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Veröffentlicht am 11.09.2022

Unterhaltsam, aber zu viele Autor*innen-Comics

Dein Bücherregal verrät dich
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Ein Comic-Buch von einem Bücherwurm für Bücherwürmer, das viele fun facts und auch unangenehme Wahrheiten verspricht? Sign me up!

Wie erwartet habe ich mich in vielen Comics wiedererkannt – zum Beispiel ...

Ein Comic-Buch von einem Bücherwurm für Bücherwürmer, das viele fun facts und auch unangenehme Wahrheiten verspricht? Sign me up!

Wie erwartet habe ich mich in vielen Comics wiedererkannt – zum Beispiel wie nach einem großangelegten Aufräumtag plötzlich wieder viele neue Bücher fast unbemerkt in den Regalen landen oder wie ich beim ersten Besuch in einer anderen Wohnung immer das Bücherregal scanne – und oft schmunzeln oder sogar lachen müssen. Dein Bücherregal verrät dich hat mir einige Wochen lang die Wartezeit im Waschsalon versüßt.

Es gibt allerdings auch viele Strips, mit denen ich nichts anfangen konnte, da sie sich nur an Autor*innen richten und solche Menschen, die schreiben wollen. Daran ist erst einmal nichts verkehrt, auf diese Weise können viele Gruppen an Dein Bücherregal verrät dich Freude finden. Ich habe diese Abschnitte allerdings oft nicht vollständig nachempfinden können und deshalb auch mal ein, zwei Seiten überblättert.

Manche Witze funktionieren leider nur auf Englisch so richtig gut, was in der deutschen Übersetzung merkwürdig klingt. Deshalb ein großes Lob an die Übersetzerin Sophia Lindsey und den Verlag (von wem auch immer die Entscheidung getroffen wurde), die an den Seitenrand entsprechende Hinweise gesetzt hat!

Der einfache, aber ausdrucksstarke Zeichenstil ist sehr nett fürs Auge. Man entdeckt viele Details, manche muss man auch erst länger suchen, und trotzdem wirken die einzelnen Panels nicht überladen. Es ist nicht mein Lieblingsstil, aber die Zeichnungen sind sehr effektiv und passen zum Erzählten.

Einige Bilder und Comics gefielen mir so gut, dass ich sie an Freunde und Familie geschickt habe, um die Freude zu teilen, und als Reaktion habe ich ähnliche Erheiterung zurückbekommen. Allerdings hätten 20 Seiten weniger dem Buch gut getan: es gibt einige Comics, die mir wie “Seitenfüller” vorkommen, die einfach nicht so witzig sind wie der Rest und den Anschein erwecken, dass man die 128 Seiten unbedingt voll bekommen wollte. Wenn ein paar Seiten gestrichen worden wären, gäbe es nicht so viele meh-Comics, die man eher überblättert als Freude daran hat, und das Ergebnis wäre eine zwar etwas knappere, aber bessere Auswahl an Comics.

Ein tolles i-Tüpfelchen ist das Cut-Out-Cover: Durch eine Lücke im Bücherregal des Covers schaut eine Figur der ersten Seite die Lesenden an, bevor das Buch überhaupt aufgeschlagen wurde. Clevere Idee!
Der Originaltitel I Will Judge You by Your Bookshelf gefällt mir übrigens besser als der deutsche Titel Dein Bücherregal verrät dich.

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Veröffentlicht am 15.06.2022

Eine neue Pandemie, aber mit Genmutation und umgekehrter Evolution ...

Das Steinzeit-Virus
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Thriller lese ich sehr selten. Aber irgendwas im Klappentext von Das Steinzeit-Virus hat bei mir genug Neugier erzeugt, um zumindest mal hineinlesen zu wollen. Nun: ich war sechs Stunden beschäftigt und ...

Thriller lese ich sehr selten. Aber irgendwas im Klappentext von Das Steinzeit-Virus hat bei mir genug Neugier erzeugt, um zumindest mal hineinlesen zu wollen. Nun: ich war sechs Stunden beschäftigt und habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen …

[Klappentext]


Interessante wissenschaftliche Handlung

In diesem Thriller habe ich Wissenschaft erwartet, schließlich geht es um eine Pandemie, in der ein Virus die Evolution umkehrt. Medizin, Forschung, Biologie – logisch, dass solche Elemente im Zentrum der Handlung stehen. Was mich überrascht hat (rückblickend hätte ich aber wirklich damit rechnen können) war die Rolle, die die Politik für die Handlung spielt. Weltorganisationen und lokale politische Akteure kämpfen mindestens verbal gegeneinander, während sie gemeinsam versuchen das Virus in den Griff zu bekommen. Besonders die Entscheidungsfindung auf hoher politischer Ebene wird komplex und frustrierend dargestellt – sehr realitätsnah, würde ich sagen.

