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Veröffentlicht am 03.02.2020

Die Geliebte des Kaisers

Die Geliebte des Kaisers
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Handlung:
Rom, 1001
Otto III. lagert zusammen mit seinen Getreuen und den beiden Leibdienern Mena und Ewalt in Rom. Der König und Kaiser liegt im Sterben, es gibt keinen Erben oder Thronfolger in der Familie. ...

Handlung:
Rom, 1001
Otto III. lagert zusammen mit seinen Getreuen und den beiden Leibdienern Mena und Ewalt in Rom. Der König und Kaiser liegt im Sterben, es gibt keinen Erben oder Thronfolger in der Familie. Bis seine Geliebte Mena ihm eröffnet, dass sie ein Kind erwartet. Schnell fasst Otto einen Entschluss: Mena soll nach Augsburg reisen, im Gepäck Ottos Herz. Nur so kann sie sich ausweisen.
Anfangs erscheint diese Aufgabe unerfüllbar, doch Mena beginnt die Reise mit viel Mut und Tatkraft. Sie schlißt sich einer Gruppe von Kaufleuten an, die dieses Jahr als Erstes über die Alpen wollen. Doch die Reise wird nicht nur durch die Schwangerschaft immer beschwerlicher. Mena muss auch vor den Verfolgern flüchten, die ihr das Herz des verstorbenen Königs und Kaisers wieder abnehmen wollen. Die Jagd hat begonnen. Die Jagd nach der Krone, aber auch nach Mena...

Meinung:
Mir gefällt das Cover recht gut, es strahlt sofort den Charme eines historischen Romans aus. Ich mag die recht düstere Umgebung, dadurch springt das Fenster mit der herausblickenden Dame noch mehr ins Blickfeld. Diese ist einfach gekleidet und hat eine aufrechte und stolze Haltung. Ihr Blick ist auf eine verschneit aussehende Landschaft gerichtet. Da könnte man hineininterpretiere, dass die Dame Mena ist, die nachdenklich in die Ferne schaut, sich Gedanken macht oder nach einer Person Ausschau hält. Insgesamt ein stimmiges Bild, auch die Farben vom Titel und der Namen des Autors fügen sich gut in das Gesamtbild ein.

Ich mag sehr gerne mittelalterliche Romane, bin da aber sehr kritisch geworden. Ich mag es, wenn Adelsgeschlechter auftreten und einiges an Wissen vermittelt wird. Zudem bevorzuge ich Werke, die nicht vor 1100 spielen. Meist ist mir die Zeit davor nicht so interessant.
Bei dem neuen Buch von Peter Dempf hat mich die Inhaltsangabe jedoch sofort angesprochen, obwohl ich nach dem Lesen der Jahreszahl noch etwas kritisch eingestellt war. Für mich klang die Handlung sofort spannend und ich hatte mir direkt einige Gedanken dazu gemacht. Daher war ich sehr glücklich, bei der Lesejury an der Leserunde teilnehmen zu können.

Dem Roman vorangestellt ist eine Auflistung der handelnden Personen. Hier wird zwischen fiktiven und historischen Personen unterschieden. Schnell fällt auf, dass es eine begrenzte Anzahl an Charakteren gibt, der Hauptteil von ihnen fiktiv ist und fast ausschließlich Männer auftreten.

Den Anfang des Romans kannte ich ja noch von der Leseprobe, die mir sehr gut gefallen hat. Es gibt einen wirklich spannenden Anfang, auch wenn der Prolog und der Beginn der eigentlichen Handlung schon etwas verwirren. Wenn man nicht aufmerksam liest, fällt gar nicht auf, dass zwischen diesen beiden Abschnitten einige Zeit vergangen ist. So kann es den Anschein haben, als wäre gar keine Zeit vergangen und die Handlung schließt nahtlos an den Prolog an. Hier hätte man vielleicht eine deutlichere Unterscheidung treffen können.

Die Schreibweise hat mir ganz gut gefallen, am Anfang und Ende war ich damit komplett zufrieden, in der Mitte des Buches nicht so. Dort hat sich die Handlung gezogen, es entstanden Längen und ich wurde immer nervöser, aber auch gelangweilter. Es gab einige Geschehnisse, die auch mehrmals angedeutet wurden, welche die Handlung aufgelockert und spannender gemacht hätten. Leider wurden diese Chancen nicht genutzt und die Geschichte plätscherte vor sich hin.
Gespickt wurde die Handlung mit wenigen historischen Begriffen, die gezielt eingesetzt wurden und im richtigen Zusammenhang genutzt wurden. Passend dazu gibt es auch am Ende des Buches ein Glossar, in dem diese nochmal mit einfachen Worten erläutert wurden.
Doch ab und an gibt es einige Details,die beschrieben werden, welche nur schwer vorstellbar sind und wo sich kein richtiger Sinn ergibt. Das beste Beispiel hierfür sind die Tellerschuhe, mit denen Mena und ihr Begleiter einfacher durch den Schnee kommen sollen. Ich konnte mir diese absolut nicht vorstellen was sehr schade ist, werden sie doch mehrere Male erwähnt.

Es werden im Roman verschiedene Sichtweisen genutzt, sodass ein vielfältiges Bild entsteht. Dabei gibt es immer eine neutrale Erzählform, der Erzähler wertet nicht, sondern erzählt die Geschichte mit Distanz. So wechseln die Kapitel zwischen Mena und ihren Verfolgern. Man kann die Wege verfolgen, grob einschätzen, wie viel Entfernung die Personen trennt und erfährt wenige Details über Pläne und Motive.

