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Lunamonique

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2020

Ausgrenzungen

Fast ein neues Leben
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„Fast ein neues Leben“ von Redakteurin und Autorin Anna Prizkau behandelt die Themen „Immigration und Integration“ auf eindringliche und ungewöhnliche Weise.

„Eine Familie kommt aus ihrem alten Land nach ...

„Fast ein neues Leben“ von Redakteurin und Autorin Anna Prizkau behandelt die Themen „Immigration und Integration“ auf eindringliche und ungewöhnliche Weise.

„Eine Familie kommt aus ihrem alten Land nach Deutschland. Dort passiert Unvorstellbares und Unverständliches - zumindest für die Tochter der Einwanderer. Sie, die Ich-Erzählerin, wächst auf im neuen Land, doch die Geschichten über das alte lassen sie nicht los. Sie wird erwachsen in dem Gefühl, immer eine Fremde zu bleiben, niemals dazuzugehören.“

Zwölf Erzählungen in der Ich-Perspektive gewähren Einblicke in die Gefühlswelt der namenlosen Hauptfigur. In „Thanky Panky“ und „Kleine verlorene Alla“ durchschaut die Hauptfigur mehr als die jeweiligen Betroffenen. Diese beiden Erzählungen haben trotz der Problematiken mehr Leichtigkeit als die nachfolgenden. Der Erzählstil ist nüchtern. Die spürbare Distanz und treffsichere Sprache sorgen für Intensität. Es geht um Liebe in ihren Facetten, Zuversicht und Hoffnung und unterschiedliche Perspektiven. Wahrheiten schmerzen und sind manchmal nicht erwünscht. In „Dramatikerin“ spielen Farblosigkeit und Tristesse eine Rolle. Beschreibungen wie „altes und neues Land“, „graues Zimmer“ und der Ordner „Kaputt“ stechen heraus. Mitgefühl kommt auf mit der Frau, die in dieser Trostlosigkeit und scheinbaren Aussichtslosigkeit feststeckt. Das offene Ende lässt Raum für Spekulationen. Jede Erzählung regt zum Nachdenken an. Das Unverständnis für fehlende Väter berührt. Das neue Land mit seinen Eigenarten und Regeln ist so seltsam. Die Geschichten vermitteln einen anderen Blick auf unseren Alltag, Lebenssituationen und Herausforderungen. In „Drei Mütter“ geht es um Schuld, Verrat, eine falsche Freundschaft, Manipulation, aber auch um auffällige, eigentlich banale Unmöglichkeiten. Anderssein trifft auf ungeahnte Widerstände. Das Unglück hat seinen variantenreichen Auftritt. Das Glück ist eher klein, zerbrechlich und wird tief erschütternd. Entscheidungen werden zum Balanceakt. Immer geht es auch ums Verschweigen, Verstecken, eine Fassade aufrechtzuerhalten, mit der alle leben können. Weinen findet im Verborgenen statt. Auch in den letzten Erzählungen stecken Schwermut, Verzweiflung und die Versuche einer Flucht, die am Ende auf irgendeine Weise scheitert.

Das Cover fällt mit der ungewöhnlichen Schwarz-Weiß-Gestaltung aus dem Rahmen und setzt damit Titel und Inhalt auf eigenwillige Art in Szene. „Fast ein neues Leben“ imponiert mit Sprache und Intensität, bringt aber auch mit der anhaltenden, ausufernden Schwermut an die Grenzen. Kein Buch für jemanden, der schon in angeschlagener Gemütslage ist und etwas zum Aufmuntern sucht. Literatur, die der Gesellschaft den Spiegel vorhält und den Finger in Wunden legt.

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Veröffentlicht am 27.11.2020

Herrlich skurriles und spannendes Abenteuer

Charlie – Ein Schulbus hebt ab
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In „Charlie – Ein Schulbus hebt ab“ von Autorin Irene Zimmermann erleben Willi und seine Freunde ein unglaubliches Abenteuer.

Normalerweise erledigt Hausmeister Freddie seine Klopapier-Tour mit dem Golfwägelchen. ...

In „Charlie – Ein Schulbus hebt ab“ von Autorin Irene Zimmermann erleben Willi und seine Freunde ein unglaubliches Abenteuer.

