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Veröffentlicht am 24.04.2020

Inseltochter

Inseltochter
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Handlung:
Fedderwardsiel 1946
Noch immer werden die Flüchtlinge von der Insel Helgoland schief angeschaut und von den Einheimischen gemieden. Doch diese machen sich deshalb nicht zu viele Sorgen, sie sind ...

Handlung:
Fedderwardsiel 1946
Noch immer werden die Flüchtlinge von der Insel Helgoland schief angeschaut und von den Einheimischen gemieden. Doch diese machen sich deshalb nicht zu viele Sorgen, sie sind einfach nur glücklich, dass der Krieg vorbei ist, sie ein neues Heim gefunden haben und erst mal wieder etwas durchatmen können. Die Helgoländer haben furchtbares miterlebt und müssen sich erst von dem Schrecken erholen, dass die Insel nach einem britischen Bombenangriff in Schutt und Asche liegt.
Auch Wiebe gehört zu den Flüchtlingen und ist bemüht, sich und ihrer Familie eine neue Zukunft aufzubauen. Und muss dabei selbst immer noch bangen, ob ihr geliebter Ehemann Jan noch am Leben ist. Und sich zeitgleich mit dem Fischer Freerk Cordes arrangieren, der in der Nachbarschaft wohnt und ihr das Leben auch nicht immer erleichtert...

Meinung:
Das Cover baut eine direkt Bindung zu dem Titel, aber auch zu dem Inhalt auf. Es zeigt eine wunderschöne Landschaft, im Hintergrund befindet sich ein idyllisches Häuschen, welches sich unglaublich gut in die Szenerie einfügt. Dazu ist noch das Meer zu sehen, sowie eine Düne, wo eine Frau steht, die in Richtung des Wassers schaut. Sie ist der Mode entsprechend gekleidet, ich mag es, dass sie nicht dem Betrachter zugewandt ist. Insgesamt ein schönes Bild, welches bereits einen ersten Blick auf das Setting gibt.

Seitdem ich die Neuauflage des Buches in der Verlagsvorschau gesehen hatte, stand das Buch auf meiner Wunschliste. Die Handlung klang für mich sehr spannend und ich reise gerne mal gedanklich an die See. Zudem wurde eine Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Gegend besprochen, die ich nicht wirklich kenne und ich finde es immer wieder spannend davon zu lesen, wie die Menschen mit dem Geschehenen umgegangen sind. Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Bastei Lübbe Verlag zur Verfügung gestellt, wofür ich mich auch hier nochmal ganz herzlich bedanken möchte!

Obwohl es einen recht angenehmen Start in den Roman gibt und man die Gelegenheit bekommt, sich daran zu gewöhnen und Zusammenhänge zu erkennen, habe ich mich gut hundert Seiten mit der Handlung etwas schwer getan. Bis dahin wurde die Handlung nicht mitreißend, ich fand die Geschichte gut, aber mir fehlte das gewisse Etwas. Vielleicht ein paar mehr Emotionen, mehr Lebendigkeit oder mehr Spannung.
Erst später wurde die Handlung für mich richtig interessant und ich konnte schneller und flüssiger lesen und hatte auch Freude daran. Die Geschichte nahm endlich Fahrt auf und bekam etwas einzigartiges.

Durchweg gefallen hat mir die Schreibweise. Stets war die Handlung mit einfachen Worten niedergeschrieben, was sich flott lesen ließ. Authentizität kam durch die Einmischung von einigen, typischen nordischen Begriffen, die außerdem für eine angenehme Bodenständigkeit gesorgt haben.
Ansonsten gab es ganz wundervolle Beschreibungen des Settings, ich konnte mir die verschiedensten Orte sehr gut vorstellen, was mich sehr begeistert hat.
Anhand von recht wenigen Worten ist es der Autorin außerdem gelungen, den Protagonisten klare Züge zu verleihen und sie lebendig werden zu lassen. Ich konnte sie mir nicht unbedingt vom Aussehen her vorstellen, sondern ihre Charaktere standen deutlich im Vordergrund und waren klar gezeichnet. Das hat mir sehr gefallen, so kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen und es wurde sich nur auf das Wichtigste beschränkt.

Insgesamt wurde der Roman mit seinen 350 Seiten kompakt gehalten. Es entstanden nie Längen, die Handlung war begrenzt und für den weiteren Verlauf unwichtige Details wurden komplett ausgelassen. Es wurde sich wirklich nur auf das Wichtigste beschränkt und so ging die Geschichte nicht zu sehr in die Weite.
Der Prolog der Handlung zeigt Wiebke mit ihrem Freund in Kindertagen, danach setzt die Handlung 1946 wieder ein, als diese eine gestandene Frau mit zwei kleinen Kindern, allerhand Sorgen und Verantwortung ist. Tatsächlich ist es nicht so leicht zu sagen, wie viel Zeit im Verlauf der Handlung vergeht. Es gibt nur selten einen Hinweis darauf, in welchem Jahr sich die Geschichte gerade befindet. Höchstens mal durch das Alter der Kinder wird dies deutlich. Hier hätte ich mir eine genauere Ansage gewünscht, vielleicht hätte am Anfang neuer Kapitel wenigstens das Jahr, vielleicht sogar die Jahreszeit / der Monat eine Erwähnung finden können. Mir hätte es sehr geholfen und ich mag es immer, wenn ich mich in der Zeit besser orientieren kann, gerade weil der Roman historische Hintergründe hat und ich diese gerne zeitlich einordne.

Das Setting war wirklich traumhaft. All die wunderschönen und ausführlichen Beschreibungen des Meeres und der Landschaft haben in mir den Wunsch geweckt, mich an diese Örtlichkeit zu wünschen. Anhand der Beschreibungen verschiedener Häuser, sei es von feineren wie der Gemeindeverwaltung oder einfachen und ärmlicheren Gebäuden wie den Wohnhäusern von Wiebke und Freerk, gibt es außerdem einen Einblick darauf, welche Folgen der Krieg in der Wohnsituation hinterlassen hat. Weiterhin werden Unterschiede deutlich, wie Flüchtlinge, aber auch die Besatzer untergebracht sind.
Hier kann das Buch ganz viele Pluspunkte sammeln, ich habe mich unglaublich gerne in diese Umgebung geträumt und fand auch, dass die Charaktere dort richtig gut hingepasst haben. Ich konnte sie mir nur schwer in einer größeren Stadt vorstellen, dafür waren sie mit der See viel zu verbunden, was man ihrem Wesen auch deutlich angemerkt hat.

