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Veröffentlicht am 09.06.2023

Das Böse ist im Netz – und folgt Dir!

Der Follower (Tom-Bachmann-Serie 3)
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Tom Bachmann ist Kriminalpsychologe beim BKA und man nennt ihn nicht ohne Grund den Seelenleser. Niemand kann sich so gut in die Welt von Psychopathen, Serienmördern und anderen Kriminellen hineinversetzen ...

Tom Bachmann ist Kriminalpsychologe beim BKA und man nennt ihn nicht ohne Grund den Seelenleser. Niemand kann sich so gut in die Welt von Psychopathen, Serienmördern und anderen Kriminellen hineinversetzen wie er. Und niemand weiß um seine Vergangenheit, die er aus gutem Grund geheim hält. Als ihn eine sehr gute Bekannte von früher um Hilfe bittet, ihre verschwundene Freundin zu finden, kann er trotzdem nicht nein sagen. Bald geht es um mehr als nur eine verschwundene junge Frau, und ehe er sich‘s versieht, ist Tom einem perfiden Serienmörder auf der Spur.

Mega-Thriller der Extraklasse! Blutig, gruselig, schockierend – und erschreckend real. Dieser Thriller fesselt von der ersten Seite und lässt kein Detail aus. Falls man Zweifel hatte, in welche Richtung es geht, werden diese gleich in Kapitel eins zerstreut. Dieser Mörder ist detailverliebt und perfektionistisch, absolut unempathisch mit seinen Opfern und interessiert sich nur für eines: die perfekten Beine.

Tom Bachmanns dritter Fall hat es in sich. Auch wenn man die Vorgängerbände nicht gelesen hat, wie es bei mir der Fall ist, kommt man sofort in die Geschichte hinein und findet auch Zugang zu den Protagonisten. Der Autor versteht es hervorragend, Sympathie mit den Opfern zu wecken und die Spannung permanent hochzuhalten. Seine Figuren haben sehr eigenständige Persönlichkeiten und agieren menschlich nachvollziehbar. Die knallharte Ermittlerarbeit steht im Vordergrund, dennoch kommen das Seelenleben und die Gedankenwelt einiger Handelnder nicht zu kurz. Die Perspektiven wechseln zwischen der des Täters, der Opfer, Bachmanns Bekannten aus der Vergangenheit und natürlich der Bachmanns selbst. Auf diese Weise ist der Leser allwissend, was der Spannung aber keineswegs einen Abbruch tut. Im Gegenteil ruft es ein ziemliches Gänsehaut-Gefühl hervor, wenn man auch nur ahnt, was gleich passieren wird.

Tom Bachmann selbst ist ein außerordentlich faszinierender Charakter, dessen traumatische Kindheit, die das verbindende Element mit seinen Bekannten aus der Vergangenheit ist, in Rückblenden beleuchtet wird. Dass er nicht komplett durchgedreht ist, grenzt wahrlich an ein Wunder. Nichtsdestotrotz trägt er schwer an ihr und kann sich ihr auch in der Gegenwart nicht entziehen. Dass diese Vergangenheit in der Gegenwart in einem blutigen Finale ihre Erwiderung findet, ist der zweite Handlungsstrang in dieser Geschichte. Und doch ist es genau seine Erziehung, die Bachmann zu einem genialen Seelenleser und Versteher der psychisch kranken Kriminellen macht. Tief versetzt er sich in deren Psyche hinein und nähert sich so sukzessive auch seinem aktuellen Gegenspieler. Dieser ahnt nicht, wie dicht Bachmann ihm auf den Fersen ist. Mich begeisterte diese Annäherung an den Täter sehr, wie immer mehr Puzzle-Teile ans Licht kommen, wie alle Rädchen im Getriebe, sprich im Team, zusammenarbeiten. So gesehen ist es weder ein Katz-und-Maus-Spiel noch ein klassischer Whodunnit-Krimi. Wer gerne mitermittelt, ist hier falsch. Stattdessen erwartet den Leser ein nach allen Regeln der Kunst gestrickter Thriller, der trotz aller blutigen Details weder reißerisch noch platt ist, sondern unglaublich packend.

Fazit: Ein Muss für Thriller-Fans, die psychologische Abgründe und knallharte Ermittlungsarbeit lieben. Der faszinierende Protagonist Bachmann ist kein reiner Sympathieträger, sondern ein traumatisierter Mensch, der in seiner eigenen Hölle lebt und gerade deshalb seine Fälle so genial zu lösen vermag. Der dritte Band kann in meinen Augen unabhängig von den anderen gelesen werden, macht aber Lust, sich mit den Vorgängerbänden an einen ruhigen Ort zurückzuziehen. Ein echter Pageturner!

