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Veröffentlicht am 16.03.2021

Beeindruckend, aber etwas fehlt

Klara und die Sonne
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Klara ist eine KF, also eine künstliche Intelligenz, die geschaffen wurde, um einem Kind eine Begleiterin und gute Freundin zu sein. Tag ein, Tag aus wartet sie in ihrem Laden darauf, von einer Familie ...

Klara ist eine KF, also eine künstliche Intelligenz, die geschaffen wurde, um einem Kind eine Begleiterin und gute Freundin zu sein. Tag ein, Tag aus wartet sie in ihrem Laden darauf, von einer Familie ausgewählt und mitgenommen zu werden. Als die junge Josie am Schaufenster auftaucht, ist Klaras Hoffnung groß. Doch eines hat sie bereits von der Ladenmanagerin gelernt: Kinder geben viele Versprechen, halten aber die wenigsten von ihnen.

In seinem neuen Roman „Klara und die Sonne“ erzählt der Literaturnobelpreisträger Kazuo Ishiguro die Handlung aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel. Klara ist eine künstliche Lebensform, im Prinzip ein Roboter, der nur für einen Zweck geschaffen wurde. Demzufolge bewegen sich ihre Gedanken nicht in menschlichen Bahnen, besonders Emotionen kann sie nur schwer einschätzen. Im Gegenzug kann sie andere Dinge in jedem Detail wahrnehmen, so zum Beispiel die Stimme und Art zu sprechen, den Gang, ja die ganze Persönlichkeit „ihres“ Kindes – eine Fähigkeit, die andere sich bald zu Nutzen machen wollen.

Dem Autor gelingt es auf beeindruckende Weise, die eigentlich unmenschliche KI und die Menschen in ihrer Umgebung gegenüber zu stellen. Dabei zeigt sich schnell, dass die Definitionen sich verschieben und miteinander verschwimmen. Nicht jedes menschliche Wesen ist ehrlich und hat für Josie nur das Beste im Sinn. Umgekehrt bedeutet Klaras Künstlichkeit nicht, dass sie nicht eine echte Bindung zu „ihrem“ Kind aufbauen und Gefühle wie Enttäuschung und Eifersucht entwickeln kann.

Obwohl ich im Grundsatz von der Handlung und Erzahlweise begeistert bin, fehlt mir am Ende etwas. Möglicherweise liegt das am Verlauf der Geschichte, der mich nicht völlig überzeugen konnte. Oder vielleicht auch daran, dass ich zu keinem der menschlichen Charaktere eine Beziehung aufbauen konnte? Zu Klara gelang das schon eher, aber es ist schwer, am Schicksal einer Figur teilzuhaben, die selbst alles für sie Vorbestimmte so freudig und ergeben hinnimmt. Immerhin gelingt es dem Roman aber, dass ich endlich etwas angehen möchte, was ich mir schon lange vorgenommen habe: weitere Werke von Kazuo Ishiguro zu lesen!

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Veröffentlicht am 13.03.2021

Bester Zimmerpflanzenratgeber seit langem

Grünes Zuhause
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Ich gestehe: Ich horte Zimmerpflanzen. Und dank dieser Obsession sehe ich mir eigentlich jede Neuerscheinung in diesem Bereich an. Zumeist enthalten die Werke dann die immer gleichen Tipps und Standardpflanzen. ...

Ich gestehe: Ich horte Zimmerpflanzen. Und dank dieser Obsession sehe ich mir eigentlich jede Neuerscheinung in diesem Bereich an. Zumeist enthalten die Werke dann die immer gleichen Tipps und Standardpflanzen. Daher war ich sehr überrascht, als ich Darryl Chengs „Grünes Zuhause“ zum ersten Mal durchblätterte. Der Hobbygärtner und Fotograf, der auf Instagram unter @houseplantjournal seine eigenen Erfahrungen und Fotos seines Dschungels teilt, verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Die Bedürfnisse der einzelnen Pflanzenarten sowie ein Gleichgewicht aus Licht, Wasser und Nährstoffen sind für ihn existenziell.

Der normalerweise recht kurz gehaltene Basisteil zur richtigen Pflege von Zimmerpflanzen umfasst bei Darryl Cheng über 100 Seiten und damit etwa die Hälfte des Buches. Noch in keinen anderen Sachbuch habe ich eine so gute Balance aus verständlichen Texten, ansprechenden Fotos und erläuternden Skizzen gefunden. Besonders sein Kapitel zum Thema „Licht“ war hochinteressant. Endlich erklärt jemand anschaulich, wie man die Lichtverhältnisse eines Raumes ermittelt und somit feststellt, für welche Pflanzen welcher Standort geeignet ist. Er ersetzt dabei die Frage „Wie hell ist dieser Raum?“ durch „Was sieht meine Pflanze?“ und liefert in der Kombination mit Beleuchtungsmessung eine aussagekräftige Tabelle zum Nachschlagen.