In die Handlung eingestreut wurden nicht nur norddeutsche Begriffe, sondern auch immer wieder historische Ereignisse. Diese konnte man teils hautnah mit Wiebke und den anderen Protagonisten erleben, wenngleich ich mir noch mehr Informationen gewünscht hätte.
Doch auch so konnte ich mich weiterbilden und habe manches zum ersten Mal gehört. Tatsächlich war es mir nämlich nicht bekannt, dass die Bunkeranlagen von Helgoland gesprengt werden sollten und wie das Ergebnis dessen aussieht.
Weiterhin wurde diese Informationen sehr passend in die Handlung eingewoben, sodass man sie fast nebenbei liest und aufnimmt. Mit einfachen Worten wiedergegeben hatten die Details natürlich auch die Wirkung, dass man sich diese schnell merken konnte und sie auch leichter im Gedächtnis bleiben.

Leider hat mir immer ein wenig die Spannung gefehlt. Die Handlung war interessant, aber nur selten ist etwas passiert, wo man mit den Protagonisten mitfiebern konnte und ich vor Aufregung das Buch nicht aus der Hand legen wollte. Und selbst wenn etwas passiert ist, was neuen Schwung in die Handlung bringt, empfand ich dies nur selten als spannungsanregend, es wurde für mich lediglich eine neue Facette gezeigt.

Wie schon erwähnt, die Figuren haben alle ausführliche Züge bekommen, die nicht so sehr auf das Aussehen, sondern eher auf den Charakter zielen. Nur selten wurden äußerliche Details genannt, die ein grobes Bild von den Figuren geben. Ansonsten hat man viel Platz für seine Fantasie und kann sich einige Details selbst ausdenken und vorstellen.
Mir hat die Zeichnung ganz gut gefallen, es entstanden sympathische Figuren, die keine Helden sind, sondern ganz normale Personen. Auch sie haben mit Sorgen und Ängsten zu kämpfen und ihnen fällt nicht alles zu. So entsteht eine natürliche Situation, die sich positiv auf die Figuren auswirkt.
Im Vordergrund steht ganz klar Wiebke. Man hat an ihrem Charakter gemerkt, was der Krieg und ständige Nöte mit einem Menschen macht, sie startete sehr ernst und steif in die Handlung und ließ diese Eigenschaften nach und nach fallen. So entsteht eine sympathische und warmherzige Frau, der man nur das Beste wünscht und mit der man sich mit freut. Manchmal fand ich es schade, dass sie sich von anderen Personen reinreden ließ und von anderen Meinungen beeinflusst wurde. Gerade bei Entscheidungen um ihre Zukunft sollte Wiebke am meisten auf sich selbst hören und nicht auf andere Personen.

Fazit:
Ein wirklich gutes Buch, welches ich gerne gelesen habe. Mein großes Highlight des Buches sind das Setting, aber auch die Schreibweise, welche der Handlung einen guten Rahmen gegeben hat. Dies und auch die Figurenzeichnung trägt dazu bei, dass das Buch interessant bleibt und man es gerne in die Hand nimmt. Und im Großen und Ganzen bin ich mit dem Roman auch ganz zufrieden, es tauchten lediglich immer mal Kleinigkeiten auf, die mich etwas gestört haben und für die ich einen Stern in meiner Bewertung abziehe.
Trotzdem kann ich das Buch weiterempfehlen, die Geschichte lässt sich locker und flott lesen und auch die Handlung hat mir gefallen. Ich fühlte mich gut unterhalten und bin nun doppelt so gespannt auf das andere Buch der Autorin, welches ich lesen werde und zu dem als nächstes meine Meinung folgen wird!

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Veröffentlicht am 21.04.2020

Gut Greifenau - Goldsturm

Gut Greifenau - Goldsturm
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Handlung:
Gut Greifenau 1919
Noch immer sind die Folgen des Krieges weitreichend spürbar. So auch bei Konstantin, Rebecca und den restlichen Bewohnern des Pommerschen Gutes Greifenau. Auch seine Familie ...

Handlung:
Gut Greifenau 1919
Noch immer sind die Folgen des Krieges weitreichend spürbar. So auch bei Konstantin, Rebecca und den restlichen Bewohnern des Pommerschen Gutes Greifenau. Auch seine Familie macht dem Erben Druck, sie erwarten ihre Apanage, die Konstantin finanziell zu schaffen macht. Und noch dazu fehlt ihm ein Erbe, der seine Position festigen würde...
Zwar hat seine jüngere Schwester, die ehemalige Komtess Katharina, keine finanziellen Probleme und bisher noch keinen Druck nach einem Nachfolger. Doch noch immer konnte sich die junge Frau ihren Traum von einem Medizin-Studium nicht erfüllen. Und außerdem erkennt Katharina, dass ihre Familie nicht ganz so hinter ihr steht, wie sie es sich wünscht und das ausreichend Geld auch negative Aspekte hat.
Bei der restlichen Familie, sowie bei den Dienstboten des Gutes passiert ebenfalls allerlei. Manche suchen ihr Glück, manche trauen sich nicht, einige Dinge auszusprechen und manche denken über einen Abschied nach...

Meinung:
Das Cover erinnert klar an die vorherigen Teile, ich finde aber auch, dass es gleichzeitig edler und glanzvoller wirkt. Nicht nur durch den Beinamen „Goldsturm“ oder die Dame, welche sehr schick und geschmackvoll, der damaligen Mode entsprechend gekleidet ist. Auch der Hintergrund mit dem Haus wirkt sehr freundlich, beim Himmel ist lediglich der obere Rand dunkler verfärbt und wirkt etwas bedrohlicher. Insgesamt gefällt mir das Bild sehr gut, es ist stimmig und ansprechend. Außerdem finde ich es gut, dass es einen Bezug zu den drei bereits erschienenen Bänden gibt, was ich immer gerne mag und im Bücherregal sieht es natürlich wunderbar stimmig aus.

Tatsächlich hatte ich nicht gedacht, dass es noch einen vierten Band von Gut Greifenau geben wird. An sich war ich der Meinung, dass es schon ein vernünftiges Ende im dritten Teil gab, mit dem ich ganz gut leben konnte. Doch weil mir die anderen Bücher so gut gefallen haben, wollte ich auch diesen Teil noch lesen und nochmals in die Welt von Konstantin, Rebecca, Katharina und allen anderen eintauchen. Ich war mir ziemlich sicher, dass das Buch spannend sein wird und mich ebenso wie die anderen Bücher überzeugen kann. Daher war ich sehr glücklich, den Roman als Rezensionsexemplar zu erhalten und bin frohen Mutes in die Handlung gestartet.

