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Veröffentlicht am 08.04.2018

Was hat Elizabeth ihrer Tochter vierzig Jahre lang verschwiegen?

Zeit der Schwalben
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Adele lebt in London, arbeitet dort als Bäckerin und ist zufrieden mit ihrem Job, obwohl ihr von ihrer Mutter Elizabeth immer signalisiert wurde, dass sie wie ihre höchst erfolgreichen Geschwister mehr ...

Adele lebt in London, arbeitet dort als Bäckerin und ist zufrieden mit ihrem Job, obwohl ihr von ihrer Mutter Elizabeth immer signalisiert wurde, dass sie wie ihre höchst erfolgreichen Geschwister mehr aus ihrem Leben machen soll. Doch nun liegt Elizabeths Unfalltod genau ein Jahr zurück. Als sich die Familie zu diesem Anlass im Elternhaus versammelt, schleicht sich Adele ins Arbeitszimmer ihrer Mutter, als das Telefon klingelt und sie einen verwirrenden Anruf annimmt: Ein Mann spricht von Nachforschungen und nennt den vierzehnten Februar – ihren Geburtstag. Kurz darauf steht eine Frau vor der Tür, die behauptet, herausgefunden zu haben, dass Elizabeth auch ihre Mutter sei. Was steckt dahinter? Adele folgt den Spuren in die Vergangenheit ihrer Mutter, bis hin zu einem Sommer, der alles verändert hat.

Ich lese sehr gern Familiengeschichten mit einem lange gehüteten Geheimnis, weshalb dieses Debüt meine Neugier geweckt hat. Die ersten Seiten machen schnell Lust, tiefer in die Vergangenheit einzutauchen: Sie berichten von einem Haus, das schon viel gesehen hat und auch die Erinnerung an die erste Liebe eines Mädchens im Jahr 1958 bewahren wird. Bevor der Leser darüber mehr erfährt, springt die Geschichte gut vierzig Jahre in die Zukunft, wo sich für Adele die Ereignisse mit einem Anruf und einer angeblichen Schwester vor der Tür überschlagen.

Ich konnte gut nachvollziehen, dass Adele und ihre hochschwangere Schwester Venetia abwehrend reagieren und der Frau auf ihrer Türschwelle nicht so recht glauben wollen. Doch warum sollte diese sich so etwas ausdenken? Es scheint ihr nicht ums Geld zu gehen, und sie ist tatsächlich im Besitz von Notizen Elizabeths. Nach dem ersten Schock beginnt Adele, sich damit auseinanderzusetzen, was das für ihre Familie bedeutet. Natürlich will sie auch mehr darüber erfahren, was ihre Mutter ihr verschwiegen hat. Doch die Personen, die Informationen haben könnten, wollen oder können ihr diese aus nachvollziehbaren Gründen nicht preisgeben. Das wirkte auf mich etwas konstruiert, führt aber zu einer interessanten Spurensuche, auf die Adele sich gemeinsam mit ihrer angeblichen Schwester Phoebe begibt.

Adele und Phoebe sind vom Charakter her völlig unterschiedlich. Adele ist eher zurückhaltend und bedacht, sie wägt Optionen sorgfältig ab und scheut sich eher davor, etwas Neues zu beginnen. Phoebe ist hingegen ein Energiebündel, als Pilotin ist sie überall in der Welt unterwegs und will Dinge am liebsten gestern erledigt haben. Oft prescht sie aber auch zu schnell vor und verunsichert dadurch ihr Gegenüber. Die beiden können also noch einiges voneinander lernen und es war schön, sie bei ihrer gemeinsamen Suche zu begleiten.

Die Nachforschungen im Jahr 2000 werden immer wieder von Rückblicken unterbrochen, in denen Elizabeth in Form ihres Tagebuchs zu Wort kommt und hauptsächlich über die Jahre 1958 bis 1960 berichtet. Man begleitet sie auf ihrem Weg nach Hartheim, wo sie den Sommer verbringen soll, weil ihre Mutter im Sterben liegt. Dort verbringt sie unbeschwerte Wochen. Doch irgendwann kommt alles ganz anders als gedacht. Die Rückblicke fügen sich gelungen in die Handlung ein und erlauben es dem Leser, tief in Elizabeths Gedanken und Gefühle einzutauchen. Neue entscheidende Informationen erhält man dabei gleichzeitig mit Adele und Phoebe, sodass der Handlungsstrang im Jahr 2000 interessant blieb und einige überraschende und auch bedrückende Momente bereit hält, während die Wahrheit stückweise ans Licht kommt. Die Seiten flogen nur so dahin in dieser rundum gelungenen Geschichte, die am Ende alle wichtigen Fragen beantwortet.

„Zeit der Schwalben“ erzählt von Adele, die ein Jahr nach dem Tod ihrer Mutter damit konfrontiert wird, dass diese ihr vierzig Jahre lang etwas Entscheidendes verschwiegen hat. Die beiden Zeitebenen, auf der die Geschichte erzählt wird, sind gelungen miteinander verwoben und ich konnte mich sehr gut in die interessanten Charaktere hineinversetzen, die ein Wechselbad der Gefühle durchleben. Das Buch thematisiert ein ernstes Thema der englischen Geschichte und stimmt nachdenklich, verliert gleichzeitig aber nie eine gewisse Leichtigkeit. Ich gebe eine ganz große Leseempfehlung an jeden, der gerne in Familiengeschichten mit Geheimnissen eintaucht!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Identitätssuche auf verschiedenen Ebenen

Außer sich
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Ali reist nach Istanbul, um dort ihren Bruder Anton zu suchen. Denn seit dieser verschwunden ist hat er nichts von sich hören lassen, nur eine Postkarte aus ebendieser Stadt hat er geschickt. Doch wie ...

Ali reist nach Istanbul, um dort ihren Bruder Anton zu suchen. Denn seit dieser verschwunden ist hat er nichts von sich hören lassen, nur eine Postkarte aus ebendieser Stadt hat er geschickt. Doch wie findet man einen Bruder in einer solchen Metropole? Bald trifft sie auf Katho, der ihre Gedanken rund um ihre Identität ins Wirbeln bringt, und auf ihre Erinnerungen an all die Geschichten ihrer Familie in den Generationen vor ihr.

Das Buch beginnt mit einer kurzen Erinnerung von Ali daran, wie sie mit ihrer Familie von Russland nach Deutschland gekommen ist. Danach trifft der Leser ihr erwachsenes Ich bei ihrer Ankunft in Istanbul wieder. Sie geht dem einzigen Hinweis auf den Verbleib ihres Bruders nach. Der Onkel eines Freundes kümmert sich vor Ort ein wenig um sie, und bald lag ich gedanklich neben Ali auf dessen wanzenbefallenem Sofa und tauchte ein in ihre Erinnerungen und Überlegungen.

Die Ereignisse im Buch sind nicht chronologisch erzählt und schon bald gerät Alis Suche nach Anton in den Hintergrund. Viel wichtiger wird ihre Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. Da ist zum einen Katho, der eigentlich eine Sie ist, sich aber schon länger Testosteron spritzt und damit eine Möglichkeit nutzt, mit der auch Ali sich bei der Frage „Wer will ich sein“ beschäftigt. Ali beobachtet viel; dabei weiß man oft nicht, was Realität ist und was nur Illusion. Oft lässt sie sich und ihre Gedanken treiben ohne Ambition auf ein irgendwo Ankommen. Ich gewann immer mehr Informationen über sie als Person hinzu und konnte sie doch nie ganz greifen.

Zum anderen taucht man immer tiefer in die Geschichten einzelner Vorfahren ein: Der ihrer Eltern, der Eltern ihrer Mutter, der Eltern dieser Großmutter… Man erfährt, was diese bewegt hat, wie sie gelebt haben und wonach sie sich gesehnt haben. Als russische Juden wurden sie über die Jahrzehnte immer wieder Opfer von Ausgrenzung und Gewalt und haben für die Realisierung von ganz unterschiedlichen Vorstellungen eines ausgefüllten Lebens gekämpft. Beim Lesen der verschiedenen Lebensgeschichten entsteht allmählich ein Eindruck, der sich für mich wie ein Puzzle anfühlte, bei dem nicht alle Teile zusammenpassen und trotzdem die Ahnung eines Bildes entsteht. Hilft all das Ali, für sich selbst und ihre Zukunft Klarheit zu schaffen? Das wird nicht abschließend beantwortet. In jedem Fall hilft es beim Blick zurück und dem Verständnis, wo sie herkommt.

Die Suche nach der eigenen Identität dreht sich um Heimat, Familie und das eigene Fühlen, zu einem großen Teil aber auch um die sexuelle Identität. Viele der insbesondere in der Gegenwart handelnden Personen haben zu dieser ein aus meiner Sicht gestörtes Verhältnis. Die Frage, ob man sich als Mann oder Frau fühlt ist völlig berechtigt und heute kein Tabu mehr. Doch es wird mit Männern und Frauen fast jeden Alters geschlafen, auch innerhalb der eigenen Familie; Prostitution, Missbrauch und Vergewaltigung werden thematisiert. Die oft abstoßenden Schilderungen erschreckten mich und ebenso die Apathie, mit der so mancher Charakter das hinnahm. Der Roman überschreitet hier bewusst Grenzen und rückt dafür andere Aspekte in den Hintergrund, über die ich gerne mehr erfahren hätte, wie die Reaktionen auf Alis Wandlung und ihre Jugend in Deutschland. Der Abschluss ist schließlich wie das ganze Buch eine große Frage mit einer kleinen Antwort, ein mit stumpfer Schere abgeschnittener Faden, der zerfasert und mich aufgewühlt und in Gedanken vor allem bei Alis Familiengeschichte zurücklässt.

„Ausser sich“ berichtet von Ali, die in Istanbul nach Anton sucht, und mehr noch nach Antworten auf die Frage, wo sie herkommt und wer sie sein will. Die Struktur der Geschichte ist kunstvoll; dabei haben bei mir insbesondere die Puzzlestücke rund um Alis Vorfahren und ihre Einwanderung nach Deutschland einen Eindruck hinterlassen, während mir der Fokus auf einige Grenzüberschreitungen zu stark war. Das Lesen ist wie ein Segeln im Sturm, bei dem man mal hierhin, mal dorthin getragen wird und worauf man sich einlassen sollte.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Ein neuer Kingsbridge-Roman mit frischen Charakteren und großer Politik

Das Fundament der Ewigkeit
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Kingsbridge im Jahr 1558: Ned Willard kehrt nach einem Aufenthalt bei seinem Onkel in Calais in die Stadt zurück. Er ist fest entschlossen, nun endlich seine geliebte Margery Fitzgerald zu heiraten. Als ...

Kingsbridge im Jahr 1558: Ned Willard kehrt nach einem Aufenthalt bei seinem Onkel in Calais in die Stadt zurück. Er ist fest entschlossen, nun endlich seine geliebte Margery Fitzgerald zu heiraten. Als Sohn der reichsten Kaufmannsfamilie der Stadt ist er keine schlechte Partie. Doch obwohl Margery seine Gefühle erwidert, drängt ihre Familie sie energisch dazu, Bart zu heiraten, den zukünftigen Grafen von Shiring. Als Neds Familie fast alles verliert, hält ihn endgültig nichts mehr in Kingsbridge. Er tritt in den Dienst der protestantischen Elizabeth Tudor, die der katholischen Mary Tudor auf den Thron folgen will. Sie will sich dafür einsetzen, dass niemand mehr aufgrund seines Glaubens getötet wird. In Frankreich und der spanischen Niederlande beobachtet man die Entwicklungen genau – hier ist man katholisch und hat eigene Vorstellungen davon, wie man mit Protestanten umgeht. Wird es Ned gelingen, einen Beitrag zu einem friedlichen Miteinander der Religionen zu leisten?

Nachdem ich vor Jahren sowohl „Die Säulen der Erde“ als auch „Die Tore der Welt“ begeistert gelesen habe, habe ich mich sehr gefreut, als ein dritter Kingsbridge-Roman angekündigt wurde. Seit den Ereignissen des zweiten Buches sind gut 200 Jahre vergangen und im Zentrum der Handlung stehen die Nachfahren der früheren Protagonisten. Ich war gespannt, wie es ihnen ergehen wird. Man braucht aber nicht zwingend das Vorwissen der anderen Bücher, um in diese Geschichte eintauchen zu können.

Das Buch beginnt wie einst „Die Säulen der Erde“ mit einer Hinrichtung. Der Erzähler merkt an, dass er den Verurteilten jahrzehntelang gejagt hat und verhindern konnte, dass dieser den größten Teil der Königsfamilie tötet. Wann dies passiert und wer Erzähler und Verurteilter sind, wird vorerst nicht aufgeklärt. Stattdessen findet man sich im Jahr 1558 wieder, wo Ned Willard gerade von Calais nach Kingsbridge zurückgekehrt ist und feststellen muss, dass seine Geliebte gegen ihren Willen mit dem zukünftigen Grafen von Shiring verheiratet werden soll.

Schnell konnte ich einen ersten guten Überblick darüber gewinnen, wie die verschiedenen Personen zueinander stehen. Durch die erzwungene Heirat Margerys, einem Angriff auf Calais und einer Klage gegen Neds Mutter wurde die Handlung schnell spannend und dramatisch. Wer die Vorgänger kennt, der weiß, dass für die sympathischsten Charaktere erst einmal alles schief geht. Ned lässt deshalb schon bald alles hinter sich und tritt in den Dienst von Elizabeth Tudor, wo er in den folgenden Jahren das politische Geschehen hautnah miterleben wird.

Neben den Kapiteln in England erfährt man auch mehr über die politische Situation in Frankreich, Spanien und der spanischen Niederlande. Die Handlungsstränge sind zu Beginn unabhängig voneinander, laufen später aber alle zusammen. Auch hier werden dem Leser Geheimnisse und Intrigen geboten. Da ist zum Beispiel Neds Bruder Barney, der aus Spanien fliehen muss und zu diesem Zweck in die Armee eintritt oder Sylvie, deren Vater in Paris streng verbotene protestantische Schriften verkauft und die sich in einen Spion der Katholiken verliebt. Gut und Böse sind insbesondere bei den fiktiven Charakteren recht klar verteilt und ich fieberte mit, ob sich die mir sympathisch gewordenen Charaktere behaupten und ihre Pläne verwirklichen können.

Viele Charaktere stehen bald im Dienst von einflussreichen politischen Persönlichkeiten. Beim Lesen erfährt man viel über die politischen Entwicklungen und insbesondere das Thema Katholiken versus Protestanten spielt eine wichtige Rolle. Der Autor berücksichtigt in seiner Geschichte viele historische Ereignisse und verschafft den fiktiven Charakteren wichtige Rollen darin. Die einen planen Verschwörungen, während die anderen versuchen, sie aufzudecken – letzteres nicht immer erfolgreich. Das fand war oft spannend, insbesondere im Mittelteil hätte ich mir aber oft eine straffere, weniger ausschweifende Erzählweise gewünscht. Über 60 Jahre lang begleitet man die Charaktere durch Höhen und Tiefen bis hin zu einem letzten dramatischen Anschlagsplan und einem runden Schluss.

In „Das Fundament der Ewigkeit“ versuchen Nachfahren der Protagonisten der früheren Kingsbridge-Romane, ihre Pläne zu verwirklichen. Dabei spielt das Ringen zwischen Katholiken und Protestanten bis hin zum Bürgerkrieg eine große Rolle, denn die fiktiven Charaktere sind bei vielen historischen Ereignissen hautnah dabei. Der Aufbau der Geschichte ist seinen Vorgängern nicht unähnlich und manche Entwicklungen hätten straffer beschrieben werden können. Insgesamt bietet dieses Buch gelungene Unterhaltung, die sich kein Ken Follett-Fan entgehen lassen sollte!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Spannendes Weltraum-Abenteuer mit Witz

Kollaps - Das Imperium der Ströme 1
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In der Zukunft lebt die Menschheit auf verschiedenen, weit voneinander entfernten Planeten, die mithilfe der Ströme und einem Raumschiff innerhalb mehrerer Tage bis Monate erreicht werden können. Als Kiva ...

In der Zukunft lebt die Menschheit auf verschiedenen, weit voneinander entfernten Planeten, die mithilfe der Ströme und einem Raumschiff innerhalb mehrerer Tage bis Monate erreicht werden können. Als Kiva Lagos auf Ende ankommt, das neun Monate vom Zentrum Nabe entfernt liegt, muss sie feststellen, dass dort ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist und der Herzog ausgerechnet von Ghreni Nohamapetan beraten wird, den sie nicht leiden kann und dessen Familie zunehmend an Einfluss gewinnt. Gleichzeitig macht ein Forscher auf Ende eine weitreichende Entdeckung und in Nabe steht Cardenia kurz davor, Imperatox zu werden. Ihr Vater liegt im Sterben und sie wurde nach dem Tod ihres Bruders nur kurze Zeit auf diese mächtigste aller Rollen vorbereitet. Wird sie der Verantwortung und den Intrigen gewachsen sein?

Ich habe Anfang des Jahres meine erste Space-Fantasy gelesen, was mir große Lust auf eine weitere Geschichte aus diesem Genre gemacht hat. Von John Scalzi hatte ich zuvor noch nichts gelesen, und begann ich ohne konkrete Erwartungen mit dem Buch, das der Auftakt einer neuen Reihe ist. Gleich zu Beginn geht es hoch her, denn die Geschichte beginnt auf einem Raumschiff, auf dem gerade eine Meuterei im Gange ist, die der Kapitän mit Galgenhumor kommentiert. Doch dann fällt das Schiff aus dem Strom – es wird dreiundzwanzig Jahre bis zum Ziel brauchen, wenn es nicht rechtzeitig wieder ins sich schon schließende Loch eintaucht.

Nach diesem spannenden Auftakt lernt man die drei Hauptcharaktere der Geschichte besser kennen und erfährt dabei schrittweise mehr über die Welt, in der sie leben. Kiva Lagos kommt als Vertreterin der Eigentümerin mit einem Raumschiff in Ende an, um Handel zu treiben, doch der Herzog macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie flucht viel und legt ständig Männer flach, gleichzeitig ist sie aber auch gerissen wenn es darum geht, ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen und dabei auch noch Gewinn zu machen. Ihre Vulgarität fand ich auf Dauer allerdings nervig. Deutlich besser gefallen hat mir der besonnene Marce, der ein wichtiges Geheimnis hütet, das alles verändern wird. Er will nach Nabe, um dieses mit dem Imperatox zu besprechen. Dabei ahnt er noch nicht, dass dieser im Sterben liegt und seine Tochter Cardenia vor der Machtübernahme steht, die nach Meinung ihres Vaters viel zu nett für den Posten ist. Ich hoffte mit ihr, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen wird.

Beim Lesen merkte man dem Buch an, dass es der Auftakt einer Reihe ist, denn der Autor nimmt sich viel Zeit, den Leser mit der Idee der Ströme vertraut zu machen. Letztere sind eine Wissenschaft für sich, die man als gegeben hinnehmen muss. Ihr Dasein bestimmt die Struktur der ganzen Welt, zum Beispiel ist Nabe das Zentrum, weil es alle Ströme verbindet und kaum ein Planet könnte sich dauerhaft selbst versorgen, weshalb mächtige Familien den Handel mit Monopolen bestimmen. Besonders kreativ fand ich, dass alle Raumschiffe Songtitel tragen – Kiva ist zum Beispiel auf der „Yes, Sir, That‘s My Baby“ unterwegs. In diesem ersten Band befinden sich alle Charaktere in verzwickten SItuationen, mit denen sie zurechtkommen müssen. Es gibt einige Intrigen, die alle miteinander verbunden zu sein scheinen. Gleichzeitig gibt es größere Entwicklungen, die auch die weitere Bände bestimmen werden. In diesem Band entwickeln sich die Charaktere nur wenig, ihnen fehlt noch etwas die Tiefe. Die dramatischen Entwicklungen am Schluss machen aber neugierig darauf, wie es für sie weitergehen wird.

„Kollaps. Das Imperium der Ströme“ ist eine Space-Fantasy voller Action und Intrigen, in der man drei ganz verschiedene Charaktere auf ihrem Weg belgeitet. Neben spannenden Szenen gibt es auch viele humorvolle Dialoge, wobei mir insbesondere Kivas Art zu vulgär war. Während die Charaktere einige Herausforderungen bewältigen müssen, wird gleichzeitig eine bänderübergreifende Handlung vorbereitet. Wer Lust auf ein spannendes Weltraum-Abenteuer mit Witz in einer gut durchdachten Fantasy-Welt hat, der ist bei diesem Buch richtig!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Sechs Krähen und eine unmöglich scheinende Mission

Das Lied der Krähen
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Der fünfte Hafen von Ketterdam befindet sich in der Hand der Dregs, die dort das Vorrecht haben, die Besucher auf verschiedene Weise um ihr Geld zu erleichtern. Ihr Anführer Kaz erhält eines Tages einen ...

Der fünfte Hafen von Ketterdam befindet sich in der Hand der Dregs, die dort das Vorrecht haben, die Besucher auf verschiedene Weise um ihr Geld zu erleichtern. Ihr Anführer Kaz erhält eines Tages einen höchst lukrativen, aber beinahe aussichtslosen Auftrag: Er soll einen Gefangenen aus einem der am besten bewachten Gefängnisse befreien, dem Eistribunal in Fjerda. Dazu stellt er eine Gruppe höchst verschiedener Außenseiter zusammen, jeder ein Experte auf seinem Gebiet. Wird der unmöglich scheinende Clou gelingen?

Die Grischa-Trilogie von Leigh Bardugo zählt zu meinen liebsten Fantasy-Reihen. Deshalb war das neue Buch der Autorin ein Must Read für mich, insbesondere, weil es in der gleichen Welt wie die anderen Bücher spielt. Vorwissen benötigt man aber nicht, denn es spielt zu einer anderen Zeit in einer anderen Ecke der Welt. Gleich im Prolog wird man Zeuge einer gefährlichen Entdeckung: Es werden Experimente mit Grischa, also magiebegabten Personen, gemacht - mit erschreckendem Ergebnis.

Bald soll man als Leser mehr darüber erfahren, doch erst einmal lernt man Kaz und Inej kennen, die beide zu den Dregs gehören. Als sich eine andere Bande mit ihnen anlegt, erhält man eine Kostprobe ihrer Begabungen: Kaz verfügt über ein großes Netzwerk in der ganzen Stadt, er ist ein Menschenkenner, Planer und Dieb. Inej ist als „Phantom“ bekannt, weil sie sich ungehört anschleichen und verblüffend gut klettern kann. Ein hochspannender Moment jagt den nächsten, sodass die Geschichte schnell eine Sogwirkung ausübt.

Nachdem Kaz den Auftrag angenommen hat, ins Eistribunal einzubrechen, beginnt er damit, seine Mannschaft zusammenzustellen. Er hat sehr genaue Vorstellungen davon, wen er braucht, um die Mission zum Erfolg zu führen. Nacheinander lernt man die fünf Charaktere, die ihn begleiten sollen, besser kennen. Diese könnten nicht unterschiedlicher sein. Neben Kaz und Inej gibt es einen Scharfschützen mit Spielschulden, eine zum Kampf ausgebildete Grischa, die Menschen hilft statt sie zu töten, einen Gefangenen, der eine offene Rechnung begleichen will und den abtrünnigen Sohn einer mächtigen Familie. Während der Vorbereitungen in Ketterdam gibt es viele Rückblicke, in denen man die Charaktere besser verstehen lernt. Man erfährt, wie sie zueinander stehen und warum sie sich überhaupt auf so ein Wagnis einlassen, wie diese Mission es ist.

Als die Gefährten aufbrechen, werden die Rückblicke weniger und der Fokus verlagert sich auf die Umsetzung des Plans rund um das Eistribunal. Als Leser erhält man einen groben Überblick in Bezug auf die geplanten Schritte, sodass man einschätzen kann, was gerade gut und läuft und was nicht. Weil die Perspektive immer zwischen den sechs Charakteren wechselt erhält man Einblicke, wie jeder einzelne mit der gefährlichen Gesamtsituation umgeht. Gleichzeitig ist nicht alles, wie es scheint: Einige Personen haben ihren eigenen Kopf und die Autorin spielt gelungen mit den Perspektiven, sodass man als Leser viele überraschende Wendungen erlebt, die man nicht immer kommen sieht. Die Spannung ist bis zum Schluss da und das offene Ende lässt mich schon jetzt sehnsüchtig auf die Fortsetzung „Das Gold der Krähen“ warten, die im Frühjahr 2018 erscheint.

In „Das Lied der Krähen“ treten sechs ganz verschiedene, talentierte Charaktere eine Mission an, die unmöglich und lebensgefährlich scheint. Haben sie trotzdem eine Chance? Man lernt zunächst jeden von ihnen besser kennen, bevor es dann immer stärker um die Umsetzung des Plans geht. Beide Phasen haben mir richtig gut gefallen. Das Buch ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite und für mich ein echtes Fantasy-Highlight. Ich kann es deshalb nur absolut weiterempfehlen!