Medizinhistorisches - Der 3. Teil der Charité Reihe
Die Charité: Neue WegeWir befinden uns im Jahr 1858, als das Hausmädchen Sophie ohne eigenes Verschulden und ohne Referenzen auf die Straße gesetzt wird, damit der Sohn des Hauses nicht noch auf die Idee kommt sie ehelichen ...
Wir befinden uns im Jahr 1858, als das Hausmädchen Sophie ohne eigenes Verschulden und ohne Referenzen auf die Straße gesetzt wird, damit der Sohn des Hauses nicht noch auf die Idee kommt sie ehelichen zu wollen. Sophie ist verzweifelt, hat sie doch keine Familie, die sie finanziell unterstützten kann, und ohne Zeugnis ist in Berlin keine Arbeit zu bekommen. Unterschlupf gewährt man ihr nur im Freudenhaus an der Königsmauer, wo sich die Schulden zunächst anhäufen und dann abgearbeitet werden können. So widerlich Sophie die Freier auch sind, sie findet tatsächlich auch treue Freundinnen. Auszeiten haben die Frauen immer dann, wenn sie sich mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt haben und vom Amtsarzt aus dem Verkehr gezogen und die Charité geschickt werden. Die Syphilis ist der Schrecken jener Tage und Prostituierte, die sich der Gefahr daran zu erkranken sowieso ständig aussetzen, könnte man doch zum Wohle der Wissenschaft mal ein paar Experimenten aussetzen, denkt sich ein verbissener Doktor in der Charité. Mit Grausen erfährt man im Nachwort, dass es diesen Arzt tatsächlich gegeben hat.
Vieles was im Buch erzählt wird, orientiert sich streng an der Historie. Ulrike Schweikert und Petra Grill haben hervorragend recherchiert und eine spannende und interessante Geschichte erzählt. Zeitlich schließt dieser 3. Teil an den 1. Band der Reihe an und befasst sich im Wesentlichen mit der Entwicklung der Abteilung für Syphilitische Krankheiten. Natürlich wird auch das politische Geschehen mit erzählt und wir verfolgen den Werdegang der sympathischen Protagonistin Sophie Ahlbeck, die in einer Zeit lebte, in der es für Frauen, insbesondere aus den unteren Schichten, unglaublich hart war zu überleben. Und auch die Gesundheitsversorgung ließ noch sehr zu wünschen übrig, so dass man froh und dankbar sein kann in einer anderen Zeit geboren worden zu sein.
Wie schon die beiden Vorgängerbände ist auch dieser 3. Teil der Charité Reihe wieder ein großer Lesespaß und sehr zu empfehlen.