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Veröffentlicht am 21.01.2025

Wundervolle Erzählstimme

Jahre mit Martha
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Zeljko alias Jimmy (der Einfachheit halber) wohnt mit seinen Eltern und beiden Geschwistern in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen. Sein Vater ist Hausmeister, seine Mutter Putzfrau. Seine Mutter feiert ...

Zeljko alias Jimmy (der Einfachheit halber) wohnt mit seinen Eltern und beiden Geschwistern in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen. Sein Vater ist Hausmeister, seine Mutter Putzfrau. Seine Mutter feiert ihren Geburtstag im Gemeindehaus im Hinterhof. Sie schickt Jimmy noch schnell zum Supermarkt, dort soll er eine tiefgekühlte Schwarzwälder Kirschtorte kaufen. Der Kuchen ist für die Frau Professor Gruber aus Heidelberg, für die seine Mutter putzt. Die ist feiner als seine Mutter, Tanten und Cousinen und seine Mutter möchte, dass die Frau Gruber denkt, sie wären gute Ausländer.

Die Frau Gruber kommt in Jeanshose und lockerem Wollpulli, wahrscheilich, weil sie zeigen will, dass sie eine nette Deutsche ist. Jimmy konnte das Gemeinde-WC nicht reparieren und deswegen kommen alle, die mal müssen, zu ihnen in die Wohnung. Während Frau Gruber reinkommt, sitzt Jimmy auf seinem Bett hinter dem Vorhang und liest einen Zeitungsartikel in der Zeitschrift, die er frisch aus dem Altpapiercontainer gefischt hatte. Die Frau Gruber kann nicht, wenn Jimmy quasi vor der Toilettentür sitzt, deshalb bittet sie ihn zu gehen. Als sie es doch noch geschafft hat, begegnen sie sich im Flur und sie stellt sich als Martha vor.

Jimmy hat auf der Straße eine Geldbörse gefunden. Zuerst wollte er die 438 Mark herausnehmen und den Rest in den Briefkasten der Anwaltskanzlei werfen, die auf den Visitenkarten adressiert war. Doch dann fiel ihm ein, dass er gelesen hatte, dass einem 5 % Finderlohn zustehen und die in einer Anwaltskanzlei sollten das wissen. Er gab den Geldbeutel an der Rezeption einer Frau und wartete. Sie ließ ihn in eine Schale mit Schokolinsen greifen. Er mochte gar keine Schokolinsen. Richtig sauer war er dann, weil er sich nicht behauptet hatte. Er wollte aber jemand sein, der für sich einstand.

Fazit: Martin Kordic hat mich mit wundervoller Erzählstimme in das Leben seines Protagonisten mitgenommen. Ich konnte ihm dabeizusehen, wie er sich als fünfzehnjähriger in die ältere Martha verliebt. Sie weckt seine Neugier auf die Welt der Bücher und Kultur. Während sie sich aus den Augen verlieren, ist er über die Maßen motiviert, das beste Abitur in ganz Ludwigshafen zu machen. Er glaubt, dass er sich als Ausländer besonders bemühen muss, um Anerkennung zu finden. Er studiert in München und trifft Martha wieder. Zwischen den beiden entflammt eine besondere Liaison. Dennoch fühlt Jimmy sich verloren und entwurzelt. Seine Überzeugung, wertlos zu sein, keiner Kultur richtig anzugehören, treibt ihn in die Depression. Sinnlosigkeit macht sich breit. Ich erfahre viel über den Bürgerkrieg im Balkan und die kroatische Mentalität. Die Stimmfarbe des Autors ist absolut authentisch. Während Jimmys Jugend plätschert sie mit humorvoller Leichtigkeit dahin. Später in der Beziehung zu Martha schreibt er getrieben und begehrend. In der Depression fließen die Worte hoffnungslos dahin. Es liest sich, wie die vier Jahreszeiten Vivaldis klingen. Jede Seite hat mich feinfühlig unterhalten. Ein wirklich schönes Buch mit ergreifender Thematik über Migration und Chancengleichheit.