Vor dem Start der Handlung gibt es den obligatorischen Anhang, den ich sehr nützlich und sinnvoll finde. Nicht nur eine Karte von Westpreussen und Pommern ist dabei, die eine Lokalisierung des fiktiven Gut Greifenaus zulässt, sondern auch zwei zweitere Abbildungen. Einmal wird das Dorf Greifenau mit den wichtigsten Gebäuden abgebildet. Zum anderen gibt es noch eine Aufteilung der Gebäude des Gutes, sodass man auch dort einige Wege nachvollziehen kann und sich das gesamte Grundstück besser vorstellen kann.
Danach folgt eine Personenübersicht, ich hatte mich, bevor ich mit dem Buch begonnen habe, erst mal damit befasst, mich an verschiedene Charaktere erinnert und auch auf diesem Wege fielen mir direkt wieder Details aus den anderen Bänden und diverse Zusammenhänge ein.

Obwohl es für mich gut ein Jahr her ist, seitdem ich den dritten Band gelesen habe, hatte ich absolut keine Probleme, mich wieder in der Handlung zurechtzufinden. Mir sind nach wenigen Seiten direkt wieder viele Details eingefallen, dazu gibt es auch ab und an kleine Zusammenfassungen vonseiten der Autorin, was bereits geschehen ist. Und je weiter die Handlung fortgeschritten ist, desto mehr Informationen sind mir eingefallen und ich konnte mich schnell vollkommen auf die Handlung einlassen.
Tatsächlich habe ich mich während des Lesens häufig gefragt, warum ich mich mit dem dritten Teil als Ende zufrieden gegeben habe. Es sind doch einige offene Fragen gewesen, die mir auf dem Herzen lagen und die im Verlauf des Romans teils beantwortet wurden. Ich wurde immer glücklicher, dass es noch eine Fortsetzung gibt und bei einigen Angelegenheiten Licht ins Dunkel kommt.

Mir hat die Schreibweise wieder richtig gut gefallen. Sie hat mich herzlich am Anfang des Buches begrüßt und war sehr angenehm zu lesen. Ich konnte mir viele Szenen bildhaft vorstellen, ich mochte die Umschreibungen von Charakteren, des Settings oder von Situationen sehr gerne und habe mich schon nach wenigen Seiten entspannen können. Natürlich trägt der tolle Schreibstil auch wieder dazu bei, dass sich das Buch sehr gut und locker lesen lässt und man den Roman am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen mag.

Erzählt wird die Geschichte von einem allwissenden Erzähler, der immer wieder die Perspektiven wechselt und verschiedene Charaktere zu Wort kommen lässt. So entsteht eine umfangreiche Geschichte, die nie Langeweile entstehen lässt und es bleibt stets spannend. Ich fand es lediglich etwas schade, dass manche Protagonisten sehr viel weniger Platz im Roman eingenommen haben als andere und man so teilweise eine lange Zeit nichts von ihnen hört. Ein ausgeglicheneres Verhältnis dessen würde zu einem noch besseren Kennenlernen der Charaktere führen und es würde noch mehr Vielfalt entstehen.

Ein weiterer großer Pluspunkt ist die Spannung. Ich hatte mir so einige Gedanken gemacht und immer wieder sind mir Ideen gekommen, wie sich eine Situation auflösen könnte, doch so richtig lässt sich die Autorin nicht in die Karten schauen. Ich lag mit meinen Vermutungen meist komplett daneben und wurde stets mit dem Weitergang der Geschichte überrascht. Kaum ein Detail hat sich vorhersehen lassen, immer wieder gab es kleine Stichworte, die in die Irre geführt haben und daher gab es am Ende meist eine große Überraschung.
Und trotz vieler Wendungen und auch Dramen, wurde es nie zu viel. Es gab stets Kapitel, die ruhiger waren, die Zeit gegeben haben, um die Gedanken zu ordnen und die den normalen Alltag der Charaktere gezeigt haben. Sie dienen als Ruhepole und sind eine willkommene Abwechslung zu vielen spannungsreicheren Kapiteln. Das Drama wird nicht zu viel und die Geschichte behält eine gewisse Bodenständigkeit, die sie sehr natürlich und nicht zu gescriptet wirken lässt.

Am Anfang neuer Abschnitte gibt es, wie schon von den vorherigen Teilen bekannt, immer eine zeitliche Angabe. Diese hilft nicht nur dabei, die Handlung einzuordnen und historische Daten besser in einen Zusammenhang zu bringen, sondern man kann auch gut schauen, wie viel Zeit seit dem Beginn der Handlung vergangen ist. Weiterhin lässt sich so ganz gut eine kritische Betrachtung der Charaktere vollziehen, man kann sie besser beurteilen und schauen, inwieweit es eine Entwicklung gibt.

Diesmal gibt es eine insgesamt erzählte Zeit von 4 Jahren. Beginnen tut die Handlung 1919 und erstreckt sich, mit kleinen Auslassungen und Zeitsprüngen, bis ins Jahr 1923. Ich bin gerade selbst erstaunt, wie viel Zeit vergangen ist, an mir sind die erzählten Jahre während des Lesens nur so vorbeigeflogen und mir war gar nicht bewusst, dass die Handlung schon so weit fortgeschritten ist und die Goldenen Zwanziger begonnen haben. Das ist ja ein gutes Zeichen, dass die Geschichte stets spannend war und ich hatte große Freude beim Lesen. Die Auslassungen waren geschickt eingesetzt und es gab trotzdem Informationen zu Ereignissen, die man nicht selbst miterlebt hat. So wurde die Handlung etwas abgespeckt und es konnten erst gar keine Längen entstehen.

In diesem vierten Band zeichnet sich das Setting durch eine interessante Mischung aus bekannten und neuen Orten aus. Nicht nur gibt es wieder viele Szenen von dem wundervollen Gut Greifenau, sondern auch in Potsdam und Berlin spielen einige Szenen. Dazu gibt es auch eine kleine Reise nach Frankreich, über die ich aber nicht zu viel verraten möchte.
Am meisten Charme hatte definitiv Greifenau, vielleicht weil der Ort und das Gut noch aus den vorherigen Teilen so gut bekannt ist und es sich ein bisschen wie ein Heimkommen an einen angenehmen und einladenden Platz angefühlt hat.
Dagegen kommen die anderen Handlungsorte nicht an, sie sind mit nicht ganz so bunten und lebhaften Worten gezeichnet und lassen bei mir nicht so ein starkes Bild entstehen. Ich glaube, gerade weil das Gut so perfekt dargestellt ist, gibt es eine hohe Messlatte, die für andere Lokalitäten nur schwer zu erreichen ist.