Auch das Thema „Substrat“, wie man es selbst mischen und die richtige Kapazität zur Wasserspeicherung schaffen kann, wird hier ebenso ausgiebig betrachtet, wie das richtige Gießen selbst. Darüber hinaus erklärt der Autor auch, wie man Stecklinge schneidet, Pflanzen umtopft und Schädlinge wieder loswird; immer mit erklärenden Fotos. Außerdem gibt er Tipps für den Pflanzenkauf und das, seiner Meinung nach, notwendige Zubehör für Pflanzeneltern.

Im zweiten Teil stellt Darryl Cheng schließlich eine Reihe von Pflanzen vor und berichtet von seinen Erfahrungen mit eben dieser Art in der Praxis. Hier sind neben Dauerbrennern wie Efeutute und Monstera, auch unbekanntere Arten vertreten. Für wen ist dieses Buch also geeignet? Die Pflegehinweise liefern sowohl für Anfänger als auch für Profis jede Menge gute und wichtige Basisinformationen, in dieser Hinsicht ist das Buch umfassend und vollkommen ausreichend. Wer sich jedoch einen Überblick über alle Zimmerpflanzenarten verschaffen will, sollte sich zusätzlich noch ein entsprechendes Lexikon zulegen. Beides kann (und muss) „Grünes Zuhause“ nicht leisten.

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Veröffentlicht am 11.03.2021

Spannende Jugendfantasy in asiatischem Setting

Die Clans von Tokito – Lotus und Tiger
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Das Leben in Tokito wird durch die Clans bestimmt. Nur wer einem der sechs bestehenden angehört, kann sich einigermaßen sicher durch die Stadt bewegen. Die hitzköpfige Erin hat gerade ihren Job beim Lotus-Clan ...

Das Leben in Tokito wird durch die Clans bestimmt. Nur wer einem der sechs bestehenden angehört, kann sich einigermaßen sicher durch die Stadt bewegen. Die hitzköpfige Erin hat gerade ihren Job beim Lotus-Clan verloren und ist somit schutzlos. Als sie am hellichten Tag auf der Straße entführt wird, kann sie nur durch eines ihr Leben retten: ein Pakt mit dem Distelkönig, einem finsteren Dämon. Der verhilft ihr zwar zu ungeheuren Kräften, versucht aber auf der anderen Seite auch ständig, sie aus ihrem eigenen Körper zu drängen. (Und Schweigen ist auch nicht unbedingt seine starke Seite.) Als sich in Tokito schließlich eine ganze Mordserie ereignet, will Erin unbedingt mehr herausfinden und stößt dabei auf Unglaubliches.

In „Die Clans von Tokito. Lotus und Tiger“ erschafft Caroline Brinkmann eine faszinierende Fantasywelt in asiatisch geprägtem Setting. Die Idee der unterschiedlichen Clans ist spannend und wirkt gut durchdacht. Ein Highlight sind jedoch vor allem ihre eigenwilligen, aber sympathischen Charaktere, die die Handlung tragen und vorantreiben. Erin ist mutig und kämpferisch und setzt einen angenehmen Gegenpunkt zum üblichen weiblichen Klischee; zumal, wenn man den Mann (Mikko) an ihrer Seite betrachtet, der auf den ersten Blick eher Bücherwurm als Krieger zu sein scheint. Darüber hinaus spielen noch Ryanne, eine Freundin von Erin und Mikko, und Außenseiter Kiran eine Rolle, der mit seinem Meister und seiner Mitschülerin ebenfalls die Morde untersucht.

Ich gebe zu: Jugendfantasy hat es schwer, mich zu überzeugen. Aber Caroline Brinkmann ist es absolut gelungen – noch schöner, dass sie eine deutschsprachige Autorin ist. Ihr Schreibstil ist kurzweilig und spannend, der Aufbau der Handlung und die Ausgestaltung der Charaktere erfrischend und unterhaltsam. Wenn ich überhaupt etwas zu kritisieren habe, dann die Tatsache, dass im letzten Drittel der Geschichte gefühlt alles auf einmal passiert. Hier hätte sich die Autorin gerne noch etwas mehr Zeit nehmen können.

Und über einen weiteren Band wäre ich übrigens auch nicht böse. Die Handlung in diesem ist allerdings in sich abgeschlossen.

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Veröffentlicht am 07.03.2021

Wunderbare Reihe für groß und klein

Das Museum des Meeres
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71 Prozent der Erde sind von Wasser bedeckt, aus dem Weltall erscheint sie als der „Blaue Planet“ – damit sind die Ozeane der größte Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Und obwohl sie für das Klima, unser ...

