Profilbild von Lesefee2305

Lesefee2305

Lesejury Star
offline

Lesefee2305 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Lesefee2305 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.03.2024

Scheidepunkt

Sturmjahre
0

„Es ist nicht mehr das vergangene Jahrhundert, wir Frauen dürfen uns nicht für Geld verheiraten lassen. Wir sollten stattdessen allesamt wählen dürfen und studieren.“

„Die Melodie der Freiheit“ ist der ...

„Es ist nicht mehr das vergangene Jahrhundert, wir Frauen dürfen uns nicht für Geld verheiraten lassen. Wir sollten stattdessen allesamt wählen dürfen und studieren.“

„Die Melodie der Freiheit“ ist der dritte Band der historischen Romanreihe „Sturmjahre“ von Lia Scott. Er kann auch unabhängig von den anderen Teilen der Reihe gelesen werden. Erschienen ist der Roman im Februar 2024 im Fischerverlag.
Isabella ist recht behütet bei ihrer Familie aufgewachsen, doch als sie gezwungen werden soll einen englischen Viscount zu heiraten, ist für sie das Maß voll. Sie muss die Heirat verhindern und als letzter Ausweg bleibt ihr nur die Flucht. Dabei trifft sie auf Keillan, welcher ihr übereilt sein Ehrenwort zur Hilfe gibt. Gemeinsam müssen sie sich jetzt in Sicherheit bringen und stellen fest, dass sie einander gar nicht so uninteressant finden…

Isabella und Keillan - Feuer und Wasser. Ja, tatsächlich - unterschiedlicher können die beiden eigentlich kaum sein. Sie, theoretisch wohlerzogen und aus gutem Hause, wobei das eher relativ ist. So ist ihr Vater nämlich der Anführer der Edinburgher Lads, einer mächtigen Untergrundbande. Trotzdem lebt sie aber das gebildete Leben wohlhabender Leute und hatte eine brillante Schulbildung. Sie liest gern, ist politisch interessiert und gerade die Sufragettenbewegung liegt ihr am Herzen. Am liebsten würde sie studieren, doch das ist aufgrund ihres Familiennamens unmöglich. Sie ist temperamentvoll, klug und wissbegierig, eine Hochzeit ist für sie ausgeschlossen. Sie möchte kein klassisches Familienleben oder sich den Wünschen eines Mannes beugen. So bleibt ihr schließlich nur noch eine überstürzte Flucht, die sie auf den Hof von Keillans Familie bringt…
Keillan ist gerade aus dem Krieg zurückgekehrt und fragt sich, was er eigentlich mit seinem Leben anstellen möchte. Er ist ein überaus korrekter und geradliniger Mensch, die leicht kriminellen Machenschaften seiner Geschwister will er nicht unterstützen, die kriminellen Machenschaften von Isabellas Dad lehnt er ab. Was er aber stattdessen will, weiß er eigentlich auch nicht. Als Isabella plötzlich vor ihm steht und ihn um Hilfe anfleht, gebietet ihm sein Anstand, ihr diese zuzusagen. Die Konsequenzen sind ihm in diesem Moment nicht klar und als später feststellt, wem er seine Hilfe zugesagt hat, bereut er seine Entscheidung ganz sicher. Keillan aber steht zu seinem Wort und so beginnt für die beiden eine abenteuerliche Flucht. Auf dieser müssen sie sich als Ehepaar ausgeben und das enge Zusammenleben führt dazu, dass langsam Gefühle zwischen den beiden entstehen…
Ich habe mich schon auf den ersten Seiten wieder unglaublich gut in die Geschichte einfinden können. Dabei fiel es mir zunächst schwer, Isabella als Protagonistin zu mögen. Sie ist zwar klug und gebildet, gleichzeitig aber auch so realitätsfern und anstrengend. Arbeit ist für sie ein Fremdwort und das einfache Leben von Keillans Familie unvorstellbar. Im Laufe des Romans muss sie allerdings erkennen, dass einem im Leben nicht alles geschenkt wird. Sie entdeckt, dass körperliche Arbeit sogar Spaß machen kann und legt so eine enorme Entwicklung hin. Das unbedarfte und altkluge junge Mädchen vom Romananfang wird zu einer lebensfrohen und engagierten jungen Frau, die im Zweifel dort mit anpackt, wo es benötigt wird. Ich bewundere Isabellas Entschlossenheit und ihren Mut und habe sie letztlich sehr in mein Herz geschlossen.
Keillan ist insgesamt eher unscheinbar, dies passt aber vollständig zu seinem ruhigen und besonnenen Auftreten.
Von der Familie Dennon lesen wir in diesem Roman nicht allzu viel, da die Haupthandlung außerhalb von Foxgirth spielt. Nichtsdestotrotz gewinnt man einen guten Eindruck von den Protagonisten der vorherigen Bände und so manche Szene mit der untypischen Familie hat mich doch sehr zum Schmunzeln gebracht!
Langeweile kommt im gesamten Roman nicht auf, spannende und humorvolle sowie ernste, aber auch emotionale Szenen werden geschickt miteinander verwoben. Der Schreibstil von Lia Scott ist unglaublich gefühlvoll und schön, die Seiten fliegen nur so dahin. Für mich war der Handlungsverlauf zudem nicht wirklich vorhersehbar und auch, ob es wirklich ein Happy End geben würde, konnte ich kaum einschätzen.
Die historischen Hintergründe sind ebenfalls gut in die Handlung eingearbeitet, man bekommt einen weiteren Eindruck davon, wie schwer es die Menschen in dieser Zeit nach dem ersten Weltkrieg hatten. Dieser wird erneut durch einen entsprechend atmosphärischen Prolog verdeutlich.

