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Veröffentlicht am 09.11.2016

Da wird Geschichte lebendig!

Die Eroberung des Normannen
1

Sommer 1092: Tief im Inglewood Forest lebt Cwen, die jüngste Tochter des Fürsten mac Dolfinn, in einer verborgenen Hütte bei Ymma, einer weisen Frau. Von ihr hat die junge Heilerin ihr Wissen über hilfreiche ...

Sommer 1092: Tief im Inglewood Forest lebt Cwen, die jüngste Tochter des Fürsten mac Dolfinn, in einer verborgenen Hütte bei Ymma, einer weisen Frau. Von ihr hat die junge Heilerin ihr Wissen über hilfreiche und heilende Rezepturen für allerlei Gebrechen und Krankheiten.
Als ihre Brüder sie besuchen und um ihre Unterstützung der Widerstandsbewegung gegen die Normannen bitten, zögert sie nicht. Vor nicht allzu langer Zeit musste sie erst vor einem der feindlichen Krieger im Wald fliehen. Als Schreiberin des Sheriffs de Grande-Île soll Gwen alles über die Pläne der Normannen in Erfahrung bringen und ihre Informationen an die Rebellen weiterleiten.

Mit Tancreid de Grande-Île und Cwenburh mac Dolfinn hat der Roman zwei starke und sympathische Protagonisten, die verfeindet sind, zwischen denen jedoch eine nahezu magische Anziehungskraft besteht. Tancreid befürchtet, verflucht zu sein, weil er sich unwiderstehlich zu seiner jungen Schreiberin mit dem flammend roten Haar hingezogen fühlt. Er ist beeindruckt von ihrem Mut, wenn sie sich für Schwache einsetzt, andererseits nutzt er ihre Wünsche in raffinierter Weise für seine Zwecke aus. Dadurch entstehen immer wieder amüsante Szenen, die mich beim Lesen regelmäßig zum Schmunzeln gebracht haben. Die Annäherung der feindlichen Lager, das Verhältnis zwischen den gegnerischen Fronten, die Situation im Land und die entstehenden Konflikte mit Schottland, das alles ist kurzweilig dargestellt, dabei aber auch sehr informativ. Der historische Hintergrund wurde ausführlich recherchiert, und die fiktive Handlung ist glaubwürdig in die reale Szenerie eingebettet. Man erfährt sehr viel über die damaligen Ereignisse, nachdem die Normannen unter William Rufus das Land erobert und sich untertan gemacht hatten.
Es gibt im Roman auch romantische Szenen, die jedoch alle sehr realistisch und keineswegs kitschig wirken. Die Autorin hat die ideale Balance zwischen guter Unterhaltung und der Vermittlung historischen Wissens gefunden. Mich konnte dieser Roman von der ersten bis zur letzten Seite fesseln. Ich habe viel Neues über die damaligen Vorgänge erfahren und mich dabei sehr gut unterhalten.
Wer noch ausgiebiger in die Geschichte Cumbrias eintauchen möchte, dem kann ich empfehlen, die Website der Autorin zu besuchen. Dort findet man reichlich Informationen zu den historischen Rahmenbedingungen und Tipps für weiterführende Literatur.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Geschichte einer Jahrtausendflut

Zorn des Himmels
1

„Zorn des Himmels“ schildert eine Naturkatastrophe ungeheuren Ausmaßes, die Deutschland im Jahr 1342 heimsuchte und große Verwüstungen und Zerstörungen hinterließ. Es geht um die Madgalenenflut, die mir ...

