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Veröffentlicht am 21.08.2022

Banale Geschichte immerhin gut erzählt

Die Frauen von Richmond Castle
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Dieser im England der 1920er Jahre angesiedelte Roman stellt drei Frauen in den Mittelpunkt, aus deren Perspektive abwechselnd erzählt wird:
Blue Camberwell gehört zur besseren Gesellschaft des idyllischen ...

Dieser im England der 1920er Jahre angesiedelte Roman stellt drei Frauen in den Mittelpunkt, aus deren Perspektive abwechselnd erzählt wird:
Blue Camberwell gehört zur besseren Gesellschaft des idyllischen Richmond, deren Liebesleben sogar in der Zeitung thematisiert wird. Doch ihr selbst ist die Suche nach einem Ehemann weniger wichtig als ihr Ziel, Schriftstellerin zu werden. Als ihr Vater an ihrem 21. Geburtstag die jungen Männer des Ortes dazu auffordert, um Blue zu werben, setzt er damit einige unerwartete Ereignisse in Gang.
Blues Stiefmutter Midge hat inzwischen mit Schuldgefühlen zu kämpfen und ist sich der Liebe ihres Ehemannes öfters nicht sicher.
Ganz andere Probleme hat Delphine Foley, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann flieht und dabei zufällig in Richmond landet. Es gelingt ihr, sich dort ein neues Leben aufzubauen, aber die Angst, dass ihr Mann sie finden wird, bleibt.

Die Geschichte wird in einem angenehmen und eingängigen Stil erzählt, ist allerdings eher banal. Die Protagonistinnen sind zwar interessant angelegt, bleiben jedoch zu blass. Die Handlung dreht sich über weite Strecken um Beziehungen, Picknicks, Partys oder die neusten Trends in Mode und Inneneinrichtung. Es werden zwar auch immer wieder ernstere Themen eingeflochten, diese lösen sich aber meist zu schnell in Wohlgefallen auf.
Übrigens passt der Klappentext nicht wirklich zum Buch: Sämtliche Geheimisse wären auch ohne Delphines Zutun mit maximal ein paar Tagen Verspätung ans Licht gekommen und es gibt auch keine Unstimmigkeiten zwischen ihr und Blue.
Wie überhaupt wenige echte Konflikte auftauchen. Blue und der Rest ihrer Familie sind beinahe zu nett, was doch unrealistisch wirkt, meist läuft alles harmonisch ab.
Außerdem ist die Handlung weitgehend vorhersehbar und weist so manche Längen auf. Spannende Szene oder überraschende Wendungen sind selten.

Auch wenn die Reise in die Zeit vor 100 Jahren ganz interessant ist, hat mich dieser Roman daher doch weniger gepackt als andere Bücher der Autorin.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.07.2022

Interessantes Thema geht in zu vielen Nebensächlichkeiten unter

Außerirdisch
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Im Oktober 2017 gab ein sonderbares Objekt den Astronomen einige Rätsel auf: Fest steht, dass der „Oumuamua“ genannte Besucher aus dem interstellaren Raum, also von weit außerhalb unseres Sonnensystems, ...

Im Oktober 2017 gab ein sonderbares Objekt den Astronomen einige Rätsel auf: Fest steht, dass der „Oumuamua“ genannte Besucher aus dem interstellaren Raum, also von weit außerhalb unseres Sonnensystems, kam. Doch schon hinsichtlich seiner genauen Form gab es Unstimmigkeiten und auch andere Eigenschaften wie seine Flugbahn oder sein Reflexionsvermögen ließen sich schwer damit in Einklang bringen, was von anderen astronomischen Objekten bekannt ist.
Während sich die Mehrheit der Wissenschaftler schließlich trotz einiger offener Fragen auf die Hypothese einigte, dass es sich um einen Kometen (wenn auch einen ungewöhnlichen) handelte, ist der Astrophysik-Professor Avi Loeb der Ansicht, die beste Erklärung für Oumuamuas Sonderbarkeiten bestehe darin, dass es von einer intelligenten Zivilisation erschaffen wurde, die nicht von dieser Erde ist. Womit der erste Beleg für außerirdisches Leben gefunden wäre.

Er legt hier seine diesbezüglichen Argumente dar, beschreibt, welche Daten über Oumuamua während eines relativ kurzen Zeitraumes von nur elf Tagen gesammelt wurden, und was seiner Meinung nach gegen alternative Erklärungen spricht.
So weit so gut und die diesbezüglichen Ausführungen sind tatsächlich sehr interessant. Sie nehmen jedoch maximal ein Viertel des Textes ein. Den Rest verwendet der Autor darauf, ein bisschen was aus seinem Leben zu erzählen, zu überlegen, welche Auswirkungen ein Beweis für außerirdisches Leben auf die Menschheit hätte (wobei für ihn am wichtigsten zu sein scheint, dass dann mehr Geld in astronomische Forschungsprojekte fließen würde) und vor allem immer wieder darüber zu klagen, dass seine Ergebnisse von der Kollegenschaft nicht gewürdigt werden.
Nun kann ich nicht beurteilen, wie fundiert Avi Loebs Theorien sind. Falls sie vom Mainstream der Astronomen tatsächlich in erster Linie deswegen abgelehnt werden, weil sie nicht zu vorgefassten Meinungen passen, würde das sicherlich der wissenschaftlichen Methodik widersprechen. Auch kann ich bis zu einem gewissen Grad seinen Ärger darüber nachvollziehen, dass ebenfalls hochspekulative Ideen wie die Stringtheorie oder die Hawking Strahlung ernster genommen werden und mehr Förderung erhalten als die Suche nach extraterrestrischen Lebensformen. Es hätte aber gereicht, jeden dieser Gedanken einmal zu formulieren. Die ständige Wiederholung ist ermüdend.

