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Veröffentlicht am 26.10.2019

Hamburg 1892-1897

Die Hafenschwester (1)
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Martha ist 14 und lebt in einem Viertel, das nicht gerade das beste Hamburgs ist. Das Leben ist so schon hart genug, doch dann wird ihre Freundin Millie von ihrem Vater zur Prostitution gezwungen und zudem ...

Martha ist 14 und lebt in einem Viertel, das nicht gerade das beste Hamburgs ist. Das Leben ist so schon hart genug, doch dann wird ihre Freundin Millie von ihrem Vater zur Prostitution gezwungen und zudem nimmt die Cholera ihr Mutter und Schwester. Martha beschließt, als Krankenwärterin zu arbeiten. Dabei entdeckt sie ihre Liebe zur Medizin und wird eine Lernschwester bei den Erika-Schwestern. Deren Regeln sind streng und ihre aufflammende Liebe zu einem jungen Mann ist verboten. Auch ihr Anschluss an die Frauenrechtsbewegung ist nicht ohne Folgen. Im Hafen rumort es, denn die Arbeiter drohen mit Streik. Millie will nach Amerika, um dort ein neues Leben zu beginnen.

Die Geschichte um Martha ist gut zu lesen, denn der Stil von Melanie Metzenthin ist schnörkellos und klar. Teils ist er mir sogar zu schlicht, sodass er ein klein wenig an Jugendliteratur (allerdings weniger bei Milles Part) erinnert. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass mir das Buch nicht gefallen hat!

Es muss sich nur leider mit „Die Ärztin“ und „Die Charité“ messen und hier fällt es dann doch ein bisschen zurück. Einige der Probleme jener Zeit kennt der Leser vielleicht noch aus dem Geschichtsunterricht oder eben durch die beiden genannten Bücher. Wenn nicht – der Roman hält sich nicht eisern, aber nahe an der Wahrheit. Ein bisschen künstlerische Freiheit muss man jedem Autor zugestehen, dann wird Geschichtsunterricht sogar lebendig und greifbar. Ich jedenfalls versank tief in die Story und erlebte mit Martha und ihren Weggefährten das Geschehen quasi hautnah.

Dazu gehört neben der Geschichte der Medizin und der Frauen in diesem Bereich auch der sozialdemokratische Gedanke. Hier wird es streckenweise ein bisschen trocken, bzw. wer sich weniger dafür interessiert, wird hier Längen finden. Es werden sehr viele Themen angeschnitten und eingewebt. Das macht das Buch ein bisschen überladen, auch wenn es historisch stimmig ist.

Anders als bei den Protagonistinnen der o.g. Bücher ist mir Martha ein bisschen zu stark und ohne Schwächen, zu perfekt und ohne wirkliche Probleme oder Rückschläge gezeichnet. Ansonsten hat man die Figuren aber alle sehr schön vor Augen und auch die Gegenden, das Drumrum kann man sich prima vorstellen, auch ohne Hamburg und Umgebung schon mal gesehen zu haben. „Die Hafenschwester“ ist nicht nur sehr gute Unterhaltung im historischen Genre, sondern in gewisser Weise auch eine Form von Geschichts- und Politikunterricht. Es ist ein Buch, das den Leser definitiv schlauer macht, so ganz nebenbei, auch wenn es ein paar Momente gibt, die mir zu unrealistisch sind. Aber es ist und bleibt ein Roman, das darf man nicht vergessen.

Da dies eine Reihe werden soll, warte ich nun gespannt, wie es weitergeht. Das Ende ist rund und in sich stimmig und lässt den Leser nicht in der Luft hängen, dennoch bleibt viel Raum für Spekulation und noch viel, das noch erzählt werden sollte.

Ich hatte eine wunderbare Lesezeit mit dem Buch und gebe deshalb vier Sterne.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Alles im Leben hat seinen Sinn

Wer im Himmel auf dich wartet
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Annies Hochzeitsreise soll mit einer Ballonfahrt starten. Doch der Ballon stürzt ab und Annie überlebt nur deshalb, weil Paolo, ihre große Liebe, sie gerettet hat. Er liegt im Sterben und nur eine Transplantation ...

Annies Hochzeitsreise soll mit einer Ballonfahrt starten. Doch der Ballon stürzt ab und Annie überlebt nur deshalb, weil Paolo, ihre große Liebe, sie gerettet hat. Er liegt im Sterben und nur eine Transplantation kann ihn retten. Annie besteht darauf, dass sie die Spenderin ist. Doch sie erwacht aus der Narkose nicht im Krankenhaus, sondern im Himmel. Ihr macht ihr eigener Tod nicht so viel aus, aber sie will wissen, ob sie Paolo retten konnte, und macht sich auf die Suche nach der Antwort für diese ihr so wichtige Frage. Dabei trifft sie auf Menschen, die eine wichtigere Rolle in ihrem Leben gespielt hatten, als sie gedacht hätte …

