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Madamebiscuit15

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.03.2025

Gelungene niveauvolle Unterhaltung auf einer Zugfahrt

In einem Zug
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Eine Zugfahrt von Wien nach München führt zu einer ungeplanten Bekanntschaft zwischen dem Roman Autor Eduard Brünhofer und der Theratpeutin Catrin Meyr. Schnell werden die Gespräche persönlich und intim ...

Eine Zugfahrt von Wien nach München führt zu einer ungeplanten Bekanntschaft zwischen dem Roman Autor Eduard Brünhofer und der Theratpeutin Catrin Meyr. Schnell werden die Gespräche persönlich und intim und wir werden Teil dieses Kammerspiels auf einem Vierersitz.
Handlungstechnisch ist damit bereits alles gesagt, nicht aber inhaltlich. Es ist ein dialoglastiger Roman, der die Charaktere über die Liebe und Beziehungsvorstellungen philosophieren lässt. Zusätzlich angereichert wird das Gespräch durch die Gedanken Eduards, die seine Aussagen häufig noch in einen größeren Zusammenhang setzen und seiner Figur mehr Tiefe verleihen.
Das Ende habe ich zwar nicht in Gänze so erwartet, aber doch relativ bald einen Twist vermutet, der für mich so auch gelungen war.
Sprachlich war es für mich eine große Freude diesen Text zu lesen. Daniel Glattauer schreibt niveauvoll und pointiert über seine Protagonist:innen, macht sie menschlich in ihren Aussagen. Darüber hinaus ist es psychologisch und gesellschaftlich treffend beobachtet und der Widererkennungswert aus dem eigenen persönlichen Umfeld ist hoch.
Insofern kann ich Euch diese kurzweilige Geschichte nur empfehlen. Es macht Spaß sie zu lesen und am Ende das Buch mit einem zufriedenen Lächeln schließen zu können.

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Veröffentlicht am 27.02.2025

Erschreckend aktuell

Unter Grund
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Wie kann es passieren, dass Jugendliche sich radikalisieren? Eine Frage, die in der momentanen Zeit nicht aktueller sein könnte und Annegret Liepold bietet mit ihrem Roman-Debüt eine mögliche Erklärung ...

Wie kann es passieren, dass Jugendliche sich radikalisieren? Eine Frage, die in der momentanen Zeit nicht aktueller sein könnte und Annegret Liepold bietet mit ihrem Roman-Debüt eine mögliche Erklärung dazu.

Dabei beginnt und endet die Handlung zum Zeitpunkt der NSU Prozesse in München, als Franka, Ende zwanzig, und angehende Lehrerin ist. Als sie nach langer Zeit zurück in ihr Heimatdorf fährt, holen sie ihre Erinnerung ein.

Viel zu früh muss das Mädchen mit dem Verlust ihres Vaters klarkommen und sich ihren Platz in der Familie und der Gemeinschaft suchen. Dabei fällt schnell auf, wie einsam Franka ist und wie groß ihr Wunsch nach Zugehörigkeit. So groß, dass sie bereit ist, sich in die rechte Szene der Jugend zu integrieren, um endlich nicht mehr allein zu sein. Denn auch die Beziehung zu ihre Mutter und ihrer Tante ist nicht konfliktfrei und so sind es eben Patrick und Janna, die sie unter ihre Fittiche nehmen.

Die Autorin beschreibt diese Entwicklung Frankas feinfühlig und gleichzeitig ungeschönt. Ihre innere Zerrissenheit, der leider nicht laut geäußerte Wunsch nach Halt und Unterstützung, sind mühelos spürbar und ermöglichen ein leichtes Hineinversetzen in die Protagonistin.

Für mich ist das ein plausibler Grund für Frankas Andocken an und in der Szene. Sie möchte ein Teil eines Ganzen sein, dazugehören und Gemeinschaft erleben. Es geht ihr zu Beginn nicht um das Gedankengut der Gruppe und als sie später merkt, was für Konsequenzen ihre Handlungen haben scheint es fast zu spät zu sein.

Allerdings kamen mir das Ende und die Auflösung dann doch etwas zu überhastet und wirkten für mich einen Tick zu konstruiert. Aber das ist meine subjektive Wahrnehmung und für andere mag es genauso richtig sein.

In Summe empfehle ich das Buch gerne weiter, denn der Einblick in diese Szene ist erschreckend und wir müssen uns wohl noch mehr damit auseinandersetzen.

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Veröffentlicht am 12.02.2025

Tiefgründiger Roman über Freundschaft und Echtheit einer Geschichte

Nach einer wahren Geschichte
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Welchen Stellenwert hat Freundschaft in unserem Leben?
Delphine de Vigan lernt L. kennen und in kürzester Zeit werden die beiden die engsten Freundinnen. Es ist ein Verstehen und sich Erkennen auf quasi ...