Von tragender Bedeutung ist die Paläontologie, was der Wirkung des Steinzeit- Virus zu verdanken ist. Ein faszinierendes Konzept, finde ich: umgekehrte Evolution im Zeitraffer. Das ist es auch, was mich nach dem Buch hat greifen lassen. Solche Entwicklungen, ob vorwärts oder rückwärts, geschehen normalerweise so langsam, dass man sie kaum direkt beobachten kann, sondern immer erst rückblickend herausfindet, dass es überhaupt eine Veränderung gegeben hat.

Dass diese Disziplin mal außerhalb von Sachbüchern und losgelöst von Dinosauriern zum Einsatz kommt, gefällt mir sehr. Der Autor, der in Frankreich als Wissenschaftsjournalist arbeitet und laut Klappentext-Biografie Physiker ist, stellt die wissenschaftliche Arbeit für Laien wie mich glaubhaft dar. Im Nachwort benennt er außerdem Studien, die genau solche Rückwärts-Evolutionen (Rückmutationen) untersuchen. Er hat anscheinend den wissenschaftlichen Gedanken für diesen Thriller Das Steinzeit-Virus nur etwas weitergesponnen …

Das Ende, besonders den Epilog, finde ich zu abrupt. Wie die losen Fäden der Handlung aufgerollt werden, die Geschichte zu ihrem Ende geführt wird, das wirkt zu erzwungen. Ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass eine maximale Seitenzahl oder eine Deadline beim Schreiben nicht überschritten werden durfte, sodass der Stoff für 3 Kapitel in ein halbes gequetscht werden musste. Das ist sehr schade, denn diese spannende und unterhaltsame Story verdient meiner Meinung nach auch ein würdiges Ende.

Angenehmer spannender Schreibstil

Das Steinzeit-Virus lebt von Perspektivwechseln: wir schauen aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Geschichte, verfolgen die Handlung an verschiedenen Orten durch verschiedene Augen. Umso spannender wird es, weil diese Wechsel nicht klar markiert werden. Man kennt es aus anderen Büchern, wenn beispielsweise Kapitel als Überschrift den Namen einer Figur tragen oder es sonst irgendwie markiert ist. Darauf wird hier verzichtet, sodass oft erst nach 1-2 Seiten klar wird, wo und in wessen Kopf wir uns gerade befinden. Manchmal ist das kurz verwirrend, aber insgesamt finde ich es sehr gut gemacht und passend zur Geschichte: wir Leser*innen rätseln sogar über den Handlungsrahmen der Geschichte hinaus.

Mit Ausnahme weniger Szenen gab es auch kaum Längen oder Durchhänger. Xavier Müller beweist mit Das Steinzeit-Virus einen fesselnden Schreibstil und hat mich durchgehend bei Laune gehalten. Besonders die moralischen Grundsatzfragen, die den ganzen Roman durchziehen, sind faszinierend.

Aber leider: überflüssiger, schlecht geschriebener Sex

Leider wird eine sehr typische männliche Autorenperspektive an mehreren Stellen deutlich: beispielsweise wird schon die erste weibliche Protagonistin, die im Buch Erwähnung findet, die später handlungstreibend wirkt und sogar als einzige Figur namentlich im Klappentext steht, als verführerisch beschrieben, als “eine Art Lara Croft der Paläntologie” (S. 43) und ihre Brustgröße bleibt natürlich auch nicht unerwähnt! Diese ganze Beurteilung erfolgt natürlich allein auf Basis eines Fotos mit wenig Wissen über die Persönlichkeit und Eigenschaften besagter Frau, ist ja klar:

