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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.10.2018

Unterhaltsam, aber nicht überraschend

Bösland
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Als 13-Jähriger wird Ben verurteilt, ein Mädchen erschlagen zu haben. Erst nach vielen Jahren ist er als erwachsener, aber gebrochener Mann wieder auf freiem Fuß. Während seiner Arbeit als Fotolaborant ...

Als 13-Jähriger wird Ben verurteilt, ein Mädchen erschlagen zu haben. Erst nach vielen Jahren ist er als erwachsener, aber gebrochener Mann wieder auf freiem Fuß. Während seiner Arbeit als Fotolaborant fällt ihm plötzlich das Foto seines Kindheitsfreunds Kux in die Hand. Ben beschließt Kux zu suchen und setzt so einiges in Bewegung. Die Vergangenheit wird wieder aufwirbelt, was ungeahnte Folgen hat.

Bernhard Aichners Schreibstil mit den kurzen, emotionslosen Sätzen und abgehackten Dialogen ist gewöhnungsbedürftig. Zu der Hauptperson seiner Erfolgsreihe um die „Totenfrau“ passte dieser Stil gut, in „Bösland“ hat er aber dafür gesorgt, dass immer eine gewisse Distanz zu Ben blieb und mich sein Leiden weitaus weniger berührt hat, als dies möglicherweise ansonsten der Fall gewesen wäre.
Die Kapitel sind kurz gehalten, manchmal umfassen sie nur eine Seite. Dabei wechseln sich Schilderungen aus der Sicht des Erzählers Ben mit Dialogen ab, die aufgrund ihres Stils wie eine Abschrift einer Tonbandaufnahme wirken.

Gleich zum Ende des ersten Viertels gibt es in „Bösland“ einen ziemlichen Paukenschlag, der die gesamte Handlung auf den Kopf stellt. Allerdings war diese Wendung für mich nicht wirklich unerwartet, ich hatte sie vorher schon kommen sehen.
Was dann folgt ist zwar nicht wirklich überraschend, aber herrlich böse und gemein. Für Ben war das „Bösland“ bisher immer das Leben im Haus seiner Eltern mit dem brutalen Vater gewesen, aber was nun kommt, ist nicht weniger grausam und psychotisch.

Aufgrund der emotionalen Distanz konnte ich mich zwar nicht wirklich in Ben hineinversetzen und so uneingeschränkt mitfiebern, aber dennoch war ich gespannt, wie die Handlung weiter geht und wie sich die gesamte Angelegenheit auflösen wird. So hat mich das Buch dann auch gut unterhalten, aber nicht absolut fesseln können.

Fazit: Ein Thriller, der nicht vollkommen überrascht, aber dennoch gut unterhält. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig.

Veröffentlicht am 03.10.2018

Historischer Roman mit Krimielementen

Alchimie einer Mordnacht
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1599: Christian Stern, junger Gelehrter und Alchimist, reist nach Prag in der Hoffnung, am Hof von Kaiser Rudolf II Karriere zu machen. Doch in der Stadt angekommen, stolpert er über die Leiche einer ermordeten ...

1599: Christian Stern, junger Gelehrter und Alchimist, reist nach Prag in der Hoffnung, am Hof von Kaiser Rudolf II Karriere zu machen. Doch in der Stadt angekommen, stolpert er über die Leiche einer ermordeten jungen Frau. Erst landet Stern im Gefängnis, dann bekommt er den Auftrag, den Mord aufzuklären.

Wie ein tapsiger junger Bär stolpert Stern durch das mittelalterliche Prag, verliert sich am kaiserlichen Hof in den dortigen Intrigen und stürzt sich dazu noch in eine gefährliche Affäre. Dabei verliert er sein Ziel vollkommen aus den Augen. Erst im letzten Drittel scheint er aufzuwachen und mehr oder weniger durch Zufall der Lösung des Rätsels näher zu kommen. Daher würde ich „Alchimie einer Mordnacht“ nur bedingt als historischen Kriminalroman bezeichnen, hier könnten möglicherweise falsche Erwartungen geweckt werden.

Dieser Roman bietet vielleicht nicht die erhoffte Spannung, dafür schildert Benjamin Black das mittelalterliche Prag so lebhaft und detailliert, dass es sich wunderbar in die damalige Zeit eintauchen lässt und man meint, die prägnanten Gerüche intensiv wahrzunehmen.
Neben dem Habsburger Rudolf II, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, tummeln sich in Prag noch weitere historische Persönlichkeiten. Allen voran Philipp Lang, einflussreicher und intriganter Kammerdiener des Kaisers, und Edward Kelley, ein bekannter englischer Alchimist.
Weitere Figuren haben zwar ihre historischen Vorbilder, sind aber verfremdet und der Autor hat sich bei ihrer Charakterisierung einige künstlerische Freiheiten genommen, um die Geschichte nach seinen Vorstellungen erzählen zu können.

