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Veröffentlicht am 20.04.2019

Bewegender Einblick in deutsche Familiengeschichte

Zwei Handvoll Leben
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Katharina Fuchs gibt in ihrem Roman „Zwei Handvoll Leben“ einen Einblick in ihre Familiengeschichte, denn bei den 2 Protagonistinnen Charlotte und Anna handelt es sich um ihre Großmütter.
So groß die Unterschiede ...

Katharina Fuchs gibt in ihrem Roman „Zwei Handvoll Leben“ einen Einblick in ihre Familiengeschichte, denn bei den 2 Protagonistinnen Charlotte und Anna handelt es sich um ihre Großmütter.
So groß die Unterschiede auf den Lebenswegen der beiden auch sind, haben sie doch etwas gemeinsam.
Beginnend im Teenageralter wird abwechselnd aus dem Leben und dem Alltag von Anna und Charlotte berichtet. Anna wächst im Spreewald in einer kinderreichen Familie auf und kennt Hunger und Armut. Charlotte wächst als Einzelkind auf einem Landgut mit Gestüt und Personal auf und es fehlt ihr an nichts. Beide erleben ihre erste große Liebe, die vom 1. Weltkrieg überschattet wird, und müssen sich – jede auf ihre Art – mit den wirtschaftlichen Folgen auseinandersetzen.
Auch Anna und Charlotte lassen sich von der Lebenslust der 20er Jahre anstecken, heiraten und gründen eine Familie und müssen einen weiteren Weltkrieg überstehen.
Katharina Fuchs schildert die Lebensgeschichten ihrer Großmütter mit leisen Tönen und sehr einfühlsam, denn beide haben sehr viel erlebt – Gutes wie auch Schreckliches. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, die den Rahmen bildet und gekonnt eingeflochten wird, ohne aber zu sehr zu dominieren, schildert sie alle Höhen und Tiefen ihrer Leben mitsamt der Ängste und Zweifel und immer der Frage „Habe ich die richtige Entscheidung getroffen?“ Ich habe die Entwicklung beider Frauen gespannt verfolgt, viele Ereignisse haben mich sehr bewegt und zum Nachdenken angeregt. Doch besonders gefallen hat mir das Ende, diese Einsicht, im Laufe dieser teilweise steinigen Lebenswege alles richtig gemacht zu haben und zufrieden über die getroffenen Entscheidungen zu sein. Denn das haben diese beiden starken Frauen mehr als verdient, und ich ziehe vor Ihnen als Stellvertreterinnen aller anderen Frauen dieser Generation meinen Hut. Dieses Buch gehört in diesem Jahr zu meinen Lesehighlights.

Veröffentlicht am 16.04.2019

Die erste Liebe und ein chaotischer Roadtrip

Der Sommer mit Pauline
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Emile ist zum ersten Mal verliebt – in Pauline, mit der er sich nicht nur gut über Tennis unterhalten kann. Immer, wenn er sie lächeln sieht, geht für ihn die Sonne auf. Als Pauline ihn nach Venedig einlädt, ...

Emile ist zum ersten Mal verliebt – in Pauline, mit der er sich nicht nur gut über Tennis unterhalten kann. Immer, wenn er sie lächeln sieht, geht für ihn die Sonne auf. Als Pauline ihn nach Venedig einlädt, wo sie mit dem Jugendorchester einen Auftritt hat, fühlt er sich als glücklichster Mensch unter der Sonne
Das Glücksgefühl hält genauso lange an, bis seine Eltern und sein älterer Bruder beschließen, ihn dorthin zu begleiten.
Emile, der pubertierende Teenager, leidet gerade sehr unter seiner in seinen Augen sehr speziellen Familie. Derzeit leben seine Eltern im Wohnwagen, da die Baugenehmigung für das Haus noch nicht vorliegt, auf engstem Raum und er schläft im Keller der Nachbarn. Pauline darf diese Tatsache nie erfahren, da sie in einer Villa aufwächst. Wie viele Pubertierende so schämt sich auch Emile für seine peinlichen Eltern, seine chaotischen Lebensumstände, und überhaupt alles, was nur im Entferntesten mit seiner Familie zu tun hat, nervt ihn total.
Emile schildert den Roadtrip in Form von Tagebucheinträgen, die ein sehr unterhaltsames Lesevergnügen bieten. Man wird auch an die eigene Pubertät erinnert, an die Zeit, in der man weder Fisch noch Fleisch war, und überlegt ein um das andere Mal, ob man selbst auch so ungenießbar gewesen ist.
Eine nette Geschichte, aber eher für Jugendliche und junge Erwachsene.

