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Veröffentlicht am 27.11.2020

Sergeant Warwick

Klang der Hoffnung
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„Aber Kriminelle arbeiten nach anderen Regeln.“

„Klang der Hoffnung“ ist der zweite Band der „Warwick-Saga“ von Jeffrey Archer, übersetzt von Martin Ruf. Er erschien im November 2020 im Wilhelm Heyne ...

„Aber Kriminelle arbeiten nach anderen Regeln.“

„Klang der Hoffnung“ ist der zweite Band der „Warwick-Saga“ von Jeffrey Archer, übersetzt von Martin Ruf. Er erschien im November 2020 im Wilhelm Heyne Verlag.
William Warwick wurde endlich zum Sergeanten befördert. Mit seinem neuen Dienstrang gehen auch neue Aufgaben einher und anstatt Kunsträuber zu verfolgen, geht es jetzt darum einen großen Fisch im Drogenmilieu festzusetzen. Doch auch bei diesem Auftrag und im Privatleben bleiben alte Feinde bestehen und William ist erneut mit schwierigen und gefährlichen Aufgaben konfrontiert.

Zunächst hatte ich große Schwierigkeiten mich wieder in die Geschichte hineinzufinden. Die Zusammenhänge waren mir zu Beginn des Romans nicht ganz klar und die Themenwechsel eindeutig zu abrupt. Spätestens nach dem ersten Drittel hatte ich mich aber wieder in den außergewöhnlichen Schreibstil und die ebenso ungewöhnlich beschriebene Handlung hineingefunden und konnte mich auch tatsächlich vollständig von der Geschichte fesseln lassen. Lediglich gewisse Zeitsprünge und Abläufe waren für mich im gesamten Roman nicht immer vollständig nachvollvollziehbar. Darüber habe ich aber großzügig hinweggelesen, sodass sie mich nur kurzzeitig irritieren konnten.
Williams alter Feind Miles Faulkner spielt auch in diesem Band der Reihe eine große Rolle und ein weiterer Prozess gegen ihn ist Hauptschauplatz des Romans. Die Verhandlung ist bildhaft und spannend dargestellt, das Urteil nur schwer vorhersehbar. Ebenso wie die Romanfiguren habe ich mitgefiebert und gehofft, dass es endlich gelingen würde den Kriminellen festzusetzen. Wie wir es aber aus den Romanen von Jeffrey Archer gewohnt sind, gibt es immer wieder Hintertürchen, ausgeklügelte Pläne und wohl durchdachte Hinweise, die nur Menschen mit sehr wachem Verstand und einer hohen Intelligenz verstehen können. Geschickt spinnt der Autor so großartige und unvorhersehbare Zusammenhänge, die nur nach und nach ans Tageslicht kommen.
Neben dem Prozess um Faulkner ist die Suche nach einem großen Londoner Drogenboss ein weiteres Hauptthema der Handlung. Diese Fahndung ist ebenso spannend und interessant, die Handlungen der Kommissare nachvollziehbar und authentisch.
Doch auch privat ist es für William keinesfalls langweilig, denn die Hochzeit mit Beth steht kurz bevor.
Die Verknüpfung von Privat- und Berufsleben der Familie Warwick ist auch in diesem Band sehr gut gelungen. Nicht nur William entwickelt sich weiter, sondern auch das Leben seiner Schwester Grace schreitet mit großen Schritten voran. Besonders gefallen hat mir dabei die Entwicklung des Vaters der beiden. Sir Julian beginnt langsam zu akzeptieren, dass sein Sohn bei der Polizei einen guten Dienst tut und auch, dass seine Tochter Anwältin und dazu noch lesbisch ist, wird langsam aber sicher von ihm akzeptiert und honoriert. Diese Entwicklung hat mir sehr gut gefallen und ist deutlich erkennbar.
Auch der Abschluss des Buches ist sehr gut gelungen, denn ein Ausblick auf den nächsten Band der Reihe wird bereits gegeben und am liebsten würde ich sofort weiterlesen, denn ich bin gespannt, welche Intrigen nun auf William und seine Kollegen warten und wie es mit ihm als Kommissar überhaupt weitergeht, denn er steht vor einem großen Gewissenskonflikt, den es zu lösen gilt...