In die Handlung geschickt eingebunden wurden wieder allerhand historische Details, die stets in einen schlüssigen Zusammenhang gebracht wurden. Sie wurden außerdem auch perfekt mit den meist fiktiven Charakteren in einen Einklang gebracht und dies ergibt eine anregende und interessante Mischung, welche mir sehr gut gefallen hat.
Zudem wurden diese Informationen auf eine einfache und leichte Weise dargestellt, ich hatte keinerlei Probleme, sie aufzunehmen und mir einzuprägen. Außerdem merkte man anhand von solchen Details, wie stark und tiefgehend die Recherche der Autorin war und wie viel Herzblut in dem Buch steckt. Eine jede Aussage hat Hand und Fuß und machte viel Sinn.

Es gibt eine Vielzahl an Protagonisten, die den unterschiedlichsten Ständen angehören. Mir hat ja in den vorherigen Bänden immer der dargestellte Unterschied und das Zusammenleben von der Herrschaft mit den Dienstboten immer besonders gut gefallen. Und im Grunde tut es das immer noch, wobei ich es sehr schade fand, dass die Dienstboten nicht mehr so einen umfangreichen Teil bekommen haben, mir scheint es gerade, als würden sie weniger auftreten als in den vorherigen Teilen. Vielleicht täusche ich mich auch, immerhin haben sich die Zeiten und die Gesellschaft geändert, zudem gibt es nun keine Hausherrin mehr, die einen großen Wert auf ihren hohen Stand legt. Für mich ist das ein Aspekt, der mir etwas zu kurz kommt und ich hoffe, dass sich dies im fünften Teil ändern könnte.
Ansonsten gibt es wieder allerhand lebhafte Zeichnungen der Protagonisten und ich fand es toll zu sehen, wie wenig sich manche geändert haben. Gerade Feodora ist noch komplett die Alte geblieben und obwohl ich ein großer Fan davon bin, wenn Charaktere einsichtiger werden, mag ich es bei ihr sehr, dass sie ihren Prinzipien treu bleibt. Genau das passt zu ihrem Wesen und alles andere würde nur gekünstelt erscheinen.

Fazit:
Mein erster Gedanke, als ich das Buch weggelegt habe: Hier muss noch eine Fortsetzung folgen. Dafür bleiben viel zu viele Fragen offen und ich wünsche mir eine Beantwortung dessen. Ich hab dann mal auf der Verlagsseite nachgeschaut und schnell festgestellt, dass mir dieser Wunsch erfüllt wird. Ein fünfter Teil folgt im Dezember, ich kann die Zeit bis dahin kaum noch abwarten und bin mir sicher, dass das Buch ebenso gut wird wie die bisher erschienenen Teile und dem Leser in der Vorweihnachtszeit viele schöne Stunden bescheren wird.
Bis auf ein – zwei kleine Punkte, die ich angesprochen habe ( ein ausgewogeneres Verhältnis der Erzählsituationen, sowie mehr Informationen und Szenen zu den Dienstboten ) bin ich mit dem Buch vollkommen zufrieden. Anfangs stand ich einer Fortsetzung tatsächlich etwas kritisch gegenüber, ich musste mich erst mal an den Gedanken gewöhnen, danach kam erst die Freude darüber. Mittlerweile bin ich vollkommen begeistert darüber, dass noch ein paar mehr Geheimnisse aufgedeckt werden, die ich mir nicht entgehen lassen möchte.

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Veröffentlicht am 18.04.2020

Der Zauberer von Oz

Der Zauberer von Oz (Neuübersetzung)
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Handlung:
Die kleine Dorothy und ihr Hund Toto konnten sich vor einem Wirbelsturm nicht schnell genug retten und werden weit von zuhause weggeweht. Sie erhalten die Information, dass nur der Zauberer von ...

Handlung:
Die kleine Dorothy und ihr Hund Toto konnten sich vor einem Wirbelsturm nicht schnell genug retten und werden weit von zuhause weggeweht. Sie erhalten die Information, dass nur der Zauberer von Oz ihnen helfen kann, um wieder zu ihrer Familie zurückzukommen. Auf dem Weg dorthin trifft das Duo einige merkwürdige Wesen, die sich ihnen anschließen möchten. Denn sie haben alle einen Wunsch, den ihnen nur der große Zauberer erfüllen kann. Während sich die Vogelscheuche Verstand wünscht und der Blechmann ein Herz, kann man bei dem dritten im Bunde, dem ängstlichen Löwen, schon erraten, was er sich von dem Besuch in Oz erhofft. Auf ihrem Wege muss die zusammengewürfelte Gruppe allerlei Gefahren ins Auge blicken, doch zusammen können sie den Weg nach Oz schaffen.

Meinung:
Ich finde das Cover ziemlich niedlich gestaltet, es greift einige Details aus dem Buch auf und gibt einen ersten Blick auf die Protagonisten. Man kann sich zudem von dem Setting ein Bild machen, es wird eine Szene dargestellt, die ich mir beim Lesen dann auch genauso vorgestellt habe. Der Rand ist vielleicht etwas zu farbenfroh, gleichzeitig gibt er der Szene einen Rahmen und passt zu der farbenfrohen Gestaltung. Mir ist es vielleicht etwas zu bunt, doch im Grunde finde ich es ganz gelungen, es zieht auf jeden Fall Aufmerksamkeit an und hat einen gewissen Charme.

Ich hatte vor vielen Jahren mal das Stück im Theater gesehen und kann mich nur noch daran erinnern, dass ich die Figuren gruselig fand. Ansonsten habe ich kaum Erinnerungen an die Geschichte. Allein aus diesem Grund wollte ich das Buch jetzt unbedingt lesen, es ist eine Lektüre, die man sicherlich irgendwann mal gelesen haben sollte.
Zur gleichen Zeit hatte ich auch meine Bedenken. Viele Kinderbücher, die ich im letzten halben Jahr gelesen habe, konnten mich nicht recht überzeugen und ich war am Ende etwas enttäuscht und hatte von den bekannten Werken ganz andere Erwartungen. Meine Angst, dass ich auch dieses Buch vielleicht nicht so gut finden könnte war groß und ich hatte darauf gehofft, dass ich am Ende dasitzen und eine positive Meinung verfassen kann.

Ich hatte einen angenehmen Start in die Handlung und mir hat die Schreibweise schnell gefallen. Sie wurde recht einfach und knapp gehalten, ist sehr kindgerecht gehalten und ließ sich unglaublich schnell lesen. Dazu fand ich auch die Zeichnung der Charaktere und des Settings gut und eingängig, mit wenigen Worten wurde ein recht lebendiges Bild wiedergegeben, was mir für die Länge des Romans vollkommen ausgereicht hat. Zudem zeichnen sich die Protagonisten eher durch ihre Taten und ihren Charakter aus.
Es gibt einen allwissenden Erzähler, der uns durch die Geschichte führt. Dieser gibt stets nur eine ausgewählte Anzahl an Informationen preis und lässt sich nicht in die Karten blicken. Ich konnte mir ja schon vorstellen, dass es ein gutes Ende geben wird, doch wie dieses erreicht wird hielt für mich den Spannungsfaktor aufrecht.