Als Setting dient im Mittelteil der Geschichte eine weite, bergige Schneelandschaft. Hier haben gute hundert Seiten gespielt, was mir etwas zu viel war. Ich empfand die Dimensionen zu groß und konnte mir mit fortlaufender Handlung immer weniger die beschriebenen Gegenden vorstellen. Irgendwann hat mich die ständige Erwähnung von Schnee in allen Variationen sogar genervt und ich habe darauf gehofft, dass die Charaktere schnell wieder in eine belebtere Gegend finden, die der Handlung dann auch neuen Schwung gibt. Zudem verlor ich schnell das Zeitgefühl, ich konnte irgendwann nicht mehr sagen, wie lange Mena nun schon unterwegs ist und eine Hilfe vom Autor gibt es dafür auch nicht.
Vom Setting hat mir besonders der Anfang gefallen. Die Anfangshandlung spielte auf einer Burg, welche anschaulich dargestellt war und ansatzweise ein Bild vor Augen entstehen ließ. Dort agierten die Protagonisten am lebendigsten, sie sind mehr Bündnisse eingegangen, wirkten einander teil zugetan und nicht so eigenbrötlerisch.

Es gab immer mal wieder kleine Andeutungen, die ein wenig Spannung hineingebracht haben. Doch nie wurde ich dazu verführt, immer weiterlesen zu wollen. Der Spannungsbogen wurde einfach zu flach gehalten. Ab und an dachte ich, dass in der nächsten Szene etwas bedeutenderes passieren könnte, leider war auch das nie der Fall. Es gab durchaus Gelegenheiten, wo man aufregendere Szenen hätte einbauen können, nur wurde dies nie genutzt.

Für mich waren nicht alle Entscheidungen der Protagonisten nachvollziehbar und sinnvoll. Manche Handlung erschienen zu überstürzt und unüberlegt, dazu wären ein paar erklärende Worte, weshalb eine Person so agiert, gut gewesen.
Zudem wurden nicht alle offenen Fragen geklärt. Die Handlung bleibt an vielen Stellen offen, es werden einige Sachverhalte nicht vollkommen aufgelöst und erläutert. Bei einigen dieser Szenen dachte ich, dass sie für den Weitergang der Geschichte wichtig sein könnten, wurde darin aber getäuscht. Daher war einiger Trubel während manchen Situationen unberechtigt, der Autor führt den Leser damit nur unnötig in die Irre.
Einige Details sind nicht genau durchdacht. Sie geben Szenen wieder, die im nächsten Abschnitt schon wieder ganz anders erscheinen. Sei es, dass sich eine Person scheinbar gedoppelt hat und in zwei Situationen an zwei verschiedenen Orten auftaucht. Oder das Personen, die gerade noch schwer verletzt waren, plötzlich wieder genesen sind und keinerlei Schmerzen mehr haben. Immer mal wieder tauchen solche Ungenauigkeiten auf, die mich verwirrt haben und das Lesen zusätzlich erschwert haben.

Mit jedem Charakter bin ich nicht wirklich zufrieden. Es fehlte mir an Lebendigkeit, Authentizität und an bestimmten Eigenarten. Keiner hatte einen besonderen Charakterzug, der ihn vom Rest abhebt. Sie kamen alle etwas stereotyp daher, was wirklich schade ist. Immerhin verbringt man mit den Protagonisten einige Zeit und da wünscht man sich natürlich viele sympathische Genossen, aber auch einige Gegenspieler, die Schwung in die Handlung bringen.

Anfangs war mir Mena noch recht sympathisch und freundlich. Sie hat einen starken Willen, ist mutig und zeigt auch ein paar Gefühle. So hatte es den Anschein, dass sie einen ersten, angenehmen Eindruck macht und es war Platz zur Weiterentwicklung gegeben. Mena hat sich weiterentwickelt. Doch meiner Meinung nach nicht zum positiven. Sie vertraut gerne mal den falschen Personen, vielleicht auch aus Gewohnheit, weil sie diese schon länger kennt.
Ich verstehe das Mena die Urne mit dem Herz nicht aus den Augen lassen mag. Immerhin ist diese ihr Ausblick auf eine bessere Zukunft für sich und ihr Kind. Zudem hat sie den unbändigen Wunsch, Otto seinen letzten Wunsch zu erfüllen. Doch irgendwann war sie zu fokussiert darauf. Manchmal hatte es den Anschein, als würde ihr die Urne mehr bedeuten als ihr noch ungeborenes Kind. Und genau das Gegenteil sollte der Fall sein. Somit ist dies ein weiterer Grund, weshalb mir Mena nicht so sympathisch war. Sie hat ihrem Kind während der Schwangerschaft gefühlt keine Liebe entgegengebracht, fast könnte man denken, dass Mena sich gar nicht recht auf das Baby gefreut hat...
Zudem zeigte Mena immer weniger Gefühle, nur am Ende des Romans war davon ein Hauch zu sehen. Sie bekam etwas mechanisches, roboterhaftes, wirkte oft nicht lebendig und hat mich mit ihrer Art gestört. Sie schien zu keinem wirklich eine Bindung aufzubauen, man könnte dies höchstens bei einer Person behaupten. Doch auch das kam nicht eindeutig rüber und viele Szenen der Beiden erschienen etwas gekünstelt.