Mein Fazit: „Klang der Hoffnung“ ist eine gute Fortsetzung einer ungewöhnlichen historischen Romanreihe um den jungen Polizisten Warwick. Weitere spannende und außergewöhnliche Aufgaben warten auf ihn, welche er mit viel Geschick und Intelligenz zu lösen weiß. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten lässt der Roman sich flüssig und spannend lesen, weshalb ich 4 von 5 Sternen für ihn vergebe.

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Veröffentlicht am 21.11.2020

Unabhängigkeit

Die Fotografin - Am Anfang des Weges
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„Ich will den Menschen Schönheit schenken, so wie Onkel Josef es tut! Und dafür muss ich doch irgendwann mal Fotografin werden!“

„Die Fotografin – Am Anfang des Weges“ ist der erste Band der Fotografinnen-Saga ...

„Ich will den Menschen Schönheit schenken, so wie Onkel Josef es tut! Und dafür muss ich doch irgendwann mal Fotografin werden!“

„Die Fotografin – Am Anfang des Weges“ ist der erste Band der Fotografinnen-Saga von Petra Durst-Benning. Er erschien im September 2018 im Blanvalet Verlag.
Seit Mimi Reventlow klein ist und ihren Onkel, den Wanderfotografen, bei seiner Arbeit begleiten durfte, steht ihr Berufswunsch fest. Sie möchte Fotografin werden. Kein leichter Wunsch in Deutschland 1911. Trotzdem hält Mimi an ihrem Traum fest, doch als sie einige Jahre später nicht nur ihren Berufswunsch erfüllt, sondern auch noch eine angesehene Wanderfotografin geworden ist steht sie erneut vor einen schweren Entscheidung: Soll sie ihren kranken Onkel auf dem Dorf pflegen oder an ihrer Unabhängigkeit festhalten…?