Eigentlich könnte man spätestens bei der Hälfte des Buches mit dem Lesen aufhören. Bis dahin ist alles Relevante (teilweise mehrmals) gesagt. Schade, man hätte aus dem Thema weitaus mehr herausholen können.

Veröffentlicht am 10.07.2022

Ein Weg zum Atomkrieg

Never - Die letzte Entscheidung
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Ken Follett zeichnet hier ein Szenario, wie es zu einem Weltkrieg kommen könnte, den (fast) niemand will. Dafür hat er zahlreiche Protagonisten entworfen, die grundsätzlich interessante Figuren wären. ...

Ken Follett zeichnet hier ein Szenario, wie es zu einem Weltkrieg kommen könnte, den (fast) niemand will. Dafür hat er zahlreiche Protagonisten entworfen, die grundsätzlich interessante Figuren wären. Darunter eine US-Präsidentin, die sich neben den Anforderungen durch ihr Amt auch privaten Herausforderungen stellen muss, ein chinesischer Vizeminister für internationale Information, dessen Frau der Star einer beliebten Fernsehserie ist, ein CIA-Agent libanesischer Herkunft, der viel riskiert, um einer afrikanischen Terrororganisation das Handwerk zu legen oder eine junge Frau aus dem Tschad, deren Traum von einem Leben in Europa ebenfalls große Gefahren birgt.

Ihre jeweiligen Lebensumstände werden anschaulich portraitiert, sie alle haben mit den einen oder anderen Problemen zu kämpfen, und es gibt ein paar Liebesgeschichten. Letztlich ist die Darstellung allerdings oft nur oberflächlich und teilweise klischeehaft. Außerdem ist vieles vorhersehbar, auch was die Charaktereigenschaften der verschiedenen Figuren betrifft. Wirklich mitfiebern konnte ich nur mit wenigen und auch das nicht immer.
Vor allem aber lenken die vielen kleinen Problemchen und Gefühlsausbrüche zu sehr vom eigentlichen Thema des Romans – der zunehmenden Eskalation gewaltsamer Auseinandersetzungen - ab. Letzteres sorgt dennoch für eine gewisse Spannung, wozu auch die Überschriften der einzelnen Abschnitte beitragen, durch die man mitverfolgen kann, wie sich die Alarmstufe des US-Militärs immer weiter erhöht. Außerdem entsteht öfters das Gefühl eines Blickes hinter die Kulissen, wobei deutlich wird, dass auch die Mächtigen gewissen Zwängen unterliegen und das Verhalten ihrer Verbündeten nicht immer kontrollieren können. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass der Autor bezüglich der Funktionsweise internationaler Politik etwas zu naiv ist.
Schade weiters, dass Europa so gut wie nicht vorkommt, wenngleich das zu dem Zeitpunkt, als das Buch geschrieben wurde (vor dem Ukrainekrieg) wohl als realistisch angesehen werden konnte. Andererseits sind manche Handlungsstränge eigentlich überflüssig.

Die Lektüre gestaltete sich daher ziemlich durchwachsen. Packendere Szenen wechseln sich mit zahlreichen langweiligen ab. Der Autor wollte wohl zu viele Themen und Problemstellungen in einem Buch unterbringen. Es wäre besser gewesen, den Fokus auf weniger Personen und Handlungsstränge zu legen und diese dafür gründlicher auszuarbeiten.

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Banale Geschichte mit immerhin interessanten Protagonisten

Die glorreichen Sechs
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Caspar Klein ist der Neffe der kinderlosen Königin von Hyak. Obwohl er in der Thronfolge weit hinten steht, hält seine Tante es für besser, ihn loszuwerden und entsendet ihn daher als Steuereintreiber ...

Caspar Klein ist der Neffe der kinderlosen Königin von Hyak. Obwohl er in der Thronfolge weit hinten steht, hält seine Tante es für besser, ihn loszuwerden und entsendet ihn daher als Steuereintreiber in die Grenzlande, mit denen erst vor kurzem Frieden geschlossen wurde. Für einen verwöhnten Prinzen, der die beschauliche Hauptstadt Seeblick noch nie verlassen hat, scheint dies tatsächlich ein Himmelfahrtskommando zu sein. Zur Seite gestellt werden ihm die Glorreichen Sechs, eine Gruppe skurriler Figuren, bekannt als die „gottverfluchteste Truppe von Mistkerlen im gesamten Königreich“.
Währenddessen hat das Straßenmädchen Opal Seeblick bisher vor allem von seiner schlechten Seite erlebt. Als sie eine Anstellung im Palast erhält, geht ein Traum in Erfüllung. Doch bald erfährt ihr Schicksal eine dramatische Wendung.