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Veröffentlicht am 31.03.2023

Deutsche Zurückhaltung trifft portugiesisches Temperament – ein Krimi im Herzen Portugals

Südlich von Porto lauert der Tod
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Die Deutsch-Portugiesin Ria lebt als Polizistin in Deutschland, fährt aber anlässlich des Todes ihres Großvaters zurück in die Heimat, um an dessen Beerdigung teilzunehmen. Nach Problemen im Job und einer ...

Die Deutsch-Portugiesin Ria lebt als Polizistin in Deutschland, fährt aber anlässlich des Todes ihres Großvaters zurück in die Heimat, um an dessen Beerdigung teilzunehmen. Nach Problemen im Job und einer Trennung will sie sich gleichzeitig eine Auszeit nehmen, zu sich selbst finden und von Polizeiarbeit erst einmal nichts hören und sehen. Als in einem Ferienhaus eine tote Frau gefunden wird, spricht zunächst alles für einen tragischen Unfall. Einzig deren Schwester glaubt nicht daran und macht Rias Schwager, dem örtlichen Polizisten, gehörig Druck, den Leichnam obduzieren zu lassen. Als die Leiche vor der Obduktion aus dem Bestattungsinstitut verschwindet, glaubt keiner mehr an einen Zufall. Der angereiste Kommissar aus der Stadt übernimmt die Leitung und hält Ria irrtümlicherweise für eine Kollegin, und obwohl Ria sich heraushalten wollte, ist sie bald tiefer involviert als ihr lieb ist.

Sehr unterhaltsamer Portugal-Krimi vor traumhafter Kulisse mit viel Lokalkolorit. Dank des wunderbar eingängigen Stils und der bildhaften Erzählweise der Autorin ist man sofort drin in der Geschichte und Umgebung und Menschen ziehen einen direkt in den Bann. Der Fall selbst ist durchaus spannend, zeichnet sich aber weniger durch verzwickte Winkelzüge und überraschende Wendungen aus als vielmehr durch die Interaktion der Ermittler untereinander, das Leben im Dorf und das Zurückfinden Rias in die Gemeinschaft und in den Job. Dies wird besonders betont durch das Voranstellen eines typischen portugiesischen Ausdrucks und dessen Erklärung, der sich dann auch im Kapitel selbst wiederfindet. Die Geschichte ist reichlich gespickt mit portugiesischen Wörtern, Traditionen und das, was den Portugiesen wichtig ist, nämlich Familie und Freunde und gutes Essen und Trinken. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen und ich habe viel davon aufgesogen. Gerade in Bezug auf Ria war dies interessant, ist sie doch einigermaßen hin und her gerissen zwischen ihrem Leben in Deutschland und ihren portugiesischen Verwandten, die sie sehr vermisst.

Die Figuren sind in meinen Augen alle sehr gut herausgearbeitet und haben starke eigenständige Persönlichkeiten. Der Mikrokosmos der überschaubaren Kleinstadt, in dem sich jeder kennt und hilft, kommt liebevoll rüber und machte mir viel Spaß. Mit gefielen aber Ria, auf die sich ja erst einmal der größte Fokus richtet, und Baptista, der Ermittler aus der übergeordneten Dienststelle, am besten. Mit der besonnenen und klugen Ermittlerin und dem aufbrausenden, mit südländischem Temperament ausgestatten Baptista prallen Welten aufeinander, da knallt es ganz gewaltig, zumal beide Seiten mit ziemlichen Vorurteilen behaftet sind. Ria, gebeutelt von ihren Kollegen in Deutschland, schiebt Baptista genauso in die Schublade des Chauvis wie er die vermeintlichen Dorfpolizisten zunächst als unfähig abtut. Aber nach und nach nähern sie sich einander und erkennen auch die Fähigkeiten des anderen an. Schön finde ich auch, wie Rias Freunde und Verwandte mithelfen und zur Lösung beitragen und manch einer mit einem überraschend wachen Geist aufwartet.

