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Veröffentlicht am 05.02.2021

eine berührende und aufwühlende Familiengeschichte

Helenes Versprechen
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New York 1947:
Der zweite Weltkrieg ist zu Ende und die Kinderärztin Helene Bornstein kann die langer-sehnte Reise in die USA antreten, um ihren Sohn Moritz wieder in die Arme schließen zu können. Rückblick: ...

New York 1947:
Der zweite Weltkrieg ist zu Ende und die Kinderärztin Helene Bornstein kann die langer-sehnte Reise in die USA antreten, um ihren Sohn Moritz wieder in die Arme schließen zu können. Rückblick: Vor zehn Jahren traf Helene eine schwere Entscheidung: um das Leben ihres Sohnes vor den Nazis zu retten, steckte sie Moritz in den Frankfurter Kindertransport, der ihn aus Deutschland wegschaffte. In all der Zeit wollte sie nur eins: ihren Sohn wieder sehen! Jetzt sollte es endlich so weit sein, aber wie wird das Wiedersehen ausfallen? Kann er sich überhaupt noch an seine Mutter erinnern? Wie lebt er heute? Diese und noch andere Fragen quälen Helene und lassen die Wiedersehensfreude immer wieder abebben.

Helenes Versprechen ist bereits der dritte Roman von Beate Rösler. Ich muss zugeben, dass ich weder von der Autorin was gehört bzw. ein Buch gelesen habe. In einer Leserunde bin ich zufällig über dieses Werk “gestolpert“. Nicht nur das Cover hat meine Neugierde geweckt, sondern auch der dazugehörige Klapptext. Irgendwie wusste ich, dass dieses Werk genau meins ist und so sollte es auch sein.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und leicht. (Anm. die ausgewählte Schriftform war mir ein wenig zu klein und ich empfand sie als leseunfreundlich. Wie ich erfahren habe, liegt die Entscheidung nicht bei der Autorin, sondern beim Verlag). Trotz allem ließ er mich sofort in die Geschichte von Helene Bornstein ein- und abtauchen. Je weiter ich mich in die Handlung vertiefte, desto mehr spürte ich mit wieviel Herzblut Beate Rösler ihren Roman schrieb. Als allererstes fielen mir die facettenreichen und authentischen Charakteren auf. Beate Rösler hat sie nicht nur perfekt eingefangen und wiedergegeben, sondern hauchte ihnen Leben ein. Mit jeder Seite ließ sie die Figuren wachsen und so konnten sie ihre Ge-schichte erzählen und allen voran leben. Das ist genau das, was ich liebe. Charaktere, in de-nen ich mich hineinversetzen kann und ihre Emotionen teilen darf. Gut ausgearbeitete Per-sonen ist das eine, aber eine berührende und starke Handlung ist das A und O und das gab es hier. Wie ich bereits von der Buchrückseite erfuhr, ließ sich die Autorin von einer wahren Geschichte einer jüdischen Kinderärztin inspirieren und schuf darauf die fiktive Story über Helene Bornstein. Aber Beate Rösler hat mehr getan, als nur eine Geschichte zu schreiben, diese hat sie zugleich und beklemmend und berührend erzählt. Dank ihrer akribischen und detaillierten Recherche trug sie biografische und historische Fakten aus dieser Zeit zusam-men, um diese dann in die Handlung einfließen zu lassen. Dadurch erhielt sie eine Authenti-zität, die nicht besser hätte sein können. Beate Rösler erzählt Helenes Geschichte in zwei Zeitzonen. Die eine handelt von der Reise nach Amerika, wo sie endlich ihren Sohn nach zehn Jahren wiedersehen wird. Die Autorin hat es geschafft, Helenes Neustart mit all seinen Facetten aufzuzeichnen. Was mir sehr gut gefiel, dass ich u.a. die Schwierigkeiten, die sie mit ihrer Familie, Sprache und neuen Heimat hatte, erleben und fühlen durfte. Ehrlich wer-den ihre Ängste, Selbstzweifel und die Verarbeitung ihrer Vergangenheit dargestellt. Pure Emotionen!
Die zweite Zeitzone blickt in die Jahren 1925 – 1945 zurück. Dort erfährt der Leser, wie Helene Kinderärztin geworden ist und allen voran, wie sie den zweiten Weltkrieg mit all seinen Gräueltaten erleben musste. Bildhaft berichtet die Autorin von brennenden Synago-gen, Plündereien von jüdischen Geschäften oder gar von den schrecklichen Deportationen der Juden. Ich hatte Bilder vor Augen, von verzweifelten Menschen, Angst, Hunger, schrei-enden Kindern, Tod, Gewalt und die blinde Wut der NS. Die Ereignisse waren an manchen Stellen so erschreckend und ließen mich erschaudern, dass ich das Buch erst einmal zur Sei-te legen musste. (Solche Bilder oder Ereignisse dürfen sich nie wieder wiederholen.)
Die Geschichte wird von einem Kapitel abgerundet, dass Helene schon zehn Jahre in Ameri-ka leben lässt.
Im hinteren Bereich befindet sich noch ein Glossar mit den wichtigsten Daten und Quellen-hinweisen, die ebenfalls sehr informativ sind.

