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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.03.2018

Wenn Banker ihr blaues Wunder in Schottland erleben ...

Der Pfau
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DER PFAU ist ein schmales Büchlein von circa 250 Seiten. Die Handlung spielt sich in einem charmant-maroden Hotel in den schottischen Highlands ab, das a) einen aggressiven Pfau auf dem Gelände beherbergt ...

DER PFAU ist ein schmales Büchlein von circa 250 Seiten. Die Handlung spielt sich in einem charmant-maroden Hotel in den schottischen Highlands ab, das a) einen aggressiven Pfau auf dem Gelände beherbergt und b) gerade eine Gruppe quengelig-anspruchsvoller Banker als Gäste einquartiert hat. Der perfekte Cocktail für Chaos, Clashs und sonstigen ... "Cocolores".

Ich habe DER PFAU in einem Zug durchgelesen und jede Seite genossen. Die Geschichte ist einfach köstlich und wird ganz wunderbar erzählt. - Wobei man eher sagen müsste : sie ist wunderbar durchkomponiert. Alle Details und jeder der vielen Handlungsstränge greifen perfekt ineinander, jede Wendung sitzt, die Charaktere sind einfach toll gezeichnet und der Humor ist trockener als ein Fünf-Minuten-Toast. Ein "vulgärpsychologisches Possenspiel" (Zitat aus dem Buch) allererster Güte und eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 19.12.2017

Japanische Schicksalsgemeinschaft

Wovon wir träumten
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Wir haben geweint. Wir haben gelacht. Wir haben die Stirn gerunzelt. Wir haben das Buch irritiert zur Seite gelegt und waren unschlüssig, ob wir überhaupt weiterlesen sollen. Wir waren begeistert. Wir ...

Wir haben geweint. Wir haben gelacht. Wir haben die Stirn gerunzelt. Wir haben das Buch irritiert zur Seite gelegt und waren unschlüssig, ob wir überhaupt weiterlesen sollen. Wir waren begeistert. Wir waren frustriert. Wir konnten uns mit keinem der Charaktere identifizieren. Wir waren entzückt vom ungewöhnlichen Stil. Wir haben das Buch in einer Sitzung durchgelesen. Wir haben das Lesen mehrfach unterbrechen müssen. Wir haben es nicht geschafft, das Buch zu beenden. Wir fanden das Buch zu lang. Wir fanden das Buch zu kurz. Wir fanden die Geschichte furchtbar. Wir fanden sie genial.

*****

Dieser Einstieg mag etwas diffus erscheinen – und genau so soll er auch sein. WOVON WIR TRÄUMTEN ist ein ungewöhnliches Büchlein, das vor allem durch die eigenwillige Erzählstruktur begeistert (oder abschreckt, je nachdem). Worum geht’s? Im frühen 20. Jahrhundert werden hunderte junge Japanerinnen per arrangierter Ehe in die USA entsandt. Dort treffen sie auf völlig fremde Männer, heiraten und fristen anschließend höchst unterschiedliche Schicksale am Rande der amerikanischen Gesellschaft.

Der Leser erhält einen panoramagleichen Einblick, indem Themen vielstimmig beschrieben werden. - Falls das kompliziert klingt, kann ich nur empfehlen, direkt zum Buch zu greifen. Wer sich einmal auf den Text einlässt, wird begeistert sein!

Veröffentlicht am 31.08.2017

Die Poesie des Niedergangs

Eine englische Ehe
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Ingrid Coleman verschwindet spurlos. Ertrunken, glauben viele. Auch Selbstmord wird in Betracht gezogen. Doch war Ingrid tatsächlich derartig unglücklich?

Ihrem Mann Gil und den gemeinsamen Töchtern ...

Ingrid Coleman verschwindet spurlos. Ertrunken, glauben viele. Auch Selbstmord wird in Betracht gezogen. Doch war Ingrid tatsächlich derartig unglücklich?

Ihrem Mann Gil und den gemeinsamen Töchtern Flora und Nan bleibt ein seltsames Vermächtnis: In den aberwitzig vielen Büchern der Familie schlummern zahlreiche Briefe, die Ingrids Sicht der Dinge dokumentieren. Die Schriftstücke setzen Brief für Brief ein ungeahntes Bild zusammen.

Die Wahl des Verstecks erfolgte keineswegs zufällig: Gil ist Literaturprofessor und Autor eines erfolgreichen Skandalromans, Ingrid war einst seine Studentin. Die Liebe zur Literatur bildete den Grundstein ihrer Beziehung. Nachdem sie seinem Charme erlag, gab die junge Frau jedoch ihre eigenen schriftstellerischen Ambitionen auf und nahm stattdessen die Rolle der pflichtbewussten Hausfrau und Mutter an. Anschließend hat Ingrid Jahr für Jahr die Eskapaden ihres Ehemannes ertragen und das eigene Talent brachliegen lassen. Bis sie eines Tages zu einer morgendlichen Schwimmrunde aufbricht und nicht mehr zurückkehrt …

Jahre später ist Gil davon überzeugt, vom Fenster einer Buchhandlung aus seine totgeglaubte Frau zu sehen. Er jagt auf die Straße hinaus – und stürzt. Von Ingrid findet sich keine Spur und Gil ist schwer verletzt. Die Töchter eilen nach Hause, um den betagten Vater zu versorgen. Flora, die jüngere der beiden, ist fest entschlossen, nun endlich herauszufinden, was vor zwölf Jahren mit ihrer Mutter geschah: Ist Ingrid tatsächlich ertrunken?

Claire Fuller ist mit ihrem neuen Buch EINE ENGLISCHE EHE (Piper 2017) ein mitreißender Familienroman geglückt, in dem zwischenmenschliche Abgründe gekonnt ausgelotet werden. Die Perspektive Floras ist kunstvoll mit dem Bericht ihrer Mutter verwoben und die Sprache dabei so bildgewaltig, dass man beinahe das Rauschen des Meeres hört, in dem Ingrid einst abtauchte.

Eine klare Leseempfehlung! (DP)