Mimi Reventlow ist das, was man als moderne Frau bezeichnen kann. Zu Beginn eines Jahrhunderts in der sich die klassische Rolle der Frau noch hinter dem Herd abspielte, greift sie nach anderen und modernen Idealen. Sie ist kreativ und intelligent und kämpft für ihren Kindheitstraum: die Fotografie. Dafür schlägt sie sogar einen Heiratsantrag aus – Unabhängigkeit und Freiheit sind ihr Traum.
Obwohl ihr Weg zunächst steinig ist, gibt sie nicht auf und kann mit ihrer offenen und ehrlichen Art in der Regel schnell die Herzen der Menschen erobern. Auch ihre Fotografien sind einmalig und für die damalige Zeit besitzen sie Seltenheitswert. Mimi möchte weg von den eingestaubten und starren klassischen Motiven dieser Zeit. Sie möchte die Menschen mit ihrer Fotografie verzaubern und ihre Schönheit unterstreichen.
Bei vielen kommt diese Idee gut an, als Mimi jedoch in das kleine Dorf Laichingen zieht, um ihren Onkel zu pflegen, wird sie von den Dorfbewohnern nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Die Bewohner des Ortes halten an ihren Traditionen und Werten fest, für Neues und vor allem für Kreativität und Frauen, die einen Beruf ausüben, der nicht in Heimarbeit für die Weberfabrik ausgeübt werden kann, ist nahezu undenkbar. Trotzdem gibt Mimi nicht auf und versucht im Ort Freundschaften zu knüpfen und sich für die Menschen einzusetzen.
Mir hat Mimis Art von Anfang an unglaublich gut gefallen. Mir imponieren ihre Hartnäckigkeit und das Kämpfen für ihre Ziele, aber auch ihr gesamtes Wesen und ihre offene Art gefallen mir unglaublich gut. Ich bewundere, wie sie als Fotografin Fuß fassen konnte und dennoch weiß, was Familie bedeutet. Dass sie sich für ihren Onkel einsetzt und schließlich sogar darüber nachdenken muss, die Wanderfotografie für ihn aufzugeben, spricht für ihren tollen Charakter. Ihre Mutter hingegen hat mich sehr enttäuscht, denn eigentlich wäre es ihre Aufgabe gewesen, für ihren Bruder zu sorgen…
Insgesamt sind die Figuren aber alle sehr authentisch und liebevoll beschrieben. Die einzelnen Geschichten der Nebenfiguren fügen sich wunderbar ins Gesamtbild ein und runden Mimis Geschichte brillant ab.
Mimis Weg ist auf interessante und mitreißende Art und Weise beschrieben, der Schreibstil ist locker und leicht, sodass die Seiten nur so dahinfliegen. Gefühle und Emotionen werden anschaulich dargestellt und gerade Mimis Begeisterung an der Fotografie ist nahezu greifbar. Auch an humorvollen Szenen mangelt es nicht und gerade Mimis Unwissenheit in Sachen Haushalt sind wirklich niedliche beschrieben.
Auch das Ende des Romans ist gut gelungen, es macht direkt Lust weiterzulesen und gibt einen Ausblick darauf, welche Schwierigkeiten in Laichingen noch auf Mimi zukommen können. Mein einziger, wirklich sehr kleiner Kritikpunkt ist, dass ich mir noch ein bisschen mehr Details zu Mimis Karriere als Wanderfotografin gewünscht hätte. Man erfährt zwar, wie ihr erster Weg verläuft und auch noch einmal wie es mit ihr vorangeht, bevor sie nach Laichingen zu ihrem Onkel geht, die Jahre dazwischen fehlen aber.
Neben der fiktiven Geschichte werden einige interessante Details zur damaligen Fotografie beschrieben, die ich bisher überhaupt nicht kannte. Ich bin erstaunt, wie viel die Fotografen zur damaligen Zeit bereits konnten und grade die großartigen Retuschierfähigkeiten haben mich begeistert. Am Ende des Romans finden sich dann sogar Bilder, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts aufgenommen wurden. Sie veranschaulichen das vorher beschriebene noch einmal mehr.

Mein Fazit: „Die Fotografin – Am Anfang des Weges“ ist ein interessanter und spannender historischer Roman. Starke und individuelle Frauen, die für ihre Träume einstehen und für ihr Recht kämpfen gefallen mir immer sehr gut und auf Mimi Reventlow passt diese Beschreibung definitiv. Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen für einen wunderbaren historischen Roman!

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Veröffentlicht am 20.11.2020

Geister der Toten

Weil du mich riefst
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„Zwischen ihnen stand hier auf Zypern mehr als nur Glaube oder Herkunft. Zwischen ihnen standen Kämpfe und Tote.“

„Weil du mich riefst“ ist ein Roman von Emma Wagner. Er erschien am 27. Okrober 2020 im ...

„Zwischen ihnen stand hier auf Zypern mehr als nur Glaube oder Herkunft. Zwischen ihnen standen Kämpfe und Tote.“

„Weil du mich riefst“ ist ein Roman von Emma Wagner. Er erschien am 27. Okrober 2020 im Tinte und Feder Verlag von Amazon Publishing und ist in sich abgeschlossen.
Als Tina mit ihrer Freundin Colleen nach Zypern reist, hofft sie, auf der griechischen Insel Hinweise auf die Vergangenheit ihrer Mutter zu finden. Auf Zypern angekommen begegnen die jungen Frauen dann dem attraktiven Alec und plötzlich findet Tina nicht nur eine Spur zur Vergangenheit, sondern verliert auch ihr Herz auf Zypern…