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Veröffentlicht am 20.01.2025

Eine überzeugende Geschichte voller guter Ambitionen

Die Nacht der Bärin
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Jule ist sechsundzwanzig, als sie sich auf dem Wohnzimmerboden wiederfindet. Der Streit mit Jasper begann mit ihren Überstunden in der Agentur. Er warf ihr vor, eine Affäre zu haben. Sie schrie ihn an, ...

Jule ist sechsundzwanzig, als sie sich auf dem Wohnzimmerboden wiederfindet. Der Streit mit Jasper begann mit ihren Überstunden in der Agentur. Er warf ihr vor, eine Affäre zu haben. Sie schrie ihn an, er stieß sie zu Boden und trat nach ihr. Jule weiß, dass sie gehen muss. Sie muss nachdenken. Ihre Freundin Therese kommt nicht infrage. Sie haben sich schon seit Monaten nicht gesehen. Jasper kann sie nicht leiden. Sie packt das Nötigste und fährt zu ihren Eltern.

Jules Vater empfängt sie liebevoll wie immer. Ihre Mutter Anna räumt die Küche auf, sie hatten gerade zu Abend gegessen. Das Telefon klingelt sie aus ihrer Begrüßung. Der Vater ruft Anna an den Apparat, die sich meldet und sich dann nach vorne beugt, als würde sie das Gleichgewicht verlieren. Annas Mutter ist gestorben, erklärt Anna wie unter Schock. Jule versteht Annas Reaktion nicht, sie hatte keinen Kontakt mehr und sprach nie über ihre Eltern. Jule überredet ihre Mutter mit ihr in deren Elternhaus zu fahren. Zuerst lehnt Anna kategorisch ab, eine Kanzlei würde sich um alles kümmern. Etwas später jedoch sitzt Anna in Jules Auto.

Nach einer kurzen Nacht in einem Hotel fahren sie zu dem Haus ihrer Großmutter. Jule gefällt der rote Backsteinbau. Sie gehen durch den Keller hinein, die Tür ist unverschlossen. Im Haus bewegt Anna sich vorsichtig, spricht kaum. Sie suchen Papiere für die Kanzlei, damit sie alles abwickeln können. Auf Jules neugieriges Bohren erzählt Anna nur, dass in diesem Haus schreckliche Dinge geschehen sind und bleibt unverbindlich.

Fazit: Kira Mohn hat eine düstere Geschichte geschaffen, die mich als Leserin an meine Schmerzgrenze des Erträglichen gebracht hat. Während ihre Protagonistin mit ihrer Mutter in deren Vergangenheit fährt, gewährt die Autorin mir einen Blick hinter die Kulissen der wortkargen Anna. Mit jedem weiteren Kapitel steige ich weiter in das Drama einer dysfunktionalen Familiengeschichte hinab. Vater sadistischer Psychopath tobt vollkommen unkontrollierbar durch das Familienkonstrukt. Anna und ihre Schwester dissoziieren sich in eine Traumwelt aus Feen und Bärenmüttern. Annas erstes Verliebtsein endet in einer Tragödie, die die drei weiblichen Akteurinnen kompromisslos spalten. Die Autorin zeigt sehr klar, was Misogynie für Frauen bedeutet. Wie schwer der Weg einer abhängigen Frau ist, deren Selbstwert niedergeknüppelt wird, die ihr Spiegelbild meidet, weil sie keinerlei Macht besitzt, ihre Kinder aus der Schusslinie zu nehmen. Grauenhaft! Und auch so wichtig hinzusehen, mitzufühlen und resonant zu werden, denn diese Geschichte, wenn auch fiktiv, findet so oder ähnlich hinter vielen deutschen Haustüren statt. Das Nachwort von Kira Mohn macht deutlich, wie wichtig ihr diese Geschichte ist, indem sie noch einmal in Kürze erzählt, wie der Strudel des männlichen Narzissmus Frauen hinabzieht. Eine hervorragend geschriebene, überzeugende Geschichte voller guter Ambitionen.

