und erklärt, dass jede Lüge nicht nur für den Belogenen negative Folgen hat, sondern auch für den Lügner, der oft viel Geisteskraft darauf verwenden muss, sich zu merken, wem er was erzählt hat. Außerdem können Lügen oft bedeutend weitere Kreise ziehen, als beabsichtigt war.
Nur in seltenen Extremsituationen, in die zu geraten für einen normalen Bürger ausgesprochen unwahrscheinlich ist, könnte nach Ansicht des Autors eine Lüge gerechtfertigt sein.

Er vertritt hier also eine ziemlich harte und kompromisslose Haltung.
Trotz der guten Rhetorik und obwohl ich ihm im Ergebnis weitgehend zustimme, fand ich die in benahe missionarischem Eifer vorgetragenen Belehrungen teilweise übertrieben.
Dieser Eindruck wird allerdings sicher auch durch den geringen Umfang dieser Abhandlung begünstigt. Denn auf nur 40 Seiten ist es kaum möglich, ein Thema umfassend mit allem Für und Wider darzustellen. Eine Reihe interessanter Fragen werden daher nur kurz angerissen und zu vielen Punkten hätte mir ausführlichere Erläuterungen gewünscht.
Doch der Aufruf, nie wieder zu lügen, klingt jedenfalls reizvoll und angesichts der Tatsache, wie oft in der Regel Tag für Tag gelogen wird, wäre das Ergebnis eines solchen „Experiments“ sicher spannend.
Es wäre daher sicher lohnend, diesem Thema ein „richtiges“ Buch, das alle Facetten ausleuchtet, zu widmen.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Ein Engel auf Erden

Die dunklen Gassen des Himmels
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Die Idee hinter diesem Buch ist auf jeden Fall interessant: Der Engel Doloriel - alias Bobby Dollar – berichtet hier von seinen Erlebnissen – und wirkt dabei so gar nicht engelhaft. Denn mit einem Menschenkörper ...

Die Idee hinter diesem Buch ist auf jeden Fall interessant: Der Engel Doloriel - alias Bobby Dollar – berichtet hier von seinen Erlebnissen – und wirkt dabei so gar nicht engelhaft. Denn mit einem Menschenkörper ausgestattet verbringt er den Großteil seiner Zeit nicht im Himmel sondern auf der Erde, wo sein Job darin besteht, als Anwalt für die Seelen der Verstorbenen einzutreten, und er seine Freizeit gerne in einer Bar verbringt.
Alles geht seinen gewohnten Gang, bis eines Tages plötzlich eine Seele verschwindet. Bobby versucht, mehr über die Hintergründe herauszufinden, doch das ist erst der Auftakt zu einer Reihe von weiteren beängstigenden Ereignissen, die ihn in immer größere Gefahr bringen.

Die Geschichte wird flott und mit einigem Humor erzählt. Die Handlung ist sehr actionreich, mit vielen und zumindest für meinen Geschmack oft zu ausufernden Verfolgungsjagden. So bleibt es aber immerhin spannend, was es leichter macht, dranzubleiben und über manche Ungereimtheiten und logische Lücken hinwegzusehen.
Als Ich-Erzähler verwendet Bobby einen lockeren Plauderton und spricht den Leser öfters direkt an, wodurch er durchaus sympathisch wirkt. Manche seiner Handlungen und Entscheidungen sind allerdings nicht ganz nachvollziehbar und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er an vielen seiner Schwierigkeiten selbst schuld ist bzw sich immer wieder bewusst in blöde Situationen begibt. Andererseits passt das aber doch ganz gut zu seiner Persönlichkeit.
Die übrigen Protagonisten sowie deren Motivationen und Charaktereigenschaften bleiben allerdings eher im Dunkeln, man ist diesbezüglich auf Bobbys Meinungen und Spekulationen angewiesen.

Das Ende ist dann teilweise vorhersehbar, alles in allem aber ganz gut gelungen. Einige Fragen bleiben offen, für deren Beantwortung man wohl auf die weiteren Teile der Trilogie warten muss.

Veröffentlicht am 22.10.2017

Wie Mythen entstehen

Der Stoff, aus dem die Mythen sind
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Seit Tausenden von Jahren haben die Menschen diverse Mythen ersonnen, um sich mit deren Hilfe die Entstehung der Welt, Ereignisse aus ihrer Geschichte oder auch das Auffinden interessanter Gegenstände ...

Seit Tausenden von Jahren haben die Menschen diverse Mythen ersonnen, um sich mit deren Hilfe die Entstehung der Welt, Ereignisse aus ihrer Geschichte oder auch das Auffinden interessanter Gegenstände zu erklären.
Birk Engmann spürt hier nun einer Auswahl solcher Mythen nach, die mit Funden von Fossilien in Zusammenhang gebracht werden.
Nach einigen allgemeinen Ausführungen über die Definition von Begriffen wie Abergaube, Mythos und Sage und ihrer Abgrenzung zur Wissenschaft sowie Überlegungen darüber, wie Mythen gemeinhin entstehen, wendet er sich exemplarisch zwei Themenkomplexen genauer zu, nämlich den Geschichten über furchterregende Drachen und gewaltige Riesen. Nach einer Reihe weiterer Beispiele, vor allem aus dem Bereich der religiösen Vorstellungswelt, wird zuletzt noch ein Blick darauf geworfen, wie Fossilien auch in der Medizin eingesetzt wurden und teilweise immer noch werden.

Bei all diesen Ausführungen zeigt sich, dass die Verknüpfung einer bestimmten Fossilienform mit einem Mythos oft nicht so eindeutig ist, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. So ist beispielsweise bisweilen umstritten, ob das Auffinden eines Fossils bereits den Anstoß zur Bildung einer entsprechenden Legende gegeben hat oder erst nachträglich als Beweis für die Glaubwürdigkeit einer schon bestehenden herangezogen wurde.
So wird in diesem Buch ein sicherlich sehr interessantes und vielschichtiges Thema behandelt. Die Ausführungen sind leicht lesbar und die vielen Beispiele tragen zur Anschaulichkeit bei.

Allerdings hat der Autor ein bisschen zu viel Inhalt in diese nur 200 Seiten gezwängt. Die meisten Punkte werden nur kurz umrissen und häufig wird zu schnell von einem Beispiel zum nächsten gesprungen. Anderseits ist es teilweise wieder etwas zu ausführlich, wenn beispielsweise mehrmals die Esoterik als moderne Form des Aberglaubens kritisiert wird – sicherlich zu recht; da es sich hierbei aber nicht um das eigentliche Thema dieses Werkes handelt, hätte einmal genügt.

Alles in allem ist dies dennoch ein gelungener Einstieg in ein spannendes Forschungsgebiet und man kann zumindest das Bemühen erkennen, den verschiedenen Facetten des Themas gerecht zu werden.