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Veröffentlicht am 15.09.2016

Reisen auf den Spuren der Geologie

Der bewegte Planet
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Ein majestätisches Gebirge oder die endlose Weite des Ozeans lassen leicht ein Gefühl von Ewigkeit aufkommen. Doch wir wissen heute, dass die scheinbar so unverrücklichen Eckpfeiler der Geographie einem ...

Ein majestätisches Gebirge oder die endlose Weite des Ozeans lassen leicht ein Gefühl von Ewigkeit aufkommen. Doch wir wissen heute, dass die scheinbar so unverrücklichen Eckpfeiler der Geographie einem ständigen Wandel unterworfen sind.
Kontinente, die einen so dauerhaften Rahmen für die menschlichen Zivilisationen und unser Weltbild darstellen, haben im Laufe der Jahrmillionen immerfort ihre Position verändert, wurden zusammengeschoben, brachen auseinander und sind noch heute in Bewegung, und selbst der höchste Berg wird irgendwann der Erosion zum Opfer fallen.

Richard Fortey besucht hier eine Reihe geologischer Formationen – von Neufundland zu den Alpen, von böhmischen Silberminen bis zum Grand Canyon.
Er schildert die Eindrücke, die er auf seinen ausgedehnten Reisen von den betreffenden Gegenden erhalten hat, und macht auf die Besonderheiten der dortigen Geologie aufmerksam. Danach beschreibt er, wie diese zu erklären sind und vor allem auch, auf welche Weise die Wissenschaft zu diesen Erklärungen gekommen ist. Dabei lässt er die Leser teilhaben an der Spurensuche ambitionierter Forscher und an den Kontroversen, die bedeutende Wissenschaftler miteinander ausfochten. Er vergisst auch nicht, immer wieder darauf hinzuweisen, dass auch der heutige Kenntnisstand lediglich eine Momentaufnahme ist und im Lichte neuer Erkenntnisse bald wieder überholt sein kann.

So entsteht eine spannende Tour durch die Geschichte der Erde. Es ist immer wieder erstaunlich, was man alles aus ein paar unscheinbaren Steinen ableiten kann.
Die Ausführungen sind allgemein verständlich, doch streckenweise etwas zu sachlich oder ausufernd. Außerdem verwendet der Autor zu viel Zeit darauf, seine persönlichen Eindrücke von den besuchten Orten wiederzugeben. Es wäre besser, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Dennoch ist dieses Buch ein gelungener Einstieg in das Thema Geologie.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Umgangston im Hohen Haus

Österreichs parlamentarisches Schimpfbuch
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Dass im österreichischen Nationalrat oftmals nicht gerade ein Umgangston herrscht, der dem „Hohen Haus“ angemessen wäre, ist regelmäßigen Beobachtern der Parlamentsberichterstattung ohnehin bekannt. Wenn ...

Dass im österreichischen Nationalrat oftmals nicht gerade ein Umgangston herrscht, der dem „Hohen Haus“ angemessen wäre, ist regelmäßigen Beobachtern der Parlamentsberichterstattung ohnehin bekannt. Wenn hier auf 250 Seiten Beispiele all der „Freundlichkeiten“ aufgelistet werden, mit denen unsere Abgeordneten einander in den letzten Jahrzehnten bedacht haben, wird dies aber besonders deutlich.
Die Autorin hat hier Auszüge aus den Protokollen des Nationalrats zusammengestellt, beginnend mit der Nachkriegszeit, der Schwerpunkt liegt aber auf den Jahren vor dem Erscheinungsdatum, insbesondere dem Zeitraum 2006 – 2010.
Obwohl die Namen mancher Politiker dabei natürlich häufiger vorkommen als andere, zeigt sich doch, dass sämtliche Parteien ihren Anteil an den ungehobelten verbalen Auseinandersetzungen haben
Neben diversen Schimpforgien kann man hier aber auch manch witzigen Schlagabtausch, einige schlagfertige Antworten sowie amüsante Stilblüten nachlesen, und es werden Erinnerungen an die großen politischen Themen und Skandale der letzten Jahre wach.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Was geschah mit Dylan?

