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Veröffentlicht am 15.09.2016

Gut, aber nichts Besonderes

Die Liebe ist ein schlechter Verlierer
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INHALT
Hannah hat genug von dieser Ehe. Beide streiten nur und wenn sie es nicht tun, schweigen sie sich an. Auch im Job läuft es nicht mehr so rund und da kommt ihr das Angebot im Ausland zu unterrichten ...

INHALT
Hannah hat genug von dieser Ehe. Beide streiten nur und wenn sie es nicht tun, schweigen sie sich an. Auch im Job läuft es nicht mehr so rund und da kommt ihr das Angebot im Ausland zu unterrichten sehr gelegen. Jetzt gilt es nur noch, die Ehe zu beenden. Doch dann nimmt das Leben eine gravierende Wendung. Tom, ihr Ehemann, erleidet einen Schlaganfall. Für Hannah ist klar, dass sie jetzt nicht fort kann. In vielerlei Hinsicht. Und als beide, durch diesen Schicksalsschlag wieder mehr Zeit miteinander verbringen müssen, scheint die Liebe doch noch nicht verflogen…


MEINUNG
Bei dem Titel „Die Liebe ist ein schlechter Verlierer“ von Katie Marsh musste ich irgendwie, aufgrund einer gewissen Ähnlichkeit, an „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ denken. Inhaltlich sind da aber so einige Unterschiede, wenn auch der Titel hier genauso gut gepasst hätte.
Katie Marsh, Debütautorin aus England, hat sich eine sehr schwierige Thematik ausgesucht. In dem Buch geht es um Hannah und Tom. Seit einigen Jahren zusammen und auch verheiratet. Der Alltag hat sich in die Beziehung geschlichen, unterschiedliche Lebensentwürfe und –vorstellungen harmonieren nicht mehr miteinander. Beide sind sichtlich gefrustet. Ehe Hannah, eine sehr selbstständige und abenteuerlustige Charaktere, die Beziehung beenden kann, macht ihr das Leben, das Schicksal, whatsoever einen Strich durch die Rechnung. Kurz vor knapp erleidet ihr Ehemann, Tom, einen Schlaganfall. Und damit beginnt eine wechselhafte Reise durch Beziehungsenden, -anfängen und -krisen.

Dank dem sehr leichten Schreibstil von der Autorin liest sich der Inhalt des Buchs wirklich schnell und einfach weg. Außerdem hab ich die Kapitel nie als wirklich lang empfunden und die immer wieder auftauchenden Rückblenden, aus den Beziehungsanfängen und anderen Stadien der Beziehung, lockern die Gegenwart nochmals auf. In diesen Rückblenden bekommt der Leser oftmals die Sicht von Tom erzählt, was nochmal die Verbindung zu Hannah und das Buch selbst von einer anderen Seite beleuchtet. Generell mag ich solche Perspektivwechsel zum männlichen Gegenpart im selben Buch lieber, als jetzt Extrabücher dafür zu veröffentlichen. Großer Pluspunkt!

Und durch diese zwei Seiten empfindet man diese Entfremdung von Hannah und Tom als authentisch. Trotz der eher ruhigen und besonnenen Emotionen, kann man diese sehr gut nachvollziehen. Hannah und Tom gehen nämlich durch ein Tief ihrer Beziehung, die jeder Normalo versteht. Der einstige so sehr geliebte Partner ist eine fremde Person geworden. Man schiebt eher Schuldzuweisungen hin und her, als Liebesbekundungen. Und auch die Nähe, trotz einem Bett, welches man sich teilt, ist so fern. On top ist da dann die Problematik von Toms Schlaganfall. Denn da ist noch immer eine Art Pflichtbewusstsein gegenüber dem (Ex-)Partner, auch wenn Hannah innerlich schon weit weg ist. Dieser innere Konflikt, Gehen oder Bleiben?, nimmt den größten Teil der Geschichte ein. Es gibt viele Momente im Buch, wo es kurz scheint, dass beide wieder einen Zugang zueinander finden und diesen Schicksalsschlag doch gemeinsam bewältigen und etwas Positives herausziehen. Genauso oft werden aber die Stimmen in und um Hannah herum lauter, warum sie sich dermaßen aufopfert, für einen Mann, den sie nicht mehr liebt.

