Profilbild von Nepomurks

Nepomurks

Lesejury Profi
offline

Nepomurks ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Nepomurks über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine großartige Erzählung, die mich zutiefst berührt hat!

Der Trick
0

Ich habe selten, vielleicht noch nie, ein derart gelungenes Debüt eines Autors gelesen! „Der Trick“ von Emanuel Bergmann ist ein fulminanter Roman über Illusionen, das Leben, die Umrisse der Geschichte ...

Ich habe selten, vielleicht noch nie, ein derart gelungenes Debüt eines Autors gelesen! „Der Trick“ von Emanuel Bergmann ist ein fulminanter Roman über Illusionen, das Leben, die Umrisse der Geschichte und vor allem aber über das Leben und wohin es jeden führt. Thematisch vielleicht nichts Neues. Aber es steckt so viel Wortwitz, Ironie und Raffinesse in dieser Erzählung, dass man beim Lesen schlichtweg eingefangen wird. Ein grandioses Buch!
Man liest also von den Jungen Mosche Goldenhirsch und Max Cohn. Mosche, geboren in Prag vor dem Ersten Weltkrieg und unter erschwerten Bedingungen ins Leben gestartet, vermeintlicher Sohn des Rabbis Laibl Goldenhirsch und seiner Frau Rifka. Max Cohn, hineingeboren ins 21. Jahrhundert, Sohn moderner, ebenfalls jüdischer Eltern in einer typisch gegenwärtigen amerikanischen Kleinstadt. Wie diese beiden Figuren aufeinanderstoßen soll hier nicht verraten werden. Nur, dass sich aus der Konstellation dieser beiden Charaktere eine herrlich amüsante, trotzdem tiefgründige, teils irrsinnig ironisch anheimelnde und traurige Geschichte ergibt, die nicht nur die Biografie des Hauptprotagonisten, sondern auch die Weltgeschichte – insbesondere das Dritte Reich – aus verschiedensten Perspektiven betrachtet und einen eigenartig neuen Blick auf diese Zeit schafft. Eine Geschichte, die demnach vordergründig von zwei Jungen handelt und zwei unterschiedliche Erzählstränge gekonnt ineinander fließen lässt. Abwechselnd erleben wir die verschiedenen Blickwinkel aus der Vergangenheit und Gegenwart. Die Szenen aus der Vergangenheit beginnen in Prag um 1900 und schreiten voran bis zur Gegenwart, immer mit Bezug auf die biografischen Stationen und Erlebnisse des Mosche Goldenhirsch. Der gegenwärtige Teil der Geschichte, mit durchgängigem Schauplatz in den USA, handelt dagegen vorwiegend von Max Cohn, dem zweiten und ziemlich verzweifelten Hauptprotagonisten dieses Romans. Besonders gefiel mir dabei der Stil, die beiden Erzählstränge inhaltlich wie zeitlich aufeinander zulaufen und am Ende aufeinander treffen zu lassen. Mosche's Leben nähert sich mehr und mehr der Gegenwart, Max blickt dagegen Stück für Stück zurück in die Vergangenheit. Diese konträre Erzählweise versorgt den Leser nach und nach mit spannenden, überraschenden und wichtigen Details aus den Leben aller Protagonisten, ergänzt immer weiter die Puzzle-Steine für das Gesamtbild. Emanuel Bergmann hat diese Erzählweise, wie ich finde, in seinem Roman in perfekter Art umgesetzt und fasziniert zudem mit wort- wie bildgewaltigen Inhalten. Sprachlich bleibt es dabei durchweg recht unaufgeregt, aber die Darstellungen strotzen trotzdem vor atmosphärischer Dichte, Aufregung und teils auch gefahrvoller Umrisse. Das Buch bringt den Leser zum Lachen, Nachdenken und vielleicht sogar zum Weinen. Mich hat es zutiefst berührt!
Ich kann dieses Buch nur empfehlen und hoffe sehr, dass es viele Leser gewinnen wird. „Der Trick“ - bisher mein absolutes Highlight in 2016 und mindestens 5 Sterne wert!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine großartige Geschichte über einen (fast) untadeligen Mann...

Ein untadeliger Mann
0

Eine großartige Geschichte über einen (fast) untadeligen Mann...