Immer mal wieder tauchen einige Illustrationen auf, die in schwarz-weiß gehalten wurden und nicht zu üppig vorkommen. Auch diese geben der Geschichte, dem Setting und den Protagonisten ein Gesicht und stellen Szenen lebhaft dar. Gerade bei einigen Kreaturen, wo mich meine Fantasie etwas im Stich lässt, finde ich die Darstellung dessen richtig hilfreich und ich denke, dass auch Kinder ihre Freude daran haben.

Als Setting dient ein fiktives Land, welches ungewöhnlich ist und ich nur zu gerne mit eigenen Augen sehen würde. Ich mochte die Zeit dort sehr, es hatte etwas zeitloses an sich und erschien mir wie ein Urlaubsort. Mir hat die Darstellung des Landes gefallen, es regt die Fantasie an und ist wunderbar bildhaft.

Die Charaktere muss man einfach mögen. Sie haben eine liebensvolle Art, ein lebendiges Auftreten und ein unglaublich gutes Herz. Ich mochte die Darstellung sehr, sie haben der Geschichte viel Charme gegeben und sind wahre Sympathieträger. An keinem hatte ich etwas auszusetzen, ich fand die Vielfalt toll und hatte viel Freude dabei, sie kennenzulernen und auf dem Weg nach Oz zu begleiten.

Fazit:
Ich hatte ja bereits gesagt, dass ich Angst hatte, dass mich das Buch enttäuschen könnte. Glücklicherweise war dem nicht so und mir hat die Geschichte richtig gut gefallen. Mir fällt tatsächlich kein Aspekt ein, den ich negativ empfunden hatte oder über den ich meckern würde. Die Geschichte wurde vielfältig gestaltet, hat Charme und viel Herz. Sie zeigt auf, was im Leben wichtig ist und das man sich von anderen Menschen nicht blenden lassen sollte. Ich bin unglaublich froh das Buch gelesen zu haben und habe bereits geschaut, welche Kinderbuchklassiker der Anaconda Verlag noch so in seinem Programm hat und mir einige Titel notiert, die ich unbedingt noch lesen möchte!

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Veröffentlicht am 15.04.2020

Das Erbe der Altendiecks

Das Erbe der Altendiecks
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Handlung:
Bremen im 18. Jahrhundert
Die Familie Altendieck hat sich ihre Bekanntheit in Bremen hart erarbeitet und kann sich mittlerweile zu den angesehensten Familien der Stadt zählen. In aufwendiger ...

Handlung:
Bremen im 18. Jahrhundert
Die Familie Altendieck hat sich ihre Bekanntheit in Bremen hart erarbeitet und kann sich mittlerweile zu den angesehensten Familien der Stadt zählen. In aufwendiger Kleinarbeit werden kunstvolle Uhren hergestellt, die alle das Siegel Altendieck erhalten und für eine exzellente Qualität stehen.
Doch auch die Uhrmacher können die Zeit nicht aufhalten und es geschehen allerlei positive, aber auch negative Ereignisse. Und die Zeit wird immer weiter vergehen....
Johann Altendieck vollbringt eine große Leistung und erhofft sich Anerkennung und eine famose Zukunft. Doch er wird die Familie fast in den Abgrund stürzen.
Seine Tochter Gesche ist begabt und hat ebenfalls einen großen Plan. Doch sie wird sich in einem Menschen täuschen und muss am Ende eine schwerwiegende Entscheidung treffen.
Und sein Enkel Nicolaus erlebt nicht nur einen Krieg mit, sondern auch eine hoffnungslose Liebe. Und merkt, dass diese in seiner Familie nicht die größte Rolle spielt...

Meinung:
Das Cover wurde recht schlicht und historisch gestaltet. Der Himmel wird von einem beige Ton dominiert, der sich auch über die Rückseite des Buches erstreckt. So entsteht ein altmodischer Charme, der durch die kleine Stadtszene am unteren Rand noch verstärkt wird. Diese wirkt lebendig und gibt anhand der Mode der Personen einen kleinen Einblick in die damalige Zeit. Aufgelockert wird das gesamte Bild anhand der roten Schrift des Titels, welche heraussticht und das Gesamtbild abrundet.

Ich hatte das Buch zum ersten Mal in der Verlagsvorschau gesehen und der Titel wanderte direkt auf meine Wunschliste. Es klang nach einem spannenden historischen Roman, vor allem hat mich der Fakt interessiert, dass schon bei der Inhaltsangabe genannt wird, dass sich die Handlungszeit über mehrere Jahrzehnte erstrecken wird. So hatte ich einen vielfältigen Blick auf die Familie Altendieck erwartet und bin davon ausgegangen, dass viele historische Ereignisse eingebunden werden. Zudem kann ich mich gerade nicht erinnern, wann und ob ich jemals ein Buch über eine Uhrmacherfamilie gelesen habe. Daher hatte ich natürlich auch einige Informationen über dieses Handwerk erwartet.
Ich war sehr glücklich darüber, das Buch als Rezensionsexemplar zu erhalten und mir so eine Meinung von der Geschichte zu machen. Auch an dieser Stelle noch einmal ein ganz herzliches Dankeschön dafür!

Als es für mich an der Zeit war, das Buch in die Hand zu nehmen und mit dem Lesen zu beginnen, war ich nicht komplett motiviert. Zum einen bin ich mit meiner vorherigen Lektüre nicht wirklich vorangekommen und war davon nicht sehr begeistert. Zum anderen war ich etwas ernüchtert, dass das Buch knapp über 600 Seiten hat und ich konnte nicht einschätzen, wie lange ich mit dem Lesen brauchen werde.
Schnell wurden all meine Bedenken und mögliche Zweifel weggefegt, mir hat die Handlung bereits nach wenigen Seiten gefallen und ich habe das Buch viel schneller durchgelesen als gedacht und geplant. Eigentlich habe ich mir vorgenommen, jeden Tag um die 150 Seiten zu lesen, diesen Roman konnte ich nur schwer aus der Hand legen und habe teilweise gut 200 Seiten gelesen. So war das Buch tatsächlich nach vier Tagen schon ausgelesen, was mich selbst überrascht hat.