Mein Fazit: Auch der dritte Band der Sturmjahre-Reihe war für mich ein absoluter Wohlfühlroman. Ich habe Keillans und Isabellas Geschichte sehr gerne gelesen und freue mich nun auf den nächsten Band der Reihe. Es gibt daher wieder 5 von 5 Sternen und eine klare Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.02.2024

Neue Lebensabschnitte

Kinderklinik Weißensee – Geteilte Träume (Die Kinderärztin 4)
0

„Sie spürte die Hoffnung auf eine neue Zukunft ihren Körper fluten und fasste sich unbewusst an jene Stelle ihres Halses, wo morgen endlich wieder ihr Stethoskop hängen würde.“

„Kinderklinik Weißensee ...

„Sie spürte die Hoffnung auf eine neue Zukunft ihren Körper fluten und fasste sich unbewusst an jene Stelle ihres Halses, wo morgen endlich wieder ihr Stethoskop hängen würde.“

„Kinderklinik Weißensee - Geteilte Träume“ ist der vierte und letzte Band der „Die Kinderärztin“-Reihe von Antonia Blum. Er erschien im Februar 2024 und kann theoretisch unabhängig von den anderen Bänden gelesen werden.

Berlin, 1948 - mit dem letzten Band der Buchreihe lässt die Autorin seit Band 3 17 Jahre vergehen. Verständlicherweise wollte sie nicht beschreiben, wie es Marlene und Emma und ihren Familien während des Nationalsozialismus und des zweiten Weltkrieges erging. Nichtsdestotrotz wird im Roman aber jeweils knapp aufgegriffen, wie es der Familie während dieser dunklen Zeit erging.
1948 ist diese Zeit allerdings vergangen und ein neue Zeit beginnt. Emma und Marlene sind wieder an der Kinderklinik beschäftigt, doch auf Grund der Entnazifizierungsmaßnahmen werden Marlene und Maximilian als wohlhabende Bürger plötzlich verfolgt - angeblich sollen sie die Nazis finanziell unterstützt haben. Mit viel Glück können sie sich nach Westberlin flüchten, der Enteignung aber nichts mehr entgegensetzen.
Ab diesem Zeitpunkt führen Marlene und Emma erstmals getrennte Leben mit unterschiedlichen Ansichten bezüglich des politischen Systems. Es fällt ihnen schwer, die Ansicht der jeweils anderen zu verstehen und auch verzeihen ist nicht immer leicht.
Die personalen Erzählperspektiven wechseln sich auch in diesem Roman ab, der Fokus liegt aber Lissi, Emmas Tochter, die mittlerweile selbst als Ärztin in der Kinderklinik tätig ist.
Insgesamt geht es an der Kinderklinik wieder einmal hoch her. Neben der Versorgung der kleinen Patienten hält eine Polioepidemie die Klinik und ganz Berlin auf Trapp. Zeitgleich muss die Klinik in Schuss gehalten werden, um baulich nicht zusammenzubrechen und Baumaterialien sind mehr als knapp. Lissi selbst hat neben ihrer Arbeit auch mit ihren Gefühlen zu kämpfen, denn Doktor Olivera ist mehr als attraktiv aber auch die Poliofälle machen ihr sehr zu schaffen, denn sie selbst ist von der Kinderkrankheit gezeichnet…
Historische Begebenheiten wie die Polioepidemie, das politische System der DDR, die Einheitspartei SED, die Luftbrücke sowie die generelle Trennung von Ost und West werden brillant in die Handlung eingewoben.
Der Schreibstil ist mitreißend und flüssig, die Seiten flogen für mich nur so dahin. Mir haben erneut das Setting sowie die einzelnen Figuren sehr gut gefallen. Die Verlagerung des Schwerpunkt auf Lissi ist gut gelungen, ich hätte mir lediglich gewünscht, mehr von Theodor zu erfahren. Dieser hatte in Band 3 ja eine recht große Rolle eingenommen und taucht in diesem Teil dann leider nur als Randfigur auf. Ich hätte gerne gewusst, wie es ihm ergangen ist.
Dies ist aber nur ein kleiner Wermutstropfen und insgesamt habe ich großartige Lesestunden in der Kinderklinik verbracht und bewundere die Einarbeitung der historischen Fakten, welche erneut durch das Nachwort abgerundet werden. Auch die Kinderklinik selbst basiert auf historischen Begebenheiten und ist mittlerweile leider ein Lost Place.