Fazit: „Alchimie einer Mordnacht“ ist ein historischer Roman mit Krimielementen, aber wirkliche Spannung kommt erst spät auf. Dazwischen gibt es viel Intrigen sowie das umtriebige Leben am kaiserlichen Hof in Prag, das eine spektakuläre Kulisse bietet.

Veröffentlicht am 30.09.2018

Fesselnd und berührend

Redemption Point
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Ted Conkaffey und seine Kollegin Amanda Pharrell werden engagiert, den Mord an zwei Teenagern aufzuklären. Während sie sich an die Arbeit machen, bekommt Ted Besuch von Dale Bingley. Dale ist der Vater ...

Ted Conkaffey und seine Kollegin Amanda Pharrell werden engagiert, den Mord an zwei Teenagern aufzuklären. Während sie sich an die Arbeit machen, bekommt Ted Besuch von Dale Bingley. Dale ist der Vater von Teds vermeindlichem Opfer, einem kleinen Mädchen, das missbraucht und fast getötet wurde. Als unschuldiger Verdächtiger saß Ted deswegen im Gefängnis und ist immer noch geächtet. Dale will Rache, doch Ted will den wahren Täter finden.

„Redemption Point“ beginnt kurze Zeit nach dem ersten Teil der Reihe, „Crimson Lake“. Letzteren habe ich erst kürzlich gelesen, sodass ich nicht allzu lange auf die Fortsetzung warten musste. Eine lange Wartezeit wäre nicht einfach gewesen, dafür hatte mich der Thriller zu sehr gepackt und berührt. „Redemption Point“ steht dem in Nichts nach.

Der Fall um die ermordeten Teenager ist nur das grobe Gerüst, um das „Redemption Point“ aufgebaut ist. Denn eigentlich geht es darum zu klären, ob Ex-Cop Ted Conkaffey endlich herausfindet, wer der wahre Täter in dem Missbrauchsfall, der sein ganzes Leben nachhaltig verändert hat, ist. Wird es ihm gelingen, sich zu rehabilitieren und seinen altes Leben wieder zurückzubekommen?
„Crimson Lake“ wurde noch vollständig aus der Sicht von Ted erzählt. Nachdem aber im ersten Teil Amandas Geschichte aufgeklärt werden konnte, darf der Leser nun auch einen kleinen Einblick in ihr Seelenleben bekommen, sodass „Redemption Point“ jeweils zwischen Teds und Amandas Blickwinkel wechselt.
Dies tut der Intensität des Thrillers aber keinen Abbruch. Ich habe von der ersten bis zur letzten Seite mit Ted mitgelitten und ihm die Daumen gedrückt. All das hat dazu geführt, dass ich nur so durch die Kapitel gerast bin.
Doch nicht nur Teds Schicksal berührt, auch Amanda, eine ähnlich geschundene Person, berührte mich enorm. Durch den Einblick in ihre Gedankenwelt bekommt der Leser ihre Emotionen und Gefühle viel deutlicher mit, sie wird komplexer, aber trotzdem nicht viel verständlicher.

Leider konnte ich nicht herausfinden, ob es auch noch einen dritten Teil geben wird. Auf jeden Fall hoffe ich dies. Schließlich möchte ich wissen, wie es für Ted und Amanda weiter geht.

Fazit: Ein packender Thriller, der sich von der breiten Masse abhebt. Hier stehen die Ermittler im Vordergrund und mit ihnen die Frage, ob die beiden Geächteten es schaffen, wieder in das soziale Leben zurückzufinden.

Veröffentlicht am 22.09.2018

Von Anfang bis Ende fesselnd

Rachewinter
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Evelyn Meyers, Anwältin in Wien, hat einen neuen Mandanten, Michael Kotten, der angeblich auf einem Video dabei zu sehen ist, wie er seinen Liebhaber ermordet. Evelyn glaubt seinen Unschuldsbeteuerungen, ...

Evelyn Meyers, Anwältin in Wien, hat einen neuen Mandanten, Michael Kotten, der angeblich auf einem Video dabei zu sehen ist, wie er seinen Liebhaber ermordet. Evelyn glaubt seinen Unschuldsbeteuerungen, muss aber in Folge ihrer Recherchen feststellen, dass Michael ihr nicht die ganze Wahrheit erzählt hat. Währenddessen ermittelt Kommissar Walter Pulaski in einem Todesfall in einem Motel in Leipzig. Aufgrund der Todesumstände hat der Kommissar Zweifel, ob es sich tatsächlich um einen Unfall handelt. Weil ihm niemand glaubt, ermittelt er auf eigene Faust.