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Veröffentlicht am 17.01.2025

Die Liebesgeschichte des Jahrhunderts

Für Polina
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Fritzi Prager fährt in die Toscana nach Lucca. Es sind die Sommerferien vor ihrem Abitur. Sie trifft einen älteren Geschäftsmann, der zu viel redet, aber etwas an ihm weckt ihr Mitgefühl und so wird sie ...

Fritzi Prager fährt in die Toscana nach Lucca. Es sind die Sommerferien vor ihrem Abitur. Sie trifft einen älteren Geschäftsmann, der zu viel redet, aber etwas an ihm weckt ihr Mitgefühl und so wird sie ungewollt schwanger.

Trotz prügelndem Vater und noch mehr prügelnder Mutter ist Fritzi Jahrgangsbeste. Eigentlich wollte sie in München Jura studieren, die Zusage hatte sie schon. Sie bekommt Hannes Prager nach eineinhalb Tagen Wehen und liebt den speckigen Jungen mit den blonden Haaren, der aussieht wie ein Gnom. In dem Bett neben ihr liegt Günes mit ihrem kleinen Mädchen. Sie hat ihr den Namen Polina gegeben, in Anlehnung an Dostojewskis Geliebte. Die Frauen werden beste Freundinnen. Günes besorgt Polina einen Putzjob bei Rewe, wo sie selbst arbeitet. Polina sucht eine kleine Wohnung und wird auf eine merkwürdige Annonce aufmerksam. Das Fahrrad bringt sie an den Ort ihrer Träume. Vor der alten Villa im Moor steht ein älterer Mann, der grimmig dreinschaut. Er habe das Zimmer gerade vergeben. Doch Fritzi lässt sich nicht abwimmeln, will das Zimmer sehen, den Garten und als Hannes seinen Kopf aus ihrem Rucksack streckt und den wortkargen Heinrich Hildebrand ansieht, trifft sein Blick ihn mitten ins alte Herz.

Fritzi renoviert den großen Raum und lebt sich mit Hannes ein. Günes kommt mit Polina zu Besuch, wann immer es ihr möglich ist und die Kinder schlafen zusammen wie siamesische Zwillinge. Heinrich spielt ihnen Chopin vor und liest aus den alten Russen. Hannes hört Günes Auto schon Kilometer bevor sie da ist.

Einmal ist Hannes allein zuhause, weil Heinrich und Fritzi Camper vor dem Gewitter schützen wollen. Draußen rummst und schüttet es so, dass Hannes sich im Resonanzraum des Klaviers versteckt. Er zupft die Saiten und lauscht, vergisst den Lärm. Als Fritzi und Heinrich zurückkommen, hören sie die Töne. Hannes sitzt am Klavier und drückt langsam die Tasten. Heinrich erkennt, dass der wunderliche Knabe Tschaikowski spielt. An dem Tag wird Heinrich klar, dass der Junge das absolute Gehör hat und bringt ihm alles bei, was er selbst über Musik weiß. Und dann muss Polina mit ihrer Mutter zurück in die Türkei.

Fazit: Takis Würger hat mir mehrfach das Herz zerrissen und wieder zusammengesetzt. Er hat die Liebesgeschichte des Jahrhunderts geschaffen. Und obwohl ich Liebesgeschichten nicht so sehr mag, hat er mich voll mitgerissen. Nie vorher hat ein Autor meine Gefühle so tief schwingen lassen. Sein Protagonist ist ein hochbegabter (Autist?). Er verliebt sich als Teenager in seine einzige Freundin Polina und sie sich in ihn. Missverständnisse verhindern, dass sie zusammenkommen und jeder geht seinen Weg. Sie verlieren sich aus den Augen und sind voller Sehnsucht nacheinander. Jeder kompensiert den Verlust des anderen auf seine Weise. Ein weiteres Drama, das Hannes erfährt, verhindert seine Intension seine Gabe, die Musik weiter zu studieren. Nach vielen Irrungen beginnt Hannes Polina zu suchen. Der Autor versteht sein Handwerk wie kein anderer. Er weiß genau, was er erzählen will und geht diesen Weg zielsicher. Frei von überflüssigem Pathos berührt er mich, indem er Bilder in mir entstehen lässt und mir Freudentränen zugesteht. Ein Buchpreisverdächtiger Roman für 2025. Ich liebe dieses besondere Buch!