Genau das hat mich so ein wenig gestört. Hannah ist immer ein wenig am Wackeln. Sie beschließt bei ihrem Mann zu bleiben und ihm zu helfen. So verkündet sie es auch der Welt. Aber ständig flackern diese Zweifel hoch und machen die eigentlich so taff wirkende Frau schwach und beugsam. Das hat mich etwas genervt. Ich wollte einfach mal eine klare Linie bei Hannah entdecken, die es so nur gab, dass sie als abenteuerlustige Frau mit zig Reisen um die Welt dargestellt wird. Aus diesem Grund habe ich auch nicht die Personen im Buch wirklich begreifen können. Es fehlte mir einfach an Tiefe, an Leben in den Charakteren. Das war nämlich nicht nur bei Hannah der Fall. Auch Tom und seine Schwester Julie, oder die beste Freundin von Hannah (deren Namen mir jetzt entfallen ist), wirken insgesamt recht blass. Und auch wenn es einfach zu lesen war, ich schon die Geschichte mochte, reizte es mich nie stetig weiterlesen zu wollen. Auch manch gefühlvolle Szene, hat mich einfach nicht packen können. Meine Gefühle haben da nicht angeschlagen. Es wirkte flach.



FAZIT
Im Großen und Ganzen ist es eine sehr kurzweilige Geschichte. Zwar mit viel Dramatik und einem tragischen Schicksal, genauso wie mit zarten Annäherungen und Erinnerungen und ein unfassbares Potential. Ich glaube, die Geschichte kann vielen sehr gefallen. Mich haben die Personen im Buch aber nicht mit in die Geschichte gerissen, sodass alle Emotionen auch bei mir ankamen. Diese Distanz zum Buch und dem Inhalt macht es mir schwierig mit einem guten Gefühl aus der Geschichte zu gehen. Es ist ein gutes, aber nicht herausragendes Buch für Zwischendurch.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Höchst emotional

Mein bester letzter Sommer
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INHALT
Sie weiß, dass sie sterben wird. Sie wird das 18. Lebensjahr nicht erreichen. Warum also noch den Führerschein machen, den Schulabschluss und Bewerbungen an Universitäten schicken? Es hat keinen ...

INHALT
Sie weiß, dass sie sterben wird. Sie wird das 18. Lebensjahr nicht erreichen. Warum also noch den Führerschein machen, den Schulabschluss und Bewerbungen an Universitäten schicken? Es hat keinen Sinn. Sie wartet auf das Unvermeidbare. Ihren Tod.
Doch die Begegnung mit Oskar reißt Tessa ins Leben, in seiner vollen Stärke, zurück. Vor Monaten teilten sie einen perfekten Moment in der U-Bahn. Jetzt teilen sie alle ersten und letzten Momente. Intensiv und mächtig ist da dieses Gefühl zwischen den beiden. Von Anfang an. Bis zum Ende….


MEINUNG
Hey, nimm meine Hand und komm mit. Ich nehme dich mit auf eine Reise von Deutschland nach Italien. Sie wird dich durch die tiefsten Täler und Untiefen deiner Emotionen führen, dir aber auch die süßesten und himmelhochjauchzende Momente bescheren.

So oder so ähnlich bin ich dem Ruf von Anne Freytag mit „Mein bester letzter Sommer“ gefolgt. Ich habe mich auf dieses Jugendbuch und dem dazugehörenden Roadtrip eingelassen und bereue es nicht. Trotz meines verquollenen Gesichts, als ich die letzten Zeilen las und trotz meines Falls in einen emotionalen, gefühlt kilometertiefen Krater.
Und wie hat das Frau Freytag geschafft? Simpel und doch herausragend. Mit einem gestochen scharfen, unfassbar ehrlichen und doch leichten Schreibstil. Dazu eine ordentliche Portion Humor und fertig ist der ultimative Mix, um Leser in literarische Welten zu entführen. Auf der ersten Seite habe ich mein Ich in der Realität zurück gelassen und bin in das Leben und Ich von Tessa geschlüpft. Tessa, nein, ich bin todkrank. Von Lethargie, Angst, Wut und Verzweiflung geplagt. Ich sterbe. Mit jedem neuen Tag bin ich dem Tod näher.
Wie geht man damit als junges Mädchen um? Als Mensch? Wie hoffnungsvoll auf eine Zukunft blicken, die sich nur auf wenige Wochen beschränkt?