An sich war es klar, dass Mena einige Feinde gestellt bekommt. So kommt eigentlich viel Spannung hinein, man kann noch mehr mit den Haupthelden sympathisieren und mitfiebern. Hier haben die Gegenspieler ganz schön genervt, sie haben sich teils troddelig angestellt und manchmal konnte man ihre Motive und Pläne nicht recht mitverfolgen. Sie waren keine guten Antagonisten, haben nicht eindrucksvoll gewirkt und auch nicht verschlagen genug. Es gibt lediglich eine Szene, in denen sie ziemlich respekteinflößend auftraten, ansonsten war eher das Gegenteil der Fall.

Fazit:
So recht konnte mich das Buch nicht überzeugen. Den Protagonisten fehlen nicht nur Emotionen, sondern auch besondere Merkmale, die einen jeden Menschen auszeichnen. Auch das Setting war nicht perfekt, die Szenen in der Schneelandschaft haben mich ganz schön gestört. Dazu gibt es einige Ungenauigkeiten, die das Lesen erschwert haben und so eigentlich nicht vorkommen dürften.
Ich habe lange nachgedacht, was ich dem Buch für eine Bewertung gebe. Ich habe nach positiven Aspekten gesucht, doch die negativen überwiegen einfach. Nach der gelungenen Leseprobe hatte ich wirklich mehr von der Handlung erwartet.

  • Einzelne Kategorien
  • Authentizität
  • Cover
  • Handlung
  • Charaktere
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 29.12.2019

Der kleine Lord

Der kleine Lord
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Handlung:
Cedric Errol ist ein kleiner, siebenjähriger Junge, der zusammen mit seiner Mutter in bescheidenen Verhältnissen lebt. Sein Vater, gebürtiger Engländer ist gestorben und eigentlich denkt Cedric, ...

Handlung:
Cedric Errol ist ein kleiner, siebenjähriger Junge, der zusammen mit seiner Mutter in bescheidenen Verhältnissen lebt. Sein Vater, gebürtiger Engländer ist gestorben und eigentlich denkt Cedric, dass es keine weiteren Verwandten gibt.
Eines Tages taucht ein Bote des Großvaters in New York auf und überbringt dessen Wunsch: der Earl of Dorincourt möchte, dass sein Enkel nach England kommt, damit er ihn in seinem Sinne erziehen kann. So soll Cedric ein würdiger Nachfolger werden und sich auf seine spätere Rolle vorbereiten.
Cedric fällt die Umstellung auf sein neues Leben nicht leicht. Er lebt plötzlich nicht mehr mit seiner Mutter zusammen und vermisst seine Freunde aus New York. Dazu ist sein Leben plötzlich nicht mehr ganz so unbeschwert und der Earl of Dorincourt ist nicht der liebevollste Großvater. Er geht mit Cedric recht kühl und abweisend um. Kann Cedric mit seiner kindlichen Art das Herz des Großvaters für sich gewinnen?

Meinung:

Anfang des Jahres habe ich dieses Buch in einem Karton wiedergefunden und wollte es unbedingt lesen. Nach gut elf Monaten bin ich über Weihnachten nun dazu gekommen und ich hatte mich wirklich riesig darauf gefreut. Noch dazu hatte ich erst vor kurzem den hervorragenden Film aus dem Jahr 1980 gesehen und war auf Parallelen und Unterschiede gespannt. Außerdem habe ich mir noch eine spannende Frage gestellt: gefällt mir der Film oder doch das Buch besser?

Mir fiel es recht schwer, in die Handlung zu starten. Die Schreibweise empfand ich als schwierig und den Lesefluss stoppend. Ich konnte mich nicht damit anfreunden und war nie wirklich glücklich damit. Im Lauf des Romans hat es sich etwas gebessert, doch ich kann nicht genau sagen, ob mir die Schreibweise etwas angenehmer wurde oder ich mich einfach nur daran gewöhnt habe.
Ganz gut haben mir die Beschreibungen von Landschaften und Gegenden, aber auch von Gebäuden gefallen. Diese sind zahlreich ausgefallen und wurden mit allerhand Attributen benannt, was bei mir ein lebendiges Bild entstehen lassen hat. Gleichzeitig finde ich dies ziemlich verwunderlich für ein Kinderbuch. Meiner Erfahrung nach wird dort eher nicht auf dieses Detail Wert gelegt. Normalerweise stehen eigentlich immer die Geschehnisse und die Protagonisten im Vordergrund, jedoch muss auch beachtet werden, dass dieses Buch 1886 geschrieben wurde. Vielleicht waren die Maßstäbe und Vorlieben der Leser damals noch andere.
Es gibt eine Vermischung von einer gehobeneren Sprache und einer normalen Alltagssprache. Es ist immer ganz niedlich, wenn sich der kindliche Cedric dieser bedient und was für ein Kauderwelsch sich dadurch ergibt. Insgesamt gefällt er mir in seiner altklugen und reifen Artikulation sehr, es mag manchmal vielleicht zu viel des Guten gewesen sein, erscheint mir aber durchweg als niedlich und passend für seinen Charakter.

Ich finde nicht, dass irgendeine Art von Stimmung vermittelt wurde. Weder die Härte des Großvaters, noch die Liebe der Mutter wurden an den Leser vermittelt. Viele Szenen wurden nicht sonderlich emotional oder atmosphärisch geschildert. So ließ sich das Buch sehr sachlich lesen, es kann in diesem Aspekt aber nicht überzeugen.

