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Nadines_Buecher

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Veröffentlicht am 23.08.2020

Bericht einer Agentin: Lose Enden als Ermahnung in der heutigen Zeit

American Spy
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Der angekündigte Thriller über die Aktivitäten einer FBI-Agentin während des Kalten Krieges entpuppt sich als Bericht einer Frau, die nach dem vereitelten Einsatz eines Auftragskillers aus den USA in die ...

Der angekündigte Thriller über die Aktivitäten einer FBI-Agentin während des Kalten Krieges entpuppt sich als Bericht einer Frau, die nach dem vereitelten Einsatz eines Auftragskillers aus den USA in die Heimat ihrer Mutter flieht, um ihre Zwillinge im Kleinkindalter zu schützen. Für die beiden - William und Thomas - ist ihr Bericht gedacht. Sie sollen von ihrer Mutter selbst die Geschichte ihrer Herkunft hören und verstehen, aus welchen Beweggründen heraus Marie wie handelte. Denn das fehlte Marie offenbar in ihrer Kindheit; sie musste selbst herausfinden, dass ihre Mutter Agathe eine Spionin war und ihre Tarnidentität und damit ihre Familie in Queens hinter sich ließ, um nach Martinique zurückzukehren. Auch die Umstände des Todes von Maries älterer Schwester Helene, die zum Militär ging und besessen davon war Agentin zu werden, muss sich Marie nach und nach zusammenpuzzeln. Schließlich fällt dieses Kapitel anders aus als gedacht. Symptomatisch für diese Story: Man erfährt tatsächlich nicht alles, wenig wird zu Ende erzählt, weil allein bei der Perspektive von Marie geblieben wird. Neben den Auswirkungen des Kalten Krieges in den USA und Afrika, hier insbesondere Burkina Faso, der kommunistischen Ideologie, präsidialen Entscheidungen der 1980er Jahre, Postkolonialismus, dem Selbstverständnis der USA und ihren paramilitärischer Gruppen als Weltpolizei mit wirtschaftlichen Interessen werden auch Themen wie Diskriminierung wegen Hautfarbe und Geschlecht, Manipulation sowie Selbstfindung, Heimat und Identität, aber auch Familie, Freundschaft und Liebe aufgegriffen. Damit passt das Buch eindeutig in unsere Zeit, da es aufzeigt, auf welch fatalem Weg nicht nur die USA gerade wieder sind. Die Geschichte ist wenig gefällig, vielleicht machen die Ecken und Kanten und das nicht-zu-Ende-Erzählte sie jedoch aus. Das Cover bunt und grell, eine schwarze Frau gehüllt in eine amerikanische Flagge, darüber der schlichte Titel. Was auf der Leseliste von Barack Obama steht, ist ein reinschauen wert.

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Veröffentlicht am 10.07.2020

Vom Zusammenhalten des Innen und des Außen

Mord in Sunset Hall
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Wenn die Senioren-WG von Sunset Hall eines nicht ist, dann ist es gewöhnlich. Agnes, Hausbesitzerin und Mitbegründerin der WG für Personen mit besonderem Lebenslauf, hasst ihre Medikamente ebenso wie ihre ...

Wenn die Senioren-WG von Sunset Hall eines nicht ist, dann ist es gewöhnlich. Agnes, Hausbesitzerin und Mitbegründerin der WG für Personen mit besonderem Lebenslauf, hasst ihre Medikamente ebenso wie ihre Hüftschmerzen und scheint ständig auf der Suche nach ihren dritten Zähnen. Wenn nicht gerade ein Tinnitus sie außer Gefecht setzt oder sie gefährliche Aktionen mit Besteckbestandteilen bestreitet, suchen sie in letzter Zeit die Geister der Vergangenheit auf. Insbesondere, als neben ihrer Freundin und WG-Parternin Lilith auch noch Mildred, eine wenn auch schwierige so doch Kindheitsfreundin, und eine dorfbekannte, unbeliebte Tratschtante tot aufgefunden werden. Die blinde Bernadette, Winston im Rollstuhl, die gelenkige Edwina, der Marschall und Neuzugang Charlie sind sich einig, dass Mörder gefunden und ihrer gerechten Strafe zugeführt werden müssen. Doch wie, wenn das Gedächtnis nicht mehr mitmacht? War es am Ende eine oder einer von ihnen? Gibt es eine Verbindung zur Vergangenheit? Was haben sowohl Mildreds Zwilling Isobel als auch Agnes' Zwilling Alice damit zu tun? Auch wenn sich so manch gefährliche Situation ergibt, in denen auch hin und wieder Medikamente eine Rolle spielen, halten die Senioren fest zusammen und tragen beharrlich wie Schildkröte Hettie, die sich doch eigentlich nur für ihre Winterstarre im Garten verbuddeln möchte, die Puzzleteile zusammen. Gegen das Vergessen und für selbstbestimmtes Leben im Alter. Herrlich geschrieben, mit einem ordentlichen Schuss Humor und Absurdität. So wie wir die Autorin lieben.

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Veröffentlicht am 22.06.2020

Frauen kämpfen für ihre Bildung

Unter den Linden 6
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So oder so ähnlich könnte es gewesen sein - die fast besessene Wissenschaftlerin aus Berlin, die sich in einer Vernunftehe langweilende junge Dame aus der oberen Gesellschaftsschicht und das clevere Dienstmädchen, ...

So oder so ähnlich könnte es gewesen sein - die fast besessene Wissenschaftlerin aus Berlin, die sich in einer Vernunftehe langweilende junge Dame aus der oberen Gesellschaftsschicht und das clevere Dienstmädchen, dass mit dem Abitur auch Entscheidungsfreiheit entdeckt, und der gemeinsame Kampf dafür, dass Frauen an deutschen Universitäten keine Ausnahme blieben, Abschlüsse erlangten und sogar in die Riege der Wissenschaftler aufgenommen wurden. Lise Meitner, neben Max Planck, Otto Hahn, Albert Einstein eine der historisch belegten Figuren des Romans, freundet sich auf dem Weg von Wien nach Berlin mit dem traurigen Dienstmädchen Anni an, das so furchtbar gerne liest und unheimlich neugierig ist. Hinzu kommt Zufallsbekanntschft Hedwig, wohlhabend und unglücklich, deren größter Traum ein Geschichtsstudium ist. Neben den Erfolgen, die die drei während des Verlaufs des Romans verbuchen können, kommen die in leisen Tönen dargestellten, oft fein nuancierten Rückschläge, die ihnen die Männerwelt beschert. Wissenschaftlich wie privat. Vom einen oder anderen Nebencharakter wären die Beweggründe noch interessant gewesen zu erfahren - Marie Althoff, Henri, Otto Hahn -, um zu verstehen warum sie agieren wie sie agieren. Dennoch ein lesefreundlicher, interessanter und leicht historischer Roman, der Lust auf das Entdecken von mehr Geschichte der Universität zu Berlin macht. Das Cover des vorliegenden Romans zum Glück nicht kitschig, sondern die drei Protagonistinnen wunderbar ancharakterisierend. Mit dem gesetzten Titel ein Hingucker.

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Veröffentlicht am 25.05.2020

Gewinnt gegen Ende an Thrill-Faktor

Wassertöchter
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Die Protoagonistin ähnlich charakterisiert wie Andreas Pflügers Jenny Aaron, die Rolle ihres Widersachers ähnlich angelegt wie Francis Ackerman Jr. von Ethan Cross - und doch nicht ganz.

Mit der Fallanalystin ...

Die Protoagonistin ähnlich charakterisiert wie Andreas Pflügers Jenny Aaron, die Rolle ihres Widersachers ähnlich angelegt wie Francis Ackerman Jr. von Ethan Cross - und doch nicht ganz.

Mit der Fallanalystin Emma warm zu werden tut man sich zunächst schwer. Es scheint bindungsunfähigen Charakteren anzuhaften, dass man ebenfalls schwer eine Bindung zu ihnen aufbaut. Sicherlich, da ist auf der einen Seite ihre Vergangenheit als Vergewaltigungsopfer und die schwelende Wut, mit dem Peiniger abzurechnen. Zumal dieser sich in den Medien und gegenüber der Polizei als geläutert gibt und damit zur Aufklärung einer Reihe von Nachahmungstaten hinzugezogen wird. Klar dreht Emma durch, als sie plötzlich mit Uwe Marquardt so etwas wie zusammenarbeiten soll. Klar geht ihre gerade zart keimende Beziehung drauf, klar nervt sie die Kollegen, die ihr Glauben schenken immer weiter und mehr, doch warum warnt sie ihre Schwester Sarah nicht, um auch ihre vierjährige Nichte Emily zu schützen? Nur, um sie nicht zu beunruhigen, um nicht als asoziales Wesen darzustehen? Der Fall an sich hat etwas, gewinnt tatsächlich zum Ende hin aufgrund der tatsächlichen Anzahl der Fälle, der an den Morden beteiligten Personen, der Lüftung des grausamen Geheimnisses um die titelgebenden Wassertöchter. Auch so mancher Nebencharakter, z.B. der Pathologe der Emma auf die Spur bringt und ihre in Elternzeit befindliche Ex-Chefin, bringen Schwung in die Story, die in der Erzählung ausschließlich bei Emma bleibt, keine anderen Charaktere verfolgt. Deshalb noch ein vierter Stern, auch wenn man einige lose Enden gerne noch verknüpft gesehen hätte. Das Cover begeistert mich nun da ich die Geschichte kenne noch mehr: Gut gewählt und gut gemacht.

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Veröffentlicht am 16.04.2020

Familien-Ermittlung in der katalanischen Sommerhitze

Mord in Barcelona
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Ein Kriminalroman angesetzt in der Sommerhitze Barcelonas, eine ermordete deutsche Touristin, die Geschichte ihres Todes ganz anders als erwartet – so, wie es in einem guten Kriminalroman sein muss. Ein ...

Ein Kriminalroman angesetzt in der Sommerhitze Barcelonas, eine ermordete deutsche Touristin, die Geschichte ihres Todes ganz anders als erwartet – so, wie es in einem guten Kriminalroman sein muss. Ein Friedhof wird zum zentralen Ort, daneben spielt Familie eine große Rolle. Sowohl die der Toten als auch die des ermittelnden katalanischen Kommissars. Dieser ist eher ruhig und gediegen, verspricht sich mehr davon eine wilde Katze am Tatort zu zähmen als sich allzu sehr in den Fall verstricken zu lassen. So wie das seine Mutter, Inhaberin einer Snackbar, und seine Schwester, berufsbedingt sehr ortskundig und zu unmöglichen Zeiten unterwegs, tun. Schließlich haben sie die rechthaberische Deutsche flüchtig gekannt. Da kapitelweise abwechselnd die Protagonisten erzählerisch verfolgt werden, hat es den Anschein, dass Mutter und Tochter mehr über die Ermordete und ihre Zeit in Barcelona erfahren und aktiver am Fall beteiligt sind, als es der Kommissar und damit die Polizei ist. Doch auch hier scheint in der Ruhe die Kraft zu liegen. Oder der Vorteil in der Institution Polizei, zu der ein entscheidender Hinweisgeber schließlich Vertrauen fasst. Gut zu verfolgen und angenehm zu lesen, Sommerunterhaltung für zwischendurch.

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