„Zorn des Himmels“ schildert eine Naturkatastrophe ungeheuren Ausmaßes, die Deutschland im Jahr 1342 heimsuchte und große Verwüstungen und Zerstörungen hinterließ. Es geht um die Madgalenenflut, die mir erstaunlicherweise bis dato noch kein Begriff war. Obwohl zu dieser Zeit alle großen deutschen Flüsse über die Ufer traten und die Spuren bis heute sichtbar sind, liest man nur sehr wenig über diese gigantische Flut, die sich seither nicht in diesem Umfang wiederholte.
Hauptsächlicher Schauplatz des Romans ist Franchenfurt-Sassenhusen, denn da wütete die Flut, der viele Menschenleben zum Opfer fielen, sehr extrem und riss ganze Gebäude und Teile der Brücke mit sich.
Der Roman beginnt in Hasefurthe, dem heutigen Hassfurt, denn in den Gebieten südöstlich von Franchenfurt tobte das Unwetter bereits einige Tage früher.
Die Fährmannstochter Philippa, die den Main zwischen Franchenfurt und Sassenhusen kennt wie ihre Westentasche und auf dem Fluss zuhause ist, hat plötzlich ein ungutes, unheimliches Gefühl. Sie ahnt, dass sich etwas verändert hat. Nicht nur die Strömung ist ungewohnt, auch führt das Wasser unheimliches Treibgut mit sich, das auf Verwüstungen andernorts hindeutet.
Am Ufer des Mains lernt Philippa einen Mann kennen, der seltsam verloren wirkt. Er kann sich nicht an seine Vergangenheit erinnern. Die junge Frau setzt sich über alle Konventionen hinweg und kümmert sich um den Fremden, der sich Matthias nennt, da er seinen richtigen Namen nicht weiß. In langen, vertraulichen Gesprächen auf dem Mühlberg kommen sie sich näher. Philippa glaubt, in Matthias einen Seelenverwandten gefunden zu haben, aber dann erfährt sie einiges, was sie an ihm zweifeln lässt, denn angeblich soll er ein Attentat auf den in der Stadt weilenden Kaiser Ludwig geplant haben. Sie muss sich entscheiden, wem sie ihr Vertrauen schenken kann. Währenddessen bricht eine Katastrophe über die Stadt herein, denn das Unwetter schickt schreckliche Vorboten.

Eindringlich, bildhaft und wortgewaltig, aber immer mit einem Quäntchen Humor, schildert der Autor die prekäre Lage. Er lässt den Leser dieses gewaltige Unwetter sehr intensiv nachempfinden. Man fühlt mit den Menschen, die so gar nicht wissen, wie ihnen geschieht.
Umweltkatastrophen diesen Ausmaßes schreibt man eigentlich eher unserer Zeit zu, aber dem ist nicht so, denn auch in früheren Jahrhunderten musste die Bevölkerung mit derartigen Heimsuchungen fertig werden. Und auch damals war die Ursache zum großen Teil bei den Menschen selbst zu suchen und auf massiven Raubbau an der Landschaft und Natur zurückzuführen.

Philippa, die Heldin des Romans, ist eine für die damalige Zeit sehr fortschrittliche junge Frau, die weiß was sie will. Wenn es ihrem Empfinden widerstrebt, setzt sie sich schon mal über gesellschaftliche Regeln hinweg und entscheidet aus dem Bauch heraus, was für sie selbst richtig ist. Alle anderen Charaktere, die im Roman in Erscheinung treten, sind ebenso ausführlich dargestellt, dass man sich ein lebendiges Bild von ihnen machen kann.
Neben den erdachten Protagonisten treten auch einige historische Persönlichkeiten auf den Plan, in erster Linie Kaiser Ludwig, der in Franchenfurt weilt und dessen Leben bedroht ist. Der Kirchenbann, der ihm auferlegt ist und die Gefahr, die von Karl von Luxemburg, seinem Kontrahenten um den Thron, ausgeht, sind neben der großen Katastrophe ein wichtiges Thema.
Fiktion und historische Wirklichkeit gehen hier eine eindrucksvolle Verbindung ein und machen den Roman zu einem fesselnden, spannungsgeladenen Drama.

Das Cover zeigt einen Teil der Brücke, die Franchenfurt mit Sassenhusen verbindet, und man kann auf dem Bild schon die entfesselten Naturgewalten sehen. Das Vorsatzpapier ist mit einer Luftansicht der gesamten Brücke und der näheren Umgebung geschmückt, und auch wenn man noch nie vor Ort war, kann man sich die Ausmaße des Mains und der geschilderten Zerstörung sehr gut vorstellen.
Ein Nachwort des Autors, mit Erläuterungen zur Entstehung des Romans und zur Recherche, komplettiert das Buch, zusammen mit einer Auflistung der genannten Orte und einer Personenübersicht gleich am Anfang. Wie bereits von anderen Romanen Richard Dübells gewohnt, findet man in der Personenliste eine kurze, humorvolle und sehr treffende Beschreibung zu jeder Person. Nur bei Kaiser Ludwig ist hier anscheinend ein kleiner Druckfehler passiert, denn hier ist er als Ludwig I. erfasst. Meines Erachtens handelt es sich aber um Ludwig IV., der den Beinamen „der Bayer“ führte.

Veröffentlicht am 27.03.2024

Eine für alle - alle für eine?

