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Veröffentlicht am 29.10.2017

Die Freundschaft hatte keinen Bestand

Snow
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Snow hatte es in ihrem bisherigen Leben nicht gerade leicht. Als Kind versuchte sie durch einen Spiegel zu gehen - natürlich mit fatalen, blutigen Folgen. Ihre Mutter lies sie aufgrund dieses Vorfalls ...

Snow hatte es in ihrem bisherigen Leben nicht gerade leicht. Als Kind versuchte sie durch einen Spiegel zu gehen - natürlich mit fatalen, blutigen Folgen. Ihre Mutter lies sie aufgrund dieses Vorfalls in den Psychatrische Anstalt Whittaker einweisen, wo sie ein abgeschottetes, reglementiertes Leben führt. Und dann kommt ein junger Mann, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt - nach Strich und Faden und Schneeflocke!

Wo soll ich beginnen? Wo soll ich enden? Zunächst - ich stehe dem Buch ein bisschen kritisch gegenüber. Nicht das Cover hat mich gereizt (ich bin kein Fan von Mädchen/Menschen auf den Covern, geschweige denn für ein solches Buch - dadurch wird ihm der Stempel aufgedrückt, kauf mich - ich bin ein Girlie-Buch), obwohl ich zueben muss, dass die frostige Aufmachung das Buch aufgewertet hat, wie zum Beispiel die Schneeflocken an den Kapitelanfängen. Da bekam ich schon ein wenig das Winter-Feeling, das wohl bei dem Buch auch gewünscht war. Aber genug zum Cover, der Inhalt zählt ja.

Zunächst mochte ich Danielle Paiges Schreibstil gerne. Er war einfach, aber ich bekam nicht das Gefühl, dass er plump wäre - sondern er hielt sich auf einem Niveau, auf dem ich gut in die Geschichte hereinfinden konnte. Paige nahm mich mit auf einen Pfad, auf dem ich ihr zu Beginn gerne folgte (wie Alice voller Neugierde dem weißen Kaninchen hinterherläuft!). Ich war also frohen Mutes vom Potential des Buches beeindruckt.

Zunächst gefiel mir auch die Story. Paige hatte als Anfang die Psychiatrie gewählt, was man nicht allzu oft in Büchern findet. Ich empfand den Einstieg als spannend und ungewöhnlich und fühlte mit der Protagonistin Snow mit, die ihren Alltag in der Klinik beschrieb und wie sie und die anderen Patienten versuchten, trotzdem noch ein bisschen Glitzer und Feenstaub in ihr Leben zu bringen. Bei Episoden wie der täglichen Tablettendosis, der sie einfach mal den Namen der sieben Zwerge verpasst hat, fühlte ich mich ihr sogar nahe. Ich hätte an ihrer Stelle ebenso Fluchtpläne geschmiedet! Doch als die Flucht endlich zu gelingen begann, bemerkte ich Ungereimtheiten und Plotlöcher, die mich störten. Das unprofessionelle Verhalten der Pflegerin z.B. - man hat gespürt, dass Paige die Handlung mit allen möglichen Mitteln voran treiben wollte - und dafür hat sie Inkonsistenz in der Handlung in Kauf genommen - Schade! Die Geschichte begann wirklich so gut!

Als sie dann den Sprung durch die Weltenmauer vollzogen hatte und auf die beiden Jungs traf, ertappte ich mich immer und immer wieder dabei wie ich kürzere Passagen überflog und mich förmlich zwingen musste, um weiterzulesen. Es war nicht so, als wäre die Geschichte vom einen Moment auf den anderen Langweilig geworden - aber plötzlich gingen mir Snows Eigenarten gewaltig auf die Nerven oder ihr verhalten gegenüber der beiden Jungs. Da hat sie bei mir auch einige Sympathiepunkte verloren. Die Geschichte hatte mich abgeworfen wie ein bockendes Pferd, das nicht einmal mehr mit einem leckeren Apfel zu besänftigen wäre.