Er klickte auf eins ihrer Fotos und war innerlich erschüttert, als er sie sah. […] Ihr Haar wurde gleich einer braunen Flamme vom Wind verweht. […] Ihre Augen waren von einem ungewöhnlichen Grün, und sie kniff sie vor dem Licht zusammen. Ihr erdverkrustetes T-Shirt ließ eine üppige Brust erahnen. […] Diese Frau mit den Katzenaugen war von unerhörter Schönheit. […] Eigentlich hatte er eine weniger junge Frau erwartet, auch eine weniger verführerische. […] Er musste gar nicht mehr über sie wissen. Anna Meunier gefiel ihm schon jetzt.
(Xavier Müller: Das Steinzeit-Virus, S. 44)

Es ist so unnötig und hat mir ganze Kapitel aus der Sicht von zwei unterschiedlichen Männern mehr oder weniger vermiest, von der verzögernden Auswirkung auf den Plot ganz zu schweigen. Leider schreibt der Autor auch besagter Protagonistin solche Gedanken und Handlungen zu: lange räumliche Trennung vom Partner, Seitensprünge mit schlechtem Gewissen, aber hey, lass uns trotzdem zusammen ins Bett hüpfen, geht ja nur ums Körperliche … Keine Ahnung, wie ihr das seht, aber trotz der stressigen Ausnahmesituation durch das Steinzeit-Virus, in der selbst rational denkende Menschen an ihre Grenzen stoßen, hätte man den Sex entweder weglassen oder zumindest weniger abstoßend gestalten können.

Solche Momente sind absolut überflüssig für die Handlung und haben mich mehr gestört als alles andere. Diese Szenen habe ich irgendwann nur noch überflogen. Das betrifft nicht nur explizit Sexszenen – die wirklich furchtbar oberflächlich und eindeutig aus heteronormativer männlicher Perspektive geschrieben sind -, sondern, wie am Zitat oben erkennbar ist, auch innere Monologe, in denen eine Figur über eine andere nachdenkt. Es ist für die Entscheidungsfindung mancher Figuren nicht gänzlich irrelevant, wie das Beziehungsgeflecht aussieht. Aber an diesen Stellen hätte der Autor wirklich mehr Fingerspitzengefühl zeigen können. Glücklicherweise gibt es nicht zu viele davon.

Fazit

Das Steinzeit-Virus liest sich nach den Erfahrungen der letzten Jahre nochmal ganz anders, jetzt, da wir die Auswirkungen einer Pandemie selbst erlebt haben. Die fesselnde Handlung hat mich immer mehr mitgerissen, sodass ich die überflüssigen Momente, in denen die heteronormative männliche Autorenperspektive zu extrem wurde, verzeihen kann. Ich habe das Buch gern gelesen, es bietet gute Unterhaltung für zwischendurch.

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Veröffentlicht am 15.06.2022

Viel zu junge Figuren für diesen Plot!

Clans of New York (Band 1)
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Neue Liebe in der Mafiaszene von New York: der Klappentext verspricht eine spannende Geschichte fernab der aktuellen Trends und Klischees. Da wollte ich unbedingt mal reinlesen! Hier, so wird das Buch ...

Neue Liebe in der Mafiaszene von New York: der Klappentext verspricht eine spannende Geschichte fernab der aktuellen Trends und Klischees. Da wollte ich unbedingt mal reinlesen! Hier, so wird das Buch von Verlagsseite beschrieben:

[Klappentext]

Leider musste ich nach wenigen Seiten feststellen, dass die ProtagonistInnen von Clans of New York nicht in den späten Zwanzigern oder frühen Dreißigern sind, wie ich es nach dieser Beschreibung voller Heiratspläne erwartet hatte, sondern in der ersten Hälfte der Geschichte noch nicht einmal die High School beendet haben, geschweige denn volljährig sind. Das hat mich immer wieder gestört, besonders aus einem Grund:

Die Geschichte dreht sich um Gewaltausübungen bis hin zu Mord und Gemetzel, es gibt eine Vergewaltigung und explizite Beschreibungen der grausamen Misshandlung von Kindern und sexualisierte Gewalt in positiver Darstellung mit deutlichen Grenzüberschreitungen. (Darauf gehe ich in dieser Rezension nicht weiter ein, aber für potenzielle LeserInnen von Clans of New York spreche ich hiermit eine eindrückliche Triggerwarnung aus!) Diese Inhalte, kombiniert mit so jungen Hauptfiguren und noch jüngeren Familienmitgliedern, teilweise ohne weitere Reflexion, haben mich immer wieder innehalten lassen, sodass ich das Buch nicht wirklich genießen konnte. Zwar ist Gewalt bei einem Mafia-Roman zu erwarten, aber ich hatte mit älteren Charakteren gerechnet, die besser verstehen, was passiert.

