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Nadines_Buecher

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.01.2017

Tana French nach meinem Geschmack

Gefrorener Schrei
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Nach dem doch sehr auf eine mystische Teenager-Geschichte ausgelegten „Geheimen Ort“ wieder ein Tana French-Kriminalroman nach meinem Geschmack. Diesmal erzählt die Kommissarin Antoinette Conway die Story. ...

Nach dem doch sehr auf eine mystische Teenager-Geschichte ausgelegten „Geheimen Ort“ wieder ein Tana French-Kriminalroman nach meinem Geschmack. Diesmal erzählt die Kommissarin Antoinette Conway die Story. Sie arbeitet nun mit Stephen Moran als Partner in der Mordkommission Dublin zusammen, der ihr beim letzten Fall im Mädchen-Internat als Helferlein zugeteilt war und aus der Ich-Perspektive erzählte. Wieder gefällt mir im Fall um eine junge Frau, die top gestylt in ihrem Vorzeige-Cottage ermordet aufgefunden wird die Vielschichtigkeit der Erzählung: Bekannte Ermittler, sprich Kollegen, aus den Vorgänger-Romanen tauchen auf oder es wird von ihnen berichtet, die Ich-Erzählerin lässt uns an ihrem Privatleben und ihrem Dilemma als Frau in der Männerdomäne Mordkommission, ihren Selbstzweifeln und Entscheidungen – egal ob für Leserin und Leser nachvollziehbar oder nicht – teilhaben, dem Partner mit seinen Eigenheiten – hier Stephens „Phantastereien“ bezüglich möglicher Täter – ebenso viel Raum gegeben wird wie der erzählenden Protagonisten, und dass die Ermittler sich irren dürfen, bis sie das ebenfalls vielschichtige Puzzle zur Lösung des Falls – die nicht immer zufriedenstellend und gefällig für die Ermittelnden und die Leserinnen und Leser ausfallen muss – zusammengesetzt haben.

Tana Frenchs Erzählstil begeistert mich ohnehin, führt dazu, dass ich ihre Kriminalromane nur sehr schlecht weglegen kann, denn ich muss wissen, was als nächstes passieren wird. Wenn man sich in und um Dublin ein wenig auskennt, bereiten die Ortsbeschreibungen besondere Freude. Das Cover des Buchs ist diesmal vergleichsweise hell geraten im Vergleich zu den Vorgängerbänden, durch den Friedhofsengel und den bewölkten Himmel wird jedoch wieder eine düstere Atmosphäre hervorgerufen. Allein der schrill pinkfarbene Titel stört – soll er auf die Tote Aislinn hinweisen? Dennoch wird auch bei dieser Farbwahl auf die vorangegangenen Bücher hingewiesen, bei denen es allerdings der Name der Autorin war, der mit einer lauten Farbe hervorgehoben wurde.

Veröffentlicht am 04.01.2017

Grauzone Selbstjustiz

Wer Furcht sät
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Ein Kriminalroman, der die Vielschichtigkeit von Selbstjustiz thematisiert: In seinem dritten Fall erlebt der Londoner DC Max Wolfe selbst, wie schnell man – gedanklich aber auch in die Tat umgesetzt – ...