Die stille Kammer
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Susan hat die letzten drei Jahre in Oakdale verbracht, einer Anstalt zur psychiatrischen Betreuung von Rechtsbrechern. Zwar hat die keine Erinnerung an den schrecklichen Tag, an dem ihr Leben jäh aus den ...

Susan hat die letzten drei Jahre in Oakdale verbracht, einer Anstalt zur psychiatrischen Betreuung von Rechtsbrechern. Zwar hat die keine Erinnerung an den schrecklichen Tag, an dem ihr Leben jäh aus den Angeln geriet, doch es gab genügend Beweise um sie des Mordes an ihrem damals drei Monate alten Sohn Dylan zu überführen.
Nach ihrer Entlassung wünscht sie sich nichts mehr als ein Leben in Ruhe und Anonymität, doch bald schon holt die Vergangenheit sie wieder ein. Plötzlich wird sie mit Hinweisen konfrontiert, die in ihr die Hoffnung wecken, dass Dylan doch noch am Leben sein könnte.
Zusammen mit ihrer besten Freundin Cassie und dem etwas geheimnisvoll wirkenden Journalisten Nick begibt sie sich auf eine Spurensuche, in deren Verlauf sie auch selbst in große Gefahr gerät.

Das ist der Inhalt des Hauptteils dieses Thrillers, der aus Susans Sicht in Ich-Form erzählt wird, sodass man sich besonders gut in sie hineinversetzen kann.
Dazwischen werden immer wieder Episoden aus der Vergangenheit eingeflochten, die sich um eine Clique privilegierter Jungs drehen.
Was die beiden Handlungsstränge miteinander zu tun haben, wird erst nach und nach stückweise enthüllt, die endgültige Auflösung am Schluss ist dann doch überraschend.
Davor erwarten den Leser viele Seiten spannendes Lesevergnügen, die ohne übertriebene Schilderungen von Gewalttaten auskommen. Dafür kann man mit einer Protagonistin mitfiebern, die alles verloren hat, was ihr wichtig war, immer wieder an sich selbst zweifelt und dennoch nicht aufgibt, nach der Wahrheit zu suchen, und lernt interessante Charaktere kennen, bei denen oft lange unklar bleibt, wer zu den „Guten“ und wer zu den „Bösen“ gehört.

Allerdings gibt es doch einige Ungereimtheiten und am Ende bleibt manche Frage offen, wodurch der an sich positive Eindruck etwas getrübt wird.

Dennoch ein gelungenes Debüt der Autorin, von der ich gerne mehr lesen würde.

Veröffentlicht am 15.09.2016

David gegen Goliath

Der Untergang Barcelonas
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Marti Zuviria, genannt Zuvi, blickt als alter Mann auf sein Leben zurück. Er erzählt von seiner Lehrzeit bei dem großen Ingenieur Vauban, wo er sowohl lernte, wie eine beinahe uneinnehmbare Festung beschaffen ...

Marti Zuviria, genannt Zuvi, blickt als alter Mann auf sein Leben zurück. Er erzählt von seiner Lehrzeit bei dem großen Ingenieur Vauban, wo er sowohl lernte, wie eine beinahe uneinnehmbare Festung beschaffen sein muss, als auch, mit welchen Mitteln eine solche doch bezwungen werden kann, von seinen Erlebnissen an diversen wichtigen Schauplätzen des spanischen Erbfolgekrieges, vor allem aber von den Geschehnissen, die nicht nur seinem persönlichen Schicksal, sondern auch dem des ganzen katalanischen Volkes eine entscheidende Wendung geben sollten: Die monatelangen Belagerung und schließlich totale Zerstörung Barcelonas durch eine französisch-spanische Armee, die dazu führte, dass die Katalanen all ihre angestammten Rechte und Freiheiten verloren. Doch die Barcelonesen ergaben sich ihren Feinden nicht kampflos, sondern rangen oftmals buchstäblich bis zum letzten Atemzug darum, das Unvermeidliche zumindest aufzuschieben.

