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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.02.2019

Tolles Setting, toller Stil

Die Dynastie der Maschinen
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June, eine junge Archäologin, erforscht die Herkunft eines mysteriösen Artefakts und macht dabei eine atemberaubende und sehr gefährliche Entdeckung. Unversehens gerät sie in einen uralten Krieg hinein. ...


June, eine junge Archäologin, erforscht die Herkunft eines mysteriösen Artefakts und macht dabei eine atemberaubende und sehr gefährliche Entdeckung. Unversehens gerät sie in einen uralten Krieg hinein. Den Krieg der Maschinen und muss um ihr Leben und um ihre Zukunft kämpfen. Und auch um die Zukunft der Maschinen.

Maschinenthriller? Hört sich gut an, dachte ich mir, als ich zum ersten mal etwas von diesem Roman hörte. Die Geschichte klang spannend und actionreich, brach aus, aus meinen sonstigen Lesegewohnheiten. Meistens verschlinge ich ja eher die High-Fantasy-Sparte. Und so stürzte ich mich ins Abenteuer rund um die Avtomaten und um June.

Ich fand gut in das Buch hinein. Dadurch, dass ich die Szenerie geworfen wurde, hatte ich kaum Gelegenheit Fragen zu stellen. Der Beginn mit June war einfach zu spannend. Generell muss ich sagen, dass mir die Aufteilung der Geschichte in zwei Erzählstränge sehr gut gefallen hat. Einmal befand ich mich in der Gegenwart, in Junes Wirklichkeit. Der andere Strang handelte von Peter, seiner (Wieder)erschaffung und seinem Leben im 18. Jahrhundert. Oder seinem Überleben. Ganz wie man es nimmt. Besonders diese Stimmung hat der Autor für mich sehr glaubwürdig eingefangen. Entfernt erinnerte sie mich an Hugo Cabret, einen Film, der auch von einer Maschine handelt.

Peter und seine „Schwester“ Elena waren mir aber ein bisschen näher als June, um ehrlich zu sein. Da hab ich gespürt, dass sie Leben wollten. Um jeden Preis. Und Peter wollte Elena um jeden Preis beschützen. Solche Gefühle wirken für mich ein bisschen stärker, denke ich. Elena hatte ich Vergleich zu Peter einen relativ schwachen Körper und ein Puppengesicht erhalten, mit dem sie sich nicht unter Menschen mischen konnte, ohne aufzufallen. Das man weggeschlossen und behütet irgendwann durchdreht, ist vorherbestimmt. Trotzdem fand ich ihre Dynamik sehr spannend – Geschwister eben.

Junes Erzählstrang hingegen war für mich eher actionlastig. Darin lagen die Thrillerelemente verborgen und ich hatte meinen Spaß auf der wilden Jagd. Aber ich muss auch zugeben, dass ich von June nie ein konkretes Bild vor Augen hatte. Im Gegensatz dazu fand ich die Idee des Autors mit den Artefakten, mit den Seelen der Maschinen, einfach nur grandios. Letztendendes wurde in dem Buch die Geschichte der Menschheit ein wenig neu erzählt.

Über das gesamte Buch hinweg zog sich der bestechende Schreibstil von Wilson. Teils düster, teils detailliert mit passenden Vergleichen, die mich den verschiedenen Charakteren näherbrachten. Durch seinen Stil öffnete sich mir die Story noch ein bisschen mehr. Die kurzen Kapitel und der ständige Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart tat ihr übriges dazu, dass ich diese Geschichte bald ausgelesen hatte.

Richtig gänzlich überzeugen konnte sie mich jedoch nicht. Ich weiß nicht, woran ich es festmachen soll. Vielleicht an June, die mir flach und eindimensional erschien über viele Seiten des Buches hinweg. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, das Buch weglegen zu können, ohne große Probleme damit zu haben und zu einem späteren Zeitpunkt wieder beginnen zu können.

Deshalb vergebe ich für das Buch vier Sterne. Für die Dynamik der beiden Erzählstränge, für den tollen Stil des Autor und für Peter und seine Zeit, die Wilson so bestechend geschildert hat.