Ich vergebe drei Sterne, aufgrund des tollen Anfangs (ja, ich fand ihn wirklich gut!) und aufgrund der eingängigen Sprache. Die Freundschaft zwischen Snow und mir war leider nicht von Bestand ...
Ich werde aus diesem Grund auch den nächsten Band wohl nicht zur Hand nehmen.

Veröffentlicht am 01.10.2017

Dreißig Jahre danach

Die Hexenholzkrone 1
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Seit dreißig Jahren regieren Simon und Miri auf dem Hochhorst. Mit Weisheit und Güte herrschen sie über das Land. Doch die Nornenkönigin droht, aus ihrem Schlaf zu erwachen. Dunkle Mächte greifen nach ...

Seit dreißig Jahren regieren Simon und Miri auf dem Hochhorst. Mit Weisheit und Güte herrschen sie über das Land. Doch die Nornenkönigin droht, aus ihrem Schlaf zu erwachen. Dunkle Mächte greifen nach dem Land und Prinz Morgan, der junge Thronerbe hadert mit seinem Schicksal. Die Freunde müssen ein letztes Mal zusammen stehen und den Kampf gegen das Dunkle gewinnen.

Oh wie habe ich gejubelt, als Williams seine Rückkehr nach Osten Ard verkündete. Mehr von Simon und Miri zu lesen und zu erleben, wie es weitergeht, ist wohl ein großer Traum jedes Osten Ard Fans, der deren Kampf verfolgt hat. Zum Glück musste ich nicht so lange warten wie manch anderer Fan - ich habe den Engelsturm erst im Frühjahr gelesen und hungerte folglich nach mehr!
Nur um so viel schon mal vorn weg zu nehmen. Ich wurde wahrhaftig nicht enttäuscht. Das ganze Buch hat sich das Gefühl von nachhause kommen gehalten, bei guten Freunden sein. Schon jetzt vermisse ich alte und neue Freunde schmerzlich und stehe schon in den Startlöchern für den nächsten Trip nach Osten Ard, für das nächste Abenteuer.

Schon auf den ersten Seiten hat mich dieses Gefühl, zuhause, bei Freunden zu sein, erfasst und wollte mich einfach nicht mehr loslassen, das ganze Buch über nicht. Obwohl Simon, Miri und ihr Hofstaat zu einem denkbar traurigen Anlass reisten. Doch ich fühlte mich wohl, habe jeden einzelne Seite genossen. Natürlich beginnt das Abenteuer in Osten Ard langsam und mit bedacht. Williams führt den Leser in eine gewandelte Welt ein, in dem halbwegs geordnete Verhältnisse herrschen und Miri und Simon gealtert sind und schon viele Schicksalsschläge erdulden mussten. Das merkt man ihnen an. Muss man auch - sie sind erwachsen geworden und haben Erfahrungen gesammelt! Trotzdem war ich gefesselt von ihrer Reise und der gewandelten Ordnung - und natürlich allen voran von Morgan, der seinen Weg noch nicht gefunden hat und auf seine ganz eigene Art und Weise versucht, mit all dem, was ihm begegnet und beschäftigt umzugehen. Ich denke, dass ist Tads Stärke - bei jedem anderen Halbwüchsigen hätte ich die Trunksucht als Schwäche abgetan und darüber die Nase gerümpft, doch Williams lässt auch hinter Morgans Fassade blicken, hinter sein sorgsam gepflegtes rüdes Image. Interessant! Und spannend! Doch auch Morgan wird bald lernen, was wahre Freundschaft bedeutet! Und als schließlich die alten „Gefährten“ wieder beieinander sind, Simon, Miri, Binabick, Eloair und all die anderen - ich hab mich gefühlt, als hätte mich die Runde auf ein Glas Gewürzwein ans Feuer geladen. Das Gefühl hat einfach von vorne bis hinten gestimmt.
Tad hat ein unglaubliches Talent Situationen und Orte zu beschreiben. Ich habe die Laternenbrücke oder den Horchhorst bildlich vor mir gesehen und mir so gewünscht, ebenfalls dort an diesem Ort zu stehen.