Das Buch ist mit vielen Informationen zu den damaligen politischen Verhältnissen, den Hintergründen des Erbfolgekrieges, dem Verlauf von Schlachten und dem Tätigkeitsbereich der Ingenieure im Kriegsdienst gespickt, sodass sich die Lektüre bisweilen etwas trocken gestaltet.

Auch wirkt der Protagonist vor allem zu Beginn nicht wirklich sympathisch, er ist unfreundlich, feige, tendiert dazu, immer den leichtesten Weg zu gehen etc. Dies ändert sich aber im Laufe der Zeit. Zuvi bleibt zwar weiterhin ein zwiespältiger Charakter, bei der Verteidigung seiner von einem übermächtigen Gegner bedrohten Heimat wächst er aber immer mehr über sich hinaus. Und er ist damit nicht der einzige. Es ist spannend, zu beobachten, wie Bürger aus den verschiedensten Gesellschaftsschichten unter der Leitung eines herausragenden Oberbefehlshabers ihre Kräfte bündeln, um für ihre Stadt zu kämpfen. Umso frustrierender ist es dann, wenn ihre Bemühungen durch die Geltungssucht und Eitelkeit der Mächtigen zunichte gemacht werden.

So kann man hier einen Kampf David gegen Goliath miterleben, und obwohl schon von Beginn an feststeht, dass Goliath den Sieg davontragen wird, ist das Drama in seinem ganzen Ausmaß dann doch niederschmetternd.

Für Leser, die an der katalanischen Geschichte interessiert sind und einen teilweise etwas zähen Erzählstil nicht scheuen, ist dieses Werk also durchaus empfehlenswert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Faszination der Kartografie

Karten!
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Simon Garfield gibt hier einen breit gefassten Einblick in die Welt der Karten. Er verfolgt deren historische Entwicklung von der Bibliothek im antiken Alexandria über Entdeckungsreisen in Mittelalter ...

Simon Garfield gibt hier einen breit gefassten Einblick in die Welt der Karten. Er verfolgt deren historische Entwicklung von der Bibliothek im antiken Alexandria über Entdeckungsreisen in Mittelalter und Neuzeit bis zu Google Maps, wobei er auch dessen möglicherweise problematische Auswirkungen auf unsere Privatsphäre nicht ausspart, und betrachtet weitere ausgewählte Themen, wie beispielsweise Karten in Literatur und Filmen, die Erfahrungen eines Mannes, der sich vorgenommen hat, ein herausragender Globenbauer zu werden, Karten im Dienste der Aufklärung von Verbrechen oder der Eindämmung von Krankheiten sowie das Aufkommen von Reiseführern.

Der Text wird dabei durch eine Vielzahl an schwarz-weiß Abbildungen illustriert.

Die Lektüre gestaltet sich abwechslungsreich und es gelingt dem Autor gut, die Bedeutung der Kartografie für den Verlauf der Geschichte sowie die Faszination, die Karten auch heute noch ausüben, nachvollziehbar zu machen.

Die Ausführungen sind großteils interessant, gehen allerdings nicht sehr in die Tiefe. Konkrete Informationen, wie bei der Erstellung einer Karte vorgegangen werden sollte, sucht man hier vergebens. (So wird, um ein Beispiel zu nennen, mehrmals die sogenannte Mercator-Projektion angesprochen und auch kritisch angemerkt, dass sie zu Verzerrungen der Größenverhältnisse zwischen den einzelnen Ländern führt, wie diese Methode genau funktioniert, wird allerdings nirgends erklärt.)
Auch hat der Autor eine eingeschränkte, vor allem britisch geprägte Perspektive. Mehrere Kapitel behandeln ausschließlich oder überwiegend Karten von London, Großbritannien oder dem ehemaligen britischen Empire, Karten, die nicht von Europäern oder US-Amerikanern gezeichnet wurden, werden dagegen kaum einmal erwähnt.

Für Kartografie-Begeisterte (und solche, die es werden wollen) ist dieses Werk dennoch empfehlenswert, werden hier doch viele spannende Themen angerissen, die dazu anregen, sich weiter in die Materie zu vertiefen.