Profilbild von Nabura

Nabura

Lesejury Star
offline

Nabura ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Nabura über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2022

Freiheitsgeld für alle und zwei Tote, die Fragen aufwerfen

Freiheitsgeld
2

Im Jahr 2064 zieht der Fitnesstrainer Valentin mit seiner Frau Lina in eine "Gated Community" und kann seinen Augen kaum trauen: Alles ist so sauber, so sicher, so schön! Zwar wohnt er selbst nur in der ...

Im Jahr 2064 zieht der Fitnesstrainer Valentin mit seiner Frau Lina in eine "Gated Community" und kann seinen Augen kaum trauen: Alles ist so sauber, so sicher, so schön! Zwar wohnt er selbst nur in der B-Zone, doch für seine Arbeit darf er die A-Zone betreten, in der zahlreiche Promis seine Dienste in Anspruch nehmen. Einer von ihnen ist Robert Havelock, Bundeskanzler a.D., Eu-Präsident a.D. und Erfinder des Freiheitsgeldes, eines festen Betrags, der jedem und jeder Deutschen monatlich zusteht. Valentin ist zunächst begeistert von seinem neuen Leben, doch er muss feststellen, dass alles einen Preis hat.

Wie auch Valentin hat sich Ahmad Müller entschieden, sein Freiheitsgeld durch eine berufliche Tätigkeit aufzustocken, auch wenn ihm nach Abzug der exorbitanten Steuern nur ein kleines Extra bleibt und er sich eine Wohnung mit seinem Großvater teilen muss. Er arbeitet als Polizist bei der Steuerfahndung, würde aber lieber Verbrechen aufklären. Schließlich werden gleich zwei Personen tot aufgefunden. Was ist hier vorgefallen, gibt es eine Verbindung?

Andreas Eschbach nahm mich als Leserin 42 Jahre mit in die Zukunft in ein Deutschland, in dem ein Großteil der Arbeit von Maschinen übernommen wurde. Viele Jobs gibt es nicht mehr, und die sind aufgrund der hohen Steuerabgaben mäßig attraktiv. Mit dem Freiheitsgeld, das jeder erhält, lässt es sich einigermaßen, wenn auch nicht sonderlich luxuriös, leben. Umso erstaunter ist Valentin, welche Verhältnisse in der "Gated Community", in der sich zahlreiche Prominente zur Ruhe gesetzt haben, herrschen.

Die Geschichte startet ruhig und nimmt sich Zeit, mir die Charaktere genauer vorzustellen. Ich verfolgte Ahmeds Polizeikarriere und seine Versuche, seine toughe Freundin Franka, die als Handwerkerin Badezimmer gestaltet und saniert, enger an sich zu binden. Valentin fehlt für seine Frau Lina hingegen zunehmend die Zeit, die sich überlegen muss, wie sie ihre Tage in der Community ohne Job gestalten will.

Die beiden Toten, deren Identität in der Buchbeschreibung schon enthüllt wird, werden erst nach 200 Seiten gefunden. Dadurch werden zahlreiche Fragen aufgeworfen. Ahmads Erzählstrang interessierte mich von da an am meisten, da ich wissen wollte, ob die Polizei die Todesursachen aufklären kann. Die Ermittlungen gestalten sich jedoch lange als zäh, bis zum Ende hin Schlag auf Schlag alle Geheimnisse enthüllt werden. Ich hätte mir hier einen ausgewogeneren Spannungsbogen gewünscht.

Die Überlegungen, wie eine Welt mit fortschreitender Digitalisierung, verstärkten Klimaschutz-Bemühungen und bedingungslosem Grundeinkommen aussehen könnte, fand ich interessant. Natürlich steckt in der Handlung auch allerlei Gesellschaftskritik, die ins Nachdenken bringt. Gerne empfehle ich "Freiheitsgeld" an Leser weiter, die Lust auf einen in Deutschland angesiedelten Zukunftsroman mit Krimielementen haben.

Veröffentlicht am 27.06.2020

Gelungener Reihenabschluss der Spiegelreisenden!

Die Spiegelreisende 4 – Im Sturm der Echos
2

Die Welt der Archen scheint dem Untergang nahe zu sein: Immer häufiger verschwinden Stücke und mit ihnen all ihre Bewohner. Ophelia und Thorn sind fest entschlossen, das Geheimnis von Eulalia Gort und ...

Die Welt der Archen scheint dem Untergang nahe zu sein: Immer häufiger verschwinden Stücke und mit ihnen all ihre Bewohner. Ophelia und Thorn sind fest entschlossen, das Geheimnis von Eulalia Gort und dem Anderen endlich zu lüften und die Zerstörung aufzuhalten. Ihr Weg führt sie ins mysteriöse Beobachtungsinstitut der Arche Babel, über dessen Aktivitäten hinter den Mauern nur wenig nach außen dringt. Doch die Situation unter Kontrolle zu halten wird zur Herausforderung, denn die Beobachter im Institut haben ihre eigenen Pläne...

Endlich ist er da, der finale Band der Spiegelreisenden! Nach den Enthüllungen am Ende des vorherigen Bandes hoffte ich darauf, nun endlich zu erfahren, wie Eulalia zu dem wurde, was sie heute ist und was es nun mit dem Anderen auf sich hat. Die Situation auf Babel verschärft sich zunehmend, denn immer mehr Stücke verschwinden plötzlich. Die weltoffene Arche wirft im Nu ihre Prinzipien über Bord und beginnt mit drastischen Maßnahmen, die dem Schutz der Einheimischen dienen sollen.

Inmitten dieses zunehmenden Chaos sind Ophelia und Thorn endlich wieder vereint und schmieden gemeinsam einen Plan, wie sie die Geheimnisse lüften und die Katastrophe aufhalten können. Ich fand es schön, die beiden zusammen zu erleben. Ihre Beziehung hat sich weiterentwickelt und ihre unterschiedlichen Ansätze bei der Suche nach der Wahrheit ergänzen sich gut. Nach außen hin müssen sie jedoch weiterhin ihre jeweilige Rolle spielen und niemand darf wissen, dass sie verheiratet sind.

Der vierte Band spielt wie sein Vorgänger hauptsächlich auf der Arche Babel, wobei mit dem Beobachtungsinstitut ein neuer Ort in den Fokus rückt. Ophelia hat nur eine rudimentäre Vorstellung, was sie dort erwartet. Ich fieberte mit, ob sie dort entscheidende Dinge herausfinden kann, ohne den Verstand oder gar ihr Leben zu verlieren. Denn das Beobachtungsinstitut erweist sich schnell als ein Ort, der noch gefährlicher ist als der Pol oder das Konservatorium - und das will schon etwas heißen!

Es werden in diesem Band nur wenige neue Charaktere eingeführt, dafür gibt es ein Wiedersehen mit vielen bereits bekannten Gesichtern. Diese haben noch einige Überraschungen in petto, welche vieles in neuem Licht erscheinen lassen. Das Tempo ist vergleichbar mit den Vorgängern - mal gibt es ruhigere Phasen, dann überschlagen sich die Ereignisse. Das Geheimnis rund um Gott, die Familiengeister, die Echos und den Anderen entpuppt sich als komplexe Angelegenheit, die zu verstehen Zeit benötigt und bei der mache Aspekte bewusst mysteriös und rätselhaft bleiben. Auch auf einige emotionale Momente sollte man sich einstellen. Spannend und dramatisch näherte sich das Buch seinem Ende, das die Reihe für mich gelungen abschließt.

Von mir gibt es eine große Leseempfehlung für die ganze Reihe rund um die Spiegelreisende Ophelia!

Veröffentlicht am 23.09.2023

37 Briefe, um Lebewohl zu sagen

Die Butterbrotbriefe
1

Kati Waldstein ist auf einer selbst auferlegten Mission: Auf den Butterbrotpapieren, die ihr Vater einst für sie gesammelt hat, schreibt sie offene Worte an all die Menschen, die Einfluss auf ihr Leben ...

Kati Waldstein ist auf einer selbst auferlegten Mission: Auf den Butterbrotpapieren, die ihr Vater einst für sie gesammelt hat, schreibt sie offene Worte an all die Menschen, die Einfluss auf ihr Leben genommen haben. Sie möchte mit dem Erlebten abschließen und Lebewohl sagen, bevor sie alles Bekannet hinter sich lässt und ins Ungewisse aufbricht. Als sie nach Brief Nummer 31 beim Fluss am Ortsrand zur Ruhe kommen will, begegnet sie zuerst einem Kranich und dann einem unbekannten Mann, der sich später als Severin herausstellt. Er ist davon überzeugt, dass das Schicksal ihn zu Kati geführt hat. So unterschiedlich die Dinge sind, die beide in der Vergangenheit gelebt haben - beiden ist es bislang nicht gelungen, diese hinter sich zu lassen. Können Sie einander dabei helfen?

Zu Beginn des Romans erfuhr ich, warum Kati überhaupt auf die Idee gekommen ist, Briefe auf Butterbrotpapier zu schreiben. Sie möchte damit sowohl Vorwürfe als Dankbarkeit loswerden, bevor sie etwas Neues wagen kann. Wer die ersten 30 Briefe erhalten hat wird in aller Kürze erzählt, als Leserin stieg ich beim Vorlesen des 31. Briefes an Katis alte Grundschullehrerin ein, die sie nicht für das Gymnasium empfohlen hat. Deren Rückmeldung, dass das nur auf den Wusnch der inzwischen verstorbenen Mutter hin geschah, macht Kati deutlich, dass ihr jahrelang Dinge verheimlicht worden sind.

Mit ging zu Beginn alles zu schnell und ich hatte das Gefühl, keine Zeit zu haben, um Kati überhaupt kennenzulernen. Sie ist schon mittendrin in ihrer Briefe-Mission, als der Roman beginnt und sie nach wenigen Seiten auf Severin trifft. Dieser benimmt sich zu Beginn ziemlich merkwürdig. Ich war daher erstaunt, wie gelassen Kati mit seinem Verhalten umgeht, dass hart an der Grenze zum Stalking ist, und ihm direkt eine Unterkunft besorgt.

Wie schon "Der Buchspazierer" und "Der Geschichtenbäcker" hat die Geschichte etwas Magisches und Poetisches. Was für mich bei den genannten Büchern sehr gut funktionert hat war mir hier aber einfach zu viel. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass die Geschichte zu weit von der Realität entfernt ist und die Grenze zum Kitsch überschritten hat. Es gab aber auch genügend Szenen, die wirklich schön zu lesen waren - insbesondere alles rund um das Artiksmuseum von Katis Onkel Martin und die Szenen im Friseursalon. Insgesamt muss ich aber leider sagen, dass mich dieser warmherzige Roman verhältnismäßig kalt gelassen hat.

Veröffentlicht am 17.10.2021

Zimtsternsüße Liebesgeschichte

Herzfunkeln und Winterträume
1

Die achtzehnjährige Hanna nimmt einen Job als Weihnachtselfe im Einkaufszentrum an, um sich eine Reise nach London zu finanzieren. Dort hat sie kurz vor Weihnachten ein Vorstellungsgespräch in einer Marketing-Agentur ...

Die achtzehnjährige Hanna nimmt einen Job als Weihnachtselfe im Einkaufszentrum an, um sich eine Reise nach London zu finanzieren. Dort hat sie kurz vor Weihnachten ein Vorstellungsgespräch in einer Marketing-Agentur und möchte anschließend über Weihnachten in der Stadt bleiben. Doch ihre Eltern sind gar nicht begeistert von ihren Plänen - sowohl was ihre Abwesenheit über Weihnachten als auch was das Auslandspraktikum angeht.

Mit dem Studenten Shinji als Weihnachtsmann bildet sie schnell ein eingespieltes Team. Doch dann wird Shinji krank und überredet seinen Mitbewohner Jared, für ihn einzuspringen. Dieser mag die Weihnachtszeit nicht, denn sie bringt die Erinnerungen an den Verlust seiner Mutter im letzten Jahr schmerzhaft wieder zurück. Die Gründe für seine Abneigung verschweigt er Hanna jedoch, die ihn mit ihrer Begeisterung anstecken möchte. Die beiden gehen nicht davon aus, sich nach dem Job wiederzusehen. Doch es kommt anders gedacht, und plötzlich sind die beiden gemeinsam auf dem Weg nach London.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Hanna und Jared geschildert. Zu Beginn wurden mir die beiden ausführlich vorgestellt. Hanna hat ihre Ausbildung zur Bürokauffrau abgebrochen und als Mediendesignerin keinen Platz gefunden. Das Praktikum in London ist für sie die Chance, doch noch etwas anderes zu finden als den Platz als Steuergehilfin im Büro ihres Vaters. Jared stammt ursprünglich aus London, möchte dieses Jahr aber in seiner Studentenwohnung bleiben und lernen, um Distanz vom Weihnachtstrubel und den Erinnerungen an seine Mutter zu wahren.