Die Geschichte ist als klassische Detektivgeschichte aufgebaut, ein Whodunnit-Krimi, mit Ermittlungsarbeit und einigen Verdächtigen, die viele Geheimnisse haben. Spannung wird dadurch aufgebaut, dass hinter die Fassade geblickt wird, immer mehr Abgründe ans Tageslicht kommen und durch die Tatsache, dass Ria eigentlich gar nicht ermitteln dürfte und sie und Joao immer kurz vor dem Rausschmiss stehen. Ich fand es jedenfalls herrlich, wie Baptista jedes Mal kurz vor einem Brüllanfall steht und dann aber doch begeistert ist von den Ermittlungsergebnissen und über seinen Schatten springt. Die Auflösung des Falls ist denn auch gut nachvollziehbar und schlüssig.

Fazit: Schöner Einstieg in eine neue Reihe um eine ungewöhnliche Ermittlerin. Wer knallharte Krimis oder blutige Thriller liebt, ist hier falsch, die Geschichte lebt zum großen Teil vom Lokalkolorit, der Natur und den Menschen. Ich kann mir weitere Fälle sehr gut vorstellen und hoffe auf ein Wiedersehen mit spannenden Figuren.

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Veröffentlicht am 13.03.2023

Farbenprächtiges Sittengemälde aus Florenz zu Zeiten der Medici

Florentia - Im Glanz der Medici
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Florenz, im 15. Jahrhundert: Durch geschickte Bündnis-, Finanz- und Heiratspolitik hat Cosimo de‘ Medici seine Macht und die des Bankhauses Medici ausgebaut und seine Familie zur mächtigsten in der Republik ...

Florenz, im 15. Jahrhundert: Durch geschickte Bündnis-, Finanz- und Heiratspolitik hat Cosimo de‘ Medici seine Macht und die des Bankhauses Medici ausgebaut und seine Familie zur mächtigsten in der Republik Florenz gemacht. Nach dem Tod seines Sohnes Piero wird dessen ältester Sohn Lorenzo Familienoberhaupt. Lorenzo ordnet nicht nur sein eigenes Leben strikt dem Wohl und dem Machterhalt der Familie Medici unter, sondern erwartet dies auch von seinen Geschwistern und seiner Ehefrau. In der Familie Pazzi hat er sowohl politische als auch berufliche Konkurrenten, die in ihrem Streben, die erste Macht in der Republik zu werden, vor nichts zurückschrecken.

Ein Roman wie ein Renaissance-Gemälde, detailgetreu und farbenfroh, der den Leser eintauchen lässt in das Florenz zu Zeiten der großen Künstler und mächtigen Bankiersfamilien, allen voran die Familie der Medici. In vier gut strukturierten Teilen, an deren Ende jeweils ein einschneidendes Ereignis steht, und eingebettet in einen Prolog und einen Epilog, erzählt der Autor – oder besser gesagt die Autorin, denn der Name ist das Pseudonym einer Verlagslektorin – kenntnisreich und mit viel Liebe zu den Figuren die aufregenden Geschehnisse zwischen den Jahren 1469 bis zum Attentat der Pazzi im Jahr 1478. Dabei verwebt sie geschickt die Schicksale dreier sehr bekannter Zeitgenossen miteinander, nämlich das von Lorenzos Bruders Giuliano, das des aufstrebenden Universalgenies Leonardo da Vinci und das der Medici-Vertrauten Fioretta Gorini. Dies ist zwar ein recht kleiner Ausschnitt aus dem Leben und der Zeit, beschreibt aber höchst spannend die entscheidenden Jahre der drei Personen und gibt tiefe Einblicke in das politische Wirken und Steben der Familie Medici, ihr Credo und die Motivation ihres Handelns. Dabei und in vielen historischen Details bleibt die Geschichte sehr nah an den Fakten. Was in meinen Augen besonders gut gelungen ist, ist der menschliche Aspekt, der die historischen Persönlichkeiten real und authentisch wirken und diese Epoche wieder aufleben lässt. Der Fokus liegt klar auf die Spannungen zwischen den Medici und ihrer Gegner, es ist ein Ringen um Macht, bei dem nahezu jedes Mittel recht ist und das im Attentat auf die Medici gipfelt. Faktisch gesehen endet dies zwar mit dem Tod Giulianos, historisch betrachtet führte es aber auch dazu, dass Lorenzo seine Macht festigen konnte.