Veröffentlicht am 09.01.2019

Charmelos

Spiel der Macht (Die Schatten von Valoria 1)
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Das Spiel der Macht von Marie Rutkoski

Zwei Möglichkeiten stehen der Tochter des ranghöchsten Generals von Valoria offen. Kestrel kann entweder heiraten oder der Arme beitreten. Doch als Künstlerin, ...

Das Spiel der Macht von Marie Rutkoski

Zwei Möglichkeiten stehen der Tochter des ranghöchsten Generals von Valoria offen. Kestrel kann entweder heiraten oder der Arme beitreten. Doch als Künstlerin, als Musikerin steht ihr nicht der Sinn nach Kämpfen oder nach dem Eintritt in die Armee. Ihre größte Freude ist das Musizieren. Auf dem Markt erwirbt sie einen Sklaven, der ein Geheimnis mit sich trägt …

Ich bin auf dieses Buch durch zwei Punkte aufmerksam geworden. Durch den militärischen Hintergrund und da mich interessierte, wie in diesem Buch die Sklavenhaltung dargestellt wird. Deshalb griff ich nach dem Buch. Man findet recht schnell in das Buch hinein und ist sich recht rasch klar, welche Ziele die Protagonistin verfolgt. Kestrel ist eine Künstlerin, die entgegen den Wünschen ihres Vaters Musik macht anstatt in die Armee. Sie rettet den Sklaven – auch seine Intention wird rasch ersichtlich, ohne jetzt zu viel verraten zu wollen. Wir haben also ein Couple und einen aufkeimenden Verrat. Check!
Genauso linear verläuft das Buch auch weiterhin. Jedenfalls war es für mich ganz gennauj so. Ich konnte ohne große Mühe erahnen, wie sich der eine oder andere Handlungsstrang entwickeln wird – das hätte man auch etwas spannender plotten können – man hätte nur an der ein oder anderen Stellschraube drehen müssen.

Positiv anmerken muss ich die Karte im vorderen Teil des Buches. Für mich sind solche Karten immer eine Augenweide und ein Baustein um tiefer in die Welt einzutauchen. Hier fand ich diese grafische Hilfe einfach passend. Besonders da für meinen Geschmack die Welt ein wenig spärlich dargestellt wird. Mehr Fokus wird auf die Dialoge gelegt und auf die Entwicklung der Beziehung zwischen Kestrel und dem Sklaven. Ich mag gute Charakterplots, die wirklich starke Entwicklungsfähige Personen hervorbringen. Leider hat das hier für mich nur zum Teil funktioniert. Besonders Kestrel blieb für mich blass und eindimensional, ihre Dialoge bisslos. Schade! Dabei wäre so viel Potential vorhanden gewesen. Aber auf mich wirkten die Unterhaltungen, die eigentlich den Plot voran peitschen sollten, so hölzern.

Der Stil generell ist locker und leicht. Viele Dialoge, zurückhaltend erzählt. Der richtige Schreibstil für Zwischendurch.

Ihr merkt es schon. Mich konnten weder die Geschichte, noch die Charaktere wirklich fesseln. Ich muss eingestehen, dass sie wirklich gute Ansätze verfolgt hat (es hörte sich auch wirklich spannend an!) – aber die Umsetzung konnte mich nicht mitreißen oder ganz und gar fesseln. Für mich war es kein Buch, um die Nächte durchzulesen. Es hat mich nicht abgeholt und keine Emotionen in mir geweckt.
Deshalb habe ich für dieses Buch auch nur knappe 3 Sterne übrig.

Veröffentlicht am 30.12.2018

Demokratie am Abgrund

Red Rising - Asche zu Asche
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Asche zu Asche – Red Rising von Pierce Brown

Zehn Jahre herrscht nun Demokratie. Doch statt dem Frieden, den Darrow eigentlich bringen wollte, hat er die Welten mit Krieg überzogen. Darrow muss sein ...

Asche zu Asche – Red Rising von Pierce Brown

Zehn Jahre herrscht nun Demokratie. Doch statt dem Frieden, den Darrow eigentlich bringen wollte, hat er die Welten mit Krieg überzogen. Darrow muss sein Leben und seine Familie in einer letzten großen Mission riskieren. Er glaubt nach wie vor, er könne jeden retten. Doch kann er auch sich selbst retten?