Sturmmädchen
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Der Roman führt uns in die dunkle Zeit des NS-Regimes. Alles beginnt 1933. Man lernt Elli, Margot und Käthe kennen, die seit Kindertagen befreundet sind und einen schönen Sommertag zusammen verbringen. ...

Der Roman führt uns in die dunkle Zeit des NS-Regimes. Alles beginnt 1933. Man lernt Elli, Margot und Käthe kennen, die seit Kindertagen befreundet sind und einen schönen Sommertag zusammen verbringen. Die Idylle wird jäh von einer Gruppe Halbstarker in Uniformen der Hitler-Jugend gestört. Diese Szene ist wie ein Blick in eine ungewisse Zukunft. Die drei jungen Frauen gehen ganz unterschiedliche Wege. Elli lebt mit ihrer Mutter, die als Hebamme tätig ist, im alten Backhaus auf einem Bauernhof. Als Kleinkind an Polio erkrankt, hat sie ein kurzes, verkrüppeltes Bein und dadurch Schwierigkeiten, längere Strecken zu gehen. Margot ist Jüdin und bekommt mit ihrer Familie schon bald die Brutalität des NS-Regimes zu spüren, und Käthe sympathisiert mit den Nationalsozialisten. Der Wahlspruch der drei Mädchen "Eine für alle, alle für eine" gehört bald der Vergangenheit an. Die ganze Geschichte wird aus Ellis Sicht erzählt. Sie ist im ganzen Dorf nur das "Hinkemädchen", und ihre einzige Aufgabe ist es, sich um den Haushalt und die Tiere zu kümmern, während ihre Mutter von einer Geburt zur nächsten hetzt, da sie die einzige Hebamme weit und breit ist. Nur zu gerne würde Elli ihr assistieren, um sie einerseits zu entlasten und auch etwas Sinnvolles zu tun.
Anfangs ist Elli ein wenig naiv und unbedarft und fällt Entscheidungen, die sie später bereut. Unerschütterlich ist jedoch ihre Freundschaft zu Margot. Mit der Zeit entwickelt Elli eine ungeheure Stärke und wächst über sich hinaus, um der Familie ihrer Freundin zu helfen. Außerdem verliebt sie sich, aber ihre Liebe ist hoffnungslos, denn wegen ihrer Gehbehinderung wird sie von niemandem für voll genommen und gerät selbst ins Visier des "NS-Euthanasie-Programms". Von Käthe entfernt sie sich immer weiter, zu unterschiedlich sind die Anschauungen und Lebenspläne der jungen Frauen.
Der Roman thematisiert schonungslos die Grausamkeiten der damaligen Zeit, und das Lesen dieses Buches wird zu einem intensiven, stark berührenden Erlebnis. Die Charaktere sind alle sehr fein ausgearbeitet, und man gewinnt nach und nach Einblick in die Zusammenhänge, wie es dazu kam, dass Elli mit ihrer Mutter im "Backes" lebt. Auch erfährt Elli, dass ihre Mutter so manches Geheimnis hütete, um sie zu schützen.
Die Geschichte endet bereits 1940, also mitten in der Kriegszeit, und trotz all der Schrecken, über die berichtet wird, hat sie am Ende etwas Hoffnungsvolles. Das Gelesene wird in mir noch lange nachwirken.

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Veröffentlicht am 11.03.2024

Schöner Schreibstil, verwirrender Handlungsverlauf

Die Kapelle
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Der lebendige und intensive Schreibstil hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Benedikt Oswalds Anreise nach Todtnauberg gestaltet sich schwierig, denn je weiter er sich von Freiburg entfernt und ...

Der lebendige und intensive Schreibstil hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Benedikt Oswalds Anreise nach Todtnauberg gestaltet sich schwierig, denn je weiter er sich von Freiburg entfernt und dem hoch gelegenen Schwarzwalddorf nähert, umso schlechter wird das Wetter und eine Weiterfahrt irgendwann unmöglich. Erst einen Tag später als geplant erreicht er sein Ziel, und was er bis dahin erlebt, ist sehr plastisch geschildert, und man hat das Gefühl, dabei zu sein. Auch in Todtnau hat er einige rätselhafte Begegnungen. Er sieht sich ganz unterschiedlichen Interessen gegenüber, denn manche wollen die unscheinbare Kapelle, die Benedikt begutachten soll, erhalten, anderen ist sie für ein Bauprojekt im Weg. Als er intensiv mit seinen Arbeiten an der Kapelle beginnt, erlebt er seltsame Dinge, die Handlung entwickelt sich mystisch, und mit der Zeit kann man immer weniger auseinanderhalten, was Benedikt wirklich erlebt und was er nur träumt. Immer wieder wird er von seltsamen Visionen heimgesucht und scheint sich in einer Art Zwischenwelt zu bewegen. Vieles bleibt offen, und auch seine Beziehung zu der Witwe, die er in Todtnauburg kennenlernt, ist und bleibt rätselhaft.
Die Art, wie der Roman geschrieben ist, gefällt mir sehr gut, aber letztendlich fand ich die Handlung und auch den Ausgang der Geschichte etwas verwirrend.