Mit „Weil du mich riefst“ schreibt Emma Wagner einen Roman, der nicht nur wunderschöne Gefühle und Romantik beinhaltet, sondern durch das geschickte Einarbeiten historischer Fakten auch wichtige und interessante Themen behandelt.
Die Erzählung unterteilt sich in Rückblicke in die Vergangenheit und die Gegenwart. Deutlich wird, dass die Handlungen und Geschehen in der Vergangenheit eben immer Einflüsse auch auf die heutige Zeit haben. Nicht nur für jeden persönlich, sondern auch für ganze Länder bzw. die gesamte Menschheit. Dies hat mich mal wieder sehr beeindruckt und zum Nachdenken gebracht.
In der heutigen Zeit geht es um die junge Tina, die sich auf die Suche nach der Vergangenheit ihrer Eltern begibt. Schon immer hatte sie das Gefühl, dass ihre Mutter von einem zurückliegenden Ereignis belastet wird, ein Wort darüber verloren hat aber niemals jemand. Als ein Fremder im Restaurant sie auf ihren Armreif anspricht und ihr Zypern als Herkunftsort nennt, ist sie Feuer und Flamme. Der Reif stammt nämlich von ihrer Mutter und Tina hofft in Griechenland einen Hinweis auf das scheinbare Familiengeheimnis zu bekommen.
Kurzerhand reist sie daher mit ihrer Freundin Colleen auf die „Insel der Götter“. Glücklicherweise begegnen die beiden dann schon am Flughafen dem Einheimischen Alec, der ihnen nicht nur bei der Suche nach dem Hersteller des Armreifs behilflich sein kann, sondern auch nicht gerade unattraktiv ist…
Tinas Suche ist dabei natürlich von Glück und Zufall geprägt. Ohne Alecs Bekanntschaft hätte sie wohl kaum herausfinden können, was es mit dem Armreif auf sich hat. Dazu kommen weitere Zufälle, die wahrscheinlich im wahren Leben so eher nicht auftreten würden. Trotzdem sind Tinas Nachforschungen interessant und wunderschön beschrieben. Die unrealistischen Zufälle sind Teil der Geschichte und für diese zwingend notwendig, weshalb ich sie nicht als störend empfunden habe.
Die Vergangenheit beschreibt das Leben von der jungen Griechin Samira und dem Türken Yasin auf Zypern im Jahr 1974. Auf tragische und dramatische Weise zeigt sich, welche Begebenheiten gegen die Liebe der beiden sprechen und wie sie dennoch versuchen zusammen zu sein. Die Konflikte zwischen Griechen und Türken nehmen zu dieser Zeit wieder stark zu, Beziehungen zwischen den einzelnen Gruppen werden nicht geduldet.
Diese Konflikte und Bürgerkriege, die 1963/64 und -74 auf Zypern stattfanden sind nicht erfunden. Sie werden geschickt in die Handlung einbezogen und beschrieben. Viele Menschen verloren dabei ihr Leben und die Angst und Verunsicherung über das Erlebte dauert teilweise bis heute an. Diese Zusammenhänge und Bürgerkriege waren mir bisher vollkommen unbekannt und mir hat es gut gefallen, etwas mehr über sie zu erfahren. Die fiktive Geschichte lehrt uns, was Hass und Missgunst sowie Neid ausrichten und wie viel sie zerstören können. Mich hat dies sehr berührt und zum Nachdenken gebracht und ich hoffe sehr, dass die Menschen irgendwann verstehen, dass wir Menschen sind. Egal welcher Herkunft oder Religion wir angehören. Egal, wer oder was wird sind!
Insgesamt haben mich aber beide Zeitebenen von der ersten Romanseite an gefesselt und absolut begeistert. Gefühle und Emotionen werden gut vermittelt, eine nötige Portion Romantik und Spannung runden die Handlung ab. Das Ende des Romans hätte ich dann so tatsächlich ebenfalls nicht erwartet, ich fand es aber absolut passend und bezeichne es für mich als absolutes „Wohlfühlende“!
Gefallen hat mir außerdem, dass der Buchtitel in der Handlung noch einmal aufgegriffen wird und sogar eine tiefere Bedeutung bekommt, als man ahnt.
Der Schreibstil ist, wie wir es von der Autorin gewohnt sind, flüssig und mitreißend. Die Erzählperspektive wechselt zwischen Tina, Yasin und Samira und vermittelt dadurch die Gefühle der Drei auf sehr gute Weise. Auch die Romankulisse ist wunderschön beschrieben und die Landschaft nahezu greifbar. Die Figuren sind ebenso authentisch dargestellt und liebevoll charakterisiert. Eigenschaften und Eigenarten werden humorvoll aufgezeigt und verpackt.