In mehreren Perspektivwechseln beschreibt die Autorin das Erwachsenwerden der Medici-Brüder und die Machtpolitik ihrer Familie, die beginnende Karriere von Leonardo und die Entwicklung Fiorettas, der Tochter des Leibarztes der Medici, zur Malerin und zur Vertrauten der Medici. Mit dem Einführen einer weiteren sehr interessanten Perspektive, nämlich der der erbitterten Medici-Gegnerin Albiera de Pazzi, der Matriarchin der Familie, ist der Autorin ein weiterer Coup gelungen. Er bringt die nötige Spannung in die Geschichte und bildet einen hervorragenden Gegenpol zu den Medicis und ihrer Familie und Freunde, zu denen auch der Maler Botticelli, der spätere Leibarzt Lorenzos und Geliebte Leonardos, Luca Tornabuoni, und andere zählen. Dieses Eintauchen in den engsten Zirkel dieser Menschen wirkt, als wäre man dabei, die Atmosphäre ist immer mit den Händen zu greifen, in den Malerwerkstätten genauso wie in den Räumen der Familien Medici und Pazzi, wenn Ränke geschmiedet und politische Entscheidungen getroffen werden. Für mich war es wie eine Zeitreise, ich durfte nicht nur diese Persönlichkeiten näher kennenlernen, sondern auch andere Zeitgenossen wie Verrocchio oder Botticelli und als Leser der Geburt einigen der berühmtesten Gemälde der Zeit beiwohnen. Ich finde es außerdem außerordentlich gut gelungen, wie die Autorin diese für uns erst einmal abstrakten historischen Berühmtheiten menschlich werden lässt, wie sie zu realen Wesen mit all ihren Schwächen werden. Man wird nicht nur Zeuge ihrer Gespräche, sondern auch ihrer Zweifel und Ängste, ihrer Krankheiten, ihrer Liebe und ihres Hasses.

Ich habe mit allen drei miteinander verbundenen Figuren dermaßen mitgelebt, als wäre ich selbst Teil ihres Kreises. Dadurch dass die Autorin auf weitschweifige Beschreibungen von Kleidung, Essen oder kirchliche oder andere Rituale verzichtet, sondern diese Dinge wie nebenbei erwähnt, wird das Leben zum Alltag, wird die Stadt und das Zusammenleben ihrer Menschen vertraut. Von den vielen Namen sollte man sich nicht abschrecken lassen, es gibt ein Personenverzeichnis und einen Stammbaum am Anfang des Buches. Der Erzählfluss ist aber so angenehm und unkompliziert, dass man sofort in die Geschichte eintaucht und förmlich in ihr aufgeht. Gestolpert bin ich in meinem Lesefluss allerdings über die Tatsache, dass der Prolog, die Planung der Verschwörung, wortwörtlich in Kapitel 70 wiederholt wird (eBook). Hätte man hier nicht andere Worte finden oder einen anderen Prolog wählen können? Das erschien mir dann doch etwas einfach. Alles in allem wurde das Lesevergnügen dadurch aber auch nur kurzzeitig beeinträchtigt.

Fazit: Wundervoller Roman aus dem Florenz der Frührenaissance mit vielen historischen Persönlichkeiten und authentischen Beschreibungen vom Leben und Wirken der Medici und dem der von ihnen geförderten Künstler. Ein vorhandenes geschichtliches Interesse an der Zeit ist in meinen Augen von Vorteil, der Roman lässt sich aber auch ohne große Vorkenntnisse hervorragend lesen und besonders bei der Interaktion der beiden ungleichen Brüder Lorenzo und Guiliano und den Emotionen zwischen Fioretta und Guiliano kann man intensiv mit leben. Ich fand es schade, als es zu Ende war, der Epilog mit positivem Ausblick auf die Zukunft versöhnte mich aber mit dem etwas abrupten Ende.

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Veröffentlicht am 01.03.2023

Reise in die Vergangenheit – ein Journalist kehrt zurück zu seinen Wurzeln

Tod in Siebenbürgen
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Journalist Paul Schwartzmüller aus Köln erhält ein famoses Jobangebot: Chef vom Dienst bei der Zeitung, für die er bislang freischaffend gearbeitet hat. Da holt ihn seine Vergangenheit ein: Seine Tante ...

Journalist Paul Schwartzmüller aus Köln erhält ein famoses Jobangebot: Chef vom Dienst bei der Zeitung, für die er bislang freischaffend gearbeitet hat. Da holt ihn seine Vergangenheit ein: Seine Tante aus Rumänien hat ihm ihr Haus vermacht, in dem er glückliche Kindheitssommer verbracht hat. Für Paul ein Schock, für ihn war sie schon lange verstorben, seit er mit zehn Jahren mit seinem Vater aus Rumänien wegging. Seine Vergangenheit als Siebenbürger Sachse hat er verdrängt. Mit dem festen Vorsatz, das Haus schnell zu verkaufen und dann den neuen Job anzutreten, reist Paul in die alte Heimat. Schnell hat er wieder Kontakt zu seinem alten Freund Sorin. Da geschieht ein Unglück: Bei einer von Sorins Führungen durch das Dracula-Schloss stirbt ein Mann, der als Widersacher Sorins galt und im Dorf allgemein unbeliebt war. Als Sorin verhaftet wird, bittet er Paul ihm zu helfen. Paul fängt an das zu tun, was er am besten kann: recherchieren. Dabei taucht er ein in die Geschichte des Dorfes und der Menschen und muss sich eingestehen, dass er tief mit ihnen verbunden ist.