Mit den Protagonisten bin ich nicht ganz zufrieden. Mir waren sie zu sehr ideologisiert. Cedric ist ein reines Wunderkind, verkörpert Liebreiz in Person und wird von jedem Menschen angeschmachtet. Das war mir alles zu ausgeprägt, eine abgeschwächtere Form hätte mir besser gefallen. So war ich leicht genervt von den ständigen Lobeshymnen auf Cedric und wie ihn alle Leute sofort lieben. Ich verstehe ja noch, dass er schnell mit seinem etwas grummeligen Großvater verglichen wird und die Leute ihn deutlich sympathischer finden. Man kann es aber auch übertreiben.
Auch die Darstellung des Großvaters war nicht perfekt. Er war mir zu weich, nicht so hart und herzlos, wie teilweise angedeutet wird. So war er mir etwas zu zahm und man merkt ihm die Veränderung seines Wesens gar nicht so arg an...

Fazit:
Ich bin tatsächlich leicht enttäuscht. Die Geschichte ist nicht so gut, wie ich sie in Erinnerung habe und kann mich leider nicht begeistern. Mir gefällt die eigentliche Handlung recht gut, doch dann kommen Details hinzu, die meine Meinung ins negative verändern. Dazu gehört die Schreibweise, aber auch die Darstellung der Charaktere. Teilweise werden Kleinigkeiten oder Oberflächlichkeiten öfter wiederholt, was mit der Zeit gestört hat.
Wenn ich das Buch nun mit dem Film vergleiche, kommt es nur wenig dagegen an. Zwar gibt es einige Unterschiede, doch der Film versprüht für mich eine tolle Stimmung und durch Blicke und Gesten der Protagonisten entsteht viel Lebendigkeit. Genau das, was mir im Buch fehlt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.10.2019

Der Duft der weiten Welt

Der Duft der weiten Welt
1

Handlung:
Hamburg 1912
Mina Deharde interessiert sich schon seit vielen Jahren für den Kaffeehandel ihres Vaters. Sie hofft darauf, eines Tages doch noch die Chance zu erhalten, das Geschäft als Frau führen ...

Handlung:
Hamburg 1912
Mina Deharde interessiert sich schon seit vielen Jahren für den Kaffeehandel ihres Vaters. Sie hofft darauf, eines Tages doch noch die Chance zu erhalten, das Geschäft als Frau führen zu können. Doch erstmal muss Mina die Schulzeit hinter sich bringen und wird von ihrem Vater ins Internat geschickt. Dummerweise genau zu einer Zeit, zwischen ihr und ihrem Jugendfreund Edo eine zarte Liebe entsteht.
Und es steht immer noch eine Diskussion im Weg, die Mina und Edo klären müssen. Denn Edo würde gerne nach New York auswandern, wo noch ein Rest seiner Verwandtschaft lebt. Mina will jedoch ihre Familie und auch den Handel ihres Vaters nicht einfach so verlassen und muss große Entscheidungen treffen....

Meinung:
Das Cover deutet für mich direkt auf einen historischen Roman hin, es ist wunderbar historisch und altmodisch gestaltte. Dazu tragen natürlich einige leicht verblasste Stellen bei, vor allem aber das Outfit der Dame. Sie trägt die typische Mode für die Handlungszeit des Romans, welcher vor dem Ersten Weltkrieg spielt. Als sehr schönes Detail empfinde ich das Grün der Schriftart, welches leicht dunkler ist als das des Rockes. So wird die Farbe nochmals aufgegriffen und lässt das Bild runder wirken. Im Hintergrund wird eine Zeichnung der Speicherstadt abgebildet, was äußerst passend für das Buch ist.

Ich habe mich riesig auf das Buch gefreut, das es etwas her war, dass ich einen historischen Roman gelesen habe. Außerdem hat mich die ganze Sache mit der Hamburger Speicherstadt sehr gereizt und ich mag es immer wieder von Frauen zu lesen, die stark sind und für ihre Wünsche kämpfen. Und genau das hat mir der Roman geboten. Eine interessante Geschichte, eine sympathische Hauptprotagonistin und einige Informationen zu der Speicherstadt, den Verhältnissen unter den Unternehmern und über gesellschaftliche Konventionen.

Die Autorin hat einen äußerst angenehmen und guten Schreibstil genutzt, sodass ich flott durch die Handlung gekommen bin. An wirklich keiner Stelle hatte ich damit Probleme oder wurde in meinem Lesefluss gestört. Besonders gut haben mir zwei Aspekte gefallen. Zum einen gab es bildhafte und sehr lebendige Beschreibungen von Orten und von Situationen. Dadurch fand ich es auch leichter, die Protagonisten zu bewerten und einzuschätzen, einige konnten mich sogar überraschen und zeigten mir, dass man nicht vorschnell urteilen sollte.
Zum anderen fand ich die gesamte Speicherstadt wunderbar dargestellt. Sie wurde eingängig und detailreich beschrieben und es kam dort eine ganz bestimmte Stimmung auf. Es schien, als würde dieser Teil Hamburgs eine eigene Welt sein, wo andere Regeln herrschen und die Menschen offener miteinander umgehen. Hat mir sehr gut gefallen!