Bisher klingt alles sehr nach dem alten Osten Ard, oder? Doch wer „Das Herz der verlorenen Dinge“ gelesen hat, der weiß, dass auch die Nornen eine tragende Rolle in diesem Buch spielen. Doch sie sind nicht mehr die Schreckensgestalten, vor denen die Eltern ihre Kinder mit Gruselgeschichten warnen (gut, nicht nur). Tad hat sich viel Mühe gegeben, auch ihnen Tiefe und Struktur zu verleihe und ich muss zugeben, dass mich vor allen Dingen Viyeki fasziniert. Man fragt sich, ob sich Menschen und Nornen nicht an nähren. Dann wäre der Weg für ein Bündnis offen … Der endlich Frieden bringen könnte! Sowas ist in der Welt, die Williams nun geschaffen hat, durchaus denkbar! Und das fasziniert. Er schafft es, dass ich zumindest die Nornenkrieger in mein Herz schließe, und ich habe es erst bemerkt, als Viyeki schon längst einen Platz in meinem Herzen erobert hatte. Auch die Halb-Nornen haben einen Platz in ihrer Gesellschaft inne.

Tad Williams erzählt ausladend. Er packt Osten Ard voller Wunder. Auch mich wirkt sie plastisch und wunderschön, gefährlich, rau - ich liebe es, einzutauchen und nur schwer wieder den Weg zurückzufinden.
Ich empfehle es für all jene, die große High-Fantasy Geschichten lieben und mit einem langsamen Worldbuilding klar kommen. Ich liebe es!

Veröffentlicht am 01.10.2017

No Mourners, no funerals

Das Lied der Krähen
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„No Mourners, no funerals“
„Keine Klageweiber, keine Beerdigungen“

Kaz Breker, Dieb und Bandenführer, hat einen neuen Auftrag an Land gezogen, den gefährlichsten und lukrativsten Auftrag seiner Karriere. ...

„No Mourners, no funerals“
„Keine Klageweiber, keine Beerdigungen“

Kaz Breker, Dieb und Bandenführer, hat einen neuen Auftrag an Land gezogen, den gefährlichsten und lukrativsten Auftrag seiner Karriere. Damit der Coup gelingt, benötigt er natürlich die beste Crew, die es auf Ketterdams Straßen zu finden gibt. Doch spielt sein Auftraggeber kein falsches Spiel?

Das war das erste Buch von Leigh Bardugo, das mir zwischen die Finger gekommen ist. Zuvor erschien ja schon ihre Grischa Trilogie, die in der selben Welt und mit dem selben Magiesystem spielt, aber mehr Ähnlichkeiten bestehen meines Wissens nach nicht. „Das Lied der Krähen“ kann also bedenkenlos von Grischa-Neulingen wie mir gelesen werden.