Mein Fazit: Emma Wagner schreibt einen faszinierenden und interessanten historischen Roman vor ebenso schöner Kulisse, der Fakten und Fiktion brillant miteinander verknüpft. Auf spannende und mitreißende Art und Weise wird beschrieben, was 1974 auf Zypern geschah und wie es die Zukunft beeinflusst hat und teilweise noch immer beeinflusst. Ich habe den Roman unglaublich gern gelesen und vergebe 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 17.11.2020

Einsamkeit

Wenn du bei mir bist
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„Ihr seid alles, was ihr habt!“

„Wenn du bei mir bist“ ist ein Roman von René Carlino. Er erschien am 30. Oktober 2020 im Bastei Lübbe Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Die junge Journalistin Kate ...

„Ihr seid alles, was ihr habt!“

„Wenn du bei mir bist“ ist ein Roman von René Carlino. Er erschien am 30. Oktober 2020 im Bastei Lübbe Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Die junge Journalistin Kate ist davon überzeugt, dass im Leben nur auf einen selbst Verlass ist. Als sie die Chance bekommt den mysteriösen Weingutbesitzer R. J. Lawson zu interviewen, hält sie dies für ihren großen Karrieredurchbruch. Auf dem Weingut läuft dann jedoch nicht alles nach Plan, aber der charmante Mitarbeiter Jamie stiehlt sich nach und nach in Kates Herz. Doch während sie gerade beginnt der Liebe doch noch eine Chance zu geben, lässt Jamie sie fallen und Kate stürzt erneut in ein tiefes Loch…