Freytag hat mir glaubhaft gemacht, dass es Tessa scheißegal ist, was noch kommt. Und wie wichtig doch alles ist und wird, wenn man jeden Tag am Abgrund steht. Denn es könnte ihr letzter Moment sein. Ihr letzter Atemzug. Auf jeder Seite. Weswegen da Freude oder Höflichkeit vorheucheln? Warum eine Krankheit schön zeichnen, wenn sie es nicht ist? Und dann zeigt mir Frau Freytag wieder die Kehrseite. Auf sanfte und berührende Weise. Wie geht man mit einer Distanz zum Leben, welches kaum existiert, um? Wie mit der fehlenden Distanz zum Tod? Das alles ist schon Bürde genug. Aber was, wenn man sich auf der Zielgeraden noch verliebt und plötzlich einen Grund findet, bleiben zu wollen? Was alles nur komplizierter macht. Das mag kitschig klingen, aber das ist nicht künstlich produzierter Kitsch. Dieser „Kitsch“ ist wahrhaftig, nah, aber auch schmerzhaft und durch die Krankheit von Tessa gezeichnet und auch mal hässlich. Und das macht diese Geschichte im Gesamtbild so echt.

Man kommt nicht umhin das Buch irgendwie mit „The fault in our stars“ bzw. „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green in Verbindung zu bringen. Denn beide Bücher haben eine ähnliche Thematik. Beide verlaufen tragisch. Beide Bücher treiben einem die Tränen in die Augen. Und obwohl John Green mein Jugendbuch-Papst ist, braucht sich Anne Freytag dahinter nicht verstecken. „Mein bester letzter Sommer“ kann es locker, ohne Anlauf, damit aufnehmen. Ich habe selten so viel und heftig bei einem Buch geweint. Manchmal waren es nur zwei Sätze, nur ein Wimpernschlag und Tränen liefen mir, mal mehr oder weniger stumm, übers Gesicht. Und irgendwie passierte das dauernd. Kaum hatte ich Luft für die nächsten Seiten, brachen wieder die Dämme. Irgendwann saß ich in einem Meer aus Emotionen und Taschentüchern. Ich wusste kaum wohin mit mir.

Ich habe jeden Moment, jede Szene gespürt. Ich habe dieses verliebte Kribbeln gespürt, wenn Oskar Tessa zum Lachen brachte. Ich habe die Verzweiflung gespürt, wenn sie ihm nah sein wollte, es aber auf Gedeih und Verderb doch nicht konnte. Ich habe die Lebensfreude und Lust in mir erwachen gespürt, als Tessa aus ihrem Schneckenhaus hervorkam. Durchweg ist dieses Buch so unglaublich intensiv. Es ist ein einziger emotionaler Rausch. Ich konnte und wollte das Buch kaum weglegen. Und doch hatte ich so eine Angst vor dem Ende.
Denn ich kann euch hier nichts vormachen. Wenn man dieses Buch beginnt, weiß man, dass es kein Happy End mit Wunderheilung geben wird. Man weiß das und geht bewusst den Deal ein, dass einem hier das Herz gebrochen wird. Aber das wird einem auf so bittersüße Art und Weise gebrochen.

Ist das Buch vorhersehbar? Ja. Da macht aber niemand einen Hehl draus. Es geht vielmehr um den Weg, diesen Roadtrip, den man bis dahin zurücklegt mit „Teskar“. Denn dieses Buch gibt dir etwas wieder. Es öffnet dir die Augen. Es lässt den Alltag Alltag sein. Und die kleinen Momente, so unscheinbar sie sind, kostbar wie einen milliardenschweren Schatz werden. Es zeigt dir, dass die Liebe manchmal das einzige ist, was dich noch retten kann. Und die Familie, trotz Ärger und Streitigkeiten, doch immer da ist. Und als Sahnehäubchen gibt’s auch noch eine Playlist, die einem die Schuhe weghaut, bzw. jeden einzelnen Moment von Teskar unterstreicht und dir noch intensivere Lesezeit schenkt. Also solltet ihr unbedingt die Songs beim Lesen hören! Ich habs getan und liebe diesen bittersüßen Soundtrack.


FAZIT
Wer mal wieder die Tränenkanäle durchspülen will, kann und sollte unbedingt dieses Buch lesen. Wenn man aber auch auf der Suche nach einem besonderen Buch ist, welches sich mit dem Leben und dem Tod auf authentische und herzzerreißende Art auseinander setzt, der sollte „Mein bester letzter Sommer“ von Anne Freytag lesen.