Ich habe genau einen Kritikpunkt anzumerken, denn ich an dieser Stelle erwähnen möchte. Die Handlung wurde durchweg interessant gehalten, doch nur selten empfand ich sie als stark spannend. Meist konnte ich mir schon denken, was passieren wird und wurde am Ende in meiner Vermutung bestätigt. Das hat zwar nicht meinen Lesefluss gestört, trotzdem empfand ich es schade, dass mich kein Ereignis so richtig vom Hocker hauen konnte. Ein paar mehr überraschende Momente und Wendungen hätte ich richtig gut gefunden.
Ich bin wirklich gespannt auf die zwei weiteren Teile, zum einen interessiert mich das weitere Schicksal von Mina, außerdem endet das Buch mit einigen Geheimnissen und Andeutungen, denen ich nur zu gerne auf den Grund gehen würde. Ich finde, diesen Roman können auch gut Einsteiger in das historische Genre lesen, die Handlung überschlägt sich nicht, es gibt eine recht überschaubare Anzahl an Protagonisten und man wird auch nicht von geschichtlichen Fakten überschüttet. Diese wurden an den passenden Stellen eingefügt, haben Hand und Fuß und geben kleine und lebendige Einblicke in die damalige Zeit.
So wird auch die ausführliche und genaue Recherche deutlich. An vielen kleinen Stellen zeigen sich historische Details, die geschickt in die Handlung eingebunden wurden und immer perfekt an die jeweilige Textstelle gepasst haben.

Als Setting dient vor allem die Speicherstadt, sowie das Familienhaus der Familie Deharde. Dazu gibt es noch einige Szenen, in denen Mina ein Internat besucht. An sich empfinde ich die Anzahl der Handlungsorte sehr passend für eine Seitenanzahl von knapp 320 Seiten. So gibt es nicht zu viel zu entdecken, es gibt aber auch genügend Abwechslung. Insgesamt empfand ich die Orte sehr lebendig geschildert, ein jeder strahlte eine besondere Atmosphäre und Stimmung aus. So erscheint zum Beispiel das Wohnhaus der Familie recht kalt und steif, nicht sonderlich einladend und passt sich damit an den Charakter der Großmutter an. Die Charaktere tragen wirklich viel dzau bei, wie man einen Handlungsort wahrnimmt.

Insgesamt tritt eine recht überschaubare Anzahl an Protagonisten auf. Das Hauptgeschehen dreht sich um Mina, sowie ihre Familie, dazu gibt es vielleicht noch fünf andere Charaktere, die immer wieder einen Auftritt haben. So konnte sich die Autorin vollkommen auf diese Personen konzentrieren und am Ende kamen sie sehr lebendig und durchdacht heraus. Ein jeder war wirklich einzigartig, hatte eigene Merkmale und eine besondere Haltung.
Mina empfand ich schnell als angenehme Hauptprotagonistin. Sie ist ein intelligentes Mädchen, das sehr sympathisch auftritt und für ihre Wünsche eintritt. Sie nimmt Entscheidungen nicht sofort hin, sondern hinterfragt diese kritisch und bildet sich gerne ihre eigene Meinung. Genau diese Charakterzüge haben mir an ihrem Charakter gefallen, das hat sie für mich besonders gemacht.
Bei vielen Charakteren ist mir eine Wandlung und Weiterentwicklung aufgefallen. Allen voran natürlich bei Mina, doch auch ihre Schwester und ihr Vater hat sich verändert. Die Schwestern sind nicht nur erwachsener geworden, sondern haben auch ihre Wünsche entdeckt und sich selbst gefunden. Der Vater hingegen hat entdeckt, dass viele Ansichten der Gesellschaft veraltet sind und es an der Zeit ist, weiterzublicken und der jungen, auch weiblichen, Generation das Feld zu überlassen.

Fazit:
Mein einziger Kritikpunkt ist wirklich nur die etwas vorhersehbare Handlung. So gab es für mich keine Überraschungen und der Spannungsbogen war dementsprechend auch niedrig gehalten. Ich würde mir wünschen, dass sich dies in der Fortsetzung etwas ändert und alles spannender gehalten wird.
Ansonsten habe ich absolut nichts zu meckern, mir haben die Charaktere gut gefallen, die Autorin hat eine wunderbare Schreibweise genutzt und ihr ist es auch gelungen, die Handlungsorte bildhaft wiederzugeben. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung und bin sehr gespannt darauf, wie es Mina in den weiteren Jahren ergehen wird. Außerdem hoffe ich natürlich, dass einige, noch offene Fragen noch beantwortet werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
  • Thema
Veröffentlicht am 04.09.2019

Die kleine Chocolaterie am Meer

Die kleine Chocolaterie am Meer
1

Handlung:
Nach einem schweren Schickicksalsschlag hat Emma in Warkton-by-the-Sea ihr Glück gefunden. Sie hat ein wunderschönes Haus gemietet, wo sie nicht nur wohnt, sondern auch ihre eigene Chocolaterie ...

Handlung:
Nach einem schweren Schickicksalsschlag hat Emma in Warkton-by-the-Sea ihr Glück gefunden. Sie hat ein wunderschönes Haus gemietet, wo sie nicht nur wohnt, sondern auch ihre eigene Chocolaterie betreibt. Dazu hat sie wunderbare Freunde und ist mit der Situation ganz zufrieden. Nur von der Liebe nimmt sie auch sieben Jahre nach dem Vorfall noch Abstand.
Doch nach einer ruhigen Zeit kommt auch in Emmas Leben wieder ungewohnter Schwung. Ihr Vermieter hat die Miete erhöht, Emma ist erstmal ratlos, ob sie die Erhöhung tragen kann. Dazu trifft sie überraschend kurz nach Weihnachten einen Fremden am Strand, der sie aus heiterem Himmel küsst. Und obwohl Emma den Unbekannten eigentlich vergessen will, taucht er immer wieder in ihren Gedanken auf...