Die untadelige Geschichte über einen (fast) untadeligen Mann... Es ist die Geschichte von Edward Feathers, dessen Leben hier in der Retrospektive ...

Eine großartige Geschichte über einen (fast) untadeligen Mann...


Die untadelige Geschichte über einen (fast) untadeligen Mann... Es ist die Geschichte von Edward Feathers, dessen Leben hier in der Retrospektive erzählt wird. Feathers - ein Mann, der in seinem Leben viele Namen trägt und vom kleinen Eddie zu Good Old Filth heranwächst. Ein Leben mit außergewöhnlichen, wie auch überraschenden Entwicklungen. Es mag eine schlichte Grundidee sein. Aber im vorliegenden Roman wird diese durch geschickt gesetzte Perspektivenwechsel in verschiedenen Zeitsträngen zu einer bewegenden und spannenden Geschichte verwoben. Der Roman spielt zudem an verschiedenen, beeindruckenden Schauplätzen (z.B. Malaysia, Wales und Hongkong) und nimmt auf diese Orte immer direkten Bezug. Man erlebt mit den Protagonisten Abgründe, Irrungen, verschmitzte Ironie und teils makabere Lebensgeschichten. Im Mittelpunkt steht wohl aber immer die Tragik im Umgang mit den sogenannten Raj-Waisen. Kinder, die zu Zeiten bis zum 2. Weltkrieg in den britisch-asiatischen Kolonien geboren wurden und zu erzieherischen Zwecken in jungen Jahren zurück ins Empire geschickt wurden. Für viele Raj-Waisen begann damit ein Martyrium. Stellvertretend für diese Generation von Kindern erzählt Jane Gardam nun die Geschichte unseres Hauptprotagonisten Filth, der gezeichnet durch seinen Lebenslauf ein verzwicktes Resümee zieht und so manche Überraschung mit sich bringt. Seine Kindheit, seine Ehe, seine "Lebensabschnittsgefährten" und auch seine direkte Verwandschaft werden in nicht chronologischem Ablauf beleuchtet. Trotz des bewegenden Grund-Themas, liest sich der Roman sehr flüssig. Der Schreibstil und die sprachliche Ausführung sind durchgängig angenehm. Auch die Geschichte, sowie alle Protagonisten wirken äußerst authentisch und überzeugend. Jane Gardam hat einen sehr atmosphärischen Roman mit vielen interessanten Zwischennuancen verfasst. Absolut lesenswert! Deswegen: 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein wunderbares und bewegendes Buch, das man nur empfehlen kann!

Der goldene Sohn
0

„Der goldene Sohn“ von Shilpi Somaya Gowda ist ein wunderbares Buch über Freundschaft, die Liebe und die Kulturen zweier Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Geschichte spielt abwechselnd ...