Wenn es nicht auf diesem Buchdeckel draufgestanden hätte, hätte man auch meinen können, dass sich diese Geschichte genauso in Frankfurt so abgespielt hat. Zu keinem Zeitpunkt ent-stand das Gefühl, dass diese eine von fiktiver Art war.



Helenes Versprechen war einer der besten Romane, die ich bis heute gelesen habe. Kompli-ment an Beate Rösler, die nicht nur eine gute Erzählerin ist, sondern auch mit ihren bildhaf-ten Schreibstil ein wahres Kopfkino anwirft. Eine aufrüttelnde und bewegende Geschichte zugleich. 5 von 5 Sternen und eine absolute Leseempfehlung!!!
(Anm. Dieser Roman wird definitiv nicht der letzte von dieser Autorin sein.)

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Veröffentlicht am 10.01.2021

Weihnachten bei den Thalheims

Weihnachten am Ku'damm
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Inhaltsangabe:
Berlin 1946
Der zweite Weltkrieg ist vorbei, aber die wirtschaftliche Lage hat sich kaum verbessert und es herrschen immer noch katastrophale Lebensbedingungen. Überall stehen Ruinen, Woh-nungen ...

Inhaltsangabe:
Berlin 1946
Der zweite Weltkrieg ist vorbei, aber die wirtschaftliche Lage hat sich kaum verbessert und es herrschen immer noch katastrophale Lebensbedingungen. Überall stehen Ruinen, Woh-nungen sind Mangelware, das Geld verliert immer mehr an Wert, Lebensmittel sind knapp und das was die Menschen für ihre Lebensmittelkarten bekommen, reicht kaum aus, um den Hunger zu stillen. Als wäre dies nicht schon schlimm genug, bedroht der kälteste Winter aller Zeiten die Bevölkerung und Heizmittel sind kaum noch vorhanden. Aber die Familie Thalheim lässt sich nicht unterkriegen und machen aus der Not eine Tugend. Eines Abends entdeckt Rieke vor ihrem Laden den kleinen Erich. Unter alten Lumpen und Kleidungsstü-cken versteckt, durchgefroren und ausgehungert nimmt sie den Jungen mit zu sich nach Hause. Dort erfährt sie das ganze Schicksal über den Ausreißer.

Weihnachten am Ku´damm von Brigitte Riebe ist eine kleine weihnachtliche Geschichte. Wer die Trilogie „Die Schwestern vom Ku´damm“ schon kennt, der darf sich hier auf ein Wiedersehen mit der Familie Thalheim freuen.
Der flüssige und leichte Schreibstil ließ mich sofort wieder in die Geschehnisse der Thal-heims ein und abtauchen. Ausdrucksstark schildert die Autorin über die schlechten Zustände, die die Nachkriegszeit mit sich brachte. Lebensmittelmangel, Hunger, Schwarzmarkt oder über die Jahrhundertkälte, die den Menschen damals zusetzten. Auch wenn diese Zeit noch so schwer und an manchen Tagen sehr trostlos war, gibt die Familie Thalheim nicht auf, sondern schenkt noch Herzenswärme und Menschlichkeit, indem sie sich um den kleinen Erich kümmern. Das Schicksal des kleinen Jungen lässt vieles für den Moment vergessen und zeigt, dass es einigen Menschen noch viel schlimmer ergeht als ihnen. Ein Kampf gegen Ungerechtigkeit beginnt und trotz der widrigen Umstände wird es ein unvergessliches Weih-nachten werden.