Welchen Stellenwert hat Freundschaft in unserem Leben?
Delphine de Vigan lernt L. kennen und in kürzester Zeit werden die beiden die engsten Freundinnen. Es ist ein Verstehen und sich Erkennen auf quasi jeder Ebene. Delphine offenbart sich L. vollkommen, auch ihre Schwächen und Defizite. Als sie selbst psychische Probleme bekommt, zieht L. sogar bei ihr ein und hilft ihr beruflich aus der Klemme. Doch mit den Monaten gibt es auch immer wieder irritierende Momente für Delphine, worum geht es L. wirklich?
Anhand ihrer beiden Protagonistinnen philosophiert sie über das Thema Freundschaft, beschreibt sie in den unterschiedlichsten Ausprägungen, wie wir sie wahrnehmen und wie intensiv sie sein kann, bis hin zu einer Symbiose.
Gleichzeitig nimmt sie uns Lesende in die Pflicht unser eigenes Leseverhalten zu reflektieren. Was wollen wir lesen? Greifen wir eher und lieber zu realen Geschichten. Wird ein Roman durch den Hinweis auf Wahrheit geadelt und bekommt mehr Aufmerksamkeit? Oder wird jede Geschichte durch das Schreiben auch ein stückweit Fiktion?
Delphine de Vigan schreibt hier psychologisch großartig und spielt vor allem mit ihrem Publikum vor den Seiten. Wie groß das Ausmaß dabei ist, war mir, zumindest nicht von Beginn an, sofort klar. Bezüglich der Figur L. hatte ich zwar den richtigen Riecher, aber die völlige Tragweite erschloss sich mir erst am Ende.
Auch wenn es dieses Mal kein absolutes Highlight für mich war, kann ich euch diese ungewöhnliche Geschichte empfehlen. Ich habe sie gerne gelesen und De Vigans Schreibstil ist wie immer wunderbar.

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Veröffentlicht am 05.02.2025

Gelungenes Sachbuch

Warum noch lernen?
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Diese Frage stellt Bob Blume vor allem auch im Kontext unserer aktuellen Zeit und deren Herausforderungen. Denn das System Schule existiert nicht im luftleeren Raum, sondern ist eine Sozialisationsinstanz ...

Diese Frage stellt Bob Blume vor allem auch im Kontext unserer aktuellen Zeit und deren Herausforderungen. Denn das System Schule existiert nicht im luftleeren Raum, sondern ist eine Sozialisationsinstanz innerhalb unserer Gesellschaft, wird aber auch gleichzeitig massiv von dieser beeinflusst.

Das veranschaulicht der Autor an genügend Beispielen, in denen er klar aufzeigt, wie wenig Spielraum den Lehrkräften und Schüler:innen bleibt aus der Reihe zu tanzen und wie bestimmend immer noch die soziale Herkunft für den Lernerfolg ist.
Zu eng gestrickt sind die zeitlichen Vorgaben, zu voll gepackt der Lehrplan und zu „alt“ die herrschenden Strukturen.
Somit ist der Rahmen, in dem Unterricht stattfindet bei weitem nicht optimal und lernfördern. Was wohl inzwischen zu genüge bekannt sein dürfte.

Bob Blume hört mit diesem Buch allerdings nicht bei der Bestandsaufnahme auf, sondern gibt Denkanstöße und Handlungsempfehlungen, wie sich diese Situation ändern lässt. Dabei führt er verschiedenste wissenschaftliche Erkenntnisse zur Untermauerung und Erklärung seiner Überlegungen an. Diese reichen von Lernmethoden für zu Hause, wie die „Growth Mindset“, über die Bedeutung und Stellung der Lehrkräfte, bis hin zur Modernisierung des Lehrplans von „innen heraus“.

Er nimmt somit alle Akteure dieses Systems in die Pflicht an der Veränderung mitzuwirken, damit Lernen in den Fokus von Bildung rücken kann. Denn hierin liegt der Schlüssel, um den Schüler:innen einen tatsächlichen Mehrwert bieten zu können.
 
„Warum noch lernen?“ ist ein Sachbuch, dass mir, berufsbedingt, in vielen Lesemomenten aus der Seele gesprochen hat und gleichzeitig meinen Blick auf dieses Thema erweitert hat. Es veranschaulicht Zusammenhänge, zeigt Missstände auf und macht Hoffnung, dass wir es besser machen können.
Sprachlich lässt es sich flüssig lesen, wobei die Theorieteile selbstverständlich etwas anspruchsvoller sind als die alltäglichen Beispielsituationen, anhand derer Blume die Fakten veranschaulicht.
 
Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle, die wissen wollen, warum Schule heute weder für Schüler:innen noch für Lehrkräfte ein befriedigender und passender Lernort ist und wie es besser gehen könnte.

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Veröffentlicht am 08.12.2024

Gelungener Sammelband

Schaurige Nächte
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Bevor ich auf den Inhalt eingehe, will ich erst einmal das wunderschöne und stimmungsvolle Cover erwähnen. Es passt einfach hervorragend zum Inhalt.

Die acht Geschichten in diesem Sammelband spielen alle ...

Bevor ich auf den Inhalt eingehe, will ich erst einmal das wunderschöne und stimmungsvolle Cover erwähnen. Es passt einfach hervorragend zum Inhalt.

Die acht Geschichten in diesem Sammelband spielen alle in England des viktorianischen Zeitalters, mal auf dem Land, mal in London und jahreszeitlich im Winter. Somit passt das Buch perfekt in die jetzige Zeit.
Wie der Titel bereits verspricht, sind es düstere, schaurige Geschichte, die aber nicht zu gruselig werden. Leichte Gänsehautmomente sind bei der einen oder anderen, aber definitiv dabei.
Manche der Autorinnen waren mir vorher bereits bekannt und stellten für mich einen zusätzlichen Anreiz dar, die Sammlung zu lesen. Allen voran Laura Purcell und Jess Kidd. Aber auch die Geschichten der anderen Schriftstellerinnen ließen sich gut lesen. Dabei konnten mich nicht alle gleichermaßen begeistern, aber das versteht sich für mich von selbst, bei so einem Band.
Besonders gefallen haben mir „Chillinghams Rollstuhl“ und „Gefangen“.
Wenn Ihr also Lust habt auf Geistergeschichten, Stühle, in denen sich Körperformen abdrücken oder auch wissen wollt, was es mit den hypnotischen Aal-Sängern auf sich hat.
Dann kann ich Euch diesen Band guten Gewissens empfehlen.
Für mich war es definitiv ein stimmiges Lesevergnügen.

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