Diese Geschichte geht ganz tief unter die Haut. Die eine oder andere Prise Kitsch und Klischee mag dabei sein, aber insgesamt ist es einfach nur herzergreifend und tröstlich für alle, die schon jemanden verloren haben und um ihn trauern. Die Begegnungen, die Annie hat, sind einzigartig, dennoch kann man für sich Parallelen ziehen und Antworten auf Fragen finden, die man sich selbst schon gestellt hat. Das mag seltsam klingen, für mich aber ist es so. Das Buch öffnet die Augen dafür, dass man viel zu oft glaubt, die anderen zu verstehen und dabei nur hört und sieht, was man eben hören und sehen möchte. Die Wahrheit übersieht man dabei gern mal. Auch wird man sensibilisiert für die Narben, die gewisse Momente auf Seelen hinterlassen können. Annie erlebt in Rückschauen immer wieder Momente, die bei ihr Spuren hinterlassen haben. Erlebnisse aus ihrer Kindheit, von denen niemand in ihrem Umfeld geglaubt hätte, dass sie Auswirkungen auf ihr späteres Leben haben könnten, werden beleuchtet und erzählt. Ja, genau das hat mich nachdenklich gemacht, mir Parallelen vor Augen gehalten, mich reflektieren lassen. Das muss ein Autor erst mal so hinbekommen.

Man sieht sehr schön, wie eines mit dem anderen zusammenhängt und wie jede Entscheidung eine weitere ermöglicht und erfordert. Alles zusammen ergibt ein riesiges Bild, aber wir haben immer die Möglichkeit, es zu beeinflussen, zu verändern. Doch immer hängt unser Weg mit dem anderer zusammen und ob wir es wollen oder nicht, wir bilden ein großes Netz. Annie und Paolo haben mit ihrer Entscheidung, dem Besitzer der Ballonvermietung bei seiner Reifenpanne zu helfen, ihren weiteren Weg beeinflusst. Aber wie wäre ihr Weg denn eigentlich verlaufen, hätten sie nicht angehalten? Können wir das Ziel verändern oder nur den Weg? Welchen Menschen werde wohl ich im Himmel / Jenseits begegnen?

Der Erzählstil ist sehr ruhig und fast schon zärtlich. Die „schlimmen Momente“ wirken deshalb noch viel intensiver und krasser. Dennoch kommt Mitch Albom komplett ohne reißerische Beschreibungen aus. Auch erhebt er keinen moralischen Zeigefinger, sondern lässt uns auf sanfte Weise und mit einer zauberhaften Geschichte ein paar Dinge erkennen, die wir immer vor Augen hatten, aber nicht realisierten. Steffen Groth betont zwar die Sätze nach meinem Geschmack, hat auch eine schöne Sprachmelodie, aber wenn er Männer sprechen lässt, klingen sie alle wie alte Opas mit Atemnot und das hat mich doch etwas gestört. Ob Eddie oder Paolo, sie klangen bei ihm alle sehr seltsam. Die Geschichte selbst bekommt von mir fünf Sterne, der Sprecher nimmt dem Hörbuch einen Stern weg. Bleiben also vier Sterne.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Schule im Zoo – oder Zoo in der Schule?

Die wilde Baumhausschule, Band 2: Ein bärenstarker Rettungsplan
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Dieses Buch lässt sich auch dann prima lesen, wenn man / das Kind den ersten Band nicht kennt. Klar, schöner ist es, die Reihe komplett und chronologisch zu lesen.

Die Idee der Baumhausschule mitten unter ...

Dieses Buch lässt sich auch dann prima lesen, wenn man / das Kind den ersten Band nicht kennt. Klar, schöner ist es, die Reihe komplett und chronologisch zu lesen.

Die Idee der Baumhausschule mitten unter den Tieren ist niedlich, dennoch weiß ich nicht, ob damit den Kindern nicht ein falsches Bild vermittelt wird. Ich würde den Kindern lieber nahelegen, die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung leben zu lassen, nicht in Gehegen und nicht wilde Tiere als Haustiere zu halten.

Über diverse logische Fehler (Beispiel: Es wird ein Gehege gebaut, ohne zu wissen, für welches Tier/welche Tiergattung) habe ich großzügig weggesehen, obwohl es mir ein bisschen Bauchweh bereitet.

Die Illustrationen finde ich sehr schön. Sie lockern das Buch auf und damit wird das Buch ein guter Übergang vom Bilderbuch zum reinen Lesebuch. Die Kinder Greta, Theo, Bifi und Lina sind der harte Kern der Truppe. Die Geschichte spielt sich rund um sie ab. So spricht das Buch Jungen und Mädchen gleichermaßen an. Es ist in einem kindgerechten Stil geschrieben, der sich gut lesen lässt und nicht überfordert.

Die Geschichte vermittelt den Wesen echter Freundschaft, ob nun unter zweien oder in der ganzen Gruppe und zeigt, dass Lernen auf verschiedene Wege geht, aber Wissen unumgänglich ist. Dabei bleibt die Spannung – kindgerecht! – nicht auf der Strecke. Insgesamt finde ich das Buch recht ansprechend und gebe vier Sterne.