Kein klassischer Krimi, eher eine Reise in die Vergangenheit und in die Geschichte der Region Siebenbürgen, uns besser bekannt als Transsylvanien. Die sehr schön geschriebene Geschichte beschreibt liebevoll die Umgebung und ihre Menschen und vermittelt dem Leser, dass dieser vielseitige, traditionell geprägte Landstrich so viel mehr ist als der Wohnort des weltbekannten Grafen mit den langen Eckzähnen. Tief verwurzelt sind die Menschen mit ihrer Heimat, und auch Paul lässt sich schnell vereinnahmen vom Flair und vom guten Essen. Seine Streifzüge durch die Region, sein Aufeinandertreffen mit den Menschen und die Aufarbeitung seiner Vergangenheit nehmen denn auch den größeren Raum ein. Mit vielen rumänischen Spracheinschüben, traditionellen Speisen und Getränken und Beschreibungen vom Leben und Feiern kommt sehr viel Lokalkolorit herüber, als Leser taucht man direkt mit ein und fährt mit Paul in seinem klapprigen Mietwagen durch die Pampa. Dabei tritt mitunter die Aufklärung des Todesfalls und die Ermittlungsarbeit doch sehr in den Hintergrund.

Sehr überzeugend gelingen der Autorin die Beschreibungen von Land und Leuten, ihr Leben zwischen Tradition und Moderne, zwischen Aberglaube und Christentum, und man merkt deutlich, wie sehr sie ihr am Herzen liegen. Ihre Charaktere sind gut ausgearbeitete Persönlichkeiten, die authentisch wirken und tiefschichtig sind. Paul ist sympathisch, wenn auch etwas träge, und man lebt mit ihm mit. Ebenso interessant sind Maja und noch mehr das Sinti-Mädchen Pusomori, ohne die Paul rein gar nichts herausgefunden hätte. Pusomori ist es auch, die die Geschichte ordentlich vorantreibt und durch deren eingeschobene Perspektive wir als Leser mitunter mehr erfahren als durch die Hauptgeschichte.

Einiges kommt mir aber leider zu kurz. Ich hätte mir gewünscht, dass es weniger um gutes Essen und viel Schnaps trinken geht und mehr um die Ermittlung und Aufklärung des Falls, der Motive und Persönlichkeit des Toten und seiner Machenschaften. Nicht zuletzt hätte man auch die Hintergründe des politischen Systems und was es mit den Menschen gemacht hat detaillierter beleuchten können. Einiges blieb doch recht oberflächlich. Schön fand ich Pauls Läuterung und Rückbesinnung auf seine alte Heimat und ihrer Werte und sein Auseinandersetzen mit seiner eigenen Geschichte.

Fazit: Wer einen spannenden Krimi erwartet mit knallharter Recherche, Gefahr für Leib und Leben oder spannungssteigernde Cliffhanger, wird eher enttäuscht sein. Die Geschichte lebt vom Lokalkolorit und seinen wunderbaren Figuren. Dennoch lässt sie einen gut eintauchen in eine Welt fernab der Touristenattraktionen und bringt uns eine faszinierende Region und ihre Kultur näher.

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Veröffentlicht am 24.02.2023

Des Donnerstagsmordclubs dritter Streich – ein ganz besonderer Fall

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel (Die Mordclub-Serie 3)
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Wie immer beginnt es einigermaßen harmlos: Die Vier vom Donnerstagsmordclub haben sich einen neuen interessanten Fall herausgesucht, den sie zu lösen beabsichtigen. Der Fall einer ermordeten Fernseh-Journalistin ...