Mein Fazit: Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung für die gesamte Buchreihe. Es geht um starke Frauen, medizinische Geschichte und mitreißende Schicksale mit einem Happy End. Von mir gibt es auch für den letzten Band 5 von 5 Sternen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.02.2024

Neue Wege

Kinderklinik Weißensee – Tage des Lichts (Die Kinderärztin 3)
0

„Sie hätte nie geglaubt, dass sie, das einstige Waisenkind, es einmal so weit bringen würde. Man durfte sich vom Leben nicht unterkriegen lassen und musste unbedingt an die Liebe glauben.“

„Kinderklinik ...

„Sie hätte nie geglaubt, dass sie, das einstige Waisenkind, es einmal so weit bringen würde. Man durfte sich vom Leben nicht unterkriegen lassen und musste unbedingt an die Liebe glauben.“

„Kinderklinik Weißensee - Tage des Lichts“ ist der dritte Band der „Die Kinderärztin“-Reihe von Antonia Blum. Er erschien im September 2022 im Ullstein Verlag.
Berlin, 1929: Während in der Gesellschaft die politische Radikalisierung nach rechts beginnt, setzen sich Emma und Marlene weiterhin für die Kinder in der Klinik ein. Für Marlene steht dabei eigentlich die eigene Familienplanung im Vordergrund, bis sie von dem neuen Mittel Penicillin erfährt und daran zu forschen beginnt. Emma ist währenddessen mit ihrem Sohn Theo beschäftigt, der radikale Freunde findet und sich mehr und mehr von seiner Familie distanziert.