Meinung:
Das Buch bietet ein sehr beschauliches, liebevoll gestaltetes Cover mit viel weihnachtlichem Charme. Die Schrift wurde in rot-grün gehalten, sehr passend für die Handlungszeit und auch zusammen sehen die Farben toll aus. Dazu gibt es eine leicht verschneite, niedliche Straße mit gemütlich aussehenden Häusern, einer Chocolaterie und natürlich Weihnachtsdekoration. Insgesamt ein sehr stimmiges, wunderschönes Bild, welches perfekt auf den Roman abgestimmt ist.

Langsam geht es auf die Herbstzeit zu und ich freue mich schon jetzt auf winterlich-weihnachtliche Romane, mit toller Stimmung, einer guten Geschichte und angenehmen Charakteren. Mit diesem Buch habe ich den Anfang gemacht, ich habe mich wie ein kleines Kind gefreut, als ich es in Empfang nehmen konnte und kurze Zeit später mit dem Lesen begonnen habe. Es war für mich leider kein Highlight, hat aber einen soliden Start gebildet und jetzt freue ich mich schon auf weitere Bücher.

Ich war überrasscht, dass die Handlung zwar zu Weihnachten begonnen hat, es aber daraufhin einige Kapitel gab, die im Frühjahr / Sommer gespielt haben. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet und habe schon etwas an mir gezweifelt, ob es sich hier wirklich um einen Weihnachtsroman handelt oder ich mich täusche. Irgendwann wechselte die Handlung dann wieder zu den kalten Tagen und ich war richtig glücklich darüber. Dann gab es auch keine Missverständnisse dieser Art von meiner Seite:)
Insgesamt vergeht ein ganzes Jahr, das Buch beginnt, sowie endet im Winter, zur Weihnachtszeit. An sich finde ich es realistischer, dass eine mögliche Beziehung etwas Zeit braucht, gleichzeitig war mir der Handlungszeitraum etwas zu lang. Zwar wurde vieles abgekürzt, so gab es nur wenige Seiten, die im Frühjahr und Sommer stattgefunden, aber die Abschnitte schienen nur als Lückenfüller zu dienen.
Es gibt einen allwissenden Erzähler, der öfters auch mal ein paar Geheimnisse für sich behält und sie erst nach einiger Zeit preis gibt. Dazu beschreibt dieser wunderbar die Chocolaterie und gibt sympathische Einblicke auf einige Charaktere.
Für mich war es absolut kein Problem, in den Roman reinzufinden. Die Schreibweise war angenehm locker und flott zu lesen, man lernte schnell die wichtigsten Protagonisten kennen und alles wurde wunderbar stimmungsvoll geschildert. Mir haben durchweg die Szenen am besten gefallen, in denen der Alltag von Emma geschildert wird. Angefangen von der Herstellung der ganzen Köstlichkeiten, über den täglichen Umgang mit den Kunden oder der Dekoration des Ladens. An diesen Stellen wirkte nicht nur Emma vollkommen zufrieden mit sich und der Welt, die Stimmung war auch richtig toll geschildert und die ganze Dynamik hat einfach gepasst.

Ganz wunderbar war die Beschreibung des Settings. Sowohl das kleine Örtchen, als auch die Chocolaterie waren traumhaft und sehr ausführlich beschrieben. Ich konnte mir die beschriebenen Dinge richtig gut vorstellen und besonders die Chocolaterie hat mir in der Darstellung hervorragend gefallen. Sie wirkte, nicht nur durch die Beschreibung, sondern auch anhand der Kunden und natürlich Emma, lebendig und greifbar. Die Stimmung wurde in dem Laden einfach wunderbar eingefangen und dies vermischt mit der Darstellung war einfach traumhaft.

Bei vielen Liebesromanen oder auch winterlichen Büchern habe ich das Problem, dass ich sie zu kitschig finde. Zu viel Liebesgeplauder und Geschnulze. Hier wurde die Waage tatsächlich ganz gut gehalte. Es gab einige Szenen, die durchaus romantisch und fast schon kitschig geschildert wurden, meist fand ich das Ausmaß aber ganz angenehm. Zwischenzeitlich fand ich es etwas schade, dass die ganze Situation mit Emmas Laden, d.h. vor allem der Mieterhöhung kurz gehalten wurde. Die Liebe hatte dann zu sehr den Vorrang, was ich schade finde. Eine bessere Mischung von beidem, der beruflichen Situation, sowie von gefühlvollen Momenten hätte mir besser gefallen.
Teilweise war die Handlung etwas vorhersehbar, was mich nicht sonderlich gestört hat. Ab und an finde ich es tatsächlich ganz angenehm, ein Buch zu lesen und dabei nicht ständig überrascht zu werden. Dazu bin ich auch mit einer gewissen Erwartungshaltung gestartet, ich hatte erwartet, dass Emma und Max nicht auf einfachem und geradelinigen Wege ein Paar werden und mit einem positiven und romantischen Ende gerechnet. Ab und an hätte ich die Beiden trotzdem gerne etwas geschüttelt, dass sie nicht so lange um den heißen Brei herumreden, sondern einfach mal offen ihre Meinung sagen.

