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Veröffentlicht am 02.04.2023

Fantasievolles Abenteuer

Kami & Mika – Die phantastische Reise nach Wolkenhain
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Als die Zwillinge Mika und Kami eines Tages in ihrem Kinderzimmer sitzen, fliegt plötzlich ein merkwürdiger rosa Teppich durch ihr Fenster. Neugierig wie die beiden sind, fassen sie ihn an und werden von ...

Als die Zwillinge Mika und Kami eines Tages in ihrem Kinderzimmer sitzen, fliegt plötzlich ein merkwürdiger rosa Teppich durch ihr Fenster. Neugierig wie die beiden sind, fassen sie ihn an und werden von ihm umschlungen. Der Teppich, der sich später als die Zunge eines Chamäleons entpuppt, nimmt sie mit nach Wolkenhain. Wolkenhain, eine Welt über den Wolken, ist magisch. Hier gibt es Früchte, die danach schmecken, was man sich wünscht, fliegende Kühe und sprechende Häuser.

Während die Geschwister zunächst nur staunen und diese neue Welt entdecken, müssen sie schon bald selbst tätig werden. Denn das Chamäleon, der Wächter von Wolkenhain, hat seine Farbe verloren. Um ihm zu helfen, sie wiederzukriegen, begeben sich Mika und Kami auf ein Abenteuer.

Langweilig wird es jungen Leserinnen bei der Lektüre des Romans ganz sicher nicht. Die Reise der beiden Geschwister ist spannend und fantasievoll. Mit Wolkenhain eröffnet sich eine ganz andere Welt, in der es nicht nur für die beiden Protagonisten, sondern auch für alle Lesenden viel zu entdecken gibt. Die tollen Illustrationen von Ayse Klinge tragen außerdem dazu bei, dass man zwischendurch innehält und die Geschichte noch besser auf sich wirken lassen kann.

Insgesamt ein schönes Kinderbuch, das sogar großen Leser
innen Freude bereitet.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Georg Baselitz und mehr

Raumfahrer
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Lukas Rietzschel gelingt es mit seinem neuen Roman Raumfahrer wie schon mit seinem Debütroman, die ostdeutsche Geschichte und die Schicksale der Menschen des Ostens festzuhalten und nachzuzeichnen.

Der ...

Lukas Rietzschel gelingt es mit seinem neuen Roman Raumfahrer wie schon mit seinem Debütroman, die ostdeutsche Geschichte und die Schicksale der Menschen des Ostens festzuhalten und nachzuzeichnen.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Da ist zunächst Jan, der in einem Krankenhaus arbeitet, das bald schließen wird. Das Schwimmbecken ist schon leer, das Linoleum ausgeblichen und die Natur erobert sich das Gebäude langsam zurück. Jan lebt mit seinem Vater zusammen, der arbeitslos ist und sich allabendlich vier Bierflaschen auf der Heizung aufwärmt. Trostlosigkeit, Verfall, Arbeitslosigkeit, Armut und Leerstand bestimmen Jans Umfeld. Als ihm einer der Stammpatienten ein Passfoto zeigt, beginnt für Jan eine Reise in die Vergangenheit.

Rietzschel verbindet Jans Geschichte mit der Kindheit und Jugend Georg Baselitzs, aber vor allem auch mit dem Leben von dessen Bruder Günter. Nachkriegszeit und Nachwendezeit, DDR-Vergangenheit und Gegenwart gehen ineinander über. Die Charaktere sind dabei durch die Grenzen, die ihnen die Zeit setzt, gefangen. Sie sind Raumfahrer, schweben durch Zeit und Raum und können sich nicht losreißen, weder von ihrem Schicksal, noch von ihren Erinnerungen und Entscheidungen.

Lukas Rietzschel hat einen starken und lesenswerten Roman geschrieben, der die Rolle des Autoren als wichtige, junge, literarische Stimme des Ostens festigt.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Junge verschlingt Universum

Der Junge, der das Universum verschlang
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Der Protagonist des Romans Eli Bell ist zu Beginn der Geschichte zwölf, wächst in einem trostlosen und heruntergekommenen Vorort von Brisbane auf und ist mit Slim befreundet, einem verurteilten Mörder, ...

Der Protagonist des Romans Eli Bell ist zu Beginn der Geschichte zwölf, wächst in einem trostlosen und heruntergekommenen Vorort von Brisbane auf und ist mit Slim befreundet, einem verurteilten Mörder, der schon mehrmals aus dem Gefängnis geflohen ist.
Elis Bruder August spricht nicht mehr und schreibt stattdessen nur noch Sätze mit dem Finger in die Luft, die Eli für alle anderen übersetzt.
Die beiden Brüder haben den Drogenentzug ihrer Mutter miterlebt und mussten nicht nur aufeinander aufpassen, sondern auch auf die Erwachsenen um sie herum.
Als Eli erfährt, dass seine Mutter und ihr Lebensgefährte Lyle in den Drogenhandel verwickelt sind und als Lyle kurze Zeit später entführt wird und die Mutter ins Gefängnis muss, ändert sich das Leben der beiden Jungen schlagartig. Doch Eli weigert sich, den für ihn vorgezeichneten Weg zu gehen und stellt sich dem Schicksal in die Quere.