Die ersten drei Bände habe ich atemlos verschlungen. So schonungslos sie waren, so grandios stellten sie auch die Freundschaften, die Ehre und den Hass dar. Ich war gefesselt und fasziniert von der Message, die die Trilogie vermittelte. Für mich war es definitiv ein großes Highlight.
Jetzt habe ich den vierten Band vor mir liegen – und ich gebe zu, ich war skeptisch. Kann Brown an den famosen Erfolg von der ersten Trilogie anschließen oder verliert er sich in martialischen Schlachten im All und hitzigen Diskussionen im Senat?
Nun … wir erinnern uns, dass die letzten drei Bücher allesamt aus Darrows Sicht erzählt wurden. Eine Sicht. Ein Weltbild. Und eine Überzeugung. Das hat Brown in „Asche zu Asche“ verkehrt. Er führt mehrere Perspektiven ein und schaut aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf die brodelnde, kaum zehn Jahre alte Republik. Und es ist ihm gelungen. Der Schritt war mutig wie grandios. Es wird Zeit für neue Ansichten, die er uns mit den nicht immer mit Darrows Handlungen oder Mustangs Politik zufriedenen Charakteren konfrontieren. Oh wie habe ich sie genossen!
Natürlich sticht Darrows Perspektive heraus. Brown setzt ihn jedoch nicht als verehrbaren Helden in Szene, sondern so, dass sich der Leser mit seiner Liebe zu Darrow konfrontiert. War sie in der ersten Trilogie noch stark, wird sie hier durch einige Handlungen von Darrow auf den Prüfstand gestellt. Brown beschreibt nicht nur bei ihm eine spürbare Entwicklung der Figur, sondern auch bei allen anderen. Ephraim, ein Dieb, der noch immer unter dem Verlust einer geliebten Person aus dem Krieg leidet, oder Cassius und Lysander, die sich in den Randgebieten verborgen halten. Eine kleine Rote, die zwar aus den Erdlöchern hervorgezerrt wurde, doch nicht so frei ist, wie es den unterjochten Farben anfangs versprochen wurde.
Mit der Charakterkaskade arbeitet Brown wirklich grandios. Besonders Lysander und Eph haben mich begeistert. Generell ist ihm der Wechsel hin zu der Multi-POV sehr gut gelungen. Es verleiht einer Geschichte, die zuvor packend erzählt wurde, eine bisher ungeahnte Komplexität und Nähe zu den einzelnen Figuren. Ich habe jeden einzelnen verstanden, geliebt – und das ist für mich immer die halbe Miete. Er hat mit seinem Schachzug ein neues Level von Spannung erzeugt – nicht zuletzt dadurch, dass ich an jedem Kapitelende in ein Mini-Cliff hineinschlitterte und unbedingt wissen musste, wie es weitergeht.
Dass Brown Geschichten erzählen kann, weiß wohl jeder, der einmal ein paar Seiten von Red Rising gelesen hat. Dass er eine solch grandiose Geschichte jedoch auch fortsetzen kann, das ist eine Kunst, die nur wenige Autoren beherrschen. Pierce Brown ist es gelungen, eine Geschichte vom Willen nach Freiheit in eine Story über die Erhaltung brüchiger Demokratie zu verwandeln – die genauso atemberaubend ist, wie die ersten drei Bücher. Ich konnte das Buch schlicht und einfach nicht aus der Hand legen. Die Geschichte beschäftigte mich auch noch, wenn mir das Buch (okey, der Reader) schon längst vor Müdigkeit aus der Hand geglitten war und folgte mir in meine Träume.
Denn es geht nicht nur Weltraumschlachten und Krieg, sondern um Ehre, Freundschaft und das, was zwischenmenschliche Beziehungen alles ertragen, ohne zu zerbrechen. Eindrücklich, erschütternd und kraftvoll erzählt. Vielen Dank dafür, Brown.
Das ist übrigens nicht nur einer Empfehlung für alle Sci-Fi-Fans. Ich bin selbst nur bedingt einer. Jeder, der fantastischen Romanen etwas abgewinnen kann, sollte einen Blick in Browns Romane werfen und sich auf die Suche nach Freiheit und nach dem Sinn der Existenz begeben.

