Das gebe ich nie wieder her!
Quiet Girl (deutsche Hardcover-Ausgabe)Quiet Girl wollte ich lesen, seit ich vom englischsprachigen Original erfahren hatte. Dann habe ich es irgendwie aus dem Augen verloren. Und nun ist es auf Deutsch erschienen, im neuen Imprint vom Loewe ...
Quiet Girl wollte ich lesen, seit ich vom englischsprachigen Original erfahren hatte. Dann habe ich es irgendwie aus dem Augen verloren. Und nun ist es auf Deutsch erschienen, im neuen Imprint vom Loewe Verlag, Loewe Graphix, wo ab jetzt Graphic Novels und Comics für Kinder und Jugendliche erscheinen sollen. Keine Frage, da musste ich zugreifen!
Schlicht, aber eindrucksvoll: Quiet Girl
Als erstes muss ich den Illustrationsstil loben: die in Grautönen gemalten Bilder drücken sehr klar die Gefühle der einzelnen Comics aus. Sie sind schlicht und einfach und dabei doch ausdrucksstark! Die Geschichten können auf vielen Panelen über eine Doppelseite erzählt werden, manche brauchen aber auch nur zwei Bilder, ein paar brauchen nur ein einziges ganzseitiges Bild.
Auch das handliche Format des leichten Buches gefällt mir gut. Besonders gut passt das zur jungen Zielgruppe von Loewe Graphix, aber auch zur Comic-Sparte generell. Obwohl Quiet Girl ein Hardcover ist, ist es leicht genug, um überall mit hingenommen zu werden.
Einen Minuspunkt bekommt die deutsche Ausgabe für die gewählte Schriftart. Das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau und vielen von euch wahrscheinlich viel zu pingelig, aber ich hatte öfter den Eindruck, dass die Schrift und der Stil der Comics nicht recht zueinanderpassen wollen: im Original mit dem tollen Titel Quiet Girl in a noisy world stehen die Buchstaben (laut Leseprobe auf Amazon) etwas “wackelig” in ihren Zeilen, während die deutsche Version schnurgerade Linien zieht. Das wirkt auf mich zu stabil, zu steril für diese emotionalen Geschichten.
Inhaltlich hat Quiet Girl einen hohen Identifikationswert für mich. Der Untertitel Geschichten einer Introvertierten trifft für mich den Nagel auf den Kopf. Ich musste erst zum Studieren quer durch Deutschland ziehen und aus Langeweile nachts um 3 einen Persönlichkeitstest machen, um zu erkennen, dass eben die Charaktereigenschaften, die mich in der Schulzeit von allen abgesondert haben, total normal sind und dass Introvertierte Menschen eben so sind/sein können. Dieses Etikett zu finden hat mir eine große Last genommen. Ich wünsche mir, dass viele junge Menschen, die lieber allein oder in kleinen, bekannten Gruppen sind, dieses Buch in die Finge bekommen. Damit sie früher als ich lernen können, dass sie total okay sind!
Ich habe mich in der Protagonistin sehr oft selbst erkannt: darin, sofort nach der Begrüßung die Namen von Leuten zu vergessen; darin, glücklicher Single zu sein; darin, an Wochenenden “nichts, absolut gar nichts” vorzuhaben und mich auf genau dieses Nichts total zu freuen; darin, es nicht zu mögen, wenn andere Leute meine Sorgen kleinreden; darin, meine sozialen Batterien allein aufzuladen und durch die winzigste Kleinigkeit wieder von vorn anfangen zu müssen; darin, nie den “richtigen Moment” für wichtige Dinge zu finden – und sie deshalb einfach gar nicht zu tun. Dieses ich-erkenne-mich-in-dem-Buch-wieder-Gefühl ist einfach total wichtig und ich hoffe, dass viele Lesende das selbst erfahren können!
Ich bin sehr neugierig, was das neue Imprint Loewe Graphix in Zukunft noch bringen wird. Mit Quiet Girl als Einstieg legt der Verlag jedenfalls einen super Start hin!
Fazit
Ein tolles Buch mit wichtiger Message, besonders für Jugendliche und junge Erwachsene auf der Suche nach sich selbst. Ich habe mich in den erzählten Geschichten sehr oft selbst wiedergefunden und werde Quiet Girl nie wieder hergeben!