Der Plot, so wie er oben dargestellt ist, klingt recht simpel - ein Diebstahl mit einer überschaubaren Anzahl an Bandenmitgliedern? Simpel! Wer das denkt, der liegt so weit daneben, wie Kaz Breker kein Chorknabe mit einer hübschen Tenorstimme ist!
Zunächst einmal erzählen das Geschichte einige Personen - neben Kaz kommen auch die anderen Crewmitglieder zu Wort, jedoch hatte ich keineswegs das Gefühl, durch die vielen Perspektivwechsel den Scharfschützen mit einem kleinen Spielproblem Jesper oder Wylan, den jungen Bombenbauer, weniger gut zu kennen als Kaz oder Inej, die gelenkige Diebin. Leigh Bardugo hat es geschafft, dass mir jeder Charakter ans Herz gewachsen ist und jeder Schicksalsschlag beinahe körperlich weh tat - da Kaz seine ganz eigenen verborgenen Dämonen mit sich herum trägt, Wylan ein Geheimnis birgt, für das ihn die Welt verhöhnt oder Jesper sich nicht ohne Grund nur mit den Händen an seinen Waffen wohl fühlt. Diese Geheimnisse werden Stück für Stück offenbart - und in diesem ersten Band der Duologie noch längst nicht alle. Trotzdem kam in mir das Gefühl auf, dass ich, während ich in den Seiten voran schritt, ein kompliziertes Puzzle löste, das mit jedem Teil eine neue Sichtweise auf das unfertige Bild eröffnete. Wahnsinn und Genie liegen vor allen Dingen bei Kaz sehr nahe beieinander. Und trotzdem mochte sie alle, da sie besonders sind, einzigartig und alle ihre kleinen Macken ganz abseits ihrer Geheimnisse und Sorgen haben. Wie gern würde ich in Ketterdam gemeinsam mit Inej und Nina sitzen und stapelweise Waffeln verspeisen, einfach, da sie von diesem gemeinsamen Vorhaben mit einer Wärme schwärmen, die mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lies. Einen besonderen Liebling habe ich nicht - Die Dynamik zwischen den Crewmitgliedern macht eigentlich das besondere an dem Buch aus. Und es würde mich schmerzen, wenn ich einen besonders hervorheben müsste.

Die Handlungsorte waren bombastisch. Vor allen Dingen liebe ich Ketterdam mit seinen düsteren -Gassen, seinem Hafen und der Gefahr, die dir immer über die Schulter schaut, wenn du durch die düstere Seitengassen schleichst. Bardugo hat es geschafft, eine ganz besondere Stimmung zu erzeugen, die mich fasziniert hat. Sie hat sowohl die gierigen Schatten der Stadt als auch die hellen Seiten dargestellt (nun gut, von den hellen Seiten etwas weniger, aber seis drum). Und auch der Diebstahl in der Eisfestung hoch oben im Norden war atemberaubend clever dargestellt.

Die Grundspannung in dem Roman baute sich von der ersten Seite an auf und hielt sich dann auch auf einem hohen Level. Manchmal blieb mir der Atem weg, wenn Kaz wieder einmal einen seiner unberechenbaren Momente hatte und ich nicht sagen konnte, was er als nächstes tun würde.

Das Magiesystem war gesprenkelt von wissenschaftlichen Einflüssen, was mir sehr gut gefallen hat. Einfach den Zauberstab schwenken und ein paar Worte murmeln kann ja jeder. In Bardugos Welt gibt es drei Arten von Magie, und je nachdem haben sie auch unterschiedliche Handlungsgebiete.

So, und was bedeutet nun die Überschrift? Tja, „Keine Klageweiber, keine Beerdigungen“ wünschen sie sich immer, wenn sie einen neuen Coup angehen. Und diese Worte bedeuten so viel für sie. Wenn es gut geht und das Buch berührt, bedeuten die Worte auch für den geneigten Leser viel. Für mich bedeuteten sie so viel, dass ich sie am Schluss leise mitgemurmelt habe, völlig gebannt und in der Hoffnung, dass sie sich bewahrheiten.
5 Sterne mit einem Lechzen auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 01.10.2017

Gute Ansätze, (zu) einfache Lösungen

Die Magie der Lüge
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Anderta Passario kann Wahrheit von Lüge unterschieden. Ihre Namensmagie ist die des Wahrheitsfindens. Umso entsetzter ist sie als sie eines Morgens erwacht und nichts mehr so ist, wie es einst war. Und ...

Anderta Passario kann Wahrheit von Lüge unterschieden. Ihre Namensmagie ist die des Wahrheitsfindens. Umso entsetzter ist sie als sie eines Morgens erwacht und nichts mehr so ist, wie es einst war. Und noch schlimmer - kein Mensch außer ihr scheint sich an die andere, verlorene Wirklichkeit erinnern zu können. Ihr einziger Anhaltspunkt ist der andere Wahrheitsfinder, den es auf der Welt noch gibt. Von ihm wird sie ihre gestohlene Wirklichkeit zurückfordern.

Die Magie der Lüge bildet den zweiten Band zu zur Magie der Namen. Ich muss ein paar Dinge vorn weg schicken: Als ich Magie der Namen las, war ich zunächst beeindruckt vom Ideenreichtum der Autorin. Die Magie, die Stellung in der Gesellschaft und das eigene Leben war an den wahren Namen gebunden, den ein Kind im Jugendalter mit der Namensweihe erhält und sich dementsprechend wandelt. Enttäuschter war ich jedoch vom Ende, das meiner Ansicht nach viel zu abrupt und abgeschnitten erfolgte und mich ein bisschen fassungslos zurückließ. Das Ende - selbst wenn man es als Cliffhanger betrachtet - hat mich nicht glücklich gemacht und ich legte das Buch mit einem faden Beigeschmack zur Seite. Was geschieht nun mit Tir und Rus? Und bleibt die Veränderung der Wirklichkeit ohne Folgen?

Genau diese Fragen bewegten mich, doch nach dem 2. Band zu greifen.
Die Bauchschmerzen, die ich vor der Lektüre des Buches hatte, legten sich nach den ersten Seiten. Eine neue Protagonistin wurde vorgestellt, durch deren Augen wir in diesem Buch die Welt (und auch ein oder zwei Wirklichkeiten) erleben werden. Um ehrlich zu sein - ich war erleichtert, ich mochte die Protagonisten aus dem ersten Band sehr, aber unbelastet in den zweiten einsteigen zu können, tat meiner Leserseele eigentlich ganz gut. Ich lernte An kennen, ihre Diebereien und begleitete sie und ihren Partner auf ihrer Reise durchs Land. Sie ist eine Wahrheitsfinderin und vollkommen schockiert, als sie eines Morgens in einer vollkommen fremden Wirklichkeit aufwacht. Ich musste oft schmunzeln, als sie vor den alltäglichsten Dingen erschrak oder versuchte, die gestohlene Wirklichkeit zu erklären und von ihrem Umfeld nur Unglauben erntete als wäre sie verrückt geworden. Ich kann mir vorstellen, dass es für sie ein hartes Stück Arbeit war, den anderen die andere Wirklichkeit begreiflich zu machen. An dieser Stelle konnte ich richtig mit An mit fühlen, auch als sie beschließt, den einzig anderen Wahrheitsfinder zur Rede zu stellen - Tirasan Polliander, mit dem auch ich noch ein Hühnchen (oder zwei) zu rupfen hatte. Ab Mitte des Buches gehörten Tir und Rustan mit zur bunten und größeren Crew, um das Abenteuer ihres Lebens zu erleben.
Spannend, aufregend, und die alten Helden sind auch wieder mit von der Partie, auf dem Weg die Fragen zu klären, die mir unter den Nägeln brennen! Was kann ich mir mehr wünschen? Und trotzdem fällt mir die Beurteilung sehr sehr schwer.
Keine Frage - Ich mochte es. Ich mochte es wirklich! Der Schreibstil und Nicoles flüssige, farbenfrohe Sprache hat mich mitgenommen auf das Abenteuer. Ich habe es in Rekordzeit gelesen - da mich die Charaktere gezogen haben. Ich wollte unbedingt wissen, wie sich ihre Geschichten verweben. Diese Frage hat mich durchs Buch geleitet.
Was hat mich denn nun gestört?
Mit der Wirklichkeit zu spielen erfordert eine wirklich stimmiges, bis ins kleinste Detail durchdachtes Worldbuilding. Und daran habe ich mich gestoßen. Die Welt war fantastisch, keine Frage. Aber ich habe mich an Details gestoßen. Ist Tir wirklich mächtig genug, um die Erinnerungen aller Menschen zu verändern? Müsste es da nicht auch eine ganz andere gesellschaftliche Struktur geben, um Kinder plötzlich in die Gesellschaft zu integrieren? Keine Frage, das war im Hintergrund alles irgendwo vorhanden, aber wirklich in den Vordergrund transportiert wurde diese Tatsache nicht. Und das soll nur ein Beispiel sein.
Außerdem fand ich die ein oder andere Plotwendung etwas unglücklich verständlich gemacht - da taten sich Löcher auf, mal klein, mal schon ein bisschen größer, die mich beim Lauf durchs Buch stolpern und inne halten ließen. Für mich war der Plot einfach nicht rund. Durch die Seitenzahl bedingt, ist mir vieles auch nicht ausführlich genug beleuchtet worden. Nicole wollte auch Tirs Gefühlswelt deutlich machen, was aber nur mäßig gelungen ist, da das Buch ja aus Ans Perspektive erzählt wird.

„Die Magie der Lügen“ empfand ich als deutlich besser als „Die Magie der Namen“ (das Vorgängerbuch war wirklich mit der heißen Nadel gestrickt!). Nicole Gozdek hat mich mitgenommen auf eine farbenfrohe Reise, mit einigen Löchern, in die ich nur gar zu gerne getappt bin. Deshalb vergebe ich 3,5 Sterne für dieses Buch.

Veröffentlicht am 24.09.2017

Außergewöhnlich düster, aber menschlich faszinierend!

Nevernight - Die Prüfung
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Mia ist noch ein kleines Kind, als ihre Welt in Scherben bricht. Ihr Vater vor ihren Augen erhängt, ihre Mutter und ihr kleiner Bruder eingesperrt ins düsterste Verlies, das Gottesgrab zu bieten hat und ...

Mia ist noch ein kleines Kind, als ihre Welt in Scherben bricht. Ihr Vater vor ihren Augen erhängt, ihre Mutter und ihr kleiner Bruder eingesperrt ins düsterste Verlies, das Gottesgrab zu bieten hat und sie selbst auf der Flucht. Aufgenommen von Mercurio, einem Assassinen, sinnt sie auf Rache an den Menschen, die ihr das angetan haben. Um ihre Ausbildung zu vollenden bricht sie zur Roten Kirche auf. Doch was sie da erwartet, schlägt ihre kühnsten Vorstellungen.

Nevernight spielt nicht den Moralapostel und es ist kein Buch, dass man eben mal so nebenbei liest. Ich wage sogar zu behaupten, dass man dieses Buch entweder hasst oder liebt. Man kommt nicht umhin, sich eine Meinung zu bilden. Für mich ist es schwer vorstellbar, dass die Handlung und die Charaktere einen Leser nicht tangieren. Ich persönlich liebe es, um diese Tatsache mal vorne weg zu schicken. Ich kann aber auch jeden verstehen, der dem Buch nicht so zugetan ist. Jay Kristoff hat mit Nevernight eine ausgeklügelte, in sich stimmige, düstere Welt geschaffen, in der starke Akteure um ihr Leben und für den Tod anderer kämpfen. Und er zwingt den Leser förmlich, mit den Charakteren zu fiebern. Schafft Mia es, Rache zu üben? Was ist mit den anderen? Kristoff hat mich umgarnt - und ich habe mich am Ende des Buches wirklich gefragt, was denn nun moralisch richtig oder vertretbar ist, denn ich konnte Mias Gefühle und Handlungen, so schrecklich sie im Laufe des Buches auch sein mögen, nachvollziehen.

Nevernight hat, wenn man es so bezeichnen will, drei erzählerische Ebenen. Die erste ist die des Erzählers, dessen Identität Rätsel aufgibt. Er erzählt Mias Geschichte. Immer wieder werden auch kleine Erinnerungspassagen eingestreut, die jedenfalls für mein Empfinden genau an der richtigen Stelle waren - sozusagen das Salz in der eh schon sehr köstlichen Suppe - und als letztes noch die Untertitel, die dem Leser die Welt und die Mythen und Legenden von Itreya näher bringen - mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus des Erzählers gewürzt. Manchen mag diese Aufteilung nicht zu sagen. Mir hat sie sehr gut gefallen, da der Fokus des Haupttextes auf Mias Geschichte lag, und der Leser, der die Muße hat, tiefer in die Geschichte der Welt einzutauchen, wurde mit einem unwillkürlichem Schmunzler belohnt. Ich muss zugeben, auch ich habe manche Untertitel nur angelesen, weil an manchen Stellen Mias Geschichte zu interessant war. Das kann jeder Leser halten, wie er möchte. Aber die Möglichkeit zum Nachforschen zu haben, finde ich allein schon bemerkenswert.

Mias Geschichte lässt einen zart besaiteten Leser zurückschrecken. Sie ist hart und scharf wie eine Klinge schon in jungen Jahren geschliffen worden. Dementsprechend skrupellos verhält sie sich auch. Trotzdem mochte ich dieses junge Mädchen, das immer ihren Weg geht, sehr. Da ihre Handlungen nachvollziehbar waren - Jay Kristoff hat es geschafft, dass mir ihre Handlung, ihre Absicht, ihre Zorn und ihre Rachegedanken nahe waren - was bei einem solch düsteren Buch nicht leicht ist. Ich bin der Typ, der bei zu düsteren Büchern leicht den Kontakt zu den Protagonisten verliert - und dann hat auch das Buch verloren - Kristoff schafft jedoch eine düstere Grundstimmung und fesselte mich gleichzeitig an Mia und den ganzen Rest der Charaktere, sodass ich einfach nicht anders konnte, als Seite um Seite umzuschlagen, um Nevernight auch das letzte Geheimnis zu entlocken.

Der Grundkonflikt des Buches stellt sich als tiefgreifend heraus. In dieser Welt existiert kein gut und kein böse. Das kennen wir ja auch von der Realität. Oder habt ihr schon einmal jemanden rein gutes oder böses gefunden? Jay Kristoff verabschiedet sich von diesen tradierten Vorstellungen und erschafft stattdessen eine düstere Welt voller farbenfrohen grauen Schattierungen, die der Leser auseinanderpflücken muss, um die wahren Beweggründe zu begreifen. Mia und die anderen Akolythen kommen in die Rote Kirche, um sich zu Meuchelmördern ausbilden zu lassen. Sie alle haben schon einmal gemordet. Sie haben schon längst den Schritt auf die dunkle Seite getan - Sie schenken kein Vertrauen mehr und waten wortwörtlich durch Blut um ihr Ziel zu erreichen. Kann Mia also noch Vertrauen schenken?

Kristoffs Buch hat mich wahnsinnig gefesselt. Die Charaktere, die Geschichte und vor allen Dingen die wirklich mehr als detailreiche Welt haben es geschafft, mich zu faszinieren. Am Ende wird der geneigte Leser auf jeden Fall mit anderen Augen auf die Landkarte schauen als zu Beginn der Reise.
Kristoff nimmt kein Blatt vor den Mund und trotzdem bleibt seine Sprache auf einem Level, dass durchaus angenehm zu lesen ist. Sie klingt nicht aufgesetzt in meinen Ohren, jedoch auch auf keinen Fall plump oder einfach.

Was bleibt mir zu sagen, als das mir bei Nevernight so manches Mal die Luft weg geblieben ist? Ich gezittert und gebangt habe und mir sogar einmal die Tränen in den Augen standen. Ich warte wirklich gespannt auf die Fortsetzung und lasse dem Buch fünf Sterne da - und währenddessen halte ich nach anderen Büchern des Autors Ausschau, da er ein Stern in meinem Bücherregal geworden ist.