Mit den Protagonisten war ich etwas zwiegespalten. Einige, eher die Nebencharaktere, fand ich teilweise fast interessanter als Emma oder Max. Gerade mit Max hatte ich einige Probleme, er war zwar ein freundlicher, aufrichtiger Charakter, aber ich kam mit seiner Art und seinem Auftreten nur selten klar. Ich kann gar nicht genau sagen, was mich gestört hat, er hatte für mich nichts sympathisches an sich. Im Grunde war er zwar ein scheinbar perfekter, aber auch langweiliger Protagonist.
Emma hinterlässt mich zwiegespalten. An vielen Stellen fand ich sie sympathisch und richtig gut beschrieben. Vor allem wenn sich die junge Frau in ihrem Laden aufgehalten hat, fand ich sie unglaublich gut gelungen und ich fand ihren Charakter, ihr ganzes Auftreten äußerst selbstbewusst und positiv. Auch ihren Umgang mit ihrer Angestellten Holly, sowie ihren Freunden fand ich grandios. Sie wirkte dann richtig unbeschwert und einfach sympathisch. In solchen Momenten hätte ich gerne ebenfalls einen Abend mit Emma verbracht.
Doch dann kamen leider auch immer wieder Abschnitte, teilweise mit Max, teilweise ohne, wo ich meine Probleme mit Emma hatte. Dann war ihr ganzes Wesen wie ausgewechselt und sie hatte nichts mehr von der lebensfrohen, nachdenklichen und aufmerksamen Frau an sich. An sich finde ich es gut, wenn sie auch eine andere Seite besitzt, doch manchmal war mir der Wandel zu übertrieben, von himmelhoch jauchzend zu zu Tode betrübt.
Bei Emma hat es mich außerdem etwas gestört, dass sie nach sieben Jahren immer noch ständig Zusammenbrüche bekommt, wenn sie etwas zu sehr an ihren verstorbenen Ehemann erinnert. Ich finde es toll, dass sie ihn nicht einfach vergisst und will gar nicht zu sehr urteilen, da ich mich nicht in einer solchen Situation befinde. Aber oft erscheinen die Textstellen, als würde der Unfall erst kurze Zeit, vielleicht ein-zwei Jahre zurückliegen. Mit der Zeit müsste Emma eigentlich gelernt haben, etwas besser damit umzugehen.

Fazit:
Mit dem Buch habe ich mein erstes weihnachtlich-winterliches Buch gelesen und bin eigentlich ganz zufrieden damit. Es konnte mich leider nicht vollkommen überzeugen, es gibt kleine Kritikpunkte, aber mir hat es richtig gut gefallen, wie die Stimmung vermittelt wurde. Durch die Beschreibung von Emmas winterlich geschmückten Laden, der Umgebung und kleinen Leckereien aus Schokolade ist es der Autorin wunderbar gelungen, eine festliche Stimmung einzufangen und an den Leser zu vermitteln.

Veröffentlicht am 12.08.2019

Als wir im Regen tanzten

Als wir im Regen tanzten
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Handlung:
Berlin 1928
Die Filmindustrie blüht und noch immer sind die Stummfilmschauspielerin Recha und ihr Mann, der Regisseur Willi, tonangebend in der Branche. Doch so langsam ändert sich das, Recha ...

Handlung:
Berlin 1928
Die Filmindustrie blüht und noch immer sind die Stummfilmschauspielerin Recha und ihr Mann, der Regisseur Willi, tonangebend in der Branche. Doch so langsam ändert sich das, Recha ist Jüdin, erhält immer weniger Angebote. Willi bemerkt davon gar nichts, er will einen Film herausbringen, der an seine früheren Erfolge anknüpft. Das Paar entfremdet sich und leben aneinander vorbei. Werden die Beiden eine Zukunft haben?

Meinung:
Obwohl das Cover mit zurückhaltenden Farben ausgestattet wurde, ist es interessant und gibt stark eine Stimmung wieder, die in Deutschland zu der damaligen Zeit geherrscht haben muss. Von der Autorin habe ich noch kein Buch gelesen, habe sie aber alle schon in Buchhandlungen oder im Internet gesehen. Mir gefällt es, dass die Bücher einen Wiedererkennungswert haben, anhand einer Dame, die vom Betrachter abgewandt ist und ein Bauwerk betrachtet. Diese ist edel und vornehm gekleidet, scheint unsicher zu sein.
Zu der leicht düsteren Stimmung tut der Himmel sein Übriges. Dieser ist dunkel und voller Wolken dargestellt, die kein Licht durchlassen und der Welt einen trüben Anblick geben. Es scheint auf jeden Fall etwas Dunkles auf Berlin und ganz Europa zuzurollen, vielleicht eine Anspielung auf die Nazis?

Der Prolog, im Buch als Vorspann bezeichnet, hat mir richtig gut gefallen. Er gibt ein lebendiges und authentisches Bild auf die Charaktere, sowie auf die Situation in Deutschland wieder. Die Schreibweise war leicht zu lesen, hat das Interesse auf die weitere Geschichte angeregt. Auch die bisher auftretenden Personen, allen voran Recha und Willi wirkten auf den ersten Eindruck sympathisch und freundlich. Nach diesem ersten, positiven Eindruck habe ich mich auf das Lesen und die weitere Handlung gefreut. Leider hielt die Freude nicht lange an...