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Veröffentlicht am 14.01.2025

Ein vielschichtiges Buch über weiblichen Selbstwert und weibliches Begehren

Rosenfeld
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Noa ist achtunddreißig und Regisseurin. Im ersten Unijahr drehte sie ein selbst geschriebenes Drama, das so furchtbar war, dass sie danach nur noch bei Produktionen anderer mitgearbeitet hat. Zwei Jahre ...

Noa ist achtunddreißig und Regisseurin. Im ersten Unijahr drehte sie ein selbst geschriebenes Drama, das so furchtbar war, dass sie danach nur noch bei Produktionen anderer mitgearbeitet hat. Zwei Jahre später wagte sie eine Komödie, die mit Bravour gelang. Es folgten Auszeichnungen, Türen öffneten sich, dann der freie Fall und ihre Angst vor chronischem Versagen.

Auf der Hochzeit ihrer besten Freunde trifft sie den Geschäftsmann Teddy Rosenfeld. Eine seltsame Faszination geht von diesem großen, schweren Mann aus. Seinem Partner Amos hat ihr Kurzfilm über das Brautpaar so gut gefallen, dass er sie zu einem Bewerbungsgespräch einlädt. Er kann sich vorstellen, dass sie die Medienabteilung leitet und sich um die Außenwirkung der Biotechfirma kümmert.

Seit diesem Abend kann sie an nichts anderes mehr denken als an Teddy. Nach dem Treffen mit Amos nimmt sie die neue Herausforderung an. Zwischen Noa und Teddy entflammt eine obsessive Affäre aus Lust und Zurückweisung. Während ihrer Zeit bei der Armee erlebte Noa ihre promiskuitive Phase. Mit Teddy jedoch findet sie ihre intensive Leidenschaft völlig neu und rutscht in eine fatale Abhängigkeit.

Die unberechenbare Nähe zu Teddy und die Annehmlichkeiten eines exorbitanten Gehalts und seiner schicken Wohnung stehen diametral zu Noas Charakter. Als Teddy sich immer wieder bevormundend in ihr Leben einmischt, muss sie ihre Komfortzone verlassen.

Fazit: Wow! Was war das denn? Maya Kessler hat in ihrem Debüt eine Geschichte geschaffen wie einen Film. Die Protagonistin hat sich früh von ihrer Mutter abgelehnt gefühlt und ist zu einer extrem unsicheren Frau voller Selbstablehnung und Selbsthass geworden. Sie kompensiert ihre Angst vor echter Intimität durch leidenschaftliche Körperlichkeit. Hier spürt sie eine Macht, die ihr im Alltag verwehrt ist. Sie trifft ausgerechnet auf einen mächtigen, emotional distanzierten älteren Mann. Beide Kontrahenten sind narzisstisch. Er hat sich mit seinen verletzten Eitelkeiten arrangiert, sie nicht. Während der Beziehung zu ihm läuft sie zu emotionalen Hochtouren auf, getrieben zwischen Liebe und Hass. Nach einer quälenden Achterbahnfahrt versteht sie, dass seine augenscheinliche Lieblosigkeit stellvertretend für die gefühlte Lieblosigkeit ihrer Mutter ist. Die psychischen Abwehrmechanismen sind beeindruckend gut gezeichnet. Zum Schluss hat sie eine Entwicklung durchgemacht, die sie ihre Prinzessinnen-Issues ablegen und Verantwortung für sich selbst übernehmen lässt. Und unter uns, ich fand den körperlichen Austausch heiß. Ein vielschichtiges Buch über weiblichen Selbstwert und weibliches Begehren, das mich auch über das Lesen hinaus beschäftigt hat.