Manche Szenen lesen sich wie gewaltsame Sex-Fantasien, die die Autorin schon immer mal zum Ausdruck bringen wollte. Andere beschreiben, wie Leute in die verschiedenen Mafiaclans aufgenommen werden oder wie diese ihre Geschäfte bestreiten. Ich kann absolut nicht beurteilen, wie realistisch diese Szenarien sind, aber manches war so voller abgedroschener Klischees, dass es wirklich keine Freude gemacht hat, diese Stellen zu lesen. Bei Laune gehalten haben mich ausschließlich die Freundschaften zwischen jugendlichen Mitgliedern konkurrierender Clans, die sich eigentlich nicht mögen sollten, und der angenehme Schreibstil.

Das ist auch irgendwie ein Talent für sich: Inhalte, die mir nicht gefallen, so zu schreiben, dass ich sie doch halbwegs gern lese und mich dabei unterhalten fühle. Leider sind nicht gerade wenige Rechtschreibfehler unkorrigiert geblieben. War für ein umfassendes Korrektorat möglicherweise kein Budget oder keine Zeit übrig? Auch der Satz des E-Books ist nicht so ideal, da die Zeilen bei gewöhnungsbedürftiger Schriftart eng zusammenstehen und sich durch die Kindle-Einstellungen nur wenig verbessern ließ. Das E-Book wirkt etwas unfertig – schade. Hoffentlich habe ich von NetGalley eine Vorabversion bekommen, die vor Veröffentlichung der finalen Version noch verbessert wurde.

Ein Detail gefällt mir übrigens ganz gut: Die anfangs unglaublich naive Protagonistin Ekaterina lernt mit der Zeit Freund und Feind zu unterscheiden, wobei sie mehrfach überrascht wird. Sie verteidigt die Handlungen angeblicher Freunde nicht mehr und lehnt nicht mehr rein aus Gewohnheit neue Dinge ab. Der Bad Boy Giulio in Clans of New York entpuppt sich darüber hinaus als liebevolle Person, die ausnahmsweise mal keine toxischen Beziehungen verherrlicht und sich trotz Mafiosi-Dasein an Grenzen hält, jedenfalls an die seiner Partnerin. Das war eine angenehme Abwechslung zum aktuellen Mainstream! Trotzdem überwiegen leider die unangenehmen Momente, um es vorsichtig auszudrücken.

Epilog und Ende deuten an, dass es eine Fortsetzung geben wird (auf Verlagsseite wird das Buch außerdem mit “Band 1” betitelt, also scheint das in trockenen Tüchern zu sein). Die Entwicklung der Figuren gefällt mir gut, trotzdem werde ich Band 2 von Clans of New York wahrscheinlich nicht lesen.

Wenn ich Gewaltfantasien mit einer gehörigen Portion Erotik lesen will, dann suche ich mir lieber eine Geschichte aus, in der alle Beteiligten zu jeder Zeit volljährig und freiwillig bei der Sache sind …

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Veröffentlicht am 15.06.2022

Schwäche sind Stärken am falschen Ort

Brummps
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„Du hast geglaubt, die großen Geschichten von Liebe, Freundschaft und Tod spielen nur unter Menschen, aber dann hast du einen Mistkäfer kennengelernt […]. Und nichts ist mehr, wie es war.“

Mit diesen ...

„Du hast geglaubt, die großen Geschichten von Liebe, Freundschaft und Tod spielen nur unter Menschen, aber dann hast du einen Mistkäfer kennengelernt […]. Und nichts ist mehr, wie es war.“

Mit diesen Worten endet die Geschichte von Jonny Ameise, der eigentlich ein Mistkäfer ist, und Butz, die – gar nicht ameisenhaft – keine Lust auf Arbeiten hat. Aber mit dem Ende anzufangen ist irgendwie nicht richtig. Ich sollte zum Anfang zurückgehen und schauen, was uns der Wald über diese ungewöhnliche Freundschaft zu sagen hat. Der Wald erzählt in Brummps. Sie nannten ihn Ameise nämlich, was passiert. Er weiß alles. Behauptet er jedenfalls …

Eigentlich hat Dita Zipfel Jonnys Geschichte aufgeschrieben und Bea Davies die Bilder dazu gemalt. Aber vielleicht hat der Wald ihnen vorher verraten, wo sie hinschauen müssen, um diesen wichtigen Moment in Jonny Leben beobachten zu können?