Schnell wurden viele Aspekte, die ich bisher gut fand, anders. Die Protagonisten haben mir nicht mehr so gut gefallen, sie wirkten plötzlich steif und ohne Gefühle. Auch die Schreibweise ließ zwischendurch nach und hat das Lesen erschwert. Es gab seitenlange Beschreibungen von Ereignissen aus der Vergangenheit, die wohl im ersten Teil der Reihe behandelt wurden. Gut und gerne hätten diese gekürzt werden können, so war mir das zu viel. Lange Zeit gab es kaum Informationen zu der politischen Situation, diese wurden erst später leicht mit einbezogen. Ich konnte mich nicht ganz auf die Handlung einlassen, brauchte viel Zeit, um mich daran zu gewöhnen und habe mich leicht ablenken lassen, weil mich das Buch nicht fesseln konnte.

Ab ungefähr der Mitte des Buches wurde es besser. Die Schreibweise hat mir irgendwann richtig gut gefallen. Sie war immer noch einfach gehalten, ließ sich aber plötzlich flüssiger lesen und wirkte lebendiger. Das hat dem Buch definitiv gut getan und genau das habe ich auch gebraucht, um am Lesen zu bleiben. Trotzdem gab es immer noch einige Längen, die immer mal wieder auftraten. Zum Ende hin wurden glücklicherweise weniger und auch kürzer. Oft plätscherte die Handlung einfach nur vor sich hin, ohne das etwas nennenswertes geschehen ist. Ein wenig mehr Drama hätte mir gut gefallen, es hätte Schwung in den Roman gebracht und würde einen guten Gegensatz zu den Beschreibungen bilden.

Ursprünglich hatte ich angenommen, dass sich das Buch fast ausschließlich um Recha und Willi drehen wird, sie bestimmen den Klappentext und auch der Vorspann hat mir diesen Eindruck vermittelt. Dem war leider nicht so. Viellleicht wären mir die Beiden sympathischer gewesen, wenn sie die klaren Hauptfiguren gewesen wären. Doch gleichzeitig gibt es noch einen Erzählstrang um Willis Schwestern Ille, sowie um Felice, ihrem Mann und den Kindern. Einen großen Bezug zueinander gab es leider nur sehr selten, meistens liefen die Stränge nebeneinander her, ohne Berührungspunkte. Obwohl Ille nur wenig aufgetreten ist, hätte ich auf sie verzichten können. Und auch Felice fand ich ziemlich anstrengend. Sie verkörperte zu stark die moderne Frau, die Job und Familie unter einen Hut bringt. Ich glaube, von den ganzen Charakteren fand ich sie am schwierigsten und kompliziertesten.

Als Setting wurde fast ausschließlich Berlin gewählt, nur wenige Szenen spielen woanders. Wenn dies der Fall ist, hatte ich das Gefühl, dass die Orte nicht so stark beschrieben wurden und etwas untergingen, was vollkommen in Ordnung ist. Dafür ist es der Autorin gelungen, ein lebendiges Berlin mit verschiedenen Seiten zu zeigen. Allen voran fand ich die Beschreibungen der ärmeren Viertel sehr gut beschrieben, sie ließen ein schonungsloses Bild entstehen und gaben dem Roman Ernsthaftigkeit und zeigten auch die Rechercherarbeit, die hinter dem Werk steckt.

Zu guter letzt komme ich noch zu den Protagonisten. Es gibt eine überschaubare Anzahl von Hauptprotagonisten. Dazu kommen noch einige wiederholt auftretende Personen, das wars. Zu keinen einzigen habe ich einen Bezug gefunden oder Sympathie aufbauen können. Die vier Hauptprotagonisten Recha, Willi, Felice und Quintus waren durchweg schwierig. Sie lebten oft einfach nur aneinander vorbei, haben nur wenig miteinander gesprochen und waren teilweise zu karriereorientiert. Es gab keine klärenden Gespräche, wodurch leicht Missverständnisse entstanden sind. Gefühle und Probleme wurden nur selten ausgesprochen, meist wirkten besonders Willi und Felice gefühlslos, fast schon roboterhaft.
Lediglich Rechas Bruder Gabriel hat sich aus der Masse etwas herausgehoben. Er war auch nicht komplett gelungen in seinem Auftreten, aber er war eine ehrliche Seele, die freundlich war und für seine Mitmenschen, allen voran für Recha, nur das Beste will. Wenn ich eine Lieblingsfigur nennen müsste, dann wäre es definitiv Gabriel.

Fazit:
Nach einem richtig guten Anfang anhand des Vorspanns wurde die Handlung für mich schnell langatmig. Ich wurde mit den Protagonisten durchweg nicht sonderlich warm, sie waren für mich meist zu egoistisch, unerreichbar, nicht lebendig genug.
Auch die Geschichte fand ich nicht perfekt, es gibt zu viele und ausführliche Beschreibungen, die die Handlung nicht weitertreiben. Dadurch hatte ich oft nicht wirklich Lust, weiterzulesen und ließ mich ablenken. Glücklicherweise ließ das irgendwann ab der Mitte des Buches nach und ich die Handlung wurde etwas interessanter und das Buch ließ sich besser lesen.
Am Ende fand ich die Schreibweise recht gut, sie war einfach gehalten, wurde mit der Zeit lebendiger und gab schonungslose Einblicke in die politische Situation. Dazu hat mir auch die Beschreibung des Settings gefallen, es zeigte wahre Ecken von Berlin.
Alles in allem hat mich das Buch aber leider enttäuscht. Es wurde eine interessante Handlung mit politischen Ereignissen versprochen, was nicht eingehalten wurde.

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