Mit ihrem Roman hat Brigitte Riebe es wieder einmal geschafft, mich emotional zu berüh-ren. Heute jammern wir über so vieles, aber was unsere Vorfahren im Krieg oder in der Nachkriegszeit erleben mussten war weitaus schlimmer und sie haben eins definitiv nicht gemacht: gejammert oder gar aufgegeben! So eine Geschichte ist nicht nur berührend, son-dern hält uns heute ein Spiegel vor: wir sollten für heutige Zeit dankbar sein und mehr Menschlichkeit zeigen!
Ein kleiner Minuspunkt muss ich leider anmerken: ein 160seitiges Buch 18,00 Euro kosten zu lassen, finde ich jetzt nicht gerechtfertigt.

Wer die Geschichten um die Familie Thalheim liebt wird auch dieses Buch lieben! Eine ab-solute Leseempfehlung und 4 Sterne (1 Stern ziehe ich wegen dem überteuerten Preis ab)

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Veröffentlicht am 08.01.2021

Ausbaufähig

Auf Wolke Sieben sitzen auch nur Frösche
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Inhaltsangabe:
Ylvi, die mit ihrem besten Freund Tom zusammenlebt, ist verliebt und zwar in ihm. Tja, dass wäre ja kein allzu großes Problem, nur sie traut sich nicht, ihm dies zu sagen. Bevor sie auch ...

Inhaltsangabe:
Ylvi, die mit ihrem besten Freund Tom zusammenlebt, ist verliebt und zwar in ihm. Tja, dass wäre ja kein allzu großes Problem, nur sie traut sich nicht, ihm dies zu sagen. Bevor sie auch nur ansatzweise Tom von ihren Gefühlen erzählt, taucht seine neue Freundin Sandra auf. Das war´s für Ylvi! Jetzt muss Plan B bzw. ein Mann her. In einem Hamburger Hotel trifft sie gleich auf zwei Männer. Der eine Protologe und der andere Hotelangestellter. Ob sich unter diesen beiden Ylvis Traummann befindet?

Auf Wolke sieben sitzen auch nur Frösche ist der Debütroman von Britt Gerken. Ich habe mich sofort in das Cover verliebt und der dazu gehörige Klapptext versprach mir eine sprit-zige Liebesgeschichte zu werden.

Ab der ersten Seite gefiel mir der luftig leichte Schreibstil, der mich durch das Buch tragen sollte. Wäre zu schön gewesen, wenn es geklappt hätte. Allerdings wusste die Hauptprotago-nistin Ylvi ganz genau, wie sie mir schnell einen Strich durch die Rechnung machen konnte. Ihr kindliches Getue und die dazugehörigen Eifersuchtsszenen gingen mir schon nach ein paar Seiten auf die Nerven. Ebenso Tom, den ich auch unspektakulär fand. Ein Computer-freak, der Tag ein Tag aus nur vor seinem PC sitzt und Spiele spielt. Wow….was findet Ylvi an so einem Mann? Die ersten Seiten dieser sehr chaotischen Liebesgeschichte waren noch recht amüsant und lustig, aber leider ändert sich das Blatt auch hier recht schnell. Ylvi, die von einem Destaster ins nächste läuft und anstatt ihr mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, unternimmt Tom nichts. Lieber widmet er sich seiner neuen Flamme und überlässt Sandra das Ruder. Manche Handlungen habe ich einfach nicht nachvollziehen können, aber sei es drum. Wie die Geschichte um Ylvi und Tom ausgehen wird, wird natürlich nicht verraten, aber eines vorweg: es kommt anders, als man denkt!
Zum Ende dieses Buches entwickelte sich die Geschichte doch noch nach meinem Ge-schmack und ich fand wirklich schade, dass es sich hierbei nur ums letzte Drittel handelt. Eine Ylvi, die endlich erwachsen wird und ihrem Leben einen Sinn gibt.

Zwar geht es in diesem Buch in erster Linie um die Liebe, aber auch Freundschaft spielt eine sehr große Rolle und da erlebt man so manch eine Überraschung. Gerade diejenigen, mit denen man am wenigsten gerechnet hat, entpuppen sich als wahre Retter in der Not. Die Szenen wurden perfekt ausgearbeitet und wiedergegeben. Kompliment!