Ein Kriminalroman, der die Vielschichtigkeit von Selbstjustiz thematisiert: In seinem dritten Fall erlebt der Londoner DC Max Wolfe selbst, wie schnell man – gedanklich aber auch in die Tat umgesetzt – selbst in die Grauzone der Selbstjustiz geraten kann, dabei seine Rolle als moralisch handelnder Mensch und gesetzestreuer Polizist hinterfragen muss und beide unter Umständen aus persönlicher Betroffenheit heraus nur noch schwierig miteinander vereinbaren kann. Ebenso muss Max sich die Frage gefallen lassen, inwiefern und mit welchem Recht er diejenigen verurteilen darf, die eine andere Meinung dazu haben und sich damit auseinandersetzen, ob Menschen die anderen Gewalt angetan und ihnen physisch aber auch psychisch das Leben genommen haben, als Betroffene und Opfer kein Recht auf Trauer und Rachegedanken haben dürfen.
Viele der im Roman handelnden Personen lernt Leserin und Leser als beim Thema Selbstjustiz zwiegespalten kennen – einmal mehr, einmal weniger nachvollziehbar, aus persönlicher Betroffenheit heraus oder berufsbedingt motiviert. Je nach Charakterisierung durch den Autor wird das persönliche Motiv einmal mehr, einmal weniger nachvollziehbar dargestellt.
Insgesamt ein Kriminalroman, dessen Story „angenehm“ zu lesen ist. Die Wendung zum Ende hin kam für mich überraschend, deshalb empfinde ich sie als großen Pluspunkt des Kriminalfalls. Lediglich die Liebelei zwischen Max und der (verheirateten) Stimmspezialistin Tara – gut, sie unterstreicht die Einsamkeit des allein erziehenden Max –, die vielen fast schon belehrend wirkenden Wiederholungen des Autors – so lange ist der Roman nicht, als dass man z.B. ständig daran erinnert werden muss, wie ordentlich Kollege Caine vom Black Museum ist –, und die Tatsache, dass scheinbar nur ein Mann bzw. zwei Männer um das Geheimnis des Gerichtsgebäudes wissen, hätten mir nicht gefehlt für eine runde Handlung.
Das Cover des Buchs ist im Stile der ersten beiden Max Wolfe-Fälle gestaltet, es zeigt diesmal in Blau- und Schwarztönen den Kill Room, in dem der Club der Henker seine Urteile vollstreckt.

Veröffentlicht am 20.11.2016

Krimi + Milieustudie = erfrischend anders

I.Q.
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Sherlock Holmes und Dr. Watson einmal anders, in vielerlei Hinsicht mehr als anders. Doch nicht ohne Reiz in der vorgestellten Kombination. Zwei junge Schwarze, die sich während der Schulzeit kennenlernen, ...

Sherlock Holmes und Dr. Watson einmal anders, in vielerlei Hinsicht mehr als anders. Doch nicht ohne Reiz in der vorgestellten Kombination. Zwei junge Schwarze, die sich während der Schulzeit kennenlernen, weil der hochbegabte Isaiah jemanden braucht, der die Hälfte seiner Miete finanziert. Dodson, ein kleiner Drogendealer, ist damit notwendiges Übel. Jahre später, das Schicksal hat die beiden untrennbar miteinander verbunden, auch wenn sie sich aus dem Weg gehen, übernimmt Isaiah als Detektiv kleine Fälle aus der Nachbarschaft, während Dodson als windiger Geschäftsmann tätig ist. Als der Rapper Black the Knife beinahe von einem hochgezüchteten Pitbull zu Tode gehetzt wird, bringt Dodson Isaiah als Ermittler ins Spiel. Neben der halbseidenen, durch Verschwendungssucht geprägten Welt erfolgreicher Gangster-Rapper wird ein Einblick gewährt - durch Flashbacks in die Zeit, als Isaiah und Dodson miteinander unterwegs waren, durch einen Fall dessen Aufklärung Isasiah besonders am Herzen liegt und Rettungsaktionen, die uns zeigen was der Detektiv alles auf dem Kasten aber auch im Werkzeugkasten hat - in die Welt der Bandenkriege zwischen Schwarzen und Lationos, Banden und Drogendealern, perspektivlosen Jungen und Mädchen sowie dem Leben am Rande der Legalität.
Sicherlich ist das Buch kein Thriller, auch wenn tierische Kampfmaschinen eine Rolle spielen. Dennoch wird spannend und Spannung erzeugend erzählt, temporeich aber auch informativ was die Charaktere betrifft berichtet. Glücklicherweise sind am Ende nicht alle Fälle gelöst, wir haben nicht alles über Isaiah und Dodson erfahren, so dass weitere Krimi-Bände mit den beiden Protagonisten im Stile eines Haupterzählstrangs mit Rückblicken in ihre Vergangenheit möglich sind. Ich würde mich freuen, mehr vom Duo aus den Hoods zu lesen.

Veröffentlicht am 14.11.2016

Witzig verpackt: Die Generation Underpayed schlägt zurück

Die Assistentinnen
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Tina Fontana, 30 Jahre alt, Universitätsabschluss, Wohnung in New York, tätig in der Medienbranche – die Frau hat’s geschafft, möchte man meinen. Doch der Schein trügt: Zwar hat sich Tina aus mehr als ...