Veröffentlicht am 12.12.2018

Toller Auftakt

Eine besondere Begabung: Fluch der Schönheit
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Eine besondere Begabung – Fluch der Schönheit von Chris P. Rolls

Arlyn kann sich nur seines Namens entsinnen, als er in den Wäldern gefunden wird. Auf dem Germonshof im Freien Land findet er ein neues ...

Eine besondere Begabung – Fluch der Schönheit von Chris P. Rolls

Arlyn kann sich nur seines Namens entsinnen, als er in den Wäldern gefunden wird. Auf dem Germonshof im Freien Land findet er ein neues zuhause und eine neue Familie. Zunächst ziemlich schüchtern, taut Arlyn nur langsam auf, vor allen Dingen gegenüber seines Ziehbruders Piju offenbart er immer Öfter seine Gefühle. Doch ihn umgibt ein dunkles Geheimnis und eine außergewöhnliche Schönheit gleichermaßen – die ihm zum Verhängnis werden könnte.

Dieser Auftakt einer High-Fantasy-Reihe ist eine überarbeitete Version der auf einer Autorenplattform veröffentlichten gleichnamigen Geschichte. Eine besondere Begabung wurde komplett überarbeitet und neu durchgesehen.

Zunächst beginnt die Geschichte ordentlich dramatisch – und die Autorin fesselt den Leser schon mit dem ersten Kapitel. Well done, muss ich sagen – denn Arlyns Schicksal interessiert nun brennend. Wie mag es weitergehen? Das Besondere daran ist, dass dieses erste Kapitel dem Leser mehr Informationen gibt, als Arlyn im Verlauf des Buches über sein eigenes Schicksal sammelt. Das beschert einen Info-Überschuss und natürlich fiebert der Leser mit, wann Arlyn endlich seine wahren Fähigkeiten entdeckt, die magischen Fesseln abstreift. Und allein die Frage wirkt treibend durch die gesamte Geschichte.

Der Protagonist Arlyn erscheint mit verlorenem Gedächtnis und verlorener Fähigkeiten, von denen er nicht einmal etwas weiß, sehr schüchtern, scheu. Beinahe unterwürfig. Im Licht dessen, was ihm passiert ist und was ihn traumatisiert hat, ist das nur allzu verständlich. Er taut in seiner neuen sozialen Gruppe langsam auf und ich musste immer öfter über ihn lächeln. Gleichzeitig erhält der Leser immer wieder kurze Einblicke in sein früheres Leben. Find ich gut, so vergisst er nie, dass verborgene Mächte in Arlyn schlummern. Das Leben auf dem Hof wird sehr schön geschildert und ich begann mit Arlyn zu Leben und zu Lachen – und mich an den Charakter zu binden – und diese feste Bindung ist für das spätere Geschehen wichtig. Alles in allem ist Arlyn ein toller Charakter!

Die Nebencharaktere, allen voran Piju und Dravo haben mir auch ziemlich gut gefallen. Vor allen Dingen, da einer auch ein Geheimnis birgt. Die beiden an Arlyns Seite waren wirklich eine sehr angenehme Ergänzung.

Die Spannung baute sich von Beginn an auf und schnellte dann in der Mitte rasch nach oben. Gute Variante! Auch die Emotionen der einzelnen Charaktere werden wirklich gut beleuchtet. Da macht das Abtauchen in die Geschichte richtig Spaß.

Nun zu Arlyns außergewöhnlicher Schönheit. Es ist ein Merkmal von ihm, das Merkmal, auf dem die Geschichte zum Teil fußt. Diese Tatsache rechtfertigt es auch, dass Arlyns Aussehen und sein Erscheinen das ein oder andere Mal erwähnt werden. Aber ehrlich? Irgendwann sind meine Augen nur noch über die Passagen hinweg gehuscht, weil es einfach nichts neues mehr für mich war. Ich weiß, dass Arlyn überirdisch schön ist. Punkt.

Alles in allem ein toller Start in die Reihe. Ich hab das Buch sehr gemocht. Aufgrund der Kritik vergebe ich 4,5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.11.2018

Von Okkultismus und Schabernack

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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Wer kennt die Geschichte von Faust, dem Wissen und dem Teufel nicht? Kaum einer kann dies von sich behaupten, wurden wir doch alle mit dem Faust-Stoff in der Schule konfrontiert. In Knittlingen beginnt ...