Obwohl das Lesen der vorherigen Bände der Buchreihe für mich schon einige Zeit zurücklag, fand ich recht schnell in die Geschichte zurück. Seit dem zweiten Band sind einige Jahre vergangen und wir befinden uns im turbulenten Jahr 1929. Die politische Lage ist schwierig, die Menschen versuchen den Krieg zu vergessen, zeitgleich haben sie durch die Weltwirtschaftskrise finanzielle Sorgen und Probleme…
Die beiden Schwestern sind weiterhin an der Kinderklinik tätig und in ihren Positionen aufgestiegen. Jede lebt ihr eigenes Leben und während Marlene noch immer ihren Platz im Leben sucht, ist Emma mittlerweile selbstsicher und angekommen. Was Emma und Marlene aber weiterhin gemeinsam haben, ist der hochengagierte Einsatz für die kleinen Patienten.
Marlenes Einsatz geht dabei sogar so weit, dass sie nur noch von Termin zu Termin hetzt und kaum noch Erholung findet. Nach einem erschreckenden Ereignis beschließt sie daher, sich zunächst auf die eigene Familie zu konzentrieren. Kinder möchten sie und Maximilian nämlich in jedem Fall und vielleicht klappt es ja, wenn Marlene ausgeruhter ist. Obwohl Marlene diesen Entschluss genauso getroffen hat wie Max, kann sie sich nur schwer damit abfinden. Zu sehr hängt sie an der Medizin und der Forschung und vollständig um sie geschehen ist es, als ein befreundeter Professor von der Neuentdeckung des Penicillins berichtet. Mir haben Marlenes Enthusiasmus und Tatkraft wieder einmal unendlich gut gefallen. Sie ist eine moderne junge Frau und obwohl ihr die Familie durchaus wichtig ist, kann sie eben nicht aus ihrer Haut heraus. Entgegen der immer noch konventionellen Ansichten über die Rolle der Frau ist sie eben mit Leib und Seele Ärztin, herumsitzen bekommt ihr einfach nicht…
Auch Emma setzt sich als neue Oberschwester stark für die Kinderklinik ein. Sie hat dabei ebenfalls sehr viel um die Ohren, beobachtet die Entwicklungen im Pflegepersonal kritisch und übersieht dadurch zum Teil die Probleme ihrer eigenen Kinder. Wie schon in den ersten beiden Bände kann ich mich mit Emma nicht ganz so gut identifizieren wie mit Marlene. Dennoch ist sie aber eine liebenswerte und mutige Figur, die sich mit aller Kraft für ihre Lieben und ihre Patienten einsetzt.
Als dritte Erzählperspektive kommt in diesem Band die Sicht von Theodor, Emmas Sohn, vor. Er hat durch einen Schulwechsel Probleme. Seine eher sozialdemokratischen Ansichten sind unerwünscht und führen zu Ausgrenzung und Mobbing. Die politische Radikalisierung in Richtung Nationalsozialismus wird hier deutlich und anschaulich beschrieben. Theodors Weg hat mich in mehrfacher Hinsicht sehr beeindruckt. Zunächst rutscht er in sein neues Umfeld ab, empfindet die gepedigten Werte als angemessen und das, obwohl er eigentlich aus einer sehr aufgeklärten und politisch gut informierten Familie stammt. Er spät kann er sich von den Nationalsozialisten wieder abwenden, dennoch bewundere ich ihn für diesen Schritt sehr.
Unpassend war für mich im Roman lediglich das Auftauchen von Marlenes und Emmas Vater. Seine Rolle für die Handlung erschließt sich mir nicht und letztlich wirkt es ein bisschen wie eine seitenfüllende Nebenhandlung.
Antonia Blum thematisiert in ihrem Roman brillant mehrere historische Themen - sie greift die Weltwirtschaftskrise auf; zeigt, wie sich die Gesellschaft polarisierte; erläutert die Ängste der Bevölkerung; stellt die Penicillinentwicklung dar und stellt dabei natürlich die Rolle der Frau in den Mittelpunkt der Geschichte. Historische Fakten sind dabei unkompliziert in die Handlung eingewoben und spielen eine zentrale Rolle, ohne dabei zu erschlagen oder langweilig zu wirken.
Am Romanende gibt es zudem eine entsprechende Einordnung der Ereignisse, was mir sehr gut gefallen hat.

Mein Fazit: Für mich war der Roman insgesamt absolut spannend und mitreißend. Ich habe mich sehr gerne in die Geschichte fallen lassen, die mit ihren Figuren und der brillanten Einarbeitung des historischen Kontexts überzeugt. Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung und 5 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.01.2024

Grenzen

Lass das!
0

„Auch Leute, die sehr nett mit ihrem Hund umgehen möchten, müssen Grenzen setzen, selbstverständlich!“

„Lass das! Hunden freundlich Grenzen setzen“ ist ein Sachbuch von Sonja Meiburg. Es erschien im Februar ...

„Auch Leute, die sehr nett mit ihrem Hund umgehen möchten, müssen Grenzen setzen, selbstverständlich!“

„Lass das! Hunden freundlich Grenzen setzen“ ist ein Sachbuch von Sonja Meiburg. Es erschien im Februar 2021 im Kosmos Verlag