Tina Fontana, 30 Jahre alt, Universitätsabschluss, Wohnung in New York, tätig in der Medienbranche – die Frau hat’s geschafft, möchte man meinen. Doch der Schein trügt: Zwar hat sich Tina aus mehr als bescheidenen Verhältnissen hochgearbeitet, doch ihr Uni-Abschluss hat ihr gerade mal zu einem Job als Assistentin des Medienmoguls Robert Barlow verholfen, in dem sie chronisch unterfordert und bitter unterbezahlt ist, so dass es gerade mal für die Miete eines Wohnklos ausreicht und der noch abzubezahlende Studienkredit über ihr schwebt wie ein Damoklesschwert. Noch dazu ist Tina Einzelgängerin, lebt mit ihrem ironischen, sarkastischen, intellektuellen Humor vor sich hin. Bis ihr ein Zufall die Tilgung ihres Studienkredits auf einen Schlag ermöglicht – doch der Zufall macht Tina zur Betrügerin, zu derjenigen, die Geld ihres Arbeitgebers unterschlägt. Die vermeintlich toughe Karrierefrau Emily kommt dahinter, und schon verselbständigt sich das, was Tina ihrem potentiellen Freund und Arbeitskollegen Kevin aus der Not heraus als „soziales Projekt“ verkauft. Nicht nur kommt Tina immer wieder ihr Gewissen in die Quere, sondern auch ihre Loyalität zu ihrem Chef. Bis sich all das, was sie als seine Masche zur Ausschaltung seiner Gegner kennengelernt hat, plötzlich gegen sie eingesetzt wird. Kommt Tina mit oder trotz ihres „Verschwörerinnen-Kreises“ - oder sind es am Ende doch sowas wie Freundinnen - heil aus der Sache heraus?
Zum Lesespaß werden die vielen literarischen und Serien-Zitate, die Tina loslässt. Ebenso wie der Kniff, die Lesenden direkt anzusprechen und rhetorische Fragen zu stellen. Außerdem sind unheimlich viele Slapstick-Elemente im Buch enthalten, aber auch tröstliche und herzzerreißende Momente, in denen man die Protagonistin entweder gerne umarmen oder auch mal anschreien möchte. Die Charaktere sind interessant gestaltet – teilweise klischeehaft, aber auch hin und wieder tiefsinnig.
Das Cover finde ich interessant mit den beiden roten Damen im Assistentinnen-Look, die in die andere Richtung laufen als ihre ameisenblauen Kolleginnen. Auch wenn Tina und Emily anders beschrieben werden, so stehen die roten Damen doch für die beiden Mädels.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Gefühl
  • Lesespass
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 14.11.2016

Russisches Ballett, geniale Künstler, zwei Weltkriege

Die Schwester des Tänzers
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Ein historischer Roman, der das Russland vor und nach dem Ersten und unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg aus Sicht zweier Generationen einer Tänzerfamilie nachzeichnet: Unterwerfung des Körpers und eiserne ...

Ein historischer Roman, der das Russland vor und nach dem Ersten und unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg aus Sicht zweier Generationen einer Tänzerfamilie nachzeichnet: Unterwerfung des Körpers und eiserne Disziplin, Genie und Wahnsinn, Liebe und Verrat, klassisches und neues Ballett, Armut und Reichtum, starke Willen und schwache Momente.
Ein Roman über eine Frau - Bronia - und ihr Leben neben einem genialen Bruder, die ihren eigenen Weg mit und durch ihn im Tanz findet, damit selbst eine interessante Persönlichkeit ist. Ihr Leben als Tänzerin, Schicksalsschläge einer Frau die sie erlebt und zwei Weltkriege, in denen sie das was sie gerade "Zuhause" nennt immer wieder verlassen muss, zuallererst und immer wieder ihre Heimat Russland.
Eine detaillierte Erzählung mit runden Charakteren und vielen Bekannten: z.B. Olga aus Madame Picasso, der Maler Bakst, über den Marc Chagall in seiner Biografie spricht. Die Autorin übertrifft sich wieder selbst was Recherche und Fiktion betrifft, um ein interessantes, vielschichtiges, unterhaltsames Werk vorzulegen.