Normalerweise erledigt Hausmeister Freddie seine Klopapier-Tour mit dem Golfwägelchen. Willi traut seinen Augen nicht, als Freddie plötzlich mit einem knallgelben Schulbus auf dem Gelände des Dreistein-Internats auftaucht. Schwarm Maisie steigt ein.

Der faulste Hausmeister der Welt und seine Marotte stimmen auf eine unterhaltsame und humorvolle Geschichte ein. Bus Charlie ist eine eigenwillige Hauptfigur, die an den VW-Käfer Herbie aus dem Film „Ein toller Käfer“ erinnert. Charlie entwickelt ein Eigenleben. Was hat er vor? Mit dem sturen Bus beginnt ein rasantes, originelles Abenteuer. Willi und seine Freunde heben ab. Das turbulente Fliegen bereitet vor allen Dingen Schnösel Frank Schwierigkeiten. Außer Charlie kommen die Charaktere etwas zu kurz. Sie hätten gerne noch mehr Persönlichkeit, Ecken und Kanten haben können. Maisie und Willi entpuppen sich als tolles Team. Beide sind erfindungsreich, spontan und wissbegierig. Es geht um Freundschaft, Zusammenhalt, Kreativität, Abenteuerlust und Entdeckergeist. Der kindgerechte Erzählstil reißt mit und führt nah an die Geschehnisse heran. Skurriles wirkt real. Kurze Kapitel fördern den Lesefluss. Die witzigen, lebhaften Illustrationen von Tine Schulz zu Beginn der Kapitel und auf den Buchseiten sorgen zusätzlich für Unterhaltungswert. Das Rätsel um Willis Eltern wird nur angeschnitten und in Folgebänden eine weitere Rolle spielen. Keine neue Idee, die aber die Neugierde weckt. Was hat der Bus verbockt? Das Geheimnis um Charlie ist sehr gelungen. Den jungen Abenteurern steht eine gefährliche Mission bevor. Unheimliche, lauernde Bedrohungen in ungewöhnlicher Kulisse sind fesselnd inszeniert. Unvollendete Sätze steigern die Spannung. Bis zum Schluss eine herrlich kuriose Expedition mit überraschenden Begegnungen und pfiffigem Ende.

Das kunterbunte Cover verströmt Dschungel- und Abenteuer-Charme und passt perfekt zum Inhalt. Eine tolle, auffällige Illustration, die Aufmerksamkeit erregt. „Charlie – Ein Schulbus hebt ab“ spricht Jungs wie Mädchen an und ist ein packendes Leseerlebnis für die ganze Familie. Die Geschichte fördert die Phantasie, den Spaß an eigenen Entdeckungen und weist auf den Tierschutzgedanken hin.

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Veröffentlicht am 22.11.2020

Schräges Bühnenstück

Die Djurkovic und ihr Metzger
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„Die Djurkovic und ihr Metzger“ ist Band 8 der Krimireihe um Restaurator Willibald Adrian Metzger von Autor Thomas Raab. Eine schicksalhafte Wende legt Willibalds Welt in Scherben.

Beim Shopping kurz ...

„Die Djurkovic und ihr Metzger“ ist Band 8 der Krimireihe um Restaurator Willibald Adrian Metzger von Autor Thomas Raab. Eine schicksalhafte Wende legt Willibalds Welt in Scherben.

Beim Shopping kurz vor seiner Hochzeit trifft Willibald Adrian Metzger ausgerechnet auf Heribert Senekowitch. Vierzig Jahre haben sich die beiden nicht gesehen. Das kann kein gutes Omen sein.