Jonny ist nämlich keine normale Ameise: er ist zu groß, zu tollpatschig und auch sonst ganz anders als die anderen Ameisen. Deshalb machen die sich oft über ihn lustig und mobben ihn. Nur nicht Butz, seine einzige Freundin. Butz ist selbst irgendwie anders und findet Jonny viel besser als ihre gemeinen Schwestern. Dass Jonny eigentlich ein Mistkäfer ist, weiß außer dem Wald und uns Lesenden, die die Illustrationen sehen können, niemand.

Eines Nachts ist Jonny so einsam und traurig, dass er im Halbschlaf anfängt zu brummen. Ganz erschrocken geht er zur Ameisenärztin und bekommt die Diagnose: Brummps! Achtung, Ansteckend! Sieh zu, dass du Land gewinnst! Da machen Jonny und Butz sich auf eine abenteuerliche Reise in den Wald jenseits des Ameisenhügels und finden unterwegs nicht nur eine Mistkäferin namens Maggie, die ganz toll tanzen kann, sondern auch sich selbst.

Davies Bilder erzählen dabei ebenso viel wie Zipfels Text: beinah comichaft spielen Illustrationen und Worte miteinander und bereiten so den Weg des Mistkäfers auf der Suche nach sich selbst. Die abwechslungsreichen dreifarbigen Zeichnungen verleihen der Geschichte einen unaufgeregten und doch fesselnden Anstrich, während die Sprache selbst zwischen kindlicher Erzählstimme und anmutiger Poesie pendelt. Dadurch – und dank der Illustrationen, die bei jeder Betrachtung neue Details offenbaren – lädt „Brummps“ geradewegs dazu ein, vorgelesen zu werden.

Einladend wirken auch die gut recherchierten Hinweise auf natürliches Ameisenverhalten, die neugierige Kinderaugen dazu verlocken, genau hinzusehen und vielleicht selbst ein kleines Wunder zu entdecken. Ach, was schreibe ich, auch Erwachsene werden zum Verweilen und Erkunden verführt!

Zipfel, Davies und der Wald erzählen eine Geschichte von Mobbing und Selbstzweifeln, von sehr realistischen Ängsten und Wünschen, von besten Freund*innen und der Suche nach sich selbst. Vielleicht sogar vom Finden. Die Probleme von ameisenkleinen Leuten können nämlich ganz schön groß sein – groß genug, um dieses tolle Buch darüber zu schreiben!

Dieses Zitat liebe ich übrigens:
“Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass eine Schwäche vielleicht eine Stärke am falschen Ort ist?“
Brummps, S. 113

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Veröffentlicht am 15.06.2022

Tolle Idee, leider viel verschenktes Potenzial

Magic Sparks
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Ganz ehrlich: auf Magic Sparks bin ich in erster Linie durch das Cover aufmerksam geworden. Die Beschreibung ist aber auch nicht uninteressant, weshalb ich mich auf die Lektüre sehr gefreut habe:

[Klappentext]

Erwartet ...

Ganz ehrlich: auf Magic Sparks bin ich in erster Linie durch das Cover aufmerksam geworden. Die Beschreibung ist aber auch nicht uninteressant, weshalb ich mich auf die Lektüre sehr gefreut habe:

[Klappentext]

Erwartet habe ich also Romance in einem übernatürlichen Setting mit Crime-Elementen. Meine Erwartungen waren groß! Eine taffe Ermittlerin in Ausbildung, die sich von übernatürlichen Wesen nichts sagen lässt und ihren neuen Vampir-Kollegen vielleicht gar nicht so unattraktiv findet, das klingt doch super!

Tatsächlich habe ich Magic Sparks an einem Nachmittag durchgelesen. Der Stil ist angenehm zu lesen, aber nicht so richtig fesselnd: es fehlten die Details, um die Geschichte so richtig spannend zu machen. Der Kriminalfall um Emmas Tod wird zu einfach gelöst, wobei es etwas frustrierend war, dass die Figuren wirklich mit der Nase auf die Antwort gestoßen werden müssen, wir Lesende sie aber mehr oder weniger auf dem sprichwörtlichen Silbertablett serviert bekommen.