Die Schreibweise hat bei mir zu einem schnellen und flüssigen Lesen beigetragen. Charaktere, aber auch die Situation wurde mit wenigen Worten gut umschrieben und gehen nicht zu sehr in die Tiefe, bleiben aber auch nicht zu oberflächlich. Man kann sich ganz gut in die Geschichte eindenken und es wird nicht jedes Detail unnötig ausgeweitet. So können erst gar keine Längen entstehen und die Handlung bleibt immer spannend und verliert nie ihren Charme.
Das Buch wurde in vier Teile gegliedert, die jeweils für die vier verschiedenen Zeiten stehen, in denen man die Familie Altendieck begleitet. Hierbei gibt es auf derselben Seite, wo auch die Jahreszahl der folgenden Handlung vermerkt ist, einen kleinen Stammbaum der Familie. So hat man die wichtigsten Personen immer auf einen Blick und kann sich ein Bild davon machen, wie sich die Familie vergrößert und welche Protagonisten noch am Leben sind und welche bereits verstorben sind.

Oft habe ich am Anfang eine neuen Teils gedacht, dass dieser nicht so spannend und interessant beginnt wie der vorherige. Ich war da immer ganz kurz etwas enttäuscht und hatte schon Angst, dass mich dieser neue Abschnitt nicht so fesseln kann und ich mich vielleicht zum weiterlesen quälen muss. Doch nach einigen Seiten war diese Angst auch schon wieder unbegründet, ich bin dem neuen Teil mit ebenso viel Interesse gefolgt wie den vorherigen und kann am Ende keinen Teil benennen, welcher mir am besten oder am wenigsten gefallen hat. Ein jeder hatte seinen eigenen Charme und konnte überzeugen.

Immer wieder werden mehr oder weniger große Zeitsprünge genutzt, die teils nur wenige Wochen umfassen, teils aber auch mehrere Jahre. Einerseits hat mich dies nicht sonderlich gestört, so verlor die Geschichte nie ihren Schmackes und wurde nicht zu umfassend. Doch gleichzeitig kamen mir einige Auslassungen auch unpassend vor, gerade weil im Folgenden nichts weiteres dazu erwähnt wird. Ab und an hätte es mir gefallen, wenn es eine Auflösung zu manchen Situationen gegeben hätte. Es werden einige Monate in einem einzigen Satz abgetan und es gibt nur selten eine kleine Information, was in der Zeit passiert ist. Gerade für die zwischenmenschlichen Beziehungen hätte ich es gut gefunden, wenn es ein paar mehr Sätze dazu gegeben hätte und wie manche Personen mit ihren vorherigen Erlebnissen mittlerweile umgehen. Dazu nenne ich als ein Beispiel mal Gesches Hochzeit und ihre Meinung über ihre Ehe und ihre getroffene Entscheidung.

An manchen Textstellen kann man sehr gut mit den Charakteren mitleiden und eine Bindung aufbauen. Dann werden sie unglaublich greifbar und lebendig. Doch im Grunde sind diese Textstellen recht rar gesät, meist gibt es nicht sonderliche viele Emotionen, die auch an den Leser vermittelt werden. Ein paar mehr Szenen, in denen man sich mit den Protagonisten verbundener fühlt wären ganz nett gewesen und hätten der Handlung definitiv mehr Lebendigkeit gegeben. Doch im Grunde gibt es meist ein recht ausgeglichenes Verhältnis von geschichtlichen Fakten und einer erfundenen Uhrmacher-Familie, wo zu viele Emotionen vielleicht auch zu viel gewesen wären und der Roman seine Ernsthaftigkeit verloren hätte.

Wie gerade erwähnt, der Autor hat eine interessante Mischung geschaffen, in denen weder die Geschichte, noch die Familie Altendieck zu kurz kommt. Jedoch ist dieses Verhältnis nicht ganz gleich, in der ersten Hälfte des Buches steht mehr die Familie im Mittelpunkt und die historischen Fakten etwas im Hintergrund. Es kommen trotzdem zahlreiche kleine Details dazu zur Sprache, doch ich habe hier das Gefühl, dass die zwischenmenschlichen Aspekte und Beziehungen wichtiger sind und eine größere Rolle einnehmen. In der zweiten Hälfte des Romans ändert sich dies, hier wird der Fokus mehr auf Fakten gelegt, die tatsächlich so oder so ähnlich geschehen sind. Das fand ich etwas schade, die Familie Altendieck kam mir hier etwas zu kurz und mir war der Wandel zu plötzlich. Schließlich wird hier mit einer Uhrmacher-Saga geworben und da hatte ich erwartet, dass die Altendiecks durchweg im Vordergrund stehen und die historischen Ereignisse in den Hintergrund rücken.
Das fand ich etwas schade, wobei ich auch erwähnen muss, dass es mir gleichzeitig gut gefällt, wie viele Fakten es am Ende in die Handlung geschafft haben und das man mit der Lektüre gut einhundert Jahre durch die Geschichte reist und viel über die Politik und historische Fortschritte erfährt. Ich muss sagen, dass mir diese Idee, vier Generationen von Uhrmachern auf ihrem Weg zu begleiten, sehr gut gefällt und ich auf die Umsetzung dessen gespannt war. Ich hatte meine Bedenken, ob dies so ansprechend und interessant umgesetzt wird und muss sagen, dass ich davon sehr begeistert bin und gerne mehr solcher Romane hätte, die einem auf mehreren Seiten durch ein Jahrzehnt mitnehmen und signifikante Momente in dieser Zeit nennen.
Auch zu dem Uhrmacherhandwerk gibt es immer wieder Informationen und diese werden sehr geschickt in die Handlung eingebunden. Viele Aussagen haben durch die Blume immer wieder zu diesem Thema geführt oder es gibt Situationen, die mit einem Uhrwerk und dem Mechanismus verglichen werden.

Als Setting dient zu weiten Teilen Bremen, es gibt nur wenige Ausflüge in andere Städte. Der spannendste war für mich die Reise nach England. Ich fand, dass es dem Autor hervorragend gelungen ist, den Charme dieses Landes einzufangen und mit seinen Worten wiederzugeben. Ich konnte mir nicht nur markante Gebäude, sondern jede einzelne Straße und die Mode sehr gut vorstellen und habe so das Gefühl, eine authentische Darstellung des Landes zu dieser Zeit erhalten zu haben.
Von dem Setting in Bremen habe ich mir besonders das Wohnhaus mit der Werkstatt der Familie Altendieck lebhaft und mit vielen Bildern vor Augen vorstellen können. Von diesem Ort geht eine besondere Aura aus, die mir stets gut gefallen hat. Vielleicht weil der Ort ziemlich häuslich und bodenständig wirkt, vielleicht auch durch die Protagonisten, die sich in diesem Umfeld eindeutig wohl fühlen. Ich denke auch die Standuhr Hora hat daran ihren Anteil. Sie bekommt auf den ganzen 617 Textseiten immer wieder eine Erwähnung und zieht sich am Ende wie ein roter Faden durch die Handlung.