Nach einem zähen Beginn nimmt die Geschichte doch etwas Fahrt auf. Caspar und seine Begleiter erleben einige Abenteuer und besuchen allerlei seltsame Gegenden, wo sie mit den unterschiedlichsten Gewohnheiten und Wünschen der jeweiligen Bevölkerung konfrontiert werden. Es finden sich ein paar packende Szenen und überraschende Wendungen.
Zum Ende hin flacht das Ganze aber wieder ab. Die in der Inhaltsangabe angekündigte „Rebellion“ beginnt erst relativ spät und verläuft dann ziemlich unspektakulär.
Gefallen hat mir immerhin die Entwicklung von Caspars Persönlichkeit, der von einem weltfremden und gleichzeitig arroganten Jüngling zu einem echten Anführer heranreift. Auch unter den übrigen Protagonisten sind einige interessante Charaktere. Beispielsweise eine Buchhalterin, die ein Mathe-Genie ist, in punkto Manieren aber Defizite aufweist, eine ständig schmutzige „Pferdeflüsterin“, ein Übersetzter, der sich jede neue Sprache binnen Minuten aneignen kann – und sogar ein durchaus charismatischer Drache.

Alles in allem hat die Lektüre jedoch trotz guter Ansätze nur einen geringen Unterhaltungswert. Es gibt einige Längen, der Humor wirkt öfters zu bemüht und die Handlung ist nicht besonders aufregend.

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Wichtiges Thema langatmig dargestellt

Noise
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Das Thema, dem sich dieses Buch widmet, ist sicherlich interessant und hat vor allem einen breiten Anwendungsbereich und damit einhergehend einige Relevanz.
Es geht darum, wie Entscheidungen von Personen ...

Das Thema, dem sich dieses Buch widmet, ist sicherlich interessant und hat vor allem einen breiten Anwendungsbereich und damit einhergehend einige Relevanz.
Es geht darum, wie Entscheidungen von Personen sowie Organisationen durch Noise = „Rauschen“ beeinträchtigt werden. Im Gegensatz zu Bias sind hierunter keine systematischen Fehler oder Vorurteile zu verstehen, sondern es handelt sich um den „Faktor Zufall“ bei der Urteils- und Entscheidungsfindung. Dieser kann diverse Ursachen haben, von Unterschieden in der individuellen Grundeinstellung bis hin zur Tagesform des Entscheidenden.
Insgesamt führt dies alles beispielsweise dazu, dass vergleichbare Straftaten von verschiedenen Richtern mit sehr unterschiedlichen Strafen bedacht werden, Ärzte für denselben Patienten unterschiedliche Diagnosen stellen oder sogar die Ergebnisse der Analyse von Fingerabdrücken voneinander abweichen.

Diese und allerlei weitere Beispiele stellen die Autoren in (teilweise zu) großer Ausführlichkeit vor. Immerhin wird so deutlich, dass es sich um ein wichtiges Problem handelt, welches für diverse negative Folgen wie Ungerechtigkeiten, finanzielle Verluste oder sogar Gesundheitsschäden verantwortlich ist. Dennoch war mir die Aufzählung von gefühlt hunderten Studienergebnissen doch etwas zu viel.
Auch sonst sind die Ausführungen oft zu langatmig. Zwar werden zahlreiche interessante Punkte angesprochen: Neben Erklärungen dazu, wie Noise entsteht und wie es gemessen werden kann, geben die Autoren auch Ratschläge, welche Vorgehensweisen es verhindern oder zumindest deutlich reduzieren können, überlegen abschließend aber auch, ob es nicht gute Argumente dafür geben kann, ein gewisses Maß an Noise zu tolerieren. Abgerundet wird das Ganze durch Leitfäden für die praktische Umsetzung.
All dies wird jedoch lang und breit und vor allem sehr technisch dargestellt, sodass die tatsächlich spannenden Passagen beinahe untergehen. Wenn schon Beispiele gegeben werden, hätten diese lebendiger beschrieben werden sollen. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass trotz allen Bemühens um wissenschaftliche Strenge Bias und Noise nicht immer klar voneinander getrennt, sondern bisweilen alle möglichen Formen von Abweichungen und Fehlern in einen Topf geworfen werden. Ebenfalls störend fand ich, dass sich manche Aussagen ständig wiederholen.

Dennoch kann die Lektüre dieses Werkes lohnend sein, insbesondere für Personen, welche die Qualität der in ihren Organisationen getroffenen Entscheidungen verbessern möchten. Es regt an, bisherige Vorgehensweisen zu hinterfragen und gibt Tipps für Verbesserungsmöglichkeiten– auch wenn sicher nicht jeder davon in jedem Umfeld umgesetzt werden kann. Man muss sich aber eben auch durch langweiligere Passagen quälen und darf keinen großen Unterhaltungswert erwarten.