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Veröffentlicht am 14.01.2025

Ganz einfach herzerwärmend

Das Fest
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Jakob wird fünfzig und will nicht feiern. Ellen ist die, die andere zum Glück zwingt. Seit drei Jahrzehnten kennen sie sich, sind viel zusammen verreist, waren verliebt ineinander, aber nie zur gleichen ...

Jakob wird fünfzig und will nicht feiern. Ellen ist die, die andere zum Glück zwingt. Seit drei Jahrzehnten kennen sie sich, sind viel zusammen verreist, waren verliebt ineinander, aber nie zur gleichen Zeit. Sie hat alles dabei Kuchen, Kerzen und Champagner, doch zuerst muss sie ihn aus der Wohnung kriegen.

Jakob hat eine Auszeit genommen, um sich zu sammeln und zu schauen, ob der Weg, den er eingeschlagen hat, noch seiner ist. Die meiste Zeit allerdings liegt er auf der Couch und spricht mit sich selbst.

Es ist Anfang September an seinem Geburtstag, Ellen überredet Jakob mit ihr ins Schwimmbad zu gehen. Jakob erinnert sich an die vielen Runden, die er gedreht hatte, um seinem schlechten Gewissen davonzuschwimmen. Damals war er Ende dreißig. Er hatte kein Kind gewollt, aber Imken war dennoch schwanger geworden. Dann hat sie das Kind verloren. Jakob entschied sich auf der Couch zu schlafen, weg von ihrem Körper, ihrer Sehnsucht und dann hat sie Oliver kennengelernt. Jakob hat sie Silvester verlassen, ist einfach abgehauen. Er hatte geglaubt, Neujahr wäre ein guter Tag für einen Neuanfang, aber das war er noch nie.

Im Schwimmbad ist Ellen verschwunden. Sie wolle sich umziehen, sagte sie und danach hat er sie nicht mehr gesehen. Er sieht das alte Becken, das dem Umbau nicht zum Opfer gefallen ist und lässt sich hineingleiten. Er breitet die Arme aus, schwimmt ein paar Züge und fühlt sich wie ein Bügelbrett. Nach einigen Bahnen wird er flüssiger und es ist großartig. Warum hatte er damit aufgehört? Warum nur hörte man mit etwas auf, das einem guttat? Als er am Beckenrand verschnauft, taucht plötzlich Imken vor ihm auf. Sie hatten sich seit zehn Jahren nicht gesehen. Sie kommen ins Gespräch und Imken lädt ihn auf ihre Decke in der Liegewiese ein. Sie bietet ihm einen Plastikbecher mit Vinho verde an, leert ihre Kühltasche und zaubert etwas Roquefort, Bergkäse, Fenchelsalami und Oliven hervor. Jakob blinzelt, holt tief Luft. Jetzt bloß nicht heulen! So hatten sie damals auch gepicknickt.

Fazit: Lucy Fricke hat eine herzerwärmende Geschichte geschaffen. Sie lässt ihren melancholischen Protagonisten seinen Geburtstag auf ganz besondere Weise feiern. An diesem Tag findet er längst vergessene, aber auch verdrängte Erinnerungen, die in ihm ein Eigenleben entwickelt haben und ihm Antrieb und Lebenssinn nehmen. Am Ende des Tages wird er von belastenden Schuldgefühlen befreit sein und mit Leichtigkeit die nächsten 50 Jahre angehen. Ohne großen Firlefanz, mit einfachen Worten und Kreativität hat die Autorin mich tief berührt. Wie wohltuend! Es war meine erste Lucy Fricke und sicher nicht die letzte.

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