Veröffentlicht am 16.04.2019

Inselluft macht glückich

Die Bücherinsel
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Sandra landet ungeplant in einem Lesekreis der kleinen Inselbuchhandlung, an dem neben einigen ihrer Freunde auch der neu zugezogene Lehrer Björn teilnimmt. Nicht nur die Diskussionen über Bücher sondern ...

Sandra landet ungeplant in einem Lesekreis der kleinen Inselbuchhandlung, an dem neben einigen ihrer Freunde auch der neu zugezogene Lehrer Björn teilnimmt. Nicht nur die Diskussionen über Bücher sondern auch Björn üben eine Anziehungskraft auf Sandra aus, der sie sich nur schwer entziehen kann. Es gibt dabei nur ein Problem – sie ist Analphabetin und bisher ist das ein gut gehütetes Geheimnis.
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Den ersten Satz der Geschichte hatte ich noch nicht ganz zu Ende gelesen und war doch schon wieder voll im Griff meiner Inselsehnsucht. Nur zu gerne bin ich deshalb mit Sandra auf der Fähre zurück zur Insel gefahren, um sie dort die nächste Zeit über zu begleiten.
Sandras Problem wird zum zentralen Mittelpunkt ihres Lebens. Über viele Jahre ist es ihr bislang erfolgreich gelungen durch Ausreden (Brille vergessen), elegante Umwege und ihr phänomenales Gedächtnis diese Klippe zu umschiffen, jetzt aber hat sie sich auf den Lesekreis eingelassen und weiß nicht mehr aus noch ein. Dabei hat sie selbst eine Geschichte verfasst und dort auswendig vorgetragen, die alle Teilnehmer beeindruckt hat. Ihr Blick für „Die Farben der Insel“ ist eine Liebeserklärung an ihre Insel mit ihren 4 Elementen Erde, Wasser, Feuer und Luft.
Neben dem Umgang und der Bewältigung des Alphabetismus gibt es wieder jede Menge stimmungsvolle Inselatmosphäre, sei es als Wattwanderung oder als Sonnenbad in den Dünen. Bei Fahrradtouren über Land kann man die Weite der Landschaft genießen und sich den Wind durch die Haare pusten lassen. Schön war auch das Wieder“sehen“ mit den alten Bekannten aus der kleinen Inselbuchhandlung.

Für mich war dies wieder ein Wohlfühlroman, bei dem die Seele baumeln und die Fantasie auf Reisen gehen kann zum Inselluft schnuppern. Denn Inselluft macht glücklich!

Veröffentlicht am 15.04.2019

Folgenschwere Familienlüge

Gelateria Paradiso
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2 sehr unterschiedliche Frauen, eine Eisdiele, ein Familiengeheimnis
Bei der Auflösung der von ihren Eltern betriebenen Eisdiele trifft Francesca auf Susanne, die ihr irgendwie bekannt vorkommt. Beim ...

2 sehr unterschiedliche Frauen, eine Eisdiele, ein Familiengeheimnis
Bei der Auflösung der von ihren Eltern betriebenen Eisdiele trifft Francesca auf Susanne, die ihr irgendwie bekannt vorkommt. Beim Blick auf ein altes Familienfoto wird deutlich, dass Susanne eine frappierende Ähnlichkeit mit Luciano, Francescas Vater, hat. Sollten die so unterschiedlichen Frauen Halbschwestern sein?
Beide haben eine weitere Gemeinsamkeit, denn sie haben als junge Frauen den Kontakt zu ihren Eltern bzw. Adoptiveltern abgebrochen. Susanne ist seit diesem Zeitpunkt auf der Suche nach ihren Wurzeln und macht sich sofort auf den Weg nach Italien, wo Luciano wieder lebt. Francesca, die gerade vor einem Schuldenberg steht und um ihr Erbe fürchtet, folgt ihr.
Am Krankenbett des Vaters erfahren beide dann nicht nur die Geschichte von Luciano, der als Gastarbeiter nach Deutschland kam sondern auch die Wahrheit über geplatzte Träume und eine Lebenslüge.
Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Es gibt einen ständigen Perspektivwechsel zwischen Lucianos Erzählungen aus den 60er Jahren und der Gegenwart von Susanne und Francesco. Auf diese Weise erfährt man einerseits viel über die traurige Kindheit der beiden und auch die Gründe, die zum Bruch mit der Familie geführt haben; andererseits gibt es interessante Einblicke in das Leben eines Gastarbeiters.
Nach der Verlagsankündigung hatte ich einen Roman erwartet, in dem das italienische Lebensgefühl eine Rolle spielt. Dies hatte ich mit italienischer Leichtigkeit und dolce vita verbunden. Leider hat die düstere Grundstimmung von Lucianos Lebensbeichte nicht zu diesem Gefühl beigetragen.
Ein Highlight war aber auf jeden Fall die Figur des Lennart, ein I-di-ot, wie er sich selbst beschreibt, dem in seiner offenen und ehrlichen Art mein Herz gleich zugeflogen ist und natürlich die Beschreibung von la famiglia, die offene Arme für jeden Neuzugang hat.
Das Ende hat mich dann doch wieder etwas versöhnt.