Wer kennt die Geschichte von Faust, dem Wissen und dem Teufel nicht? Kaum einer kann dies von sich behaupten, wurden wir doch alle mit dem Faust-Stoff in der Schule konfrontiert. In Knittlingen beginnt das Schauspiel mit dem jungen Johann, der von Zauber und Gaukelei fasziniert ist – und von der jungen Margareth, die er immer wieder zu beeindrucken versucht. Und dann ist da auch noch der faszinierende Tonio, der Johann ein Angebot macht, das er kaum ausschlagen kann.

Zugegeben, ich hatte ziemlich hohe Erwartungen in den neuen Roman von Oliver Pötzsch – gerade weil er sich an den schwierigen, aber uns allen bekannten Faust-Stoff wagt. Ich war gespannt, wie er diese Geschichten und Legenden in ein unterhaltsames und lehhreiches Mittelalter-Werk zu packen gedenkt. Es ist ihm gelungen, so viel vor weg – mit dem ein oder anderen Wehrmutstropfen.
Vom Anfang war ich gebannt. Ich hatte direkt das Gefühl, nach Knittlingen teleportiert zu werden und an Johanns Seite Kunststückchen vorzuführen oder nach Wissen zu gieren. Auch der Protagonist Johann brachte alles mit, um eine liebenswerte Figur auszumachen, der man über knapp 800 Seiten folgen mag. Pötzsch würzte Johanns Jugendzeit noch mit einer gehörigen Portion Spannung, einer Prise Liebe und einem Spritzer Esoterik – alles in allem ein gelungener Trank, der mich in seinen Bann zog. Ich war bereit, mit Johann Georg Faustus auf die Reise zu gehen. Das liegt nicht zuletzt an Pötzsch‘ Art und Weise zu Schreiben und die Szene gekonnt zu entwerfen. Ich sah beständig einen Film vor meinen Augen ablaufen und lag stundenlang auf meinem Sofa, ohne auf die Zeit zu achten. Einfach toll! So bin ioch es aber um der Wahrheit Genüge zu tun auch von Pötzsch gewöhnt.
Jonglieren, Tricks und Schabernack, Hokuspokus und Horoskope gab es zur Genüge – und gerade diese Beschreibungen habe ich sehr genossen – Pötzsch beschreibt manche Tricks wirklich detailiert und farbenfroh – und mit einem amüsierten Augenzwinkern. Vieles war für mich neu – und gerade deshalb haben mich diese Abschnitte am besten unterhalten.

Johann, den ich zunächst für einen liebenswürdigen Protagonisten gehalten hatte, verlor durch sein Handeln und seine Gedanken viel von meiner ihm anfänglich entgegengebrachten Sympathie – gewann aber auch an Vielschichtigkeit. Selbst jetzt bin ich noch ein bisschen am Hadern, ob ich ihn nun eigentlich mochte oder eben nicht. Die Nebenfiguren wie der junge Scolast oder Karl Wagner mochte ich deutlich lieber und mit ihnen habe ich auch mehr mitgefiebert um ehrlich zu sein.

Johann verfolgte das gesamte Buch über der Okkultismus und die Teufelsanbetung – und ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob Pötzsch dem Buch einen magischen Touch verliehen hat oder ob er wirklich nur dem Aberglauben der damaligen Zeit und dem Stand der Forschung Rechnung getragen hat. Von beidem ein wenig, schätze ich mal. Für mich hat dieser Part nicht vollkommen hingehauen – vor allen Dingen ein Detail am Ende (nein, ich spoiler nicht!) war für mich ein wenig an den Haaren herbeigezogen, um Johann zu einer bestimmten Handlung zu verleiten.

Alles in allen entführt uns „Der Spielmann“ von Oliver Pötzsch in eine Zeit des Umbruchs. Ihm gelingt es vor meinen Augen die Welt des Aberglaubens und der Wissenschaft wieder auferstehen zu lassen – und dafür zolle ich ihm höchsten Respekt. Trotzdem hat für mich nicht alles gestimmt – deshalb vier rabenkrächzende Sterne. Ich bin gespannt auf den zweiten und letzten Teil.