Der Dialog am Anfang lässt Fragen aufkommen. Was ist da im Gange? Handlungswechsel, Willibald macht sich schweren Herzens auf den Weg, einen neuen Anzug zu kaufen. In den alten passt er nicht mehr rein. Was ist ein U-Hakerl? Wer die Krimireihe nicht kennt, für den sind Sprache und Erzählstil anfangs schräg bis verwirrend. Unspektakuläre Szenen ufern aufgrund des Slangs schon mal auf mehrere Seiten aus. Ein Ruhepol in dem etwas chaotischen Verlauf ist Willibalds bester Freund Hausmeister Petar Wollnar. Er behält den Überblick, hält sich aber leider manchmal in entscheidenden Momenten zu sehr zurück. Willibalds bald Angetraute Danjela hat mit Sprache und schlagfertiger Art Unterhaltungswert. Bald läuft alles aus dem Ruder. Rückblicke geben Hinweise auf Geheimnisse aus der Vergangenheit. In diesem Krimi zeigen Frauen Kante und den Männern wo es lang geht. Plötzlich steht alles Kopf und Willibald kapiert die Welt nicht mehr. Nicht nur für ihn wird es brenzlig. Neben anderen Ausschweifungen hat die Geschichte auch einige Seitenhiebe gegen Mensch und Gesellschaft parat. Sie werden in die Länge gezogen und bremsen die Geschichte aus. Was humorvoll gemeint ist, will sich nicht so richtig einpassen. Viel zu kurz kommt die Spannung. Es lässt sich Einiges vorausahnen. Ohne den schrägen Erzählstil wäre die Geschichte innerhalb weniger Seiten abgehandelt. Die Charaktere haben zu wenig Tiefe. Es fällt schwer, mit irgendjemanden mitzufiebern. Willibald ist eher ein Spielball. Petar läuft ihm den Rang ab. Der Unterhaltungswert des Skurrilen kommt nicht richtig durch. Zum Schluss gibt es zwar kleine Überraschungen, aber auch deren Intensität wird ausgeschaltet.

Das Cover wirkt durch das verschlissene Sofa und den Titel schräg und hat Sarkasmus parat. Durch das rote Möbelstück fällt es ins Auge. „Die Djurkovic und ihr Metzger“ ist eher etwas für Hardcore-Fans der Krimireihe und scheidet die Gemüter. Wer einen rasanten, packenden Krimi erwartet liegt hier falsch. Sprache, Handlungskauderwelsch und Erzählstil sind Geschmackssache.

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Veröffentlicht am 21.11.2020

Spiel mit dem Feuer

Dark
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„Dark“ ist das neueste Werk von Krimiautorin Candice Fox. Ihre „Hades und Eden“-Trilogie wurde 2014 und 2015 mit dem Ned Kelly Award ausgezeichnet.

Die ehemalige Ärztin Blair Harbour arbeitet seit ...

„Dark“ ist das neueste Werk von Krimiautorin Candice Fox. Ihre „Hades und Eden“-Trilogie wurde 2014 und 2015 mit dem Ned Kelly Award ausgezeichnet.

Die ehemalige Ärztin Blair Harbour arbeitet seit ihrer Gefängnisentlassung in der Tankstelle eines gefährlichen Clans. Sie versucht alles, um einen guten Kontakt zu ihrem Sohn Jamie aufzubauen, der bei einer Pflegefamilie lebt. Ein Mädchen auf der Flucht und eine spontane Tat ändern alles.

Der direkte Einstieg mit einer Bedrohung ist sehr gelungen. Es fällt leicht mit Blair mitzufiebern. Ihr Gegner steht unter Strom und ist unberechenbar. Eine Entscheidung überrascht. Handlungswechsel, Detective Jessica Sanchez wird wegen einem Erbe von ihren Kollegen gemobbt. Auch hier ist die drohende Eskalation greifbar. Unfassbar, welche Ausmaße Hass und Neid annehmen. Die Geschichte wird einerseits in der Ich-Perspektive aus Sicht von Blair erzählt und spaltet sich in zwei Handlungsstränge auf. Das vermisste Mädchen bildet den roten Faden. Was ist mit ihr geschehen? Briefe sind Puzzlestücke, die nach und nach etwas erahnen lassen. Im Fokus des Krimis stehen vier sehr gegensätzliche Frauen, die ein Interesse entwickeln, den Vermisstenfall gemeinsam zu lösen. Drei der Hauptfiguren haben etwas auf dem Kerbholz und sind Ex-Sträflinge. Das Eskalationspotential ist nicht nur wegen Marotten und Eigenarten hoch. Es spielen noch andere mit, die im Dunkeln bleiben und eine Gefahr für alle bedeuten. Besonders unberechenbar ist die Mutter des vermissten Mädchens. Sneak klaut selbst in heiklen Situationen. Auch dank ihr nimmt die Action zu, und es wird immer wieder brenzlig. Rechtsmediziner Diggy ist einer der wenigen sympathischen, männlichen Charaktere und steht Jessica zur Seite. Überraschende Wendungen sind gut inszeniert und steigern die Konflikte. Für eine Prise Humor sorgt ein kleiner, tierischer Akteur. Er wird perfekt in die Geschichte eingebunden und hat filmreife Auftritte. Alles steuert auf einen Showdown zu, der auch in mehrere Handlungen gesplittet ist. Gier, Kaltblütigkeit und Gnadenlosigkeit überschreiten Grenzen. Ein Twist sorgt für eine effektvolle Überraschung. Fesselnd bis zum Schluss.