Die Journalistin Kate hat in ihrem Leben schmerzhaft erfahren, was es bedeutet, einsam zu sein. Erst starb ihre Mutter, vor Kurzem nun auch ihre Ziehmutter Rose. Seitdem fühlt sie sich alleingelassen und einsam, ihre Power und ihren Antrieb hat sie verloren. Dies merkt man auch an ihren Artikeln für die Zeitung. Diese sind eher fad und langweilig, etwas mit Begeisterung und Feuer geschrieben, hat Kate schon lange nicht mehr. Trotzdem gibt ihr Chef ihr nun eine riesige Chance, sie soll denn interessanten und mysteriösen Weingutsbesitzer R. J. Lawson interviewen und möglichst etwas über sein gut gehütetes Privatleben herausfinden. Für diesen Auftrag fährt sie auf das Weingut und schon von Anfang and geht schief, was nur schief gehen kann, denn neben ihrer aktuell eher schwierigen Gefühlslage, ist Kate auch noch ein riesiger Tollpatsch. Diese Eigenschaft könnte sie eigentlich sympathisch machen, doch ich muss zugeben, dass ich während des gesamten Romans nicht wirklich mit ihr warmwerden konnte. Ihre unbeholfen wirkende Art und eher depressive und mitleidige Stimmung haben mir überhaupt nicht gefallen.
Das Zusammentreffen mit Jamie ist dann ein typisches Klischee und natürlich verfällt sie ihm in ihrer unsicheren Stimmung sofort. Er gibt ihr das Gefühl, die Einzige zu sein, wertgeschätzt und beschützt zu werden. Empfindungen, die Kate bereits vergessen glaubte. Die Kennenlernphase der beiden ist wunderschön beschrieben und hat mich sofort an einen Wohlfühlroman mit unkomplizierter Handlung denken lassen.
Als Jamie Kate dann aber fallen lässt, verschwindet die glückliche und leichte Romanstimmung allerdings wieder und übrig bleiben die depressiven Denkansätze bezüglich der Ansicht, dass man im Leben eben einfach nur sich selber hat und sich niemals auf andere einlassen sollte.
Die beschriebenen Gefühle konnten mich aber nicht wirklich berühren und haben mich eher genervt, auch die Ich-Perspektive von Kate konnte daran nichts ändern. Nur manchmal, wenn Kate ihren „Funken“, wie ihr Chef es bezeichnet, zeigt, hat sie mich stellenweise überzeugen können.
Leider ist diese positive Charaktereigenschaft im Roman eher selten zu sehen und aus einem Roman, der für mich als seichter und unterhaltsamer „Wohlfühlroman“ mit überraschender und gut gelungener Wendung begann, wurde dann eine Geschichte, die mir zu klischeehaft und zu hektisch wurde.
Die zweite Romanhälfte umfasst dann nämlich für mich zu viele, nur kurz angeschnittene Themen, die mit Kates und Jamies Geschichte eigentlich nichts mehr zu tun haben und die wie Füllmaterial wirken und die Auflösung des Konflikts hinauszögern. Auch das Ende war für mich dann zu kompakt und farblos. Zudem ist plötzlich alles wieder „rosarot in Plüsch“, was den bis dahin nur selten kitschigen Roman dann wirklich ins absolute Klischee wandelte.
Obwohl der Roman also wirklich flüssig und humorvoll geschrieben ist und auch zunächst locker und unterhaltsam begann, konnte er mich nicht wirklich überzeugen. Dabei haben mir die Plotidee sowie die Kulisse vor dem Weingut sehr gut gefallen, der wunderschöne Anfang wurde aber in der zweiten Hälfte leider kaputtgemacht. Ich habe mir insgesamt mehr positive Emotionen und gut dargestellten Herzschmerz gewünscht, dazu ein bisschen mehr Realität, weniger „heile rosarote Welt“ und weniger Ablenkung von der Beziehung zwischen Jamie und Kate in der zweiten Romanhälfte.

Mein Fazit: Letztlich kann ich nur 3 von 5 Sternen für „Wenn du bei mir bist“ vergeben. Der Roman startete überzeugend und war humorvoll und insgesamt flüssig geschrieben. Trotzdem konnte mich die Geschichte nicht vollständig abholen und war mir am Ende zu sehr gekürzt und klischeehaft.

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Veröffentlicht am 07.11.2020

Wahrheitsapparat

Es war einmal in Italien
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„Ich weiß nicht, ob Fotografie Kunst ist, Signore. Für mich muss sie die Wirklichkeit spiegeln.“

„Es war einmal in Italien“ ist der neuste Roman von Luca Di Fulvio. Er erschien im Oktober 2020 im Bastei ...

„Ich weiß nicht, ob Fotografie Kunst ist, Signore. Für mich muss sie die Wirklichkeit spiegeln.“

„Es war einmal in Italien“ ist der neuste Roman von Luca Di Fulvio. Er erschien im Oktober 2020 im Bastei Lübbe Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Drei Waisenkinder, drei Schicksale, eine umkämpfte Stadt. Nur zufällig geraten die Contessa, Pietro und Marta hinein in den Freiheitskampf Italiens und müssen früher oder später entscheiden, auf welcher Seite sie stehen und wohin ihr Leben sie führen soll…

