Bas Kleinhout hat mit "Vom Glück, besonders zu sein" ein tolles Kinderbuch mit einer wichtigen Message geschrieben. Lilu, die kleine Marienkäfer-Protagonistin, hat keine Punkte. Ganz im Gegensatz zu allen ...
Bas Kleinhout hat mit "Vom Glück, besonders zu sein" ein tolles Kinderbuch mit einer wichtigen Message geschrieben. Lilu, die kleine Marienkäfer-Protagonistin, hat keine Punkte. Ganz im Gegensatz zu allen anderen Marienkäfern! Etwas scheint mit ihr nicht zu stimmen und Lilu wäre am liebsten wie alle anderen. Doch dann trifft sie auf den Mistkäfer, der auch keine Punkte hat. Und durch das Treffen lernt sie, dass es doch ganz schön ist, anders zu sein.
Die jungen Leser*innen lernen durch die Geschichte, dass Anderssein nichts Schlechtes ist, im Gegenteil. Es kommt nur darauf an, wie man sein Anderssein wahrnimmt. So eine wichtige Message kann man Kindern gar nicht oft genug vermitteln.
Die Geschichte wird von schönen Illustrationen begleitet, die den Figuren liebenswürdige Formen verleihen. Sie haben mich teilweise an die Kinderbücher meiner eigenen Kindheit erinnert.
Insgesamt ein sehr schönes und empfehlenswertes Kinderbuch.
Die amerikanische Wildnis zu Zeiten der ersten Siedler. Ein Mädchen flieht. Vor was, das weiß man zunächst nicht. Sie ist alleine im Wald, hat Angst vor Männern, die man sicher auf sie gehetzt hat, friert ...
Die amerikanische Wildnis zu Zeiten der ersten Siedler. Ein Mädchen flieht. Vor was, das weiß man zunächst nicht. Sie ist alleine im Wald, hat Angst vor Männern, die man sicher auf sie gehetzt hat, friert und hungert. Und doch schlägt sie sich in dieser unwirtlichen und feindseligen Wildnis durch. Immer mit der Hoffnung, dorthin zu kommen, wo die Franzosen ihre Siedlungen haben. In der Hoffnung also auf ein besseres Leben.
Es scheint ja ein bisschen so, als wäre das ein literarischer Trend: Mädchen in der Wildnis, die sich alleine durchschlagen. Aber mit diesem Roman setzt sich Lauren Groff von der Masse ab. Denn sie hat eine Geschichte geschrieben, die zwar ein Mädchen auf ihrer Flucht durch die Wildnis begleitet und die doch so viel mehr ist als nur das.
Zunächst bricht der Roman mit jeglicher Romanitisierung des Lebens der ersten Siedler. Der amerikanische Traum, der hier seine Anfänge nahm, das Leben in Freiheit und Reichtum und die "City upon a Hill" wird als elendes, von Krankheiten, Siechtum, Armut und Hunger geplagtes Leben entlarvt.
Die Ankunft in der neuen Welt liest sich beispielsweise so: "...und trafen schließlich mit letzter Kraft am Ort ihrer Bestimmung ein, der Siedlung am James River, benannt nach ihrem König. Dort jedoch lag ein dichter, widerliche Rauch über dem Fort, und die Männer, die herauskamen und sie anstarrten, standen wie bleiche Skelette am Ufer. Aus ihren Mündern stieg noch mehr Rauch auf, Tabakrauch, der den beißenden Hunger lindern sollte, denn es herrschte bereits Mangel, wohin man blickte."
Der Fokus liegt dabei auf dem Leben der Frauen, die es besonders schlimm trifft, die keinerlei Freiheiten haben und die nicht selten ein Leben als Sklavinnen unter den Natives einem Leben unter den Siedlern vorziehen. Gleichzeitig ist die Angst vor den Männern ein roter Faden. Vor Vergewaltigung, vor Schmerz. "Die weite Wildnis" ist auch ein Buch darüber, was es hieß und was es heißt, in patriarchalen Strukturen als Frau zu (über-)leben.
Und schließlich lässt sich der Roman als ein Kommentar über unseren Umgang mit der Natur lesen. Dafür bricht trennt er zunächst Natur von Religion und mit Dogmen, die die Siedler in die neue Welt getragen haben und die fundamentaler Bestandteil der Besiedlung waren. ("Macht euch die Erde untertan" usw.).
"Keine Erlösung, denn Gott, den Erlöser, gab es nicht"
Der Roman ist für mich eine Absage an Gott, aber nicht an den religionsfreien Glauben. Er ist eine Ode an das Leben, an den Respekt vor der Natur und gleichzeitig keine Verherrlichung an das Leben des Menschen in der Natur.
Unbedingt hervorgehoben werden muss auch die Sprache, die so gewandt ist und in die man mit Freude eintaucht. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst der Übersetzerin Stefanie Jacobs.
Ein Dorf im Burgenland: Nincshof. Ein Dorf "mit einer Handvoll Häuser, zusammengerottet am Ende von Österreich". Jeder kennt jeden. Und jeder weiß alles vom anderen. Kaum ein Fremder verirrt sich je nach ...
Ein Dorf im Burgenland: Nincshof. Ein Dorf "mit einer Handvoll Häuser, zusammengerottet am Ende von Österreich". Jeder kennt jeden. Und jeder weiß alles vom anderen. Kaum ein Fremder verirrt sich je nach Nincshof.
Doch einigen Anwohnern ist selbst das nicht genug. Sie wollen, dass ihr Dorf vergessen wird. Dass Nincshof regelrecht von der Landkarte verschwindet. Um das zu erreichen, gründen sie den Oblivismus.