Auch wenn es hier und da noch einige Schwachpunkte gab, war es ein solider Roman, denn man gut zwischendurch lesen konnte. Ich hoffe, der nächste Roman lässt nicht so viel Poten-zial liegen.

3 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 29.12.2020

Eine Liebeserklärung an ihr Leben

Meist sonnig
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Wer kennt sie nicht, die Fernsehmoderatorin Andrea „Kiwi“ Kiewel? Ihre Fernsehkarriere startete sie bereits in der damaligen DDR. Danach folgten noch einige Stationen bevor sie Anfang der 90ziger im Team ...

Wer kennt sie nicht, die Fernsehmoderatorin Andrea „Kiwi“ Kiewel? Ihre Fernsehkarriere startete sie bereits in der damaligen DDR. Danach folgten noch einige Stationen bevor sie Anfang der 90ziger im Team des SAT 1 Frühstückfernsehens landete. Ihren bekanntesten und größten Erfolg feiert sie mit dem ZDF Fernsehgarten, den sie seit fast 21 (mit einer kleinen Unterbrechung) moderieren darf. Jeden Sonntag beschert sie dem Zuschauer vor Ort oder am heimischen Bildschirm Musik, Unterhaltung und gute Laune. Jetzt hat sie ihr erstes Buch herausgebracht, wo der Titel nicht passender hätte sein können: Meist sonnig! Eine Liebes-geschichte an das Leben!
In dieser Art von „Biografie“ erzählt die Moderatorin über ihr Leben, Freundschaften, Liebe, oder ihr Verhältnis zur DDR. Die kurzen Kapitel und der flüssige Schreibstil lassen mich nur durch die Seiten dieses Buches fliegen. Es bereitet mir sehr viel Freude einiges über Andrea Kiewel erfahren zu dürfen. Wussten Sie, dass Andrea in Tel Aviv lebt und hebräisch lernt? Ich nicht. Wenn man die Kapitel dazu liest, merkt man wie verliebt sie in diese Stadt bzw. in dieses Land ist. Aber nicht nur das, sie liebt die Menschen, die Weltoffenheit und dass sie dort einfach sie selbst sein darf ohne sich vor der Presse erklären zu müssen.
In einem anderen Kapitel geht es um ihre Schwimmkarriere und ihr Verhältnis zu den Trai-nern. Ganz kurz wird auch das Thema Doping angesprochen.
Auch das Thema, wie Andrea sich selbst. Ganz offen erzählt sie über ihre Stärken und Schwächen, aber auch woran sie noch arbeiten muss. Ein kritisches Selbstbild, das die aller-wenigsten von uns machen.
Mir ist ihre offene und neugierige Art schon positiv im Fernsehen aufgefallen und diese praktiziert sie auch im Privaten. Weltoffen, neugierig auf Mensch und Land. Sie liebt es ein-fach Menschen kennenlerne zu dürfen. Manchmal entstehen aus diesen kurzen Begebenhei-ten wahre Freundschaften.
Auch vor Themen Beziehungen. Lieb und Sex äußert sie sich.

Meist sonnig! ist keine Biografie von Andrea Kiewel, in der alle Stationen chronologisch abgearbeitet werden. Es ist eine Liebeserklärung an ihr Leben und das mit all seinen Facet-ten.
Fröhlich, lebensbejahend, nachdenklich, unterhaltsam und an einigen Stellen etwas traurig. That´s Life!

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Veröffentlicht am 28.12.2020

Kinderklinik Weißensee eröffnet wieder

Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder (Die Kinderärztin 1)
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Inhaltsangabe:
Schon früh verloren die Schwestern Marlene und Emma Lindow ihre Mutter und wuchsen in einem Waisenhaus auf. Nach ihrer Schulausbildung bekommen sie ihre große Chance: sie gehören zu den ...