Auch wenn Jared sich für Weihnachten im Gegensatz zu Hanna nicht sonderlich begeistern kann, verstehen die beiden sich schnell gut. Ich fand sie wirklich süß zusammen und hoffte mit, dass sie zueinander finden werden. Die Dialoge der beiden sind unterhaltsam und brachten mich immer wieder zum Schmunzeln. Es kommt zu einigen überraschenden Zwischenfällen, welche bewältigt werden müssen. Für meinen Geschmack trafen hier allerdings zu viele Zufälle aufeinander, damit die Geschichte so funktionieren kann.

In der zweiten Buchhälfte gibt es dann viele Szenen an schönen Orten Londons, die mir Lust machten, der Stadt mal wieder einen Besuch abzustatten. Diese sind super, um in Weihnachtsstimmung zu kommen. Die schöne Atmosphäre wird schließlich noch mal durch einige dunkle Wolken getrübt. Es gibt einiges an Hin und Her, dass man für mich auch etwas hätte kürzen können, bevor das zauberhafte Finale wartet. „Herzfunkeln und Winterträume“ ist eine zimtsternsüße Liebesgeschichte, die Weihnachtsstimmung aufkommen lässt!

Veröffentlicht am 28.08.2021

Opulenter Sci-Fi Roman, der mich begeistern konnte

Eines Menschen Flügel
1

"Eines Menschen Flügel" spielt irgendwann in der Zukunft auf einem fernen Planeten, bei dem es tödlich ist, den Boden zu betreten. Denn dieser ist das Gebiet der Margors, eines geheimnisvollen Wesens, ...

"Eines Menschen Flügel" spielt irgendwann in der Zukunft auf einem fernen Planeten, bei dem es tödlich ist, den Boden zu betreten. Denn dieser ist das Gebiet der Margors, eines geheimnisvollen Wesens, das die Menschen mit Haut und Haaren verschlingt. Die Ahnen, die einst auf dem Planeten gelandet sind, haben ihre Nachfahren daher mit Flügeln ausgestattet. Sie sind in Stämmen organisiert und leben auf großen Nestbäumen. Owen vom Stamm der Wen ist ein äußerst talentierter Flieger, dem es als erster Mensch gelungen ist, den stets bedeckten Himmel zu durchstoßen und die Sterne zu sehen. Dabei kommt er fast ums Leben und schweigt jahrelang über das Erlebte. Als er es eines Tages doch sein Geheimnis mit anderen teilt, wird er schnell zu einer Art Prediger. Schließlich werden Zweifel an der Wahrheit seiner Geschichte laut und man möchte das Beschriebene wiederholen - mit fatalen Folgen. Owens Sohn findet heraus, dass eine geheime Bruderschaft in die Ereignisse verwickelt war, und möchte zusammen mit seinen Freunden mehr über diese herausfinden.

Was mir besonders gut gefallen hat ist, dass jeder Abschnitt - mal ganz kurz, mal ziemlich lang - aus einer anderen Perspektive geschrieben wurde. So lernt man eine Vielzahl an Charakteren kennen, die man auf ihren Abenteuern begleitet. Die Geschichte nahm sich Zeit, mich mit der Welt und den unterschiedlichen Figuren bekannt zu machen. Dabei ahnte ich lange überhaupt nicht, worauf das Ganze hinauslaufen soll. Vorne im Buch ist eine Karte der bekannten Welt abgedruckt und ich fand es toll, dass die Geschichte mich in fast jede Ecke dieser Karte führte. Ich begleitete die Charaktere auf ihrem Weg durch Höhen und Tiefen. Sie erleben allerhand Aufregendes, sodass es nie langweilig wurde und ich gespannt weiterlas. Immer wieder wird es richtig brenzlig, doch die wirklich dramatischen Szenen hat sich der Autor bis zum Schluss aufgehoben. Es gibt ein großes Geheimnis, auf das die ganze Geschichte hinarbeitet und das schließlich zu einem richtigen Aha-Erlebnis führt. Plötzlich ergibt vieles einen Sinn und führt zu Konsequenzen ungeahnter Tragweite. Es lohnt sich absolut, bis zum Ende durchzuhalten und ich habe jede Seite dieses abenteuerlichen Sci-Fi Romans genossen. Wer Lust auf eine opulente Geschichte mit einer Vielzahl an Charakteren hat, die sich langsam entfaltet und Leser:innen in Staunen versetzen kann, der ist hier genau richtig!