Magic Sparks bleibt also nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich zu oberflächlich für meinen Geschmack. Es wird zum Beispiel ein viel zu großer Fokus auf die Ermittlungsarbeit gelegt, sodass die Eigenschaften und die Welt der übernatürlichen Wesen gar nicht richtig wirken können. Diese Welt wird kaum vorgestellt. Man wird bombardiert mit Alpha, Beta und anderen Rängen der Werwolfclans, aber wie das Alltagsleben aussieht oder wie sich Vampire und Werwölfe verstehen, das bleibt unerwähnt.

Warum gibt es bei der Polizei ein eigenes Department für übernatürliche Wesen? Woher und wie hat die Menschheit von der Existenz dieser Wesen erfahren? Warum sind Vampire und Werwölfe so große Gruppen, aber andere Wesen stehen eher am Rand? Ein Satyr kommt zwischendurch mal kurz vor, es gibt also durchaus mehr als diese beiden Wesen. Das sind spannende Fragen, die hier nicht einmal angekratzt werden. Deshalb fehlt mir ein ganz großer Teil des Worldbuildings in diesem Buch. Zugegeben, es ist der erste Band einer Reihe, aber wenn diese grundlegenden Basisinfos nicht im ersten Band stehen, dann habe ich wenig Lust, die Fortsetzung zu lesen.

Angenehm finde ich, dass die Protagonistin Emma Bellamy, die wegen der inhärenten Macht von wahren Namen unter dem Tarnnamen D’Artagnan agiert, trotz ihres Anfängerstatus fähig und clever ist. Sie lässt sich nicht von vermeintlich höherrangigen Personen unterbuttern, selbst, wenn “das so üblich ist”. Trotzdem ist mir auch ihre Figur zu oberflächlich gezeichnet.





Frustrierend war für mich, dass Emmas eigene übernatürliche Fähigkeit, nach dem Tod einfach weiterzuleben, nicht aufgeschlüsselt wurde. Der Phönix auf dem Buchcover und die beschriebenen Szenen lassen eindeutige Schlüsse zu, aber die Charaktere des Buches kommen einfach nicht drauf. Jedenfalls wird das Wort Phönix nie in den Mund genommen. Garantiert wird es in den Fortsetzungen entsprechend thematisiert, aber ernsthaft, eine so offensichtliche Andeutung, nein, mehrere davon, und dann die Lösung nicht aussprechen? Das hätte besser geschrieben werden können, spannender und befriedigender.

Ende



Entgegen meiner Erwartung schreibt Helen Harper mit Magic Sparks nicht die abertausendste schmachtende und erotische Liebesgeschichte zwischen Mensch und Vampir (das Ende deutet allerdings an, dass in den Folgebänden vielleicht etwas in dieser Richtung entstehen könnte). Diese Beziehung bleibt bis zum Schluss platonisch, von beiden Seiten. Stattdessen bekommen wir eine leider recht oberflächliche Kriminalermittlung mit für meinen Geschmack zu kleinen Fantasy-Anteilen. So, wie das Buch sich optisch und mit Werbetexten präsentiert, fehlt mir die übernatürliche Welt. Bis auf wenige Ausnahmen hätten die Szenen exakt gleich funktioniert, wenn man aus Vampiren und Werwölfen zum Beispiel Mafia-Clans oder verfeindete High Society-Familien gemacht hätte.

Die Ausgabe von Magic Sparks, die ich gelesen habe, wirkt unfertig und eher wie ein Entwurf, dem noch Details hinzugefügt werden sollen. Und die Geschichte erweckt den Anschein, als ob die Fantasy-Elemente nur deshalb hinzugefügt wurden, um einem Mainstream zu folgen. Das finde ich sehr schade, denn eigentlich hätte die Story großes Potenzial. Die Supernatural-Squad, der Emma beitritt, bietet genug Stoff für eine ganze Reihe von Büchern (die ja scheinbar auch geschrieben wurden/werden), wenn man nur dieses Potenzial der Urban Fantasy-Welt nutzt. Ich hoffe, das tun die Fortsetzungen.

Zusammengefasst bin ich enttäuscht davon, wie oberflächlich Helen Harper mit den Fantasy-Elementen und auch mit den Charaktereigenschaften umgeht. Gleichzeitig wurde ich aber besonders von den humorvollen Dialogen zwischen Emma und dem anhänglichen Vampir recht gut unterhalten. Magic Sparks ist damit guter Durchschnitt: eine geeignete Lektüre für Zwischendurch, aber leider mit viel verschenktem Potenzial.

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