Veröffentlicht am 11.04.2019

Ein himmlisches Lesevergnügen

Jubilate!
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Jubilate – endlich ist er da, der neue Fall für Papst Petrus.
Seine sommerliche Auszeit verbringt Papst Petrus auf Bitten seines Freundes, des Kardinals Federico, auf dessen Landschloss. Dort verkündet ...

Jubilate – endlich ist er da, der neue Fall für Papst Petrus.
Seine sommerliche Auszeit verbringt Papst Petrus auf Bitten seines Freundes, des Kardinals Federico, auf dessen Landschloss. Dort verkündet dieser auf einer Familienfeier, dass Contessa Giulia, die Pressesprecherin Petrus‘, das Familienvermögen erben soll – unter der Bedingung, dass sie innerhalb einer Woche heiraten wird. Guter Rat ist teuer, hat Giulia doch schon seit Langem ihr Herz an den Privatsekretär Petrus‘, Padre Francesco verloren. Doch Papst Petrus findet wie so oft einen Ausweg.
Dem handfesten Skandal folgt ein Mordanschlag auf Giulia und im Laufe der Ermittlungen decken die 3 noch eine Reihe dunkler Familiengeheimnisse auf.

Ich finde es immer wieder schön, in Reihen auf bereits lieb gewonnene Charaktere zu stoßen, sie wieder oder völlig neu zu entdecken und mich von ihnen mitziehen zu lassen. Bei dem dreamteam Petrus, Giulia und Francesco fällt das sowieso nicht schwer, aber selbst bei Schwester Immaculata habe ich ihrem ersten Auftritt entgegengefiebert. Ihren ständigen Übergriffigkeiten stehen nämlich die schlitzohrigen und innovativen Ideen Papst Petrus gegenüber und ich ertappe mich öfter bei einem doch sehr schadenfrohen Grinsen. Diese kleinen Episoden haben für mich bereits einen großen Unterhaltungswert und werden durch die amüsant gestalteten Dialoge noch ergänzt. Der Schreibstil ist flüssig, hat Humor und ist so lebendig, dass das ländliche Ambiente Gestalt annimmt und ich mich sehr schnell von der Rolle der Leserin in der der Zuschauerin wiedergefunden habe. Und das mit viel Vergnügen!
Was für eine traumhafte Kulisse – ein Schlösschen mit einer traumhaften Parkanlage, der es an nichts fehlt – lauschige Plätzchen und dunkle Ecken und viel Platz für die eigene Phantasie zum Weiterträumen.
Raum genug für die Liebesgeschichte wäre also gewesen. Trotzdem ist es dem Autorenpaar
gelungen, sie dezent im Hintergrund zu halten, da es ja vordergründig immer noch um die kriminalistischen Ermittlungen geht. Und die nehmen wieder in verschiedene Richtungen Fahrt auf. Es gibt zahlreiche Verdächtige, etliche Motive und ein allabendliches kulinarisches Highlight der päpstlichen Kochkünste beim brainstorming, das ich sehr genossen habe.
Dabei wird die Spannung durch das Legen falscher Fährten bis zum Schluss konstant gehalten – und dann folgen der große Knall und Petrus‘ meisterliche Schlussfolgerungen.


Jubilate – ein himmlischer Lesespaß und vergnügliche Lesestunden sind hier garantiert.