In den knapp einhundert Jahren Erzählzeit treten einige Personen auf, dabei steht immer die Familie Altendieck im Vordergrund. Ich muss aber trotzdem sagen, dass ich nie Probleme damit hatte, die anderen Protagonisten auseinanderzuhalten oder wiederzuerkennen. Ein jeder wurde mit wenigen Sätzen genau gezeichnet und blieb im Gedächtnis verankert.
Ich fand nicht, dass die Altendiecks mit besonderen Zügen ausgestattet wurden, sie sind ganz normale Personen, die bodenständig sind und sich mit ihrem Können auszeichnen. Oft habe ich mir ein paar mehr sympathischere Züge bei einigen gewünscht, doch gleichzeitig finde ich es nicht so wichtig, dass man Charaktere mag. Hauptsache sie sind gut dargestellt und man kann mit ihnen während der Lektüre eine angenehme Zeit verbringen. Und genau das habe ich mit ihnen.

Fazit:
Wow. Die Reise durch fast einhundert Jahre Geschichte verging unglaublich schnell. Es ist bemerkenswert, wie der Autor all diese Dinge zusammengefasst und verständlich und einprägsam wiedergegeben hat. Ich habe mich nie überfordert gefühlt und gerade den großen Wunsch, mehr solcher Bücher zu lesen, in denen so viele Jahre der Geschichte mit einer fiktiven Familie vermischt werden.
Ich bin wirklich glücklich mit dem Buch, es hat sich unglaublich gut lesen lassen und ich hatte große Freude damit. Fast war ich traurig, dass es nach über 600 Seiten ein Ende gefunden hat, ich mochte die Geschichte sehr und fühlte mich sehr gut unterhalten.
Kleine Details waren nicht perfekt und haben den Roman leider nicht zu einem Highlight gemacht. Trotzdem kann ich das Buch mit gutem Gewissen weiterempfehlen und bin sehr froh, die Geschichte gelesen zu haben. Ich hoffe auf ein Wiedersehen mit der Familie Altendieck!

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Die Königin von Berlin

Die Königin von Berlin
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Handlung:
Carola Neher träumt von einer Karriere auf der Bühne. Sie verlässt ihr Elternhaus mit der Hoffnung auf erste Schauspielrollen, die irgendwann zum gewünschten Erfolg führen sollen. Und genau das ...

Handlung:
Carola Neher träumt von einer Karriere auf der Bühne. Sie verlässt ihr Elternhaus mit der Hoffnung auf erste Schauspielrollen, die irgendwann zum gewünschten Erfolg führen sollen. Und genau das schafft Carola. Sie wird nicht nur immer erfolgreicher, sondern auch immer bekannter und von den Menschen umschwärmt. Und so vielen Männern sie auch den Kopf verdreht, ihr Herz kann sie lange Zeit für niemanden öffnen. Bis sie auf den Dichter Klabund trifft, der ihr mit seiner besonnenen und ruhigen Art wie ein sicherer Hafen erscheint. Ihm vertraut sie und eine Hochzeit scheint für Carola nicht ausgeschlossen...
Doch Carola würde nie ihre Karriere aufgeben, sie liebt dafür nicht nur die Bühne, sondern auch das aufregende und wilde Leben in Berlin viel zu sehr. Sie mag den Austausch mit anderen Künstlern, besonders mit Bertolt Brecht, der ihr ein großes Versprechen macht.

Meinung:
Anhand des Covers kann man sich einen ersten Eindruck von Carola Neher verschaffen, bekommt ein Bild von ihr und einen zarten Eindruck ihres Charakters. Ich mag es, dass das Bild leicht koloriert ist und sich so von dem weißen Hintergrund abhebt.
Die Schrift passt perfekt dazu, durch das Gold und die Schnörkel am oberen Bildrand entsteht eine edle Note, die stellvertretend für die Zeit der Goldenen Zwanziger stehen könnte. Mit dem roten Titel könnte die Kraft, Energie und Leidenschaft von Carola Neher gemeint sein.
Insgesamt gefällt mir das Bild recht gut, es deutet für mich auf eine Art von Biographie hin und ich mag die wenigen, gezielt genutzten Farben sehr gerne. In einer Buchhandlung würde der Roman sicherlich auffallen, ich würde ihn aber eher der Erzählung einer tatsächlichen Lebensgeschichte als einem Roman, vermischt mit einigen fiktiven und realen Ereignissen, zuordnen.

Der Name Bertolt Brecht ist ein Name, den man durchaus mal gehört haben sollte, tatsächlich habe ich mich aber weder mit ihm, noch mit seinen Werken näher befasst. Vielleicht bin ich auch deshalb nie über den Namen Carola Neher gestolpert und wusste absolut gar nichts von der Frau. Daher war ich doppelt gespannt auf das Buch, nicht nur auf die Neher, sondern auch auf ihr Verhältnis mit Brecht und was für ein Mensch sie war.

Aufgebaut ist der Roman wie ein Theaterstück. Er wurde in mehrere Kapitel unterteilt, es gibt immer wieder Zitate aus Brechts Dreigroschenoper, aber auch Ausschnitte aus Klabunds Werken. So kommt man den Werken der beiden Männer näher, es wird bei einigen das Interesse geweckt, diese weiterzulesen, zumindest weiß man aber ein wenig, von was gerade die Rede ist.
Dazu wird am Anfang von neuen Kapitel immer erwähnt, was der folgende Handlungsort und die Handlungszeit ist. Man erhält so einen groben Überblick, vor allem die zeitliche Einordnung war für mich sehr wichtig. Schnell ist man in der Zeit etwas verloren gegangen und ich konnte kaum benennen, in welchem Jahr die Handlung nun stattfindet.

So ganz leicht ist mir der Einstieg in den Roman nicht gefallen. Zuerst war ich überrascht, dass die Handlung auf zwei zeitliche Ebenen eingeteilt wird, womit ich gar nicht gerechnet hatte. Meine Erwartungshaltung war eher, dass man Carola Neher über viele Jahre begleitet, es vielleicht sogar ein – zwei Kapitel über ihre Kindheit gibt. Zudem ließ sich die Nebengeschichte für mich erst mal nicht recht einordnen, ich wusste damit nichts anzufangen und konnte auch nur schwer abschätzen, wie wichtig sie für die eigentlichen Ereignisse rund um die Muse von Bertolt Brecht ist.
Auch der Schreibstil hat es mir anfangs nicht leicht gemacht. Ich brauchte einige Seiten, um mich daran zu gewöhnen, aber auch um die Namen der Figuren auseinanderzuhalten. Darauf wurde man schon anhand des Vorwortes der Autorin vorbereitet, was ich wirklich sehr gut fand. Trotzdem musste ich anfangs ab und an ein paar Seiten zurückblicken, um mich richtig an die Namen zu gewöhnen.
Nicht nur in diesem Sinne, sondern auch allgemein wäre ein Personenverzeichnis nicht schlecht gewesen. Um alle stets wiederzuerkennen und auseinanderzuhalten. Das ist mir hier sehr schwer gefallen, gerade die zahlreichen Erwähnungen von Schriftstellern und Dichtern habe ich nur mit Mühe auseinanderhalten können.