„Der goldene Sohn“ von Shilpi Somaya Gowda ist ein wunderbares Buch über Freundschaft, die Liebe und die Kulturen zweier Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Geschichte spielt abwechselnd in Indien und den USA. Thematisch verarbeitet die Autorin, wie schon in ihrem Bestseller-Roman „Geheime Tochter“, die Unnachgiebigkeit der indischen Kultur, indische Brauchtümer und auch die Härte des indischen Kastensystems. Aus diesen Inhalten schafft sie eine überaus realistische Roman-Welt, die mich persönlich tief bewegt hat und mich das ein oder andere mal auch hat schaudern lassen und schockiert zurückließ.
Der Roman erzählt die Geschichte von Anil und Leena. Diese beiden, äußerst sympathischen Hauptprotagonisten lassen den Leser in die Welt der indischen Bräuche und Standesdünkel eintauchen. Es ist eine wahnsinnig spannende Reise, auf die wir die beiden begleiten dürfen. Anil und Leena wachsen beide in Indien auf, gehören aber unterschiedlichen Kasten an. Da Anil als Assistenzarzt in die USA übersiedelt, verlieren sich beide sich zunächst aus den Augen. Die Autorin schildert nun sehr detailreich, authentisch und fesselnd beider Lebenswege und arbeitet wunderbar die Unterschiede beider Kulturen heraus. Anil, der größte Not mit den Gepflogenheiten seines neuen Lebensumfeldes hat. Leena, die verheiratet wird und sich unerwarteten Herausforderungen stellen muss. Der Schreibstil ist dabei durchgängig flüssig, die Namen aller Protagonisten prägen sich gut ein und inhaltlich wirkt alles sehr schlüssig. Die Zerrissenheit von Anil, der seinem Traum in eine für ihn gänzlich neue Welt gefolgt ist. Leena, die durch ihre niedere Kaste dem System ausgeliefert ist. Das alles wird hier mit vielen Beispielen und Schilderungen sehr eindrucksvoll beschrieben und hinterlässt viele entsprechende Bilder beim Leser zurück. Obwohl man von den Ungerechtigkeiten, der Not und dem untragbaren Frauenbild in Indien weiß, schockt die lockere Erzählweise der Autorin doch noch mehr. Ich konnte das Buch teilweise gar nicht mehr aus der Hand legen und war von den Entwicklungen der Hauptprotagonisten und ihrem Leid gerührt (es floss sogar ein Tränchen..)! Aber auch die Nebenfiguren sind sehr stark dargestellt und außerordentlich gut strukturiert. Sympathie und Antipathie werden hier klar getrennt und verteilt. Die Autorin schafft es äußerst eindrucksvoll, Land und Leute zum Leben zu erwecken und gibt einen extremen Einblick in diese, uns doch fremde indische Welt. Verheiratung, Mitgiften, Frauenverbrennung, Korruption, Armut und Elend. Auch wenn das nicht alles ist, was Indien zu bieten hat - es ist doch sehr eindringlich. "Der goldene Sohn" ist wohl nicht nur ein Roman, sondern auch ein informatives und auf die Misstände aufmerksam machendes Buch. Durchweg interessant, spannend und mitreißend. Zum Teil aber auch witzig und rührend. Die sehr ausgewogene Mischung aus allem war es wohl, was mich an diesem Roman unglaublich begeistert hat! Ich kann es nur uneingeschränkt empfehlen! Ein starkes Buch, dass bei mir sicher noch einige Zeit nachklingen wird! Deswegen: 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein tolles und tiefsinniges Buch, das zum Nachdenken anregt und noch länger nachklingt...

Neringa
0

Ein tolles und tiefsinniges Buch, das zum Nachdenken anregt und noch länger nachklingt...

„Neringa“ - ein ungewöhnlicher Titel und ein außergewöhnliches Buch! Ich war sehr gespannt, was dieser Roman inhaltlich ...

Ein tolles und tiefsinniges Buch, das zum Nachdenken anregt und noch länger nachklingt...