Veröffentlicht am 11.10.2019

Faszination Eisbär(kostüm)

Eisbären
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Dies ist ein Eisbären-Kostüm-Foto-Album – und ich finde es überaus ansprechend, überraschend und interessant. Dennoch fehlen mit zu den Bildern ein paar Zeilen. Mir ist bewusst, dass Jochen Raiß die Fotos ...

Dies ist ein Eisbären-Kostüm-Foto-Album – und ich finde es überaus ansprechend, überraschend und interessant. Dennoch fehlen mit zu den Bildern ein paar Zeilen. Mir ist bewusst, dass Jochen Raiß die Fotos auf Flohmärkten erstanden hat, aber dennoch fände ich es nett, wenn unter jedem Bild ein kleiner Gedankengang stünde.

Ich liebe Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Für mich sind sie ausdrucksstärker. Es ist, als würden Farben vom Wesentlichen ablenken. Erstaunlich ist bei diesen Bildern, dass die meisten Eisbär-Kostüme fast schon lieblos und teils auch gruselig sind, die Menschen aber dennoch ihren Spaß und ihre Freude hatten, sich mit dem Eisbären fotografieren zu lassen.

So ganz nebenbei hat man hier noch ein Abbild der damaligen Mode und Art, sich zu geben (sitzen, stehen, Posen, Blicke). Ein bisschen kann man das Lebensgefühl von damals erahnen. Erstaunlich – man hatte – im Vergleich zu heute – so wenig und war so glücklich! Da werde ich glatt nostalgisch und wünsche mich in eine Zeit, in der es mich noch nicht mal als Idee gab.

Dass alle Bilder nur aus Deutschland stammen, bezweifle ich jedoch. Auf dem einen oder anderen Bild finde ich zumindest Details, die das widerlegen. Darauf kommt es aber gar nicht mal so sehr an. Die Idee dieser Sammlung ist bezaubernd.

Einen Stern ziehe ich jedoch ab, weil ich diesen Bildband vermutlich kein zweites Mal mehr durchblättern werde. Dafür fehlt mir einfach etwas. Vielleicht tatsächlich nur kleine Bemerkungen zu den Bildern. Bleiben also vier Sterne.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Sitas Geheimnis

Zimmer 19 (Tom Babylon-Serie 2)
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Was da bei der Eröffnungsfeier der Berlinale auf der Leinwand erscheint, entsetzt alle. Das kann kein Fake sein, da sind sich alle sicher. Hier wurden alle Zeugen eines Mordes. Tom Babylon und Sita Johanns ...

Was da bei der Eröffnungsfeier der Berlinale auf der Leinwand erscheint, entsetzt alle. Das kann kein Fake sein, da sind sich alle sicher. Hier wurden alle Zeugen eines Mordes. Tom Babylon und Sita Johanns ermitteln unter Hochdruck. Doch dann erkennt Sita, dass es eine Verbindung zwischen ihr und den Opfern gibt …

Sehr gefallen hat mir, wie Raabe es geschafft hat, Sitas geheime Vergangenheit der von Toms Geheimnis angepasst zu erschaffen. Ich hätte nie gedacht, dass das irgendwie sinnvoll möglich ist, doch hier ist der Beweis, dass es geht. Weniger gut fand ich die recht ausführliche Beschreibung so einiger echt brutaler Szenen. Das hätte ich so nicht gebraucht.

Der Fall selbst ist ausgeklügelt und gut konstruiert, wenn man mal von der Brutalität absieht. Die Ermittlungsarbeit kommt ohne unglaubwürdige Zufälle aus. Das ist mir persönlich absolut wichtig. Mit Vorkenntnis des ersten Bandes „Schlüssel 17“ ist dieser Band sicher besser zu verstehen, dennoch meine ich, dass man auch ohne dies die Zusammenhänge verstehen kann. Die Wechsel in die Vergangenheit sind gut verständlich und so dosiert, dass man immer nur das erfährt, was gerade nötig ist, um noch folgen zu können. Raffiniert gemacht.

Ein roter Faden ist die Sache mit Toms vor vielen Jahren verschwundener Schwester. Man muss das mögen, denn es ist schon ein bisschen schräg. Ich hoffe und vermute, dass irgendwann im Laufe der Serie Vi real auftauchen wird. Fragt sich bloß, wann und wie realistisch das dann erklärt wird.

Auch hier hat es wieder ein paar lose Fädchen, die auf den nächsten Band neugierig machen – dafür werden ein paar offene Fragen aus dem ersten Band beantwortet. Insgesamt ist erkennbar, dass am Ende ein Gesamtbild entstehen wird.

Ich wurde gut unterhalten, hatte aber hin und wieder ein paar Schwierigkeiten, konzentriert zu bleiben. Deshalb bewerte ich das Hörbuch, das Sascha Rotermund wieder gekonnt eingelesen hat, mit vier Sternen.