Wie immer beginnt es einigermaßen harmlos: Die Vier vom Donnerstagsmordclub haben sich einen neuen interessanten Fall herausgesucht, den sie zu lösen beabsichtigen. Der Fall einer ermordeten Fernseh-Journalistin liegt schon zehn Jahre zurück und ihre Leiche wurde nie gefunden. Cold Cases sind ja bekanntlich ziemlich in Mode. Dafür scheut das Quartett wie gewöhnlich keine Kosten und Mühen. Etwas unruhig wird Elizabeth dann aber doch, als sie und ihr Mann Stephen von einem hünenhaften Wikinger entführt werden und Elizabeth den Auftrag erhält, einen ihr bekannten Ex-KGB-Chef zu töten – sonst stirbt ihre Freundin Joyce. Elizabeth wäre nicht Elizabeth, wenn sie nicht einen eigenen schlauen Plan entwickeln würde. Geheim halten lässt sich das Ganze vor ihren Mitstreitern natürlich nicht lange. Und so haben es Elizabeth, Joyce, Ibrahim und Ron bald nicht nur mit TV-Stars und Influencern zu tun, sondern auch mit überführten Verbrechern, der Mafia, mit Cyber-Kriminellen und Bandenkriminalität. Wenn es weiter nicht ist!

Ich liebe diese Vier! Elizabeth, Joyce, Ibrahim und Ron haben jeder so ihre
Eigenheiten und Schrullen, jeder hat ein besonderes Talent und Fähigkeiten, die sie für die Truppe unersetzlich machen. Es eint sie jedoch über allem anderen ihre unbedingte Loyalität und Freundschaft und auch ihre Hartnäckigkeit, dem Verbrechen auf die Spur zu kommen. Schön finde ich zum einen, dass im nunmehr dritten Band auch die vergangenen Fälle ihre Spuren hinterlassen. Die Konsequenzen aus Band eins und zwei sind in diesem deutlich sichtbar, und zwar nicht nur in Personalien, sondern auch in der Handlung. Als Fan freut man sich natürlich vor allem, bekannte Figuren wiederzutreffen, die man neben den Hauptakteuren langsam aber sicher ebenfalls lieb gewonnen hat, wie zum Beispiel Bogdan, Donna oder Chris. Der Autor gibt auch diesen Raum und lässt sie sich weiterentwickeln, man darf einiges Geschehen aus deren Perspektiven wahrnehmen und gewinnt recht umfassende Einblicke. Großartig finde ich dabei auch, dass eine Figur wie etwa Connie, die im Vorgänger überführt wurde, wieder auftaucht. Ein Fall ist also nie wirklich abgeschlossen, sondern die Menschen und ihre Entscheidungen haben Auswirkungen auf alles Kommende.

Zum anderen schafft es der Autor einmal mehr, einen großartig humorvollen und wahnsinnig spannenden Krimi zu erschaffen, der nie ins Lächerliche abdriftet und der seine Figuren liebt und schätzt. Er zeigt auf, dass man die Seniorinnen und Senioren niemals unterschätzen sollte, findet aber auch den schmalen Grat im sensiblen Umgang mit alterstypischen Krankheiten wie Demenz. Dies berührt uns als Leser ebenso wie die im Buch Betroffenen. Als Krimi ist auch dieser geprägt von Elizabeths Geheimdienstvergangenheit und steckt voller Überraschungen und Wendungen. Die Geschichte ist komplex und verschachtelt und bewegt sich nach friedlichem Beginn in die unterschiedlichsten Richtungen. Man muss immer auf alles gefasst sein. Der Ursprungsfall wird dabei nicht vergessen, es ergeben sich aber immer mehr Handlungsstränge. Das Ganze entwickelt eine immense Dynamik und man hat fast den Eindruck, der Autor lässt seine Figuren einfach machen und ist selbst ganz gespannt, wie es ausgeht. Die Charaktere sind vielschichtig und auch nicht nur böse oder gut. Wenn etwa ein Möchtegern-Psychopath plötzlich zum Vermögensberater wird und ein Gewerkschaftler zum Fernsehstar, so ist das hier völlig normal. Jeder wird eingespannt und jeder hilft mit – den Vieren kann man sich eben nur schwer entziehen.

Fazit: Besser geht nicht! Der Autor bleibt seinen Figuren und seinem Stil treu und schafft es einmal mehr, trockenen Humor und Spannung in eine wundervolle Geschichte zu packen und gesteht auch vermeintlichen Nebenfiguren einen größer werdenden Raum zu. Auch wenn bei dem Quartett der eine ohne den anderen nur halb so gut wäre – meine Lieblinge sind Elizabeth und Joyce, deren Freundschaft ebenso überraschend wie innig ist und die sich aufs Trefflichste ergänzen. Bitte mehr davon!

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