Menschlicher Blick auf Billy Wilder
Mr. Wilder und ich„Manche mögen‘s heiß“ ist der einzige Berührungspunkt, den ich bisher mit Billy Wilder hatte. Umso mehr war ich auf den Roman von Jonathan Coe gespannt, in dem er Fiktion und Wirklichkeit gekonnt kombiniert ...
„Manche mögen‘s heiß“ ist der einzige Berührungspunkt, den ich bisher mit Billy Wilder hatte. Umso mehr war ich auf den Roman von Jonathan Coe gespannt, in dem er Fiktion und Wirklichkeit gekonnt kombiniert hat.
Calista, eine junge Griechin, lernt durch einen Zufall im Jahr 1976 den Regisseur bei einem zwanglosen Dinner kennen und wird kurz darauf seine Dolmetscherin bei den Dreharbeiten zu „Fedora“. Einer seiner letzten Filme, zu einer Zeit, als Wilder seinen Zenit in Hollywood bereits überschritten hatte.
Das ist ihm und seinem Freund und Partner Iz Diamond bewusst, sie hadern damit und wollen mit Fedora noch einmal einen Film schaffen, der bleibt.
Erzählt wird die gesamte Handlung in Rückblenden durch die Ich-Erzählerin Calista. Parallel dazu erfahren wir einiges über das Leben und Schaffen der Protagonistin, denn in der Gegenwart ist auch sie bereits in ihren 50gern. Ihre beiden Töchter sind quasi erwachsen und Calista beruflich nicht so erfolgreich, wie sie es gerne wäre. Sie hat einen respektvollen und bewundernden Blick auf den großen Regisseur. Teilweise schwingt eine gewisse Wehmut in ihren Erinnerungen mit, die ganz wunderbar den Vibe der 1970ger heraufbeschwören. Es wird deutlich wie sehr sie die Zusammenarbeit und diese Chance mit den beiden Männern arbeiten zu dürfen, genossen hat.
Coes Schreibstil liest sich flüssig und angenehm. Er beschreibt seine Figuren sehr menschlich mit ihren Charaktereigenschaften und Marotten. Durch den gewählten Zeitpunkt des Romans, nutzt der Autor die Möglichkeit Wilder nicht nur als gefeierten Autor zu zeigen, sondern auch die Person dahinter sichtbar zu machen. Wie wichtig ihm „Fedora“ war, wie sehr ihn seine jüdischen Wurzeln beeinflusst haben und wie eng er mit Iz Diamond war.
Es ist keine Biografie über Billy Wilder, aber es steckt sehr viel Recherche in diesem Roman, auf die Jonathan Coe auch im Nachwort eingeht.
Für mich war es ein gelungenes Leseerlebnis, eine runde Geschichte mit genügend Tiefgang und doch mit einer gewissen Leichtigkeit. Es macht Spaß sie zu lesen und nebenbei die Person Billy Wilder (besser) kennenzulernen.