Ja, Grenzen im Leben müssen sein. Auch im Hundeleben und ganz sicher auch im Leben von Mensch und Hund. Manche Regeln sind dabei eindeutig - nicht das Reh hetzen und niemanden beißen zum Beispiel. Andere sind sehr individuell - nicht auf das Sofa und nicht in die Küche gehen könnten dabei individuelle Grenzen sein.
Dass Grenzen gebraucht werden und dass diese individuell sein können steht also nicht zur Diskussion. Die Frage ist nur: Wie kommuniziere ich meine Grenzen dem Hund, ohne dabei unfair zu sein? Für den Hund sind menschliche Grenzen erstmal wenig relevant. Mülleimer ausräumen, Rehe jagen und das Gemüsebeet umgraben sind in Hundeaugen nämlich wirklich eine witzige Sache! Und was Spaß macht ist erlaubt… Genau hier gehen Hunde- und Menschensicht aber eben auseinander und Sonja Meiburg beschreibt in ihrem Buch, wie Grenzen fair an den Hund kommuniziert werden können.
Sie beschreibt dabei ausführlich, warum Strafen für das Setzen von Grenzen nicht geeignet sind. Hierfür erklärt sie, wie Strafen korrekt einzusetzen wären, damit sie die gewünschte Wirkung erzielen. Gleichzeitig geht sie aber auch darauf ein, welche Nebenwirkungen und Falschverknüpfungen durchs Strafen entstehen können. Strafen ist insgesamt nämlich überhaupt nicht einfach und muss vor allem konsequent jedes Mal beim unerwünschten Verhalten ausgeführt werden. Alleine dies fällt den meisten Menschen schwer, denn an guten Tagen darf Fiffi an der Leine ziehen und an anderen Tagen ist es eben absolut unerwünscht…
Hauptsächlich wird aber im Buch natürlich darauf eingegangen, wie ich meinem Hund freundlich Grenzen aufzeigen und beibringen kann. Die Autorin beschreibt dafür, wie man für einen besseren Trainingseffekt erstmal die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von unerwünschtem Verhalten reduziert. Außerdem ist es wichtig, den eigenen Blick auf das positive und nicht auf das unerwünschte Verhalten zu legen. Was möchte man also eigentlich von seinem Hund?
So kann man bei Leinenaggression zum Beispiel erstmal Wege gehen, die nicht so stark von anderen frequentiert werden und das Problem unter möglichst kontrollierten Bedingungen angehen. Dann kann man sich überlegen, was der Hund machen soll anstatt den anderen Hund anzubellen (Alternativverhalten) und dieses Verhalten sinnvoll aufbauen und üben.
Dargestellt werden dazu auch anschaulich Belohnungen, Ablenkungen und sinnvolle Abbruchsignale (Stopp und Geschirrgriff). Auch hier ist natürlich der faire Aufbau essentiell und auch darauf wird eingegangen.
Ebenfalls nicht unterschlagen werden Hinweise darauf, was für Ursachen unerwünschtes Verhalten haben kann - Krankheiten, Erschöpfung, Stress, Tagesgestaltung werden daher ebenfalls besprochen.
Für mich ist das Buch sinnvoll und verständlich aufgebaut. Die Trainingsansätze sind anschaulich erklärt und lassen sich gut umsetzen. Immer wieder gibt es Fallbeispiele aus den Erlebnissen der Hundetrainerin und Tippkästchen mit wichtigen Informationen runden das Buch ab. Sehr gut gefallen hat mir auch, dass das Strafen nicht einfach als blöd dargestellt wird, sondern sachlich und fundiert auf die Regeln beim Strafen eingegangen wird. So werden die Argumente für den fairen und bedürfnisorientierten Umgang mit dem Hund gut untermauert und die Herangehensweise von Sonja Meiburg entsprechend bestärkt.

Mein Fazit: „Lass‘ das“ ist ein sehr gutes Buch, das den Umgang mit fairen Grenzen im Hundetraining beschreibt und einen Weg aufzeigt, wo man als Hundehalter ansetzen kann. Natürlich ersetzt das Buch bei großen Problemen keinen professionellen Hundetrainer, aber es kann definitiv ein guter Einstieg sein und den Umgang von Hund und Halter verbessern bzw. unterstützen. Von mir gibt es also eine klare Leseempfehlung und 5 von 5 Sternen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.01.2024

Bund der Frühlingstöchter

Das Pensionat am Holstentor: Frühlingstöchter
0

„Es ist löblich, dass du ehrlich bist. Aber du darfst dein Herz nicht auf der Zunge tragen. Von einer wohlerzogenen jungen Dame wird erwartet, dass sie sich stets in Zurückhaltung übt und die Contenance ...

„Es ist löblich, dass du ehrlich bist. Aber du darfst dein Herz nicht auf der Zunge tragen. Von einer wohlerzogenen jungen Dame wird erwartet, dass sie sich stets in Zurückhaltung übt und die Contenance bewahrt.“

„Das Pensionat am Holstentor - Frühlingstöchter“ ist der erste Band der Hostentor-Dilogie von Anne Perbandt. Er erschien im Juni 2023 im Rowohlt Verlag.