Sobald ich mich an den Schreibstil gewöhnt hatte, ging das Lesen leichter von der Hand. Die Ereignisse wurden nüchtern, ohne viele Gefühle beschrieben und ließen mich stets eine gewisse Distanz zu der Situation, aber auch zu den Protagonisten wahren. Auch hier hatte ich wieder mehr den Eindruck, eine Biographie zu lesen, anstatt eines Romans. Ich konnte weder mit den Protagonisten mitfühlen, noch sie als sympathisch oder unsympathisch einstufen. Im Grunde waren sie mir egal, wurden auch viele Jahre nach ihrem Tod nicht lebendig und sind nur Figuren, die vor langer Zeit mal gelebt haben.
Das fand ich wirklich schade, man merkt deutlich, mit welch großer Tatkraft die Autorin nicht nur über die Protagonisten, sondern auch über die damalige Zeit mit politischen Geschehnissen recherchiert hat. Auf mich sprang dieser Funke leider nicht über, dafür wurde alles zu nüchtern und emotionslos beschrieben.

Am besten hat mir die Handlung stets gefallen, wenn Carola sich mal ruhige Momente gönnt, sie nicht so energievoll wie sonst auftritt, sondern natürlicher und menschlicher wirkt. Dann kommt eine angenehme Ruhe in den Roman, die Handlung wird bodenständiger und ich hatte das Gefühl, dass ich den Protagonisten dann immer am nächsten war. Jedoch hatte ich gerade erst begonnen, sie etwas besser einschätzen zu können, als diese Szenen schon wieder vorbei waren und die zarte Bande, die gerade geknüpft wurde, war auch schon wieder weg.
Ansonsten plätschert die Handlung meist etwas vor sich hin, ist nicht immer sonderlich spannend oder aufregend. Leider entstanden für mich ab und an Längen, gerade die Handlung 1979 hätte ich nicht zwingend gebraucht. Sie gibt zwar einen Moment der Erholung und bietet eine Abwechslung, doch sie ist nicht für den Hauptteil des Romans wichtig.

Ich muss leider sagen, dass mir zu viele historische Fakten eingebunden wurden. An sich mag ich es wirklich gerne, mich über einen Roman weiterzubilden und immer wieder neue Dinge zu erfahren und berühmte Personen in dieser Art und Weise kennenzulernen. Doch der Reichtum an Informationen, die teils innerhalb von wenigen Seiten auf den Leser einprasseln, waren zu viel für mich. Ich hatte an diesen Stellen nicht nur Probleme mit der Schreibweise und bin mit dem Lesen kaum vorangekommen, sondern ich war überfordert. Überfordert damit, die Informationen zu verstehen, aufzunehmen und in meinem Kopf in eine sinnvolle Weise einzuordnen. Für mich war es zu viel des Guten und mein Lesefluss wurde leider eingeschränkt.
Bei den historischen Ereignissen hat mir am besten gefallen, mit welchen Worten die Autorin das aufregende Berlin der 1920er Jahre geschildert hat. Die Zeit wirkte lebendiger als manch andere Details und vermittelte ein gutes Bild der Situation.

Leider waren die Charaktere für mich durchweg nicht lebendig und greifbar. Ich fand viele nicht sonderlich sympathisch, sie waren recht oberflächlich gezeichnet und waren auch nicht sonderlich stark in ihrem Auftreten. Wenn ich nicht anhand des Internets nach Bildern der Protagonisten gesucht hätte, wäre vor meinen Augen kein Bild entstanden.
Klabund war mir da noch am liebsten, obwohl ich seine nachgiebige und stets verständnisvolle Art irgendwann auch etwas nervig fand. Doch er hatte für mich noch die meisten sympathischen Züge und kommt von seiner Darstellung am besten weg.
Carola scheint ein ganz interessanter und willensstarker Mensch zu sein, doch mit ihr hatte ich durchweg Probleme. Ich fand es von ihr toll, dass sie ihr Glück selbst in die Hand nehmen will und anfangs tut sie das auch von sich aus. Doch irgendwann helfen ihr immer irgendwelche anderen Menschen auf der Karriereleiter weiter, sie zeigt keinen eigenen Antrieb und Wünsche für kommende Rollen mehr. Stattdessen erwartet sie, dass ihr die Rollen vorgeschlagen werden. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Carola selbstständiger bleibt und mehr eigene Entscheidungen trifft, sich mehr für ihre Karriere interessiert. Denn für mich hatte es auch irgendwann den Eindruck, als würde sie nicht mehr mit vollem Herzblut und Engagement bei der Sache sein, als wäre ihre Karriere in den Hintergrund gerückt und Carola brennt nicht mehr für die Bühne. Dabei hat sie am Anfang genau das ausgezeichnet...
Zudem finde ich Carola unglaublich egozentrisch und traumtänzerisch. Sie ist vor allem auf ihr Wohl bedacht, achtet nur wenig darauf, was sie anderen Menschen antut oder nimmt auf andere keine Rücksicht. Gerade gegenüber dem ihr vollkommen ergebenen Klabund lässt Carola nur wenig Rücksicht walten. Das hat nicht dazu beigetragen, dass meine Sympathie für sie steigt.
Insgesamt scheint Carola eigentlich eine unglaubliche Ausstrahlung zu haben, sowohl Frauen, als auch Männer sind von ihr und ihrer Schauspielkunst begeistert. Leider wurde diese Energie nicht auf den Leser übertragen, ich konnte nicht verstehen, weshalb Carola die Menschen so angezogen hat und weshalb diese die Künstlerin bejubelt haben.

Fazit:
Ich bin bereits über ein paar positive Rezensionen gestolpert und hatte große Erwartungen an den Roman. Die für mich leider nicht mal ansatzweise erfüllt wurden. Die Geschichte hatte einige Längen und konnte nicht mit einer mitreißenden Energie aufwarten. Mir haben Spannung und Lebendigkeit gefehlt, zudem konnte ich die Begeisterung um Carola Neher nicht nachvollziehen. Wenige Dinge haben mir gut gefallen, die ich bereits genannt habe. Insgesamt ist mein Gesamteindruck aber leider nicht positiv und ich kann mich den positiven Meinungen nicht anschließen.

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