Luca Di Fulvio ist einfach ein Autor, den man kennen muss, wenn man historische Romane liebt. Immer wieder schreibt er bildgewaltige und wunderschöne Romane, die sich kaum aus der Hand legen lassen. Genauso erging es mir auch mit „Es war einmal in Italien“. Ein Roman, der die Geschichte von drei völlig unterschiedlichen Personen erzählt, die dann aber doch vieles gemeinsam haben. Drei Waisenkinder, die sich selbst und ihren Platz im Leben erst finden müssen oder finden mussten und die mehr oder weniger ungewollt in den Freiheitskampf Italiens hineinrutschen.
Jede Figur für sich ist dabei unglaublich vielschichtig und interessant beschrieben. Die Contessa ist stark und selbstbewusst. Sie weiß, wie sie ihren Willen durchsetzt und wirkt gleichzeitig unsicher und teilweise fast hilflos. Sie verbirgt eine Vergangenheit, vor der sie geflohen ist, die sie aber niemals loslassen konnte und baut daher eine Mauer um sich herum – niemals wieder will sie enttäuscht werden. Im Laufe des Romans beginnt ihre Fassade jedoch zu bröckeln, sie fängt an, sich selbst zu akzeptieren und zu sich zurückzufinden und beginnt dann auch endlich Liebe und Gefühle für andere zuzulassen…
Pietro, der Waisenknabe, der sich zwar durchsetzen kann, aber dennoch nicht so richtig etwas vom wirklichen Leben weiß. Ein Junge mit einem großen Herzen und Gerechtigkeitssinn, der schließlich sein Leben riskiert, um die Contessa zu beschützen. Eine Figur, die ich zunächst etwas skeptisch betrachtet habe, die mich aber am Ende vollkommen überzeugt hat, denn Pietro und sein Handeln sowie seine persönliche Entwicklung sind einfach faszinierend!
Schließlich noch Marta. Marta, das Mädchen, das im Zirkus aufwächst und plötzlich beginnt zu rebellieren. Obwohl sie intelligent und irgendwie interessant ist, habe ich mich mit ihr am wenigsten zurechtfinden können. Ihr Verhalten und ihr Misstrauen den Zirkusleuten gegenüber hat mir überhaupt nicht zugesagt, denn offensichtlich sind die Leute aus dem Zirkus um sie bemüht und es geht ihr keinesfalls schlecht. Zwar verstehe ich ihre Beweggründe und ihre Gefühle, denn die eigene Herkunft nicht zu kennen, muss ein schweres Los sein, dennoch hat mir ihre forsche und teilweise naive Sichtweise nicht immer gefallen. Doch ebenso wie Contessa und Pietro entwickelt auch Marta sich und erkennt am Ende, was den Zirkus wirklich ausmacht – Zusammenhalt, Familie und Freundschaft.
Auch die Nebenfiguren waren unglaublich interessant gestaltet und liebevoll charakterisiert, sodass man jeden einzelnen ins Herz schließen muss.
Bildgewaltig beschreibt der Autor zudem das vergangene Rom und den Freiheitskampf Italiens. Nicht nur einmal habe ich bestimmte Teile der Stadt bildlich vor Augen gehabt und im Kampf um die Stadt schließlich regelrecht mit den Figuren mitgefiebert.
Neben den persönlichen Schicksalen der drei Protagonisten geht es ebenso um die Fotografie und den Freiheitskampf Italiens, dazu um Liebe, Freundschaft und Zusammenhalt. Eine großartige Kombination mit geschicktem Erzählstil, Spannung und Überraschungen.
Gerade der historische Hintergrund zum Freiheitskampf von Italien hat mir sehr gut gefallen, da ich hierüber bisher noch gar nichts wusste.
Ebenso gefallen hat mir die Idee von Pietro die „Wahrheit“ zu fotografieren und nicht nur das „Schöne“ darzustellen. Er reiht sich damit in den Realismus der Kunst ein, der im 19. Jahrhundert aufkam und so manche kontroverse Meinung hervorgerufen hat. Dieses geschieht auch im Buch, doch es gelingt Pietro seine Sicht der Dinge allgemein bekannt zu machen…

Mein Fazit: „Es war einmal in Italien“ ist ein weiterer Roman von einem großartigen Autor, der mich vollständig überzeugt hat. Ein mitreißender und bildgewaltiger Erzählstil, sowie greifbare und unglaublich authentische Figuren in einer Geschichte, die einem ans Herz geht. Ich vergebe 5 von 5 Sternen und empfehle das Buch jedem Liebhaber historischer Romane!

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