Für mich passt in diesem historischen Roman einfach alles! Von der ersten Seite an, war ich gefesselt von Noras, Henrys und Gesches Geschichte.
Die Handlung spielt in Lübeck im Jahr 1899. Nora von Jagow ist für ein Mädchen ihrer Zeit eher untypisch. Anstatt zu sticken ist sie viel lieber an der frischen Luft unterwegs, reitet gern und ist insgesamt eher ein Wildfang. Da ihr Bruder Henry das heimische Gut für einige Zeit verlassen muss, wird Nora auf ein Mädchen-Pensionat geschickt, auf dem sie weibliche Manieren erlernen soll. In Lübeck angekommen kreuzen sich direkt die Wege aller Hauptfiguren. Henry und Nora lernen Gesche kennen, die eine Stelle als Lehrerin im Pensionat bekommen möchte. Gesche rettet Nora aus einer recht unglücklichen und gefährlichen Situation und erkämpft sich so einen Platz im Herzen der von-Jagow-Geschwister. Im Pensionat lernt Nora schnell Freundinnen kennen, doch ihren Jugendfreund Karl, den Stallknecht des Guts vergisst sie darüber nicht…

Anne Perbandt thematisiert in ihrem Roman die Rolle der Frau zum Ende des 19. Jahrhunderts sowie die damals noch vorherrschenden Standesunterschiede und -dünkel.
Hierfür gestaltet sie absolut authentische und zeittypische Figuren, die zum Teil stereotyp für entsprechende Rollen stehen. So sind Nora und Gesche die jungen Frauen, die nicht der gesellschaftlichen Norm folgen, sondern aus ihr ausbrechen. Gerade Nora fällt es schwer, sich an gesellschaftliche Regeln zu halten. Gesche hat im Leben natürlich schon mehr erfahren als Nora und kann sich entsprechend besser anpassen. Nichtsdestotrotz ist sie aber jemand, der unkonventionell denkt und der sich für die Bildung von Frauen einsetzt. Mit dieser Einstellung eckt sie entsprechend auch im Pensionat an, denn die Pensionatsleiterin ist von der ganz alten Schule und hält nichts davon, dass mittlerweile auch Mädchen in naturwissenschaftlichen Fächern und Leibesertüchtigung unterrichtet werden sollen. Geschickt webt die Autorin hier historische Fakten bezüglich des Schulsystems der damaligen Zeit ein. Dieses befand sich in der Entwicklung und die Schulbildung der Mädchen wurde zentral erweitert.
Auch die Liebe kommt als zentrales Thema nicht zu kurz. Unstandesgemäß beginnt sich zwischen Henry und Gesche eine Verbindung zu entwickeln, die nach damaligen Ansichten nicht existieren darf. Auch Nora hat Gefühle für Karl, die ebensowenig standesgemäß sind. Die daraus entstehenden Konflikte werden im Roman gut aufgezeigt und sorgen für eine gute Prise Spannung.
Gefallen hat mir zudem die enge Freundschaft und der Zusammenhalt der Mädchen im Pensionat. Schnell findet sich Nora hier ein und auch innerhalb der Viererclique werden Standesunterschiede immer wieder deutlich. Auch das Schicksal von jungen Frauen, die ohne Familie aufwachsen wird in Noras Freundeskreis aufgezeigt. So hat Fanny als Waise kaum eine Chance, als ihr unerwartet ein unfreiwilliger Heiratsantrag gemacht wird…
Die Erzählperspektive wechselt zwischen Henry, Nora und Gesche. Kurzzeitig wird auch aus personale Erzählperspektive von Noras und Henrys Vater berichtet. Gefühle und Gedanken der Hauptfiguren werden so unkompliziert vermittelt und es ergibt sich ein schlüssiges Gesamtbild der Handlung.
Der Schreibstil der Autorin ist ebenfalls im gesamten Roman wunderbar flüssig und bildhaft. Szenen, Figuren und Handlungsorte werden brillant beschrieben und schnell entsteht das Gefühl, selbst mitten im Geschehen zu sein.

Mein Fazit: Mich hat der Roman von Anna Perbandt absolut begeistert. Ich mochte einfach alles - die Liebesgeschichten, das Pensionsatsfeeling, die Freundschaft der Mädchen, das Setting… - und freue mich unglaublich auf die Fortsetzung! Von mir gibt es also 5 von 5 Sternen und eine klare Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere