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Nadines_Buecher

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.02.2019

Cool (bis auf das letzte Viertel)

Lola
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Lola - wer sie als Anhängsel des Drogengang-Bosses Garcia wähnt, hat weit gefehlt. Denn sie ist das Gehirn der Gang, die Strategin, diejenige, die sich noch dazu nicht scheut sich die Hände schmutzig zu ...

Lola - wer sie als Anhängsel des Drogengang-Bosses Garcia wähnt, hat weit gefehlt. Denn sie ist das Gehirn der Gang, die Strategin, diejenige, die sich noch dazu nicht scheut sich die Hände schmutzig zu machen, aufzuräumen. Seien es Mord oder mehr als drastische Zurechtweisungen der Mitglieder der eigenen Familie. Was die junge Latina hart gemacht hat wird schnell klar: Armut, Drogensucht, Missbrauch. Warum sie agiert wie sie es tut ebenfalls: Der Wille zu überleben, ein etwas besseres Leben zu haben, Kinder als Kinder aufwachsen zu sehen. Sie nutzt, was ihr gegeben wurde, womit sie sich auskennt - und gehört damit nicht zu den Guten. Eine weitere Protagonistin, die ambivalenter nicht sein könnte. Wir erleben sie über einen kurzen Zeitraum, lernen ihr lautes, zickiges, drogenbestimmtes, frittiertes, armes und resigniertes Umfeld kennen. Erzählerisch wird eine dichte, stimmige Athmosphäre präsentiert, so traurig und in Ansätzen hoffnungsfroh zugleich. Der Showdown jedoch ist zu verworren und maßlos übertrieben. Das ist dann doch ein wenig zu viel des Guten - oder Bösen. Schade, denn ansonsten ist die Story wirklich herzzerreißend schön, wie es auf dem Buchrücken zu lesen ist.

Veröffentlicht am 03.02.2019

Das Gehirn als Regisseur der Wahrheit

Das Echo der Wahrheit
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Wie auch in "Das Buch der Spiegel" sind hier subjektive und objektive Wahrheit die Protagonisten des Romans, das, was das menschliche Gehirn als Regisseur im Schnittraum der Erinnerung aus Eindrücken und ...

Wie auch in "Das Buch der Spiegel" sind hier subjektive und objektive Wahrheit die Protagonisten des Romans, das, was das menschliche Gehirn als Regisseur im Schnittraum der Erinnerung aus Eindrücken und Gefühlen als die einzige Wahrheit über eine Begebenheit zusammenfügt.
Schon der Klappentext verspricht einen Pageturner: Sterbender amerikanischer Millionär wendet sich an bekannten Psychiater, um mittels Hypnose herauszufinden, ob er in seiner Jugend eine schwere Straftat begangen hat, die sein Gehirn im damaligen Alkohol- und Drogenrausch ausgeblendet hatte. Nach dem Tod des wohltätigen und zurückgezogen lebenden Millionärs ist Dr. Cobb so gefesselt vom für ihn nicht gelösten Rätsel um Joshua Fleischer, Abraham Hale und Simone Duchamp, dass er den offensichtlichen Mord an der jungen Französin Simone weiter verfolgt. Er setzt einen Privatdetektiven auf den Fall an, der ihm vier weitere Perspektiven auf die Geschehnisse in Paris im Jahr 1976 ermöglicht. Durch die Tagebücher des aus der eigenen Sicht zu Unrecht in der Psychiatrie eingelieferte Jack Bertrand, einer damaligen Geliebten von Abe Hale, der besten Freundin von Simones Schwester Laura und offenbar von Laura selbst. Währenddessen entwirrt sich auch das Knäuel des Selbstmordes einer von Cobbs Patientinnen, ebenfalls durch das Spiel mit Perspektiven durch schriftliche Belege und Gespräche mit Personen aus dem Freundeskreis der jungen Julie, was Leben und Karriere des Psychiaters einschneidend aber dennoch bewusst verändert wird.
Hochinteressant, sehr gut gemacht. Deshalb konnte ich das Buch auch nicht weglegen, habe es am Stück durchgelesen. Im Gegensatz zum "Buch der Spiegel", das offenbar zeitlich nach dem ersten Entwurf dieses Romans entstand, wird man aus dieser Geschichte nicht mit frustrierenden losen Enden entlassen. Es gibt eine Auflösung, die eine weitere Perspektive, andere Motive zutage fördert. Allein die Übersetzung ist an einigen Stellen ein wenig sperrig (z.B. verabsäumen - ein heute eher wenig geläufiges Verb).
Das Cover kommt unauffällig daher, mit einer Schwarz-Weiß-Fotografie einer wahrscheinlich Pariser Gasse. Der Titel, in rot gesetzt, erregt jedoch Aufmerksamkeit. Der Name des Autors erst recht, wenn man "Das Buch der Spiegel" gelesen hat. Ich hätte mir gewünscht, nachdem ich das Buch zu Ende gelesen hatte, dass das Foto das Josh Dr. Cobb vermacht auf der Titelseite zu finden ist.

Veröffentlicht am 08.09.2018

Marionette im eigenen Leben

Wahrheit gegen Wahrheit
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Subjektive und objektive Wahrheit, Naivität und scheinbar blindes Vertrauen, das Gefühl, ausgetrickst worden zu sein, dies aber zum Wohle der Familie zu verdrängen - all das sind Motive des Kriminalromans, ...

Subjektive und objektive Wahrheit, Naivität und scheinbar blindes Vertrauen, das Gefühl, ausgetrickst worden zu sein, dies aber zum Wohle der Familie zu verdrängen - all das sind Motive des Kriminalromans, mehr ist es meiner Meinung nach nicht - der sich um die US-amerikanische Spionageabwehr-analystin Vivian und ihre Familie dreht. Als die vierfache Mutter das Foto ihres Mannes in einer russischen Schläferdatei entdeckt, bricht für sie eine Welt zusammen. Stück für Stück wird in Rückblenden klar, dass Matt nicht derjenige ist, für den er sich ausgibt, ihre Ehe darauf basiert, dass sie seine Zielperson war und er sie mehr als zehn Jahre geschickt manipuliert hat, um den amerikanischen Geheimdienst auszuspionieren. Matt ist ein wahrer Meister darin, Vivian emotional einzuwickeln, greift zu den drastischsten Mitteln. Ob er sie und die Kinder wirklich liebt, oder sie lediglich Mittel zum Zweck sind, bleibt nach einer drastischen Wendung schließlich weiterhin offen. Vivian möchte man wachrütteln, so nachvollziehbar ihre Gedankengänge auch sind. Doch schließlich ist Matt nicht der einzige, der sie austrickst, ihr gesamtes Umfeld scheint ein Minenfeld. Schade, dass ihre Eltern nicht genauer hinterfragen, warum Matt nach seinem Verschwinden einfach so wieder auftaucht - hat er sie bedroht? - und nicht umgesetzt wird, was es mit den Nachbarn, bei denen ab und an eine Putzkolonnen auftaucht, von denen man fast erwartet dass sie auch vom Geheimdienst sind, warum sonst sollte Matt auf gerade das ausgewählte Haus bestanden haben, auf sich hat. Auf jeden Fall hinterlässt die Story ein seltsames Gefühl, und auch Bedauern für Vivian, die so sehr Marionette im eigenen Leben ist, ohne eine Chance den Klauen der Geheimdienste zu entkommen.
Das Cover mit den russischen Sternen ist fast ein wenig zu harmlos gewählt für den psychologisch fein gesponnenen Krimi.

Veröffentlicht am 08.09.2018

Seltsamer Killerinstinkt

Ed ist tot
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Damit hatte ich nicht gerechnet. Mit schwarzem Humor und einer Menge Ironie - ja -, aber nicht damit, dass plötzlich sieben (?) Morde auf Buchhändlerin Jens Konto gehen, und sie ob der Tatsache tatsächlich ...

Damit hatte ich nicht gerechnet. Mit schwarzem Humor und einer Menge Ironie - ja -, aber nicht damit, dass plötzlich sieben (?) Morde auf Buchhändlerin Jens Konto gehen, und sie ob der Tatsache tatsächlich nicht wirklich mit der Wimper zuckt, sondern immer schön mit der Rettung des eigenen Lebens argumentiert. Sogar der Detective, der zwar eigene Ziele verfolgt um den Glasgower Obergangster endlich zur Strecke zu bringen, hat Verständnis für sie. Wohl als Gegenleistung dafür, dass er sie für seine Zwecke auch mal eben so geopfert hätte. Was bleibt: Jen ist an all dem selbst schuld. Ab und an mag man sich die Frage stellen, was man selbst in dieser Situation getan hätte. Unterm Strich dasselbe? Hm... Irgendwie versöhnt mich das nicht mit der Antiheldin, die schon mehr mit Lisbeth Salander gemeinsam hat, als sie meint.
Grandios sind die einzelnen Teile des Buches, benannt nach bekannten Romanen und Thrillern und die vielen Literaturzitate, die Jen anbringt oder ihr durch den Kopf gehen - ganz die belesene Buchhändlerin eben.
Wer's verwirrend mag, wird den Roman verschlingen.

Veröffentlicht am 08.09.2018

Lahme Gäule - mit gekonnten Szenenwechseln

Slow Horses
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Lahme Gäule – Aufbewahrungsanstalt für Agentinnen und Agenten des MI5, die sich einen dienstlichen Lapsus erlaubt haben und solchen, die von ihren Chefs entsorgt wurden. Dort landet auch der eigentlich ...

Lahme Gäule – Aufbewahrungsanstalt für Agentinnen und Agenten des MI5, die sich einen dienstlichen Lapsus erlaubt haben und solchen, die von ihren Chefs entsorgt wurden. Dort landet auch der eigentlich vielversprechende Agent River Cartwright. Als ein weiterer Frustrierter unter frustrierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geht er Routineaufgaben nach. Bis die Entführung eines pakistanischen Jugendlichen, der live im Internet enthauptet werden soll, angekündigt wird. Plötzlich beginnen ungeahnte Kräfte im Team von Jackson Lamb zu wirken, und interne Machenschaften des Secret Service kommen an die Oberfläche, die Tote fordern.

Was einen großen Teil der Spannung des Agenten-Thrillers um eine vermeintlich lahme Truppe an Aussortierten ausmacht, sind die Szenenwechsel innerhalb eines Kapitels. Der Kunstgriff besteht darin, die ersten Sätze eines neuen Abschnitts so zu formulieren, dass man sich vermeintlich noch in der vorangegangenen Szene befindet. Das ist sehr gut gelungen und macht die Story zum Pageturner.