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Nadines_Buecher

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Veröffentlicht am 30.03.2020

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen

Die Tanzenden
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Ein fulminanter Roman über die Stärke der Frau, die persönliche Weiterentwicklung durch die Entdeckung des Hinterfragens von Einstellungen und Handlungen, das Fällen eigener Entscheidungen und der vielfachen ...

Ein fulminanter Roman über die Stärke der Frau, die persönliche Weiterentwicklung durch die Entdeckung des Hinterfragens von Einstellungen und Handlungen, das Fällen eigener Entscheidungen und der vielfachen Aufdeckung männlicher Schwächen, gedeckt durch ein von ihnen geschaffenes und genährtes Gesellschaftssystem. Im Mittelpunkt der Erzählung - neben einer ganzen Reihe von wundervollen und einzigartigen Frauen - die Pariser psychiatrische Klinik, um 1885 ein Ort, an dem unter anderem sogenannte Hysterikerinnen von der Gesellschaft oder ihren Familien, meist von männlichen Verwandten, im wahrsten Sinne entsorgt werden. Noch dazu führen aufstrebende Neurologen an ihnen unwürdige Experimente durch. Dies gern vor Publikum, um die Pariser Gesellschaft zu unterhalten und um sich dort einen Namen zu machen. Neuester Zugang der Salpetriere ist die junge Eugenie, denkendes und selbständiges Wesen, was allein schon Anstoß genug für ihren Vater ist, doch noch dazu suchen verstorbene Seelen sie als Medium auf. Ihr Verstand und ihre Überzeugungskraft lassen die nüchterne und medizinisch versierte Aufseherin Genevieve zum ersten Mal zweifeln; an ihrer Einstellung zum Glauben an Gott, an der Liebe ihres Vaters und am bisher von ihr fast idealisierten Prof. Charcot.
It's a man's world, zeigt die Autorin auch mit Sätzen wie "Ein Arzt denkt stets, er wüsste es besser als der Patient, und ein Mann denkt stets, er wüsste es besser als eine Frau.", uneingestandene Fehlbarkeit mit "Dass die Männer ihnen solche Grenzen aufgezwungen hatten, legte den Gedanken nahe, dass sie die Frauen nicht verachteten, sondern vielmehr fürchteten."
Durch den bunten Strauß an alten und jungen Frauen, die aus den unterschiedlichsten Gründen in die Psychiatrie gebracht wurden, und ihre sich im Verlauf des Romans teilweise verändernde Einstellung zu ihrer Situation und ihrem Verwahrungsort werden verschiedene Perspektiven gezeigt. Solche, die traurig stimmen, aber auch solche, die Hoffnung geben. Denn plötzlich hat vieles mit eigenen Entscheidungen zu tun.
Anmutig, eindringlich und sehr präzise beschreibt die Autorin ihre Figuren und Ereignisse. Sie wechselt elegant von der Vergangenheit für beschreibende Umstände in die Gegenwart, wenn wir eine der Protagonistinnen in einer Situation begleiten.
Der Titel, der Leichtigkeit suggeriert, für einen Roman, der so viel Tiefsinn und Nachdenkenswertes erhält, als Sinnbild für das Positive und die Verwandlungen, die die Geschichte tragen. Dies wird unterstrichen durch die pastelligen, zarten Farben des Bucheinbands und den gezeigten gefiederten Rock der dargestelten kopflosen Tanzenden, der auch haptisch hervorgehoben ist.
Für mich ein rundum gelungenes Werk!

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Veröffentlicht am 01.03.2020

Frauenrolle und Buchdruck im Mittelalter

Die Herrin der Lettern
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Eine Frau steht ihren Mann - und das im mittelalterlichen Tübingen als Leiterin einer Buchdruckerei. Nach dem Tod ihres Mannes, dem Buchdruckermeister der Stadt, steht Magdalena mit ihren fünf Kindern ...

Eine Frau steht ihren Mann - und das im mittelalterlichen Tübingen als Leiterin einer Buchdruckerei. Nach dem Tod ihres Mannes, dem Buchdruckermeister der Stadt, steht Magdalena mit ihren fünf Kindern vor der Herausforderung, sich in der Männerwelt der Stände, gegenüber dem sabotierenden Stiefsohn, rebellischer Gesellen, auf den eigenen Vorteil bedachter Handelspartner und sich andienender neuer Ehepartner mit Blick auf ein lukratives Geschäft sowie misstrauischen Mitbürgern auseinanderzusetzen. Dies vor dem Hintergrund mittelalterlicher Katastrophen wie Stadtbränden und der Pest, einem den politischen und religiösen Umbruch gerade konsolidierenden Baden-Württemberg, der Beschwerlichkeit und Gefahr von Reisen und von Lebensmittelknappheit in der geschilderten Epoche. Nichts wird ausgespart, so dass ein rundes Bild von Charakteren und Zeit entsteht, dass trotz der vielen Seiten des Buchs an keiner Stelle langweilig ist. Noch dazu lernt man einiges über den Buchdruck. Das Cover überzeugt und fasst zugleich den Inhalt der Lektüre sehr gut zusammen: Eine anpackende Dame mit hochgeschürzten Ärmeln, die Bücher trägt, hinter ihr Drucklettern und ein schön gesetzter Titel.

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Veröffentlicht am 01.03.2020

Lese- und Entdeckungsspaß

Einfach alles!
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14 Millionen Jahre Erdgeschichte auf 339 Seiten - dass eine solche Darstellung möglich ist, zeigt Historiker Christopher Lloyd erneut in einem Buch, diesmal aufbereitet für Kinder. So werden Geschichte ...

14 Millionen Jahre Erdgeschichte auf 339 Seiten - dass eine solche Darstellung möglich ist, zeigt Historiker Christopher Lloyd erneut in einem Buch, diesmal aufbereitet für Kinder. So werden Geschichte und Geschichten vom Urknall bis zur Klimaerwärmung, den Lebewesen auf der Erde, Hochkulturen, Erfindungen, Kriege und auch allerlei Grausames mit gut gewählten Bildern, Zeichnungen und Zitaten bunt und in angenehmer Sprache großartig dargestellt. Besonders schön, dass die Geschehnisse auf verschiedenen Erdteilen und ihre Konsequenzen miteinander in Beziehung gesetzt werden - etwas, was mir persönlich im Geschichtsunterricht immer fehlte. Studierte Historiker mögen die ein oder andere Unschärfe kritisieren, doch das Publikum ist hier eben ein anderes. Wenn das Buch Lust machen soll, etwas über die Erdgeschichte zu erfahren, dann ist dies fabelhaft gelungen. Schön die Ankündigung des Autors, dass ein weiteres Buch über die gezeigte Zeitspanne, "Einfach alles weitere", zu Musik, Literatur, weiteren berühmten und bekannten Persönlichkeiten usw. vorstellbar ist.

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Veröffentlicht am 01.03.2020

Psycho-Krimi: Annahmen und ihre Folgen

LITTLE LIES – Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht
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In der amerikanischen Provinz, einem durch die IT-Branche gerade wieder aufstrebenden Kleinstädtchen, wird eine Frau lebensgefährlich verletzt, die der Protagonistin und Ich-Erzählerin Leah Stevens ähnlich ...

In der amerikanischen Provinz, einem durch die IT-Branche gerade wieder aufstrebenden Kleinstädtchen, wird eine Frau lebensgefährlich verletzt, die der Protagonistin und Ich-Erzählerin Leah Stevens ähnlich sieht. Die geschasste Ex-Journalistin und Neu-Lehrerin ist sich sicher, dass der Schul-Coach sie gestalkt hat, folglich er die beiden Frauen verwechselt und somit für den Überfall verantwortlich ist. Während sich die Polizei mit dem Fall und damit auch mit Leah beschäftigt, läuft im Hintergrund ein typisches Szenario von ursprünglichen Städtern und Zugezogenen, die jeweils Partei ergreifen. Dies zeigt sich insbesondere auch an Leahs Schülerinnen und Schülern, ihren Reaktionen im Klassenraum. Nachdem kurz darauf Leahs Mitbewohnerin Emmy Grey verschwindet und Häppchenweise aus Leahs Journalisten-Vergangenheit und der Aktion, die sie beruflich zu Fall gebracht hat, erzählt wird, ist man sich plötzlich nicht mehr so sicher, ob Emmy tatsächlich eine real existierende Person oder ein Hirngespinst Leahs, vielleicht ihr Alter Ego ist. Obwohl Polizist Kyle ein Verhältnis mit Leah beginnt, wird aufgrund fehlender Spuren in jeglicher Richtung immer zweifelhafter, ob sie tatsächlich glaubwürdig ist. Also forscht Leah, ganz jagende und getriebene Journalistin, in Emmys, ihrer persönlichen und in ihrer journalistischen Vergangenheit nach, um sich über sich selbst klar zu werden. Schließlich folgt Erkenntnis auf Erkenntnis, Wendepunkt auf Wendepunkt - und der Psycho-Krimi wird zum Pageturner, da man wissen möchte, was zur Katharsis mit Showdown in der amerikanischen Provinz führte, und warum alles so kommen musste, wie es kam. Wahrheit und Objektivität, deren leichte Beeinflussbarkeit, sind großes Thema der Story.

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Veröffentlicht am 05.01.2020

Genau so ist sie, die erste Liebe

Sweet Sorrow
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David Nicholls nimmt uns mit - emotional und inhaltlich. Wir erleben den Beginn der ersten Liebe von Charlie Lewis, gerade mit der Schule fertig, perspektivlos, in jeder Hinsicht Mittelmaß, mit schwierigen ...

David Nicholls nimmt uns mit - emotional und inhaltlich. Wir erleben den Beginn der ersten Liebe von Charlie Lewis, gerade mit der Schule fertig, perspektivlos, in jeder Hinsicht Mittelmaß, mit schwierigen Familienverhältnissen und von Testosteron und Gewalt geprägten Jungsfreundschaften. Zufällig - oder sollte man von Schicksal sprechen - begegnet er auf der täglichen Flucht vor seinem depressiven Vater und den deprimierenden Verhältnissen zuhause Fran Fisher. Sie hat sich einem Theater-Workshop angeschlossen, soll die Hauptrolle in der Shakespeare-Aufführung - was kann es anderes sein als Romeo und Julia - spielen. Ist sie das Gegenstück zu Charlie, weil sie eine Privatschule besucht hat, ein nettes und unterstützendes Elternhaus hat und ihr aufgrund guter Noten die Berufswelt offensteht? Da Charlie Fran nicht aus dem Kopf geht, schließt er sich tatsächlich der Theatergruppe an. Auch wenn er täglich mit dem "ich geh' nicht mehr hin" kämpft. Ähnlich muss man bei der Lektüre mit den detaillierten Beschreibungen der Tage und Übungen des Workshops und Shakespeares Stück kämpfen. Bis man zu den eingeschobenen, erlösenden Zwischenkapiteln kommt, die uns einen Blick in Charlies Zukunft werfen lassen.
Schließlich kommt man zu dem Schluss, dass alles gut ist so wie es ist. Und das ist schön. Ein hoch auf die erste Liebe und unterstützende, bedingungslose Freundschaften, die das Beste aus dem Ich herausholen und Leben verändern können.
Das Cover mit der Sommerwiese und Schmetterlingen unterstützt das, ebenso wie der aus auf den ersten Blick gegensätzlichen Worten bestehende Titel.

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