Damit ist zwar der Inhalt kurz zusammengefasst, aber das alleine reicht bei diesem Roman nicht. Denn der Roman ist in erster Linie die Geschichte eines Jungen, der die Trostlosigkeit, die Gewalt, die Drogen und das Graue um ihn herum mit den Farben seiner eigenen Fantasie vermischt.
Nur durch Elis ganz besondere Sicht auf die Welt, ist es überhaupt möglich, dass die Geschichte trotz ihrer schwierigen Themen nie erdrückend wirkt. Stattdessen findet sie einen Weg, die Kindheitstraumata der beiden Brüder auf lyrische, poetische und magische Weise wiederzugeben. Die Grenzen zwischen Wahrheit und Fantasie fließen ineinander und machen diesen Roman zu einem besonderen Leseerlebnis.

Ich habe einen Kritikpunkt, der sich allerdings nicht auf den Roman selbst bezieht, sondern auf den deutschen Titel. Es hätte meiner Meinung nach in Bezug auf die Geschichte viel mehr Sinn ergeben, wenn man den englischen Titel wortwörtlich übersetzt hätte: Junge verschlingt Universum.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Ein Gedichtband, der nachhallt

Skizze vom Gras
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Silke Scheuermanns Gedichte stehen im Zeichen der Natur, der Kunst und Künstlichkeit, der (Neu-)Schöpfung und des Verlustes.

Bereits das erste Gedicht Die Ausgestorbenen benennt mit seinem Titel Themen, ...

Silke Scheuermanns Gedichte stehen im Zeichen der Natur, der Kunst und Künstlichkeit, der (Neu-)Schöpfung und des Verlustes.

Bereits das erste Gedicht Die Ausgestorbenen benennt mit seinem Titel Themen, die in dem Band immer wieder zur Sprache kommen, nämlich das Artensterben, die Verdrängung der Natur und der Verlust von Vielfalt. Lebensräume werden zerstört, Neubaugebiete, Umgehungsstraßen und Kraftwerke ersetzen die Natur.

Im Kapitel Zweite Schöpfung wird dieses Thema vertieft, indem ausgestorbene Arten wie das Zwergmammut, der Sibirische Tiger oder die Wandertaube in den Mittelpunkt der Gedichte gestellt werden. Der Mensch versucht diese Arten in Laboren wieder zum Leben zu erwecken, doch die entstehenden Neuschöpfungen sind nur eine Illusion und ein schwacher Ersatz für das Verlorene wie die folgenden Verse bezeugen: “Du also in einem Heute/lebst, das seine eigene Illusion darstellt?”.

Das Gedicht Skizze vom Gras beschreibt abschließend eine Welt, in der sich sogar das Ministerium für Pflanzen auflösen musste, da die Erde nicht mehr genug Arten beherbergt. Selbst Gärten sind auf die Vertikale reduziert worden. Was bleibt, ist Gras und einige Gemälde, die Zeugnis von ehemaligen Naturlandschaften ablegen.

Ein lesenswerter Gedichtband, der lange nachhallt!

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Tiefsinnig, komisch, melancholisch

Der heilige King Kong
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James McBrides Roman "Der heilige King Kong" nimmt den Leser mit ins Brooklyn des Jahres 1969 und erzählt von strukturellem Rassismus, Kriminalität und sozialer Ungerechtigkeit.

Der Protagonist der Geschichte ...

James McBrides Roman "Der heilige King Kong" nimmt den Leser mit ins Brooklyn des Jahres 1969 und erzählt von strukturellem Rassismus, Kriminalität und sozialer Ungerechtigkeit.

Der Protagonist der Geschichte ist Sportcoat, Bewohner einer New Yorker Sozialsiedlung, ehemaliger Baseballtrainer, Deakon der Five Ends Baptist Church, handwerklich begabt und verwitwet. Sportcoat trinkt gerne und viel, insbesondere den von seinem Freund gebrauten Schnaps, der von allen King Kong genannt wird. Eines Tages dann schießt Sportcoat plötzlich auf Deems, einen neunzehnjährigen Drogendealer, den Sportcoat in der Sonntagsschule unterrichtet und im Baseball trainiert hatte. Niemand weiß, wieso und Sportcoat selbst behauptet standhaft, er könne sich an nichts erinnern.

McBride entlarvt mit diesem Roman den American Dream als Farce, indem er über diejenigen schreibt, deren Leben durch gesellschaftliche Strukturen und soziale Ungerechtigkeit, durch die Familiensituation, die Hautfarbe, Gewalterfahrungen, Drogen und Alkohol schon vorbestimmt sind. Über diejenigen, die jeglicher Möglichkeiten, Träume, Hoffnung und Perspektiven beraubt werden, die sich nicht von dem ihnen zugewiesenen Platz befreien können, die sowieso “früher oder später im Knast” landen.

Doch trotz dieses schweren Themas wirkt die Geschichte nicht erdrückend. Denn McBride versteht es, das Düstere und die Melancholie nie Überhand gewinnen zu lassen. Momente der Hoffnung und der Glaube an das Gute durchziehen den Roman. Der Zusammenhalt unter den Siedlungsbewohnern steht stellvertretend dafür. Der Autor findet ein gekonntes Gleichgewicht zwischen Schwere und Leichtigkeit und sogar einige Slapstick-Einlagen lassen das Erzählte dabei nie ins Lächerliche abrutschen, sondern tragen dazu bei, dass die Trostlosigkeit auszuhalten ist.

Der Roman ist tiefsinnig, komisch, teils melancholisch, doch immer hoffnungsvoll und verspricht mit seiner Vielschichtigkeit, Farbenvielfalt und mit seinen schrägen Charakteren ein unvergessliches Leseerlebnis.

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