„Neringa“ - ein ungewöhnlicher Titel und ein außergewöhnliches Buch! Ich war sehr gespannt, was dieser Roman inhaltlich zu bieten hätte und wurde in keinster Weise enttäuscht! Stefan Moster, den manche vielleicht schon durch seine Übersetzungen kennen, ist es meiner Meinung nach gelungen, eine sehr bewegende und nachdenklich stimmende Geschichte zu konstruieren.
Der Protagonist, von dem wir nicht einmal einen Namen erfahren, durchlebt in „Neringa“ eine Art Selbstfindung. Es geht um Identitäten, Rollenverständnis, Gefühle und Selbstreflektion – so habe ich es verstanden. Unser Hauptprotagonist wird dabei auf eine Reise geschickt, muss verschiedenste Hürden nehmen und findet am Ende Antworten, mit denen er wohl weniger gerechnet hätte! Ebenso verhält es sich mit dem Leser. Sprachlich gefiel mir der Roman dabei gut. Man merkt durchgängig, dass der Autor es gewohnt ist, mit „Sprache zu arbeiten“. Schön sind auch immer wieder die eingebundenen Metaphern. Die Bildsprache spielt in „Neringa“ eine tragende Rolle, ist quasi durchgängig das „Fundament“! Auch zwischen den Zeilen verstecken sich viele kleine Botschaften, weshalb man sich für das Buch wohl auch etwas Ruhe gönnen sollte. Obwohl es im ganzen Roman sehr „ruhig“ zugeht, gibt es indirekt doch sehr spannungsgeladene Momente, in denen man dem Protagonisten auch gleichzeitig seine innere Anspannung und Zerrissenheit anmerkt. Der Protagonist ist mittleren Alters und man könnte meinen, er durchlebe eine „Midlife-Crisis“. Die jüngeren Kollegen befinden sich auf der Überholspur, der Ton ist rau, die Ellenbogen spitz. Er muss kämpfen, um im Arbeitsleben über Wasser zu bleiben. Hier beginnt eigentlich die Misere des Hauptprotagonisten. Die Fragen, die zu seinem fast schon inhaltslosem Leben aufkommen, dann eine Postkarte seines Großvaters und die Antworten zu allem, die ihm fehlen. Anhand des Lebens seines Großvaters und der sonstigen Familienstrukturen beginnt der Protagonist nachzuforschen. Er erzählt Lebensgeschichten, deren Wirklichkeit in Frage gestellt werden müssen und die sich manchmal als Illusion erweisen. Aufgeteilt ist alles in verschiedene Erzähl- und Zeitstränge, die aber immer eng beieinander bleiben und inhaltlich stark miteinander verwoben sind. Diese Erzählweise verdeutlicht nur noch mehr, wie „leer“ und stumpf der Protagonist zu Anfang der Geschichte noch ist. Aber durch die immer neuen Offenbarungen innerhalb der Geschichte wird der Protagonist von Seite zu Seite sympathischer, fast menschlicher. Man kann sein Verhalten immer besser nachvollziehen. Die große Wende im Buch ergibt sich eigentlich damit, als der Protagonist eine viel jüngere Frau kennenlernt. Sie ist ein wichtiges Element, wirkt wie ein Gegenpol zu den sonstigen, eher wirren Strukturen des Protagonisten. Aber er muss kämpfen. Um seine neugewonnene Identität, seine Standpunkte im Leben und um seine Liebe. Ob das alles dem Protagonisten glückt? Das Buch nimmt den Leser definitiv mit auf eine spannende Reise. Es stimmt nachdenklich und wirkt auch manches mal in sich wirr. Aber letztlich ist es stimmig und, das sei verraten, es kommt alles noch zu einem (gewissen) guten Ende. Mein Tipp: Die Geschichte mit Blick auf den Hauptprotagonisten einfach erst einmal auf sich wirken lassen und die unkonventionelleren Inhalte und „Tabubrüche“ vielleicht erst später bewerten! … Denn erstens kommt es anders, zweitens als man denkt! Insofern: Tolles Buch und klare Leseempfehlung! 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine tolle Sammlung kurioser Geschichten. Vielschichtig, spannend und absolut lesenswert...

Die Verschwundenen
0

Wolfgang Popp's Roman „Die Verschwundenen“ ist eine sehr unterhaltsame Sammlung aus 5 recht kuriosen Geschichten über Menschen, die in der Vergangenheit aus unterschiedlichsten Gründen aus dem Blickfeld ...

Wolfgang Popp's Roman „Die Verschwundenen“ ist eine sehr unterhaltsame Sammlung aus 5 recht kuriosen Geschichten über Menschen, die in der Vergangenheit aus unterschiedlichsten Gründen aus dem Blickfeld ihres Umfeldes verschwanden und doch Jahre später wieder auftauchen. Die Figuren aus den einzelnen Geschichten, die auch jeweils ein Kapitel umfassen, könnten unterschiedlicher nicht sein, ebenso ihre Beweggründe, ihrem Umfeld den Rücken zu kehren. Die Charaktere sind sehr gut beschrieben und wirken absolut authentisch. Einige Protagonisten waren dabei für mich sehr sympathisch, andere wieder furchtbar unsympathisch. Jede Geschichte für sich ist sehr abwechslungsreich, der Roman wird somit nie langweilig. Es gibt auch einige recht spannende Szenen und Inhalte, bei denen ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte und wollte. Inhaltlich spielen die Geschichten überwiegendn in Europa. Der Autor entführt den Leser aber indirekt sogar einmal in den Dschungel zu einem Naturvolk. Man taucht tief ein in die Szenerien und erhält einen tollen und ungeschminkten Blick auf die Persönlichkeiten und deren psychosoziales Erleben. Ich fand das Buch sehr lesenswert und würde es absolut weiterempfehlen! Deswegen von meiner Seite 5 Sterne!