„Rachewinter“ ist der dritte Teil einer Thrillerreihe um Kommissar Walter Pulaski und Anwältin Evelyn Meyers. Es ist allerdings nicht erforderlich, die vorherigen Bücher zu kennen, ein Quereinstieg ist jederzeit möglich.
Für mich persönlich war es der erste Thriller von Andreas Gruber, ich werde mir nun aber definitiv auch weitere Bücher zulegen.

Zu Beginn sieht es noch so aus, als hätten die Fälle von Evelyn Meyers in Wien und Walter Pulaski in Leipzig nichts miteinander zu tun, die Handlung springt kapitelweise zwischen Wien und Leipzig hin und her. Doch im Laufe der Ereignisse kristallisieren sich die Zusammenhänge immer mehr heraus, bis Andreas Gruber die Fäden geschickt zusammenführt.
Zwischendurch war ich immer mal wieder der Meinung, dass ich mehr als die Ermittler wüsste, wurde aber permanent eines Besseren belehrt. Der Autor hat es damit geschafft, mich ständig bei der Stange zu halten.
Bei den Morden hat sich Andreas Gruber etwas recht Spektakuläres ausgedacht, die Vorstellung daran hat mich jedes Mal ein klein wenig zusammenzucken lassen.
Walter Pulaski und Evelyn Meyers sind interessante Hauptfiguren. Trotz ihrer Fehler waren sie mir schnell sympathisch, besonders der knurrige Pulaski, der ein Mann klarer Worte ist, ist mein Favorit.
Als einzigen kleinen Kritikpunkt kann ich nur den dramatischen Showdown am Ende anführen, der ein wenig zu sehr an Hollywood erinnert. Aber das ist natürlich Geschmackssache und ändert nichts daran, wie gut mir „Rachewinter“ gefallen hat.

Veröffentlicht am 13.09.2018

Potential nicht ausgeschöpft

Das andere Haus
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Caroline und ihr Mann Francis stecken schon länger in einer Ehekrise. Ein gemeinsamer Urlaub soll helfen. Dafür machen sie bei einem Haustausch mit. In dem Haus in der Nähe von London angekommen, sind ...

Caroline und ihr Mann Francis stecken schon länger in einer Ehekrise. Ein gemeinsamer Urlaub soll helfen. Dafür machen sie bei einem Haustausch mit. In dem Haus in der Nähe von London angekommen, sind die beiden irritiert, wie steril und unpersönlich das Gebäude innen wirkt. Doch nach und nach stolpert Caroline auf Hinweise aus ihrer Vergangenheit und sie fragt sich, ob jemand ein Spiel mit ihr spielt und wer sich wohl momentan in ihrem Haus befindet.

Die Idee, dass sich jemand bei einem Haustausch in deine Privatsphäre eindringt, Psychospielchen spielt und dich mit deiner Vergangenheit konfrontieren will, klang spannend und vielversprechend. Leider hat die Autorin das Potential für einen unter die Haut gehenden Psychothriller nicht vollständig ausgenutzt.
Ähnlich leer und steril, wie das Haus, in dem Caroline und Francis landen, wirkt die ganze Atmosphäre des Buchs, das ich noch nicht einmal als Thriller bezeichnen würde, da sich die Spannung schnell auflöst und die Handlung sich mitunter in die Länge zieht. Bis auf ein paar Hinweise, der Kontakt zu einer dubiosen Nachbarin und später ein paar Emails, passiert erst einmal nicht viel. Dafür gibt es sehr viel Rückblicke in Carolines Vergangenheit, eine der Ursachen für die Ehekrise. Diese Passagen waren für meinen Geschmack viel zu ausführlich. Einen wirklichen Mehrwert haben sie in dieser Länge auch nicht gebracht. Vielmehr haben diese sogar dazu geführt, dass mir Caroline im Laufe der Geschichte nicht wirklich sympathischer wurde.

Im letzten Drittel gibt es dann noch einen Twist, der alle vorherigen Erwartungen auf den Kopf stellt. Diese Wendung ist gut, allerdings hätte Rebacca Fleet aus der ganzen Sache noch mehr machen können.

Zwar hat mich „Das andere Haus“ im Großen und Ganzen gut unterhalten, aber die Spannung hielt sich in Grenzen und es wurde viel Potential verschenkt.