Inhaltsangabe:
Schon früh verloren die Schwestern Marlene und Emma Lindow ihre Mutter und wuchsen in einem Waisenhaus auf. Nach ihrer Schulausbildung bekommen sie ihre große Chance: sie gehören zu den ersten Lernschwestern der neuen Kinderklinik Weißensee an. Während der Ausbildung entfernen sich die Geschwister immer mehr voneinander. Marlenes Wissens-durst im Gebiet Kinderheilkunde ist so groß, so dass sie den Wunsch verspürt, selber Kin-derärztin werden zu wollen. Emma hingegen blüht in der Kinderpflege. Aber nicht nur der berufliche Werdegang entzweit die beiden, sondern auch die Liebe.

Kinderklinik Weißensee „Zeit der Wunder“ von Antonia Blum ist der Auftaktband einer neu-en Reihe. Ich ein großer Fan von historischen Romanen und wenn diese auch noch in Berlin spielen, ist meine Liebe entfacht. Ganz schnell weckte der Klapptext mein Interesse und ich wusste, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss.

Von Anfang an konnte mich der flüssige und leichte Schreibstil begeistern. Nur ganz wenige Autorin verstehen ihr Handwerk und wissen, wie sie ihre Leser in ihren Bann ziehen können. Antonia Blum ist eine von ihnen. Bereits ab der ersten Seite merkte ich, dass dieses Buch ein Glücksgriff war. Voller Vorfreude tauchte ich in die Geschichte der beiden Schwestern ein und ab. Dank der ausdrucksstarken, facettenreichen und sympathischen Darstellung der Cha-raktere konnte ich mich sehr gut in die jeweilige Figur und deren Handlungen hineinverset-zen. Aber nicht nur die Charaktere haben mich überzeugt, sondern auch die brillant einge-fangene Kulisse, die wir der Autorin einem Besuch am Weißensee zu verdanken haben, die zufällig auf die Ruine der einstigen Kinderklinik gestoßen ist. Von da an ließ sie die Ge-schichte nicht mehr los. In akribischer und aufwendiger Kleinstarbeit trug Antonis Blum zahlreiche Fakten und Informationen zusammen, um die längst vergessenen Heilanstalt wie-der zum Leben zu erwecken. Das imposante Klinikgebäude, die einzelnen Stationen, der Hörsaal oder auch das große Parkgelände erstreckten sich vor meinem inneren Auge. Genau-so stellte ich mir das Klinikleben um 1911 vor.

Die Handlung ist eine bewegende Geschichte über zwei Schwestern, die in einem Waisen-haus groß werden mussten und deren berufliche Laufbahn eigentlich schon vorprogrammiert war. Das Schicksal meinte es aber besser mit ihnen und so durften sie, dank ihrer guten Schulausbildung, in die neueröffneten Kinderklinik Weißensee eine Ausbildung anfangen. Was für eine Chance, aber ihre Herkunft sorgte auch dafür, dass ihr Weg steiniger wurde. Andere Elevinnen, die aus gutem Haus stammten, Oberinnen und sogar Ärzte machten es den zwei Schwestern nicht immer leicht. Ihre Kämpfernatur und das strebsame Lernen kommen ihnen zu Hilfe. Im Vordergrund stehen aber nicht nur die Ausbildung der Lern-schwestern. So erfuhr ich eine Menge über die einstige und einmalige preußische Kinderkli-nik Weißensee und deren Klinikalltag um 1911. Sowie über die damalige Säuglingspflege, die erste und einzige Milchkuranstalt Preußens, die für die Versorgung und Behandlung der Säuglinge notwendig war oder die medizinische Versorgung. Beeindruckend wie die Autorin den Klinikalltag eingefangen und wieder gespiegelt hat. Mit jeden noch kleinsten Schicksal fieberte ich mit und freute mich, wenn die Behandlungen Erfolg zeigten und es den kleinen Patienten wieder besser ging. Hinzu kommen noch einige politische Hintergrundfakten, die die Authentizität dieser Geschichte unterstreicht. Wie in jedem guten Roman dürfen auch die privaten Schicksalsschläge und die Liebe nicht fehlen.

Gemein ist mal wieder der fiese Cliffhanger, der dieses Buch beenden ließ. Jetzt darf jeder Leser spekulieren, wie es mit Marlene, Emma Lindow und der Kinderklinik weitergehen wird.

Selten habe ich einen historischen Roman gelesen, der mich so in seinen Bann gezogen und begeistert zurück gelesen hat. Kompliment und ich fieber jetzt schon dem zweiten Band ent-gegen.
5 von 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung obendrauf!


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