"Wir wollen, dass man Nincshof vergisst. [...] Komplett vergisst. Keiner soll sich mehr erinnern an unser Dorf."
Und die Oblivisten tun alles, um die Freiheit ihres Dorfes zurückzuerlangen: Sie löschen Wikipedia-Einträge, vernichten Lexika-Seiten in der Bibliothek, beseitigen Ortsschilder und entführen nicht zuletzt sogar eine schwangere Ziege.
Doch die Feinde der Dorffreiheit lauern überall und schließlich müssen die Oblivisten sich die Frage stellen, wie weit sie gehen können, gehen wollen, um für das zu kämpfen, was ihnen so am Herzen liegt.
Johanna Sebauers Roman ist eine unterhaltsame Lektüre, die an all diesen verregneten Sommertagen besonders viel Spaß gemacht hat. Schnell wachsen die urigen Dorfcharaktere einem ans Herz. Da ist zum Beispiel die Erna, die nachts alleine Poolparties im Garten ihrer Nachbarin feiert, mit der sie zerstritten ist. Oder Silvano, der eigentlich Städter ist, aber sich gleich als Nincshofer fühlt und seine Irrziegen (noch so ein grandioser Einfall Sebauers) mehr liebt als alles andere.
Diese Komposition aus schrägen Figuren, geistreichen Wendungen und Einfällen und einer Geschichte, die die Grenzen zwischen Legende und Wahrheit verwischt, ist absolut gelungen.
Ein kluger, geistreicher und origineller Dorfroman!
Er ist ausgeblieben. Der Enkelsohn, der Erbe, der Raìs. Der, auf den alle gewartet hatten. Der, der den traditionellen Thunfischfang auf der Insel anführen muss. Stattdessen: Ein Mädchen. Nora. Doch kann ...
Er ist ausgeblieben. Der Enkelsohn, der Erbe, der Raìs. Der, auf den alle gewartet hatten. Der, der den traditionellen Thunfischfang auf der Insel anführen muss. Stattdessen: Ein Mädchen. Nora. Doch kann ein Mädchen die Aufgaben eines Raìs übernehmen?
Aus Mangel an einer Alternative und weil der Raìs immer aus der selben Familie stammen muss, wird entschieden, ja. Und so wächst Nora in einer Welt auf, in der Traditionen, Regeln, Rituale, Aberglaube, aber gleichzeitig auch die Beziehung zur Natur und zum Meer ihr Leben bestimmen.
Es ist ein Leben, dass sie an die Insel bindet. Als Raìs ist sie eine Art Oberhaupt, trifft Entscheidungen und trägt Verantwortung. Ihr Schicksal ist in vielerlei Hinsicht fremdbestimmt. Außerdem muss sie sich behaupten, muss ihrer Rolle gerecht werden, muss all die Männer, die an ihr gezweifelt hatten, eines Besseren belehren. Germana Fabianos Protagonistin ist eine faszinierende Figur, weil sie sich zwischen Stärke, Anderssein, Einsamkeit und Sehnsüchten bewegt, weil sie nicht in grellen Tönen gezeichnet ist und trotzdem hervorsticht.
Und dann ist da noch die andere Protagonistin, nämlich die Insel, auf der die Geschichte spielt, Katria. Irgendwo bei Sizilien. Es ist ein Ort, an dem noch in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts Traditionen und Zusammenhalt das Leben aller prägen. Doch Veränderungen lassen nicht lange auf sich warten. Tourismus, Überfischung, Globalisierung und die ersten Flüchtlingsboote sind Anzeichen dafür, dass nichts so bleiben wird, wie es war.
"Mattanza" ist ein von Anfang bis zum Ende stimmiger Roman. Und das sowohl in inhaltlicher als auch in stilistischer und ganz besonders in sprachlicher Hinsicht. Germana Fabiano schafft etwas, was nicht vielen Autor*innen gelingt: Alles harmoniert miteinander, jedes Wort ist an seinem Platz, nichts ist zu viel, nichts zu wenig. Für mich ist dieser Roman eine wahre Entdeckung.
Last but not least: Eine grandiose Übersetzung von Barbara Neeb und Katharina Schmidt!
Für all diejenigen, die noch unentschlossen sind oder die aufgrund des riesigen Hypes skeptisch sind: Lest das Buch! Es lohnt sich, weil es einen wirklich zu fesseln vermag. Es ist die Art von Buch, bei ...
Für all diejenigen, die noch unentschlossen sind oder die aufgrund des riesigen Hypes skeptisch sind: Lest das Buch! Es lohnt sich, weil es einen wirklich zu fesseln vermag. Es ist die Art von Buch, bei der man abends anfängt zu lesen und dann gar nicht bemerkt, wie die Stunden langsam verstreichen, es immer später und später wird und die Müdigkeit irgendwie wie weggeblasen ist. Es ist die Art von Buch, die fantasievoll ist, die Spannung und Magie mit glaubhaften Charakteren verbindet. Die Art von Buch also, der es immer wieder bedarf, die nicht schwer oder problembeladen ist und stattdessen einfach Freude am Lesen bereitet.
Es geht um Violet, die eine Ausbildung zur Drachenreiterin beginnen muss. Eigentlich hatte sie sich auf eine Karriere als Schriftengelehrte vorbereitet. Doch als Sprössling einer Drachenreiter-Familie und Tochter der Generalin bleibt ihr keine Wahl. Nun heißt es für sie, zu Überleben. Denn das Auswahlverfahren ist brutal. Hinzu kommt, dass Violet durch Familienfehden Feinde unter den anderen Schülern hat, die sie von Beginn an ermorden möchten. Doch Violet beweist Stärke und überlebt entgegen aller Erwartungen...
Von mir eine große Empfehlung für DAS Buch des Sommers!