71 Prozent der Erde sind von Wasser bedeckt, aus dem Weltall erscheint sie als der „Blaue Planet“ – damit sind die Ozeane der größte Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Und obwohl sie für das Klima, unser Wetter, unseren Sauerstoff und somit unsere gesamte Existenz einen unschätzbaren Wert haben, sind große Teile davon immer noch unerforscht. Diesem wunderbaren Lebensraum widmet sich der Prestel Verlag nun mit seinem neusten Band aus der erfolgreichen Junior-Reihe und präsentiert uns „Das Museum des Meeres“.

Die Gestaltung des Buches schließt sich an die bereits vorangegangenen Bände an. Im großen Format von 27 mal 37 Zentimetern findet sich alles, was kleine und große Naturforscher über die Ozeane wissen möchten. Wie durch ein reales Museum führt uns die Autorin, Meeresbiologin Loveday Trinick, durch die einzelnen Säle, beginnend mit einer kurzen Einführung, dann einem Durchgang durch alle am und im Meer lebenden Spezies und endend mit einem Kapitel über das Weltmeer und seinen Bezug zum Menschen.

Im Mittelpunkt stehen jedoch eindeutig die Illustrationen von Teagan White, liebevoll und detailgetreu gezeichnet in Gouache oder Aquarell. Diese nehmen mal eine Seite, mal die ganze Doppelseite ein und laden dazu ein, es sich mit dem Buch auf dem Fußboden bequem zu machen und stundenlang zu schmökern. Durch die entsprechende Bindung bleibt es dabei von selbst offen liegen; ein weiterer Pluspunkt ist die Tatsache, dass „Das Museum des Meeres“ klimaneutral produziert wurde.

Ich bin ein großer Fan der Reihe und besitze auch schon den Band über die Pflanzenwelt. Mit der liebevollen Aufmachung und den verständlichen, aber dennoch sehr inhaltsvollen Texten beweist der Verlag, dass Sachliteratur für Kinder nicht simpel und schmucklos sein muss. Zudem scheint es mir in Zeiten einer weltweiten Pandemie, in denen die Museen geschlossen sind, eine wunderschöne Alternative, Kindern ihre Umwelt nahezubringen – in der Hoffnung, dass das bald durch einen realen Museumsbesuch ergänzt werden kann.

Bitte noch viel mehr Bände dieser wunderbaren Reihe.

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Veröffentlicht am 05.03.2021

Liebesgeschichte zweier Außenseiter

Die Katzen von Shinjuku
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Yama ist Mitte zwanzig und arbeitet als Fernsehautor. Bisher hat er in diesem Beruf nicht besonders viel erreicht und wird daher von seinem Chef schikaniert. Eines Abends findet er durch Zufall seinen ...

Yama ist Mitte zwanzig und arbeitet als Fernsehautor. Bisher hat er in diesem Beruf nicht besonders viel erreicht und wird daher von seinem Chef schikaniert. Eines Abends findet er durch Zufall seinen Weg in eine Bar namens Karinka in Shinjuku – einem der belebtesten Viertel Tokios. Dort begegnet er einer Reihe seltsamer Gäste sowie der schweigsamen Kellnerin Yume. Nach und nach wird Yama zum Stammgast und erfährt nicht nur mehr über die streunenden Katzen, die stets am Fenster der Bar auftauchen, sondern auch über Yume. Die beiden nähern sich einander an, bis mehrere Ereignisse drohen, die zarten Bande der beiden wieder zu durchtrennen.

Durian Sukegawa gehört eindeutig zu meinen liebsten japanischen Autoren. Sein Roman „Kirschblüten und rote Bohnen“ hat mich sehr berührt und auch in „Die Katzen von Shinjuku“ beweist er, dass er ein Händchen für Charaktere hat. Yama und Yume sind beide Außenseiter und haben es schwer, sich in der Gesellschaft einzufinden. Körperliche Einschränkungen erschweren bei beiden die Lage noch zusätzlich. Während Yama hauptsächlich unter seinem erfolglosen Berufsleben leidet, scheinen Yumes Probleme sich auf etwas Persönliches in ihrer Vergangenheit zu beziehen. Vereint werden die beiden schließlich durch ihre Sorge für die streunenden Katzen des Viertels und ihre Liebe zur Poesie.

Der Autor erzählt unaufgeregt, aber eindringlich die Liebesgeschichte seiner Protagonisten aus dem Blickwinkel vom Yama. Dabei gewährt er auch einen Einblick in japanische Lebenswirklichkeiten wie den immerwährenden Druck im Arbeitsalltag oder die Situation alleinstehender Frauen. Große Teile des Romans gefielen mir dabei grundsätzlich sehr gut, bis die Handlung zu einem späteren Zeitpunkt eine bestimmte Wendung nahm. Mir ist klar, was Durian Sukegawa mit diesem Bruch bewirken wollte und das ist ihm sicherlich auch gelungen. Dennoch kann ich nicht verhindern, dass ich mir einen anderen Fokus gewünscht hätte und auch leicht frustriert über den weiteren Verlauf der Handlung war.

Fazit: Wieder ein schöner Roman aus Sukegawas Feder, aber nicht sein Bester

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