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Veröffentlicht am 08.03.2024

Wie wir gut mit unserer biologischen Lebensuhr umgehen

Mit 50 fitter als mit 30 - Das Rezeptbuch
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Wer wünscht es sich nicht, möglichst viele Lebensjahre bei bester Gesundheit zu erreichen? Ich denke, das ist uns allen ein wichtiges Anliegen. Der Autor hat sich des Themas intensiv angenommen und dieses ...

Wer wünscht es sich nicht, möglichst viele Lebensjahre bei bester Gesundheit zu erreichen? Ich denke, das ist uns allen ein wichtiges Anliegen. Der Autor hat sich des Themas intensiv angenommen und dieses Buch zusammengestellt. Es ist nicht nur ein Rezeptbuch, sondern es zeigt uns anhand vieler Beispiele und Studien auf, was wichtig ist, um unsere Gesundheit zu schützen und möglichst lange zu erhalten. Nachdem in der Einführung sehr genau dargelegt wird, von welchen Faktoren der Alterungsprozess abhängt, sind es acht wichtige Punkte (er nennt sie "Ernährungshacks"), die der Autor uns an die Hand gibt und die wir im täglichen Leben umsetzen sollten. Er erklärt anhand von Beispielen sehr ausführlich, wofür einzelne Nährstoffe, Vitamine oder Mineralstoffe benötigt werden, welche Lebensmittel uns besonders gut tun und welche wir besser meiden oder reduzieren sollten. Dabei hält er sich weitgehend an die aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zwar wird auch auf die Wichtigkeit von körperlicher Bewegung eingegangen, aber der Schwerpunkt dieses Buches ist bei der Ernährung.
Alles ist wissenschaftlich fundiert aber auch für Laien sehr gut verständlich geschrieben.

Die zweite Hälfte des Buches enthält viele tolle Rezepte.
Sie sind alle für zwei Portionen ausgelegt und die meisten sind vegetarisch, einige davon vegan, was auch immer gekennzeichnet ist. Es gibt ein paar wenige Rezepte mit Hühnchen oder Fisch, denn das Buch möchte sich nicht nur an Vegetarier oder Veganer wenden. Sehr gut gefällt mir, dass jeweils angegeben ist, wenn ein Gericht besonders viel Eiweiß oder Ballaststoffe enthält, was ja gerade bei vorwiegend pflanzlicher Ernährung sehr wichtig ist. Auch sind die Gerichte gekennzeichnet, die sich besonders schnell zu- oder vorbereiten lassen oder sich zum Mitnehmen eignen. Bisher habe ich hauptsächlich die Empfehlungen bei den acht Ernährungs-Hacks ausprobiert und umgesetzt aber schon einige Gerichte entdeckt, die ich in dieser Art oder Zusammensetzung bisher noch nicht gesehen habe und unbedingt ausprobieren möchte, so zum Beispiel Sushi-Sandwiches, Süßkartoffel-Erbsen-Omelett, Linsen-Cevapcici mit Minzjoghurt, Summer-Rolls mit Spargel und Erdbeeren, Kürbisspalten mit Kohlrabistampf oder Gefüllte Kartoffeln mit Sauerkraut. Es sind auch einige tolle Frühstücks-Tipps für jede Vorliebe dabei, von Smoothie-Bowl über Birchermüsli oder Overnight Oats bis hin zu süßen oder herzhaften Belägen für Vollkornbrötchen oder -brot. Mit diesen tollen Rezepten und Empfehlungen kann man gut an einigen "Stellschrauben" der biologischen Lebensuhr drehen, sich dabei wohlfühlen, ohne Verzicht zu üben. Hier hat man einen kompetenten und schön aufgemachten Ratgeber für Theorie und Praxis.

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