Das Cover setzt auf Autorinnenname und Titel und zieht die Blicke aufs Buch. Die Szenerie unterstreicht die düstere, lodernde Atmosphäre. „Dark“ konzentriert sich auf die weiblichen Hauptfiguren und einen rätselhaften Fall und hat einen hohen Unterhaltungswert. Jede spielt auf ihre Weise mit dem Feuer und überschreitet Grenzen. Alle haben viel zu verlieren. „Endstation Gefängnis“ bildet das Damoklesschwert. Empfehlenswert für alle Thrillerfans, auch wenn manche Schwäche und mancher Hass/Wahnsinn etwas drüber sind. Die Fortsetzung mit einem ungewöhnlichen Ermittlerteam ist möglich.

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Veröffentlicht am 16.11.2020

In geheimer Mission

Ein weißer Schwan in Tabernacle Street
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„Ein weißer Schwan in Tabernacle Street“ ist Band 8 der Kultreihe um Polizist und Zauberlehrling Peter Grant von Autor Ben Aaronovitch.

Der 28jährige Peter Grant ist suspendiert und bewirbt sich um einen ...

„Ein weißer Schwan in Tabernacle Street“ ist Band 8 der Kultreihe um Polizist und Zauberlehrling Peter Grant von Autor Ben Aaronovitch.

Der 28jährige Peter Grant ist suspendiert und bewirbt sich um einen Job bei Serious Cybernetics Corporation. Internet-Genie Terrence Skinner arbeitet an einem Geheimprojekt. Als Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung versucht Peter herauszufinden was dahinter steckt.

Peters Suspendierung stellt Fragen auf. Der Rätsel wird nicht gleich aufgelöst. Kniffelig sind auch seine privaten Herausforderungen. Wer mit einer Flussgöttin zusammenlebt, hat es so schon nicht einfach. Jetzt kommt noch ein erschwerendes Detail hinzu. Die Dialoge zwischen Peter und Beverly Brook sind sehr unterhaltsam. Bei seinem neuen Job stößt Peter auf Ungereimtheiten. Das Mysteriöse wird gut ausgespielt und zum roten Faden der Geschichte. Nicht nur der Leiter der Einheit Spezielle Analysen Detective Chief Inspector Thomas Nightingale steht Peter zur Seite. Der neue Fall ist größer als gedacht. Wer ist der Strippenzieher im Hintergrund? Unter den Gegnern ist eine übermächtige Meistermagierin. Perfekt und sehr effektvoll inszeniert sind die überraschenden, abrupten Wendungen. Es geht ums nackte Überleben, aber auch hier kommt die Selbstironie nicht zu kurz. Der humorvolle Erzählstil ist unschlagbar. Peters Gedanken bringen zum Schmunzeln. Auch Haushälterin Molly sorgt mit ihren eigenwilligen Auftritten wieder für Lacher. Ihre Schwester Fingerhut spielt eine wichtige Rolle. Das Thema „Künstliche Intelligenz“ wird in eine originelle Geschichte verpackt. Das technische Drumherum ufert teils etwas aus. Verrat, Finten, schräge Details und explosive Wahrheiten, für Abwechslung ist gesorgt. Etwas zu kurz wird der Showdown abgehandelt. Effekte und eigenwillige Tricks sind gelungen.

Das Cover hat Seriencharakter. Autorenname, Titel und Details ziehen alle Blicke aufs Buch. „Ein weißer Schwan in Tabernacle Street“ ist nicht der beste Band der Kultreihe, der Unterhaltungswert ist trotzdem hoch. Für Fans ein absolutes Muss. Die Neugierde auf Band 